Klimaveränderung und Allergien

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Transkript:

17. Zürcher Forum Prävention und Gesundheitsförderung Klimawandel und Gesundheit im Grossraum Zürich, 2. Dezember 2013 Klimaveränderung und Allergien

Diskussion Klimaerwärmung und Pollen Zeitliche Verschiebung der Pollensaison Verfrühung? Verlängerung? Verkürzung? Zunahme der Pollenmengen (Dauer, Produktivität, Einfluss von CO2) Verschiebung der Vegetation in grössere Höhen Förderung der Ausbreitung von wärmeliebenden (mediterranen) Pflanzen Einfluss auf Allergien Stärkere Belastung von Allergikern durch Änderung der Pollensaison / Pollenmenge Beeinträchtigung von Pollenallergikern durch invasive Pflanzen wie Ambrosia? Zunahme von Allergien?

Zeitliche Verschiebung der Pollensaison Verfrühung Datum Blühbeginn und Blühende 29.5 9.5 19.4 30.3 10.3 19.2 1969 Birkenpollen in Basel: Blühbeginn und Blühende 1969-2013 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 Blühbeginn Blühende 97.5% 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 Signifikante Verfrühung Birke, Hasel Dauer der Saison der einzelnen Pollen gleich geblieben oder verkürzt Für mehrfach sensibilisierte Patienten kann sich Pollensaison verlängern Regula Gehrig, Meteo Schweiz

Der aerobiologische Weg Ausbreitung Freisetzung Deposition Quelle Umwelt-, Wetter- und Klimafaktoren beeinflussen jede Phase Wirkung Adaptiert von Edmonds RL and Benninghof WS, 1974

Einflussfaktoren für den Pollenflug Langzeitlich, Klima T, Wasserverfügbarkeit Zusammensetzung der Vegetation Vorjahr T, Wasserverfügbarkeit, Extreme Winter T Anlage der Blüten und Reservestoffe Intensität Chilling Vor der Blüte T, Frost, Wasserverfügbarkeit, Einstrahlung Während der Blüte Wetterlage, T, NS, Feuchte, Wind, Strahlung Zeitpunkt der Pollensaison Intensität, Verlauf der Saison

Einflussfaktoren für den Pollenflug Schädlinge, Krankheiten Reservestoffe, Blütenbildung, Blühintensität Landnutzung Verstädterung Luftschadstoffe Zusammensetzung der Vegetation, neue Pflanzen, Intensität der Pollensaison Stadtklima, neue Pflanzen, andere Artenzusammensetzung Allergenität der Pollen

Veränderungen im Pollenflug: jährliche Pollenmengen (SPI: seasonal pollen index) 300 250 SPI Artemisia 14000 12000 SPI Poaceae in Buchs Pollen/m3 200 150 100 Pollen/m3 10000 8000 6000 4000 50 2000 0 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 0 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Gleitendes 5-Jahres Mittel Neuchâtel: Beifusspollen Buchs: Gräserpollen Kein einheitlicher Trend bei Pollenmengen Zunahmen und Abnahmen, Klima nur einer von vielen Einflussfaktoren Regula Gehrig, Meteo Schweiz

Hitzesommer 2003 und Graspollenbelastung Gehrig, Aerobiologica 2006 22:27-34 Start 1-2 Wochen früher Im Mai und anfangs Juni grössere Pollenproduktion und Ausbreitung, viele Tage mit hoher Pollenbelastung Trockenheit im Juni reduzierte Graswachstum und Pollenproduktion Pollensaison endete 7-33 Tage früher als normal

Ambrosia: Ausbreitung mit grosser Dynamik Invasive Pflanze 3.000 (-60 000) Samen pro Pflanze Keimung > 40 Jahre Hoch allergene Pollen Verlängerung der Pollensaison (Blüte August-Oktober) Photo: K. Lauber

Ambrosia Pollen Jahresmittel (2004) Basel 108 Zürich Münsterlingen 26 La Chaux-de- Fonds Neuchâtel 80 Bern Luzern 44 30 Buchs SG 16 Davos 270 86 126 Lausanne 100 412 8 30 Genève Visp Hauptwindrichtung aus Regionen mit grossen Ambrosiapopulationen Locarno 620 Lugano 1097 Mezzana MeteoSchweiz

