Das Grüne Band vom Todesstreifen zur Lebenslinie

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Transkript:

Das Grüne Band vom Todesstreifen zur Lebenslinie Landschaftspunkt 4 GRÜNES BAND Mitten durch die Linder Ebene verlief die innerdeutsche Grenze, der Todesstreifen. Einige Jahrzehnte lang gehörten Stacheldraht, Metallgitterzäune, Minenfelder und Beobachtungstürme zum Bild dieser Landschaft. Nachts stiegen in der Sperrzone rote und grüne Leuchtraketen hoch, tagsüber patrouillierten Hubschrauber der Amerikaner und des Bundesgrenzschutzes. Eng gestaffelt und fast unüberwindbar waren die Sperranlagen des antifaschistischen Schutzwalles. Am Stadtrand von Sonneberg begann die 3-5 Kilometer breite Sperrzone, betretbar nur mit Sonderausweis. Die Bewohner der Ortschaften im Sonneberger Unterland lebten fast alle in dieser Zone, in der selbst der Besuch von nahen Verwandten die Ausnahme war. Wenn Orte schwer zu überwachen waren, wie im südlichsten Zwickel der Grenze, dann wurde selbst vor der restlosen Zerstörung einer ganzen Ortschaft nicht zurückgeschreckt: in den 70er Jahren verschwand gegenüber von Fürth am Berg der Ort Liebau, an ihn erinnert heute nur noch ein Gedenkstein. Alle paar Kilometer Kasernen der Grenztruppen, dazu in Sichtweite zueinander stehend Beton-Beobachtungstürme mit verspiegelten Fenstern, damit man von außen nicht erkennen konnte, ob sie gerade besetzt waren. In Ortsnähe gab es scharf abgerichtete Hunde an Laufleinen zwischen den Zäunen. Etwa 1-2 Kilometer vor der Grenze ein dichter Signalzaun mit elektrischen Kontakten, dann kam der eigentliche Grenzstreifen mit einem Fahrweg aus Betonspurplatten für die Jeeps und LKWs der Grenztruppen ( Kolonnenweg ). Daran schloß sich ein gut 5 Meter breiter, regelmäßig geeggter Spurensicherungsstreifen an, um Fußabtritte von Flüchtenden festzustellen. Dahinter der Sperrgraben mit landeinwärts schräg gestellten Betonplatten, um durchbrechende Fahrzeuge zu stoppen. Dann der weit übermannshohe Metallzaun aus Streckmetall-Gitterplatten mit scharfkantigen Maschen, zu klein, um mit den Fingern hineingreifen zu können. In diesem Bereich befand sich bis Mitte der 80er Jahre der Minenstreifen. 1,3 Millionen Minen lagen zu DDR-Zeiten entlang der Grenze, an besonders gesicherten Abschnitten wie in der Linder Ebene bis zu 3.000 Minen pro Kilometer Grenzlänge! Bis zur eigentlichen Staatsgrenze DDR / BRD war es dann immer noch ein Stück: es schloß sich ein 50 bis 150 Meter tiefer, ungenutzter Geländestreifen an. Brachland, Todesstreifen, auf dem für Flüchtende, falls sie all diese Sperren überwunden haben sollten, der Schießbefehl galt. L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 L11 L12 L13 Das Grüne Band der ehemaligen innerdeutschen Grenze bei Horb/Mupperg. Heute wertvolles Brachland zwischen den Äckern. DDR-Grenzsoldaten am Scharfen Eck zwischen Wörlsdorf und Liebau, 1984 33 L14

