Internationales Familienrecht in der anwaltlichen Praxis



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Kerstin Niethammer-Jürgens Internationales Familienrecht in der anwaltlichen Praxis Ein Leitfaden Wolfgang Metzner Verlag

Wolfgang Metzner Verlag, Frankfurt am Main 2013 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Freigrenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gestaltungskonzept Farnschläder & Mahlstedt, Hamburg Druck und Einband Kösel, Altusried-Krugzell Printed in Germany ISBN 978-3-943951-11-0 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Mit dem Erwerb des Buches erhält der Käufer fünf Jahre lang einen Online-Zugang zur Sammlung»Internationale Abkommen und Europäische Rechtsakte«(in Bergmann/Ferid/ Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht). Zur Freischaltung senden Sie bitte eine E-Mail an info@wm-verlag.de unter Angabe der Buchhandlung, bei der Sie das Buch erworben haben. Sie erhalten dann umgehend den Pfad und die Zugangsdaten.

Inhalt Vorwort 7 I Grundbegriffe 9 1 Auslandsbezug 9 2 Rechtsquellen 10 2.1 Kollisionsrecht 10 2.2 Ausländisches Recht 12 3 Anknüpfung 13 4 Qualifikation 14 5 Verweisung, Statut 15 6 Vorfragen 16 II Eheschließung 17 1 Eheschließung im Inland 17 1.1 Personalstatut 17 1.2 Eheschließungsvoraussetzungen 18 1.3 Ordre public-vorbehalt 18 1.4 Eheschließungsform 19 1.5 Ehefähigkeitszeugnis 19 2 Eheschließung im Ausland 21 III Ehescheidung 23 1 Internationale Zuständigkeit 23 1.1 Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO 23 1.1.1 Gegenständlicher Anwendungsbereich 23 1.1.2 Sachlicher Anwendungsbereich 24 1.1.3 Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich 25 3 Inhalt

1.2 Anknüpfungspunkte 26 1.2.1 Gemeinsame Staatsangehörigkeit 27 1.2.2 Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Ehegatten 27 1.2.3 Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegners 28 1.2.4 Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers 29 1.3 Ausschließliche Zuständigkeit und Restzuständigkeit 30 1.4 98 FamFG, soweit nicht durch die Brüssel IIa-VO verdrängt 31 1.5 Anzuwendendes Verfahrensrecht bei internationaler Zuständigkeit 33 2 Anderweitige Anhängigkeit im Ausland 33 3 Anerkennung 34 3.1 Anerkennung im Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO 35 3.2 Anerkennung nach autonomen Recht 36 4 Scheidungsstatut nach Inkrafttreten der Rom III-VO 37 4.1 Vorbemerkung 37 4.2 Anwendungsbereich 39 4.3 Rechtswahlvereinbarung 39 4.4 Scheidungsstatut mangels Rechtswahl 40 4.5 Schutzklauseln, Sachnormverweisung und Sonstiges 41 IV Versorgungsausgleichssachen 45 1 Internationale Zuständigkeit 45 2 Versorgungsausgleichsstatut 46 2.1 Versorgungsausgleich von Amts wegen nach Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EGBGB 47 2.2 Versorgungsausgleich auf Antrag nach Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB 48 V Unterhaltssachen 49 1 Internationale Zuständigkeit 49 1.1 Anwendungsbereich der EuUntVO 50 1.1.1 Gegenständlicher Anwendungsbereich 50 1.1.2 Sachlicher Anwendungsbereich 50 1.1.3 Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich 51 1.2 Anknüpfungspunkte 51 2 Auf Unterhaltsverfahren anwendbares Recht 55 3 Urteilsanerkennung und Vollstreckung 59 4 Ausführungsgesetz zur EuUntVO Auslands unterhaltsgesetz, AUG 61 Inhalt 4

