Komplexe in der Chemie

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Transkript:

Komplexe in der Chemie

Gliederung Einführung Geschichte der Komplexchemie Fehlvorstellungen zu Komplexen Auswertung und Unterrichtsvorschläge Fazit

Einführung Begriff Komplex anfänglich unscharf definiert Heute in fast allen Ländercurricula Bestandteil (Sek. 2) Umsetzung: In gerade mal einem von 47 Gymnasien im Münsterland wurde es unterrichtet

Geschichte Seit dem Altertum arbeiten Leute bereits mit Komplexfarbstoffen (Hämderivate des Tierblutes und Wurzel der Färberröte) 1597: Erste wissenschaftliche Beschreibung durch dt. Physiker und Alchemisten A. Labavius 100 Jahre später: Alchemist Dippel und Färbekünstler Diesbach entdecken das Berliner Blau

1798: Erste Beschreibung von Komplexen als Reaktion von 2 vollständig gesättigten Verbindungen, durch franz. Chemiker Tassaert 1822: Beschreibung der Herstellung von Luteo-Cobaltiak-Oxalat 1851: Farbnomenklatur nach Fèrmy: Er ordnete die Salze nach Farben

1856: O.W. Gibbs und Genth erweitern die Farbnomenklatur nach Fèrmy

Erklärungen: 2 Äquivalente Cobalt entsprechen einem Cobalt-Atom Neuordnung der Komplexe bereits nach enthaltenen Ionen unter Beibehaltung der alten Begriffe.

Ende 19 Jahrhundert: Erste Strukturvorstellungen aufbauend auf der Valenzlehre Kékulés Problem: Elektrische Leitfähigkeiten der Lösungen und Schmelzen passen nicht zu diesen Molekülvorstellungen Und: Die Valenz von Metallen nicht immer konstant ( heutige Oxidationszahl)

Ammonium-Theorie 1819: Paarungstheorie nach Berzelius Metall ist nach Paarung mit Ammoniak immer noch fähig, andere Substanzen zu binden. 1839: Graham bezeichnet Komplexe als Verbindungen von Ammoniumsalzen in denen mindestens 1 Wasserstoffatom durch ein Metallatom substituiert wurde

Kettentheorie 1869: Blomstrand betrachtet das Luteo-Salz (Hexaammincobalt(3)chlorid) folgendermaßen

Erklärungen: Fünfweriger Stickstoff deckte sich mit der zeitgemäßen Vorstellung von Ammoniumchlorid

Einwertige Chloride sind soweit von Cobalt entfernt, dass deren Ausfällung durch Silbernitrat möglich ist

Begründung der modernen Komplexchemie 1892: Alfred Werner bricht mit der Valenzlehre Er geht von einer räumlichen Anordnung aus Maximale Ligandenzahl entspricht der Koordinationszahl Koordinativ gebundene Liganden sind mit dem Koordinationszentrum verbunden

Innere Sphäre = Komplexion Äußere Sphäre = Kat-/ Anion je nach Ladung des Komplexes Verbringt den Rest seines Lebens mit dem Beweis seiner Theorie

Wendet Leitfähigkeitsmessungen an, um seine Theorie zu beweisen Werner hat bewiesen, dass die Komplexbindung eine eigenständige Bindungsklasse ist Anfang des 20 Jahrhunderts galt die Kettentheorie als überholt

Fehlvorstellungen in der Komplexchemie Wo kommen Komplexe im Alltag vor? Antworten der Studenten: 50% Waschmittel 10% Fotoentwicklung 5% Hämoglobin 35% keine Antworten bzw. Lösen von Salz

Versuch: Eisen(3)-Komplexe Durchführung: Eisen(3)-nitrat c=0.1 mol/l, Salpetersäure verdünnt. Hineingegeben in Kochsalz-, Ammoniumthiocyanat- und Natriumfluorid- Lösung Es bildet sich Hexanitroferrat(3)

Schreibe 3 Komplexe auf, die du kennst! (unter Berücksichtigung von Formeln) Mehr als 50% schreiben die Komplexe ab 50% geben keine Ladung der Komplexe an, oder falsche Komplexe; zum Beispiel [Fe (H²O)]