Die Grenze ist offen! Spätherbst 1989 zwischen Schwärzdorf und Sichelreuth Eine scheußliche Grenze und groß war der Jubel im Spätherbst 1989, als die ersten Wege und Straßen geöffnet waren! Aber ausgerechnet im Schatten dieser menschenverachtenden Grenze, im Jahrzehnte sich selbst überlassenen Brachland des Todesstreifens fanden seltene Tier- und Pflanzenarten letzte Rückzugsräume. Auf den Grenzzäunen sangen Braunkehlchen, dort jagten Neuntöter und Raubwürger. 1975 begannen im Steinachtal und im Coburger Raum bayerische Vogelkundler damit, gezielt die Artbestände im Grenzstreifen zu erfassen. Kai Frobel konnte erstmals in Deutschland nachweisen, dass der Todesstreifen für ungezählte Tier- und Pflanzenarten eine Lebenslinie war in einer ansonsten sowohl in Thüringen wie Bayern zunehmend intensiv genutzten Agrarlandschaft. Viele Arten, die in weiten Teilen Nordbayerns bzw. Südthüringens bereits verschwunden waren, konnten im Bereich des ehemaligen Grenzstreifens, diesem grünen Band, noch überleben. Der ehemalige Grenzstreifen durchzieht das Steinachtal und die Linder Ebene auf einer Länge von ca. 29 Kilometern. Altgrasfluren wechseln mit Feuchtgebieten, vermoorten Bereichen, über Jahrzehnte ungenutzten Fischteichen, mageren Heideflächen, naturnahen Waldbereichen und verbuschten Brachflächen. Blaukehlchen, Braunkehlchen, Dorngrasmücke, Neuntöter, Wachtel u.a. haben aufgrund des im Grenzstreifen gegebenen Strukturreichtums und des hohen Nahrungsangebotes an Insekten alleinige bzw. überwiegende Vorkommen im Brachestreifen der ehemaligen Grenze. Dieses 50 bis 150 Meter breite Grüne Band verbindet Biotope, die sonst in unserer Kulturlandschaft i.d.r. nicht mehr verbunden sind. Die kleinräumige Verzahnung verschiedenster Pflanzengesellschaften und Biotoptypen führt zu einem sehr großen Struktur- und Artenreichtum. Die unmenschliche Grenze gab dort der Natur eine 30jährige Atempause. Und die Natur nutzte sie. Es entwickelte sich etwas, was in unserer intensiv genutzten Landschaft so selten geworden ist: ein Stück Wildnis mit großartigen Altgrasfluren, Buschund Waldparadiesen, Sümpfen und blühenden Heiden ein buntes Mosaik vielfältiger Lebensräume. Allein zwischen Bayern, Thüringen und Sachsen leben im Grünen Band 130 Vogelarten, darunter 30 Rote-Liste -Vertreter wie 34

Braunkehlchen, Birkhuhn, Ziegenmelker oder Raubwürger. Sie haben hier Ruhezonen, die in der intensiv genutzten Agrarlandschaft meist fehlen. Bundesweit finden hier über 600 bedrohte und störungsempfindliche Tier- und Pflanzenarten letzte Rückzugsgebiete, vom Breitblättrigen Knabenkraut über den Schwarzstorch bis zum Fischotter. Es ist eines der größten und sicher das längste Biotop Deutschlands. Bundesweit sind deshalb in seinem Bereich über 200 neue Naturschutzgebiete ausgewiesen oder in Planung. Vorbildlich handelte der Freistaat Sachsen: Dort steht das Grüne Band seit 1996 vollständig unter Naturschutz! Der besondere ökologische Wert des Grünen Bandes lässt sich aber nicht allein aus der Zahl seiner Rote-Liste -Arten ablesen. Das Grüne Band ist die zentrale Struktur eines 1378 Kilometer langen, unersetzbaren und einmaligen Biotopverbundnetzes von der Ostsee über Elbe und Harz bis zu den Mittelgebirgen Nordbayerns. Es ist ein Streifen, der eine Vielzahl von Naturräumen durchquert, der die deutschen Mittelgebirge fast lückenlos mit den Jungmoränen in Schleswig-Holstein verbindet und der in der Lübecker Bucht ausläuft. Unmittelbar nach der Grenzöffnung entstand 1989 das Naturschutzprojekt Grünes Band, initiiert vom Bund Naturschutz und seinem bundesweiten Dachverband BUND (Bund für Umweltund Naturschutz Deutschland), das sich zum Ziel gesetzt hat, diesen einmaligen Biotopverbund zu erhalten. Heute ist es eines der größten Naturschutzprojekte Deutschlands, breit unterstützt von allen beteiligten Bundesländern, Naturschutzverbänden, Fachbehörden und quer über alle Parteigrenzen hinweg. 2003 erweiterte sich die Idee zum Grünen Band Europa, für ein Schutzgebietssystem entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs, vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer. Die Schirmherrschaft für das Grüne Band Europa hat Michail Gorbatschow, der frühere Präsident der Sowjetunion, übernommen! Die innerdeutsche Grenze, das waren 3.000 km tödliche Zäune, 200 km Mauern, 800 km Kfz-Sperrgraben, 1.800 km Kolonnenwege, 850 Wachtürme, 1,2 Millionen Tonnen Beton, 700.000 Tonnen Eisen. Der Aufwand war gewaltig. Eine Investition in die Zukunft war er nicht. Die Bewahrung des Grünen Bandes dagegen ist eine Investition in unsere gemeinsame Zukunft. Naturschutzprojekt Deutsche Einheit: Das Grüne Band. Das wären 1.400 km bewahrte Natur, 1.400 km Wildnis mitten in unserem zivilisierten Land, 1.400 km Zukunftsinvestition. Und noch eines wäre das Grüne Band: ein ökologisches Denkmal der jüngsten deutschen Geschichte und ein Mahnmal gegen das Vergessen. Ein Freilandmuseum der besonderen Art, ein Querschnitt durch fast alle deutschen Landschaften, ein verbindendes, nicht mehr trennendes Band zwischen den alten und den neuen Bundesländern. Über die ehemalige Grenze ist im Wortsinne Gras gewachsen. Schon lebt eine junge Generation, die keine Vorstellung mehr hat, in welcher Dimension dieser Todesstreifen das Land teilte. Das Grüne Band ist damit auch eine Erinnerung an etwas, was nie mehr sein darf, weder in diesem noch in anderen Ländern. Diese Spur in der Landschaft ist ein lebendiges Denkmal der Wiedervereinigung! 35 L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 L11 L12 L13 L14