5 Anerkennung und Vollstreckung außerhalb des Anwendungsbereichs der EuUntVO und LugÜ II 62 6 Europäischer Vollstreckungstitel 63 VI Güterrechtssachen 65 1 Internationale Zuständigkeit 65 2 Güterrechtsstatut 65 3 Güterrechtsspaltung 66 4 Vermögensrechtliche Scheidungsfolgen nach Inkrafttreten der Rom III-VO 67 5 Deutsch-französischer Wahlgüterstand 68 6 Ausblick auf den Verordnungsvorschlag zum ehelichen Güterrecht und Güterrecht nichtehelicher Partnerschaften 69 VII Ehewohnungs- und Haushaltssachen 73 1 Internationale Zuständigkeit 73 2 Statut in Ehewohnungs- und Haushaltssachen 73 VIII Kindschaftssachen Elterliche Verantwortung 75 1 Elterliche Verantwortung 75 2 Internationale Zuständigkeit 76 2.1 Deutsch-iranisches Niederlassungsabkommen 78 2.2 HKÜ 78 2.3 Brüssel IIa-VO 89 2.3.1 Grundsatzanknüpfung 90 2.3.2 Sonderanknüpfungen 91 2.3.3 Verweisung 94 2.3.4 Einstweilige Maßnahmen 94 2.3.5 Restzuständigkeit 94 2.4 KSÜ 95 2.5 Autonomes Recht 95 2.6 Anderweitige Anhängigkeit im Ausland 96 3 Anerkennung und Vollstreckung 97 3.1 Anerkennung im Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO 98 3.2 Vollstreckung im Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO 99 3.3 Anerkennung und Vollstreckung nach dem KSÜ 99 5 Inhalt

3.4 Anerkennung und Vollstreckung nach dem ESÜ 100 3.5 Anerkennung und Vollstreckung nach autonomen Recht 101 4 Statut zur Regelung der elterlichen Sorge 102 IX Umgangsrecht 105 Übersichtstabelle mit den zitierten Abkommen und internationalen Rechtsakten 106 Inhalt 6

Vorwort Paare, Eltern und Kinder haben unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, leben in verschiedenen Ländern und wechseln oft mehrfach das Aufenthaltsland. Die Zahl der Eheschließungen und Familiengründungen zwischen Personen, die in verschiedenen Rechtssystemen mit den unterschiedlichsten Rechtsordnungen aufgewachsen sind, steigt stetig. Diese Entwicklung führt dazu, dass der Praktiker immer häufiger mit familienrechtlichen Sachverhalten konfrontiert wird, die einen Auslandsbezug aufweisen. Die Globalisierung ist auch im Familienrecht angekommen! Die damit einhergehende Internationalisierung nicht nur des Verfahrensrechts, sondern auch des anwendbaren Rechts, hat zu einem sehr komplexen System der maßgeblichen Rechtsquellen geführt. Insbesondere nachdem durch die vorrangig anzuwendenden EU-Verordnungen ein einheitlicher Rechtsraum geschaffen wurde, ist der richtige Einstieg bei der Befassung mit Auslandssachverhalten und dem Verständnis des komplexen Systems von entscheidender Bedeutung. Dieser Leitfaden soll Hilfestellungen für die Tätigkeit in der anwaltlichen Praxis geben sowie allen anderen Praktikern dienlich sein, um familienrechtliche Sachverhalte mit internationalem Bezug bearbeiten zu können. Die Verfasserin hat dem Grundgedanken eines Leitfadens folgend auf ein Literaturverzeichnis verzichtet; die einschlägige Kommentarliteratur ermöglicht eine detaillierte Befassung mit Einzelfragen. Berlin, im August 2013 Kerstin Niethammer-Jürgens 7 Vorwort

Auszeichnungen in diesem Buch Zur besseren Übersicht und Orientierung wurden»hinweise für die Praxis«in diesem Buch gelb unterlegt, Beispiele mit gelben Ecken ausgestattet und zentrale Begriffe in den Marginalien hervorgehoben. Auszeichnungen 8