Zeichne deine Modellvorstellung des Hexaammincobalt Komplex auf? 80% wählten die Oktaederform mit 6 Liganden 10% der Studenten entschieden sich für nichts 10% wählen die Tetraederform mit 4 Liganden

Versuch 2: Ausfällen und Lösen von Aluminiumhydroxid Durchführung: Aluminiumchlorid, Eisen(3)-chlorid und Kupferchlorid werden mit Natronlauge versetzt Ergebnis: Ausfällung von Aluminiumhydroxid, Eisenhydroxid und Kupferhydroxid Tetrahydroxoaluminat

Wie stellst du dir eine Nickelchlorid-Hexahydrat- Lösung vor? Komplexsalz das im Wasser zerfällt In der Lösung enthalten: Wasser, Chlorid-Ionen, Tetraaquanickel 10% haben Mikro-/Makroebene vertauscht (Wasserlinie) 50% haben das Komplexsalz übernommen Einige Vorstellungen im Ansatz richtig

A) Welcher der beiden Komplexe ist energiereicher, welcher energieärmer? - 50% haben erkannt, dass der 2. Komplex energiereicher ist B) Welches Prinzip steckt dahinter? - 10% Prinzip vom kleinsten Zwang - 90% falsche Antworten, zum Beispiel Orbitalmodell, Ligandenaustausch oder Prinzip des Ladungsgefälles

Versuch 3: Komplexgleichgewicht Durchführung: und Temperatur Cobaltchloridlösung wird mit Salzsäure versetzt und mit Wasser verdünnt, es wird Natriumchlorid zugegeben und erhitzt. Im kalten Zustand rosa, bei Hitze blau Hexaaquacobalt reagiert bei Hitze zu Tetrachlorocobaltat

Unterrichtsvorschläge Unterrichtsvorschlag nach Bäuerle und Krasenbrink für die Sek. 2 Einleitung in die Komplexchemie über vernetztes Lernen Unterrichtskonzept soll historischproblemorientiert aufgebaut werden Über Phänomene soll ein eigenes Modell entwickelt werden

Schüler sollen ein selbstentwickeltes Verständnis über Komplexchemie entwickeln Zum Beispiel mit Hilfe des Versuchs von Ausfällungen von Kupfer-/Aluminium- und Eisenchlorid mit Natronlauge Schüler fragen sich, was bei weiterer Zugabe von Natronlauge passiert Es bildet sich Tetrahydroxoaluminat

Es entsteht ein kognitiver Konflikt Schüler formulieren mögliche Reaktionsgleichungen Versuch: Bildung von Tetrahydroxoaluminat mit ph-wertbestimmung Eignet sich als Schülerversuch Reaktion findet nach Rechnung im Verhältnis von 1:4 statt

Das gebildete Ion wird als Komplexverbindung bezeichnet Analog dazu kann man jetzt die Begriffe Zentralion/atom und Ligand einführen Bezug zum Alltag: Aluminiumherstellung

Metallammin-Komplexe Vertiefung des Wissens über Komplexe mit anderen Zentralionen und Liganden Problem: Weiterhin Fragen zur Bindung Modellstrukturen sollten besprochen werden Beobachtung: Farbigkeit hängt von den Liganden ab

Komplexstruktur/Gleichgewichte Um sich die Komplexstruktur zu erschließen, kann man ein Modell bauen Grünfarbene Kupferchlorid-Lösung mit Wasser versetzen, so wird sie blau mit Salzsäure wieder grün Es herrscht ein Gleichgewicht Um die Motivation zu steigern, sollte Bezug zum Alltag genommen werden

Historischer Exkurs Am Ende der Unterrichtsreihe sollte eine Diskussion stattfinden Konflikt zwischen Kettentheorie und heutige Komplextheorie sollte dargestellt werden Lehrer muss als Hilfe Informationen zu beiden Positionen verteilen

Fazit Schwere Umsetzung in der Schule Deswegen wenig didaktische Erfahrungen Komplexe werden im Alltag in falschen Zusammenhängen genannt (z.b. Trill mit Iod S11 Komplex, Haarschampoo mit Multivitamin- Komplex) Selbst in der Sek. 2 werden Komplexe kaum behandelt Bei Studenten herrschen ebenfalls viele Fehlvorstellungen

Vielen Dank