Braunkehlchen Von April bis Mai / Juni kann man im Grünen Band und in Feuchtwiesen den Gesang des Braunkehlchens hören: einen kurzen, aus kratzenden und pfeifenden Tönen zusammengesetzten Triller. Der Ruf ist ein schnalzendes Füteck-teck. Das Braunkehlchen-Männchen mit seiner streifig braunen Oberseite, dem weissen Augenstreif und der orange-beigen Kehle und Brust sitzt dabei auf Zaunpfosten, höheren Stauden oder einzelnen Büschen. Als Bodenbrüter nisten Braunkehlchen (Saxicola rubetra) in weiten und offenen Graslandschaften. Ihre Nahrung finden sie in den Krautpflanzen oder auf dem Boden der Feuchtwiesen. Früher wurde mit der Heuernte erst in der zweiten Junihälfte begonnen, was den Braunkehlchen gerade reichte, um die Brut zum Ausfliegen zu bringen. Heute jedoch wird das Gras in viel kürzeren Abständen gemäht, wodurch die Gelege zerstört werden. Das Braunkehlchen ist daher gefährdet (Thüringen) bzw. stark gefährdet (Bayern). Es ist ein Charaktervogel des halboffenen ehemaligen Grenzstreifens und balzte früher am liebsten auf den Metallgitterzäunen der Grenzanlagen. Neuntöter Von Mai bis August / September kann man auf Baum- und Buschspitzen den auffällig gefärbten Neuntöter (Lanius collurio) entdecken: das Männchen hat einen rotbraunen Rücken und einen schwarzen Augenstreif, Scheitel und Bürzel sind hellblaugrau. Der Neuntöter bewohnt halboffene, durch Hecken, Gebüschgruppen, Einzelbäume und Einzelbüsche strukturierte Landschaften. Das Nest wird in dichter Vegetation in Dornen-Hecken und Gebüschen, aber auch in Bäumen angelegt. Seine Beute erspäht der Neuntöter meist von einer exponierten Warte und fängt sie geschickt am Boden wie auch in der Luft. Er spießt Beutetiere oft an Dornen auf, um die Beute zu zerkleinern oder um sie als Vorrat zu halten. Da die Nahrung größtenteils aus mittelgroßen bis großen Insekten (Käfer, Schmetterlinge, Heuschrecken, Hautflügler) besteht, werden insektenreiche Flächen für die Nahrungssuche benötigt. Optimal in dieser Hinsicht sind Bracheund extensiv genutzte Grünlandbereiche und zwar sowohl feuchte Wiesen bzw. Weiden als auch Trockenrasen. Früher stand der Neuntöter auf der Roten Liste, mittlerweile ist er wieder häufiger geworden, so dass er nicht mehr als gefährdet eingestuft wird. 36

Heidelerche Ab März / April kommt die Heidelerche (Lullula arborea) aus ihrem Winterquartier im Mittelmeerraum zurück und lässt dann ihren schönen, flötenden Gesang ertönen: Ein in der Tonlage abfallendes didlülülülülü dauert meist mindestens eine Minute an. Die Heidelerche ähnelt im Aussehen der etwas größeren Feldlerche. Sie hat jedoch einen auffälligen, weißen Überaugenstreifen und einen kurzen Schwanz. Die Heidelerche kommt bei uns im Grünen Band (Rotheuler Wustungen) und um Kaltenbrunn und Burgstall vor. Sie braucht offene, sandige Bereiche. Nahrungssuche und Brut finden mitten auf diesen von der Sonne ausgetrockneten, kargen und lichten Stellen statt. Sie braucht diese nur spärlich bewachsenen bis ganz vegetationsfreien Ödflächen im Randbereich der Wälder. In Thüringen gilt die Heidelerche inzwischen als stark gefährdet, in Bayern ist sie sogar vom Aussterben bedroht. Landschaftspunkt 4a GRÜNES BAND (südwestlich der Bergmühle) Das Grüne Band besteht hier aus Zwergstrauchheiden, die allerdings in vielen Bereichen schon stark verbuscht sind. Die Anfang der 1990er Jahre hier vorkommende Heidelerche ist inzwischen verschwunden, der Neuntöter als weitere Charakterart des Grünen Bandes brütet aber noch hier. Um die vom Rückgang stark bedrohte Zwergstrauchheide hier zu erhalten, müssten dringend Entbuschungsmaßnahmen durchgeführt werden. Anschließend sollten die Heideflächen durch Beweidung mit Schafen und Ziegen offen gehalten werden. Die Heidelerche und andere typische Heidebewohner könnten dann wieder zurückkehren. Landschaftspunkt 4b GRÜNES BAND (südöstlich Mupperg) Südwestlich der Straße Mupperg Fürth a.b. wird das Grüne Band überwiegend intensiv als Grünland genutzt, da es sich hier zum größten Teil wieder in Privateigentum befindet. Nordöstlich der Straße liegen dagegen jetzt wieder große Bereiche des Grünen Bandes brach, nachdem hier vom BUND Thüringen mehrere Grundstücke im Grünen Band erworben wurden und die intensive Grünlandnutzung dann zurückgenommen wurde. Braunkehlchen und Blaukehlchen finden hier jetzt wieder bessere Lebensbedingungen. Allerdings würde eine völlige Verbuschung dieses Grenzstreifenabschnitts auch die Vorkommen dieser beiden Arten beeinträchtigen. Im Rahmen der Flurneuordnung sollte daher eine Lösung gefunden werden, die eine Mischung aus Brachestreifen und einer behutsamen extensiven Wiesennutzung ermöglicht. L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 L11 L12 L13 L14 37