chen hat. Nach der Rechtsprechung des BGH 33 dürfte jedoch auch in diesen Fällen ein Anerkennungsverfahren fakultativ zulässig sein. Problematisch ist, inwieweit eine im Ausland vollzogene Privatscheidung anerkannt werden kann. Hat dabei eine ausländische Behörde irgendwie sei es auch nur registrierend mitgewirkt, ist ein Verfahren nach 107 FamFG zulässig. 34 Anerkennungsfähig ist eine Privatscheidung jedoch nie, wenn nach deutschem IPR für die Scheidung deutsches Recht als Scheidungsstatut berufen ist. 35 Bei Anwendung von 98 FamFG, d. h. wenn sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht aus der Brüssel IIa-VO, sondern aus autonomen Recht ergibt, stellt sich die gegensätzliche Frage der möglichen Anerkennung eines deutschen Scheidungsbeschlusses im Ausland. Diese richtet sich nach den dafür einschlägigen Normen des internationalen Verfahrensrechts des betreffenden ausländischen Staates. In diesen Fällen ist also nach den Anerkennungsvorschriften dieses Staates zu suchen, die sich gegebenenfalls aus Staatsverträgen ergeben können. siehe oben 1.4 4 Scheidungsstatut nach Inkrafttreten der Rom III-VO 4.1 Vorbemerkung Nachdem der im Jahre 2006 vorgelegte Vorschlag der Kommission für eine Revision der Brüssel IIa-VO scheiterte dieser enthielt neben Zuständigkeitsregeln erstmals auch Kollisionsnormen für die Ehescheidung und Ehetrennung haben einige Mitgliedstaaten 36 beschlossen, im Wege der»verstärkten Zusammenarbeit«einheitliche Bestimmungen über das anwendbare Recht voranzutreiben. Dieses Projekt wird in der Praxis auch»rom III«bzw.»Rom III-light«genannt. Die Kommission hat im März 2010 die sog. Rom III-VO vorgelegt. Diese ist für Deutschland zum 21. Juni 2012 in Kraft getreten. Neben Deutschland haben sich inzwischen auch Belgien, Portugal und Lettland dem Vorhaben angeschlossen; ebenso Malta, welches erst Rom III-VO 33 BGH, Urteil v. 11. 7. 1990, XII ZB 113/87, FamRZ 1990, 1228 zur»vorgängervorschrift«des Art. 7 1 FamRÄndG. 34 BGH, Beschluss v. 21. 2. 1990, XII ZB 203/87, NJW 1990, 2194. 35 BGH, Beschluss v. 21. 2. 1990, XII ZB 203/87, NJW 1990, 2194. 36 Zu diesen Mitgliedstaaten gehörten Bulgarien, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Ungarn, Österreich, Rumänien und Slowenien. 37 Scheidungsstatut nach Inkrafttreten der Rom III-VO

universelle Anwendung im Jahr 2011 die Ehescheidung eingeführt hat. Den anderen Mitgliedstaaten steht es offen, sich der Verordnung jederzeit anzuschließen. Mit Inkrafttreten der Rom III-VO haben sich sämtliche Anknüpfungen nach Art. 17 Abs. 1 EGBGB a. F. i. V. m. Art. 14 EGBGB erledigt. Ein Verweis auf das Ehewirkungsstatut findet nicht mehr statt. Die Frage nach dem zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages richtigen Ehewirkungsstatut gem. Art. 14 EGBGB ist nicht mehr zu stellen. Dies ergibt sich aus der universellen Anwendung gem. Art. 4 Rom III- VO, wonach das nach der Rom III-VO anzuwendende Recht auch dann anzuwenden ist, wenn es das Recht eines nicht teilnehmenden EU-Mitgliedstaates oder eines Drittstaates ist. 37 Für alle Scheidungsverfahren, die nach dem 21. Juni 2012 eingeleitet wurden und werden, richtet sich das auf die Ehescheidung anwendbare Recht nicht mehr nach dem EGBGB, sondern nach der Rom III- VO, vgl. Art. 18 Abs. 1 Satz 1 Rom III-VO. Art. 14 EGBGB einschließlich der dort in Abs. 2 und 3 vorgesehenen Rechtswahlmöglichkeiten hat seit dem 21. Juni 2012 keine Relevanz mehr für die Frage nach dem anwendbaren Scheidungsstatut. Art. 14 EGBGB bezieht sich ausschließlich auf die allgemeinen Wirkungen der Ehe. Art. 17 Abs. 1 EGBGB ist in seiner alten Fassung außer Kraft getreten. Sachverhalt A und B sind beide US-amerikanische Staatsangehörige. Sie leben seit fünf Jahren in Deutschland und wollen sich nun scheiden lassen. Welches Recht ist anwendbar? Lösung Das Scheidungsstatut, also das auf die Ehescheidung anwendbare Recht, ergibt sich ausschließlich aus den in der Rom III-VO vorgesehenen Anknüpfungen. Im Gegensatz zur früheren Praxis ist also nicht mehr über Art. 17 EGBGB a. F. i. V. m. Art. 14 EGBGB auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit abzustellen. 37 Eine Ausnahme stellt das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen vom 17. 2. 1929 dar, welches auch heute noch anzuwenden ist. Bei einer Scheidung zweier Staatsangehöriger, die beide demselben Vertragsstaat des Abkommens angehören, ist gem. Art. 8 Abs. 3 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens das jeweilige Heimatrecht anzuwenden. Ehescheidung 38

