Psychisch erkrankte Eltern in der Münchner Sozialpsychiatrie 26. November 2013 Mike Seckinger Ambulante Erziehungshilfen Seckinger 1
Einordnung der Studie Bundesweit fehlen generalisierbaren Daten zum Anteil von psychischen Erkrankungen bei Eltern Man weiß nicht, ob ambulante Dienste Eltern in einem ähnlichen Maße, weniger oder mehr erreichen als stationäre Einrichtungen Für die Entwicklung von Präventionsangeboten wäre es wichtig, etwas über die Versorgungssituation der Kinder zu wissen 2
Datengrundlage Vollerhebung aller Klientinnen und Klienten, die in der Zeit vom 01. Mai 2011 bis 31. Juli 2011 min. einen Kontakt hatten (n=1759) Bei allen 10 sozialpsychiatrischen Diensten in München und bei den beiden Beratungsstellen, die einen besonderen Fokus auf Menschen mit Migrationshintergrund haben (von AWO und Caritas) Standardisierter Fragebogen, der gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus den sozialpsychiatrischen Diensten entwickelt wurde 3
Ergebnisse Der Anteil an Frauen (67 %) unter den Klientinnen und Klienten ist doppelt so hoch wie der Anteil an Männern (33 %) Vier von fünf KlientInnnen waren bereits vorher in psychiatrischer Behandlung. Bei den KlientInnen mit Kindern ist der Anteil derer, die vorher keine psychiatrische Behandlung hatten, signifikant größer. Die Beratungsstellen für MigrantInnen haben einen höheren Anteil an psychiatrischen Neulingen 4
Tab.1: Art des Angebots, das die KlientInnen erhalten Beratung (Intensiv) Betreutes Einzelwohnen Case Management Insgesamt 78 % 16 % 6 % Quelle: DJI-Befragung Klientinnen von SPDis 2011, n=1759 5
Ergebnisse Im Durchschnitt über alle Dienste beträgt der Anteil an Klientinnen und Klienten, die mindestens ein minderjähriges Kind haben, 24 % und ist damit höher als der Anteil an Haushalten mit Kindern in München. 6
Ergebnisse Die Unterschiede hinsichtlich des Anteils an Eltern zwischen den einzelnen Diensten sind erheblich, in Abhängigkeit von dem Versorgungsgebiet (insb. Bevölkerungs- struktur) der Nähe zu Spezialdiensten der Verweisungspraxis der SBH dem Angebotsprofil des SPDIs der Sensibilität für psychisch erkrankte Eltern 7
Ergebnisse Psychisch erkrankte Eltern werden im Durchschnitt weniger lang durch den sozialpsychiatrischen Dienst betreut als Klientinnen und Klienten ohne minderjährige Kinder (24 Monate gegenüber 40 Monaten) Dies gilt für alle drei abgefragten Hilfeformen (Beratung, BEW, Casemanagement) 8
Fragen für die Weiterentwicklung der Angebote Ist unter den KlientInnen mit Migrationshintergrund der Anteil an Eltern generell höher und werden diese durch die bisherigen Angebote bedarfsgerecht erreicht? Lässt sich eine engere Zusammenarbeit mit Erziehungsberatung und Familienbildung erzielen, da so Zugangsschwellen zur Sozialpsychiatrie abgebaut werden können? Wie ist die unterschiedlich lange Betreuungsdauer fachlich zu bewerten? 9
Fragen für die Weiterentwicklung der Angebote Braucht es mehr geschlechtsspezifische Angebote, um die Sensibilität für die Elternschaft der KlientInnen zu erhöhen? Wird in den Regelangeboten der sozialpsychiatrischen Versorgung noch immer zu wenig auf eine mögliche Elternschaft von KlientInnen geachtet? Ist es erstrebenswert, die sichtbar gewordenen Unterschiede zwischen den einzelnen Diensten abzubauen? 10
Ergebnisse Bei 24 % der KlientInnen, die mindestens ein minderjähriges Kind haben (das sind 99 Kinder), gibt es keine Angaben zur aktuellen Betreuungsperson bzw. zum Betreuungsort Am häufigsten (44 %) wird die Klientin/der Klient selbst als Betreuungsperson angegeben 13 % der Klientinnen/Klienten werden bei der Betreuung mind. eines ihrer Kinder durch die Kinder- und Jugendhilfe bzw. die stationäre KJP unterstützt 11
Ergebnisse Die Antworten zu den Kooperationsfragen zeigen, dass das Wissen über die Kinder- und Jugendhilfe noch weiterentwickelt werden könnte und sollte. Die BSA macht nicht immer erkennbar, in welcher Funktion sie gerade mit dem sozialpsychiatrischen Dienst zusammenarbeitet. 12
Durchschnittsnote für Kooperation mit Psychiatrie: 2,15/ mit der Kinder- und Jugendhilfe: 2,55 Tab.: Durchschnittliche Benotung der Kooperationserfahrungen mit Partnern aus unterschiedlichen Handlungsfeldern Anzahl der Note Benotungen Betreutes Einzelwohnen 1,3 63 Psychotherapeut 2,2 104 Klinik 2,2 79 Psychiater 2,3 220 Erziehungsberatung 2,3 88 BSA 2,5 180 Jugendamt 2,7 157 Haushaltshilfe 3,3 43 Andere Hilfen 2,1 51 Quelle: DJI-Befragung Klientinnen von SPDis 2011 13
Ergebnisse Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit bisher unerfüllter Unterstützungsbedarf durch die Kinder- und Jugendhilfe ist ähnlich hoch wie die Anzahl derer, die bereits Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten. 14
Fazit Psychisch erkrankte Eltern nutzen das Angebot der Sozialpsychiatrie Es wird auch von Seiten der Sozialpsychiatrie auf die Kinder geachtet, aber dies geschieht leider nicht immer Zu häufig gibt es kein Wissen über die Versorgungslage der Kinder bzw. eine unzureichende Versorgungslage wird nicht in Kooperation mit der Kinder- und Jugendhilfe verbessert Kooperationen mit der Kinder- und Jugendhilfe sind notwendig und verbesserungsfähig 15
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit Kontaktdaten: Dr. Mike Seckinger, Deutsches Jugendinstitut e.v. Nockherstr.2, D- 81541 München, seckinger@dji.de www.dji.de/jhsw 16