Sensibilisierung auf Ambrosiapollen Ambrosia wichtiges Pollenallergen in Kanada und USA >11 Pollen/m 3 Luft = hohe Belastung (Gräser >50 Pollen/m 3 ) Bis zu 14% der Bevölkerung in stark belasteten Gebieten sensibilisiert (z.b. Frankreich Region Lyon, Norditalien in der Nähe von Milano) Schweiz: SAPALDIA-Studie 7.9% Sensibilisierungsrate in Genf und Lugano stabil zwischen 1991 und 2002

Allergien Menschliches Immunsystem: Erkennen und Eliminieren von körperfremden, potentiell schädlichen Stoffen Allergie: Überempfindlichkeitsreaktionen, die durch Immunantwort (Immunoglobuline E= IgE) gegen ansonsten harmlose Eiweisse (Antigene) in der natürlichen Umwelt ausgelöst werden (Pollen, Nahrungsmittel, Tierhaare, Milben) Nachweis von IgE-Antwort (Sensibilisierung) mittels Hautpricktest oder Messungen im Serum, nicht gleichbedeutend mit Krankheit Bei wiederholtem Kontakt mit Allergen und eventuell verstärkenden Faktoren können sich Krankheitssymptome bilden Allergisch bedingte (oder mitbedingte) Erkrankungen sind der Heuschnupfen, Asthma bronchiale, Ekzem (Neurodermitis), Nesselfieber

Häufigste Allergenquellen Pollen (Gräser, Bäume) Hausstaubmilben Tierepithelien (Katzenhaare, Hundeschuppen) Nahrungsmittel (Kuhmilch, Hühnereiweiss, Nüsse, und Gemüsesorten, Schalentiere, Fische) Obst- Bienen- und Wespengift

Umwelteinflüsse auf Asthma und Allergien Genetische Disposition Sensibilisierung Entstehung Asthma bronchiale Erkrankung Heuschnupfen (allergische Rhinitis) Neurodermitis / atopisches Ekzem Trigger (Auslösung) Symptome/ Anfälle

Asthma-Auslöser Infekte Körperliche Anstrengung Kaltluft Allergene Bronchus Luft-Schadstoffe Tabakrauch Pharmakologische Substanzen Psychosoziale Belastungen

Pollen als Trigger bei Allergikern Bei höheren Pollenmengen mehr Personen mit Beschwerden Luftschadstoffe (Ozon) können Allergenschwelle für Symptomauslösung erniedrigen Zunahme der Allergenität von Pollen durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung (Ghiani. Allergy 2012)

Grosse Allergenmenge = mehr allergische Erkrankungen? Wissenschaftliche Ergebnisse kontrovers, Gegenargumente: Frühkindliche Haustierexposition (Katzen/Hunde-Allergene) mit weniger Asthma assoziiert Bauernkinder mit hoher Pollenexposition signifikant weniger Heuschnupfen 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Asthma Niesanfälle Heuschnupfen Pos. Allergietest Bauernkinder Nichtbauernkinder

Graspollen = ganzjährig hohe Allergen- Exposition im bäuerlichen Umfeld 100'000 Sudre et al. Allergy 2009 geometric mean of pollen count per m 3 10'000 1'000 100 Max. Werte im Sommer draussen 10 T1 T2 T1 T2 T1 T2 Germany n=42 France n=30 Switzerland n=17 Gräser-Pollenkonzentration in Stallluft vor und während Fütterung

Zusammenfassung Klimawandel und allergische Erkrankungen Anstieg der Temperatur verfrüht Start der Pollensaison und fördert Ausbreitung von Neophyten CO2 und Temperaturzunahme können zu Zunahme der Pollenmenge führen, Trend nicht einheitlich Für Allergiker: Pollensaison kann sich verlängern, höhere Pollenmengen Beschwerden verstärken Ambrosiapollen und -pflanzen in der Schweiz nachweisbar (lokal und importiert), bisher keine Zunahme der Sensibilisierungsrate beobachtet Kein Zusammenhang nachgewiesen zwischen Pollenbelastung und Zunahme der Erkrankungshäufigkeit in der Bevölkerung