4.2 Anwendungsbereich In den Anwendungsbereich der Rom III-VO fällt im Gegensatz zu den Regelungen zur internationalen Zuständigkeit des Art. 3 Brüssel IIa-VO nicht die Ungültigkeitserklärung einer Ehe, Art. 1 Abs. 2 lit. c Rom III-VO. Diese soll nicht der Parteiautonomie unterliegen, insoweit bleibt es bei der Anwendung der lex fori. Die Rom III-VO gilt nur für Ehescheidungs- und Trennungsverfahren. Nachdem die Brüssel IIa-VO nicht auf Verbindungen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz anzuwenden ist, wird auch die Rom III-VO nicht auf Lebenspartnerschaften anwendbar sein. Die Auflösung von gleichgeschlechtlichen Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, richtet sich weiterhin nach Art. 17 b EGBGB. 38 4.3 Rechtswahlvereinbarung Kernstück der Rom III-VO ist die Rechtswahlvereinbarung gem. Art. 5 Rom III-VO, d. h. die Wahl des auf die Ehescheidung anwendbaren Rechts. Die Möglichkeit der Rechtswahl soll den Ehepartnern mehr Flexibilität und Rechtssicherheit ermöglichen, vgl. Erwägungsgrund 15 der Rom III-VO. Diese Rechtswahl ist mit eingeschränkten Alternativen möglich, sog. partielle Rechtswahl. Angeknüpft werden kann an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, Art. 5 Abs. 1 lit. a Rom III-VO, den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, Art. 5 Abs. 1 lit. b Rom III-VO, die Staatsangehörigkeit eines Ehegatten, Art. 5 Abs. 1 lit. c Rom III-VO oder den gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts (lex fori), Art. 5 Abs. 1 lit. d Rom III-VO. Diese Rechtswahlmöglichkeiten sind als alternative Möglichkeiten und nicht als Stufenleiter wie bei Art. 14 EGBGB ausgestaltet. Sie sind gleichwertig und Zeichen der von der Kommission und den Mitgliedstaaten gewollten begrenzten Parteiautonomie. Auch für die Rechtswahl ist lediglich die einfache Schriftform nach der Rom III-VO selbst notwendig. Rechtswahlvereinbarung partielle Rechtswahl 38 Helms, FamRZ 2011, 1766. 39 Scheidungsstatut nach Inkrafttreten der Rom III-VO

Die Rom III-VO hat den teilnehmenden Mitgliedstaaten hinsichtlich der Form und des Zeitpunkts der Wahl des Scheidungsstatuts Spielräume gegeben. Das nationale Recht kann zusätzliche Formerfordernisse vorsehen, Art. 7 Abs. 2 und 4 Rom III-VO. Es besteht die Möglichkeit, auch nach Anrufung des Gerichts während des laufenden Scheidungsverfahrens noch eine Rechtswahl zu treffen, Art. 5 Abs. 2 und Abs. 3 Rom III-VO. Von diesem Spielraum hat die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht. Durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Internationalen Privatrechts 39 wurde durch Einfügung eines Art. 46 d nach Art. 46 c EGBGB ein Unterabschnitt»Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010«eingefügt. Art. 46 d EGBGB sieht die notarielle Beurkundungspflicht einer Rechtswahlvereinbarung vor, soweit einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, oder die gerichtliche Protokollierung. Die Rechtswahlvereinbarung ist bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung möglich 4.4 Scheidungsstatut mangels Rechtswahl Soweit keine Rechtswahl vorliegt, erfolgt die Prüfung über Art. 8 Rom III-VO. Durch eine Stufenleiter ähnlich der»kegel schen Leiter«in Art. 14 EGBGB wird nach Art. 8 Rom III-VO das für die Ehescheidung anzuwendende Recht bestimmt. Prüfungsschritte Prüfungsschritt 1 Primäres Anknüpfungsmoment ist der gewöhnliche gemeinsame Aufenthalt der Ehegatten in einem Mitgliedstaat, Art. 8 lit. a Rom III-VO. Prüfungsschritt 2 Fehlt es an diesem, ist an den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute abzustellen, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung 39 Gesetz v. 23. 1. 2013, BGBl. I S. 101. Ehescheidung 40