Landschaftspunkt 4c GRÜNES BAND (Liebauer Sack) Im südwestlichen Teil des sogenannten Liebauer Sacks bildet die Steinach die Landesgrenze zwischen Bayern und Thüringen. In diesem Abschnitt des Grünen Bandes konnten sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund der fehlenden Nutzung wieder Auwälder mit feuchten Hochstaudenfluren ausbreiten. Außerhalb des Grünen Bandes sind ausgedehnte Auwaldbereiche an der Steinach sehr selten. Eine typische Vogelart dieser Auwälder ist der Kleinspecht. Landschaftspunkt 4d GRÜNES BAND (Rotheuler Wustungen) Anfang der 1990er Jahre waren die vom Rückgang stark bedrohten Zwergstrauchheiden in diesem Abschnitt des Grünen Bandes noch weit verbreitet, so dass dieser Bereich des Grünen Bandes als eine Kernzone des geplanten Naturschutzgebietes Wustungen Rotheul vorgeschlagen wurde. Im Rahmen der Erstellung des Schutzwürdigkeitsgutachtens wurde hier eine hohe Anzahl gefährdeter Arten wie Heidelerche, Feldgrille (Gryllus campestris) und viele gefährdete Hautflügler- und Laufkäferarten festgestellt. Mittlerweile sind jedoch viele Bereiche verbuscht. Der BUND Thüringen hat daher einzelne Flächen erworben, um hier Entbuschungsmaßnahmen durchführen zu können. befand sich hier eine große Teichkette. Während der DDR-Zeit wurden jedoch der wasserzuführende Graben umgeleitet und die Teiche trockengelegt. Auf den ehemaligen Teichstandorten entwickelten sich Großseggenriede und Sumpfwälder. Im Rahmen der Renaturierung der Föritz wurden auch einige sich direkt westlich an die Föritz anschließende Grundstücke im Grünen Band für den Naturschutz gesichert. Ein Teich wurde im Jahr 2004 wiederhergestellt, um ein nutzungsfreies Feuchtgebiet für Libellen und Amphibien zu schaffen. Auf einem anderen ehemaligen Teichstandort bleiben dagegen Großseggenried und Sumpfwald erhalten. Weiter westlich schließen sich mehrere Grundstücke von Privatbesitzern an, die unter Naturschutzauflagen wieder eine extensive Teich- oder Wiesennutzung beginnen durften. Die zu DDR-Zeiten allerdings vorhandenen ausgedehnten offenen Brachflächen mit Vorkommen von Braunkehlchen und Neuntöter sind zurückgedrängt worden. Der Todesstreifen am südlichen Ortsrand von Mupperg, 1989. Landschaftspunkt 4e GRÜNES BAND (Föritzgrund) Das Grüne Band westlich der Föritz gehört zum im Jahr 2003 ausgewiesenen Naturschutzgebiet Föritzgrund. Vor der Grenzziehung 38

Achtung! Nach den letzten Minenräumungen Mitte der 1990er Jahre gilt das GRÜNE BAND zwar nach menschlichem Ermessen als minenfrei. Trotzdem: beobachten Sie es nur vom Kolonnenweg mit seinen Betonspurplatten aus und betreten Sie nicht die Brachflächen! Vor allem in der Nähe von Fließgewässern ist auch heute noch Minengefahr nicht auszuschließen! L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 39 L9 L10 L11 L12 L13 Balzendes Braunkehlchen auf DDR-Grenzsäule L14