Unter welchen Bedingungen eignen sich organische Dünger für Hochertragsstrategien? Klaus Sieling Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung - Acker- und Pflanzenbau - Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Gliederung Problemstellung Inhaltsstoffe von organischen Düngemitteln Ertragswirksamkeit NH 3 -N-Verluste Zusammenfassung
Problemstellung häufig schlechte Ausnutzung (Ertragswirksamkeit) des in der Gülle enthaltenen Stickstoffs, da - Ausbringung, wenn Befahrbarkeit gegeben, muss nicht mit dem Bedarf der Pflanzen identisch sein - meist ein Ausbringungstermin (Herbst, Frühjahr), während bei Mineraldünger stadienspezifische Düngung die Regel ist - NH 3 -N-Verluste bei der Ausbringung - organischer Anteil nicht sofort pflanzenverfügbar -
Rahmenbedingungen - zunehmender Anfall von Biogasgärrückständen aufgrund steigender Anzahl von Biogasanlagen - pflanzenbaulich sinnvoller Einsatz kann Düngerkosten senken - rechtlicher Rahmen (Düngeverordnung)
Rechtlicher Rahmen (DüngeVO) I (Fassung vom 27.02.2007, Novellierung geplant!!) u.a. - maximal 170 kg N/ha aus Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft (noch: bei Biogasgülle nur der tierische Input) - Ermittlung der Gehalte an Gesamt-N und -P, bei Gülle, Jauche, sonstigen flüssigen organischen Düngemitteln oder Geflügelkot zusätzlich Ammonium-N (Übernahme von Richtwerten, eigene Analysen, Deklaration) - geeignete Ausbringtechnik - Mindestabstände beachten - keine Ausbringung von Gülle etc. auf überschemmten, wassergesättigten, gefrorenen (und oberflächlich nicht auftaut) oder durchgängig mit >5 cm Schnee gedeckten Böden
Rechtlicher Rahmen (DüngeVO) II (Fassung vom 27.02.2007, Novellierung geplant!!) - Einarbeitungsgebot für Gülle sowie Geflügelkot auf unbestelltem Ackerland (unverzüglich = 4 Stunden!) - Sperrfristen, keine Ausbringung von Gülle (noch): Ackerland: 01. November bis 31. Januar Grünland: 15. November bis 31. Januar - nach der Ernte der Hauptfrucht Ausbringung auf Ackerland nur zu im gleichen Jahr angebaute Folgekulturen bis in Höhe des aktuellen Düngebedarfes an Stickstoff der Kultur oder verbliebenen Getreidestroh zulässig: max. 40 kg NH 4 -N/ha bzw. 80 kg N gesamt /ha
Konstellationen, in denen kein N-Düngebedarf im Herbst besteht (Erlass aus Nordrhein-Westfalen vom 19.03.2012) Winterweizen nach Mais, Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben, Gemüse und Leguminosen Getreide nach Silomais Zwischenfrüchte nach Mais und Zuckerrüben Wegen des fehlenden aktuellen N-Düngebedarfs stellt die N-Düngung unter diesen Bedingungen einen Verstoß gegen 4 Abs. 5 der DüV und einen CC-Verstoß dar. Ähnliche Regelungen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein,... Prämienkürzung gemäß Regeleinstufung: 3% (LwK Niedersachsen)
Nicht erlaubt sind: - Gülledüngung nach Mais/Kartoffeln zu nachfolgendem Wintergetreide - Gärrestdüngung nach Mais zu Grünroggen oder Untersaaten - Hühnertrockenkot nach Rüben zu Winterweizen (nach LwK Niedersachsen 2012)
Orientierungswerte zur N-Düngung im Herbst Kultur N-Düngebedarf (kg N/ha) Grünland/Feldgras 40 Winterraps 40 Wintergetreide 0 bzw. 20 Zwischenfüchte Futternutzung 80 Gründgg o. nachf. Herbstaussaat 60 Gründgg m. nachf. Herbstaussaat 40 Strohrotte (nur Getreidestroh, auf Standorten mit geringer N-Nachlieferung) Keine Addition der aufgeführten Werte 40 (LwK Niedersachsen 2012)
Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Evaluierung der Düngeverordnung u.a. - kein Ausbringen von Gülle etc. nach der Ernte der Hauptkultur auf Ackerland - keine N-Düngung mit den genannten Wirtschaftsdüngern zur Strohrotte ohne Aussaat von Raps oder Zwischenfrucht, oder zur Düngung von Wintergetreide im Spätsommer und Herbst Ausnahmen (bis 1. Oktober als Beginn der Sperrfrist auf Ackerland): - Raps bei Aussaat bis zum 15.September - Feldgras (kein Kleegras), soweit der Bestand bereits im Frühjahr etabliert war (Nachweis über Hauptantrag im Mai) - Zwischenfrüchte bei Aussaat bis zum 15.September (Osterburg und Techen, 2012: http://www.ti.bund.de )
Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Evaluierung der Düngeverordnung u.a. - kein Ausbringen von Gülle etc. nach Ernte der Hauptkultur auf Ackerland Konsequenz: - keine drastische N-Düngung Reduktion mit den genannten der Möglichkeiten, Wirtschaftsdüngern zur Strohrotte ohne Aussaat von Raps oder Zwischenfrucht, oder zur Gülle und Gärreste ausbringen zu können Düngung von Wintergetreide im Spätsommer und Herbst Ausnahme (bis 1. Oktober als Beginn der Sperrfrist auf Ackerland): - Raps bei Aussaat bis zum 15.September - Feldgras (kein Kleegras), soweit der Bestand bereits im Frühjahr etabliert war (Nachweis über Hauptantrag im Mai) - Zwischenfrüchte bei Aussaat bis zum 15.September (Osterburg und Techen, 2012: http://www.ti.bund.de )
Was bringen wir aus? Inhaltsstoffe
Nährstoffgehalte von organischen Düngemitteln große Unterschiede zwischen den Nährstoffgehalten daher: Analysen machen (Zorn und Schröter, 2010)
Maximale Schweinegüllegabe im Herbst Vorgabe (sofern Bedarf gegeben): max. 40 kg NH 4 -N/ha oder max. 80 kg N gesamt /ha (je nachdem, was zuerst limitierend ist) 8,1 m 3 /ha auf der Basis NH 4 -N (bei 4,9 kg NH 4 -N/m 3 ) zugeführte Nährstoffmengen: 51,8 kg N/ha 17,8 kg P/ha = 40,8 kg P 2 O 5 /ha 34,0 kg K/ha = 40,8 kg K 2 O/ha 4,8 kg Mg/ha = 8,0 kg MgO/ha Basis N gesamt : 10,6 m 3 /ha
Ertragswirksamkeit von organischen Düngern
Ertrag [t/ha] RAPOOL-Fachtagung 2013 Mineralische N-Düngung vs. Schweinegülle Rapsertrag (1995-2011) 5 4 3 2 1 0 Gülle Nges KAS 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 N-Düngung [kg N/ha] Gülle (Nges): n = 872 r 2 = 0,28 *** RMSE = 0,92 KAS: n = 685 r 2 = 0,35 *** RMSE = 0,99 Punkte: Mittelwerte der N-Stufen
Ertrag [t/ha] RAPOOL-Fachtagung 2013 Mineralische N-Düngung vs. Schweinegülle Rapsertrag (1995-2011) 5 4 3 2 1 0 Gülle Nges Gülle NH4-N KAS 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 N-Düngung [kg N/ha] gleiche Ertragswirksamkeit beider N-Formen auf der Basis mineralische N-Menge daher: NH 4 -N-Anteil wie Mineraldünger anrechnen Annahme: 70% NH 4 -N in der Schweinegülle
Wirkung differenzierter mineralischer und organischer Düngung auf Kornertrag und Ölgehalt von Winterraps Dornburg 2009 Sorte: Elektra (Zorn und Schröter, 2010)
Ertrag [t/ha] RAPOOL-Fachtagung 2013 Mineralische N-Düngung vs. Schweinegülle Weizenertrag (1995-2009) 11 10 9 8 7 Gülle (Nges): n = 711 r 2 = 0,52*** RMSE = 1,28 6 5 4 Gülle Nges KAS 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 N-Düngung [kg N/ha] KAS: n = 519 r 2 = 0,63 *** RMSE = 1,20 Punkte: Mittelwerte der N-Stufen
Ertrag [t/ha] RAPOOL-Fachtagung 2013 Mineralische N-Düngung vs. Schweinegülle Weizenertrag (1995-2009) 11 10 9 Annahme: 70% NH 4 -N in der Schweinegülle 8 7 6 5 4 Gülle Nges Gülle NH4-N KAS 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 N-Düngung [kg N/ha]
Proteinkonzentration [%] RAPOOL-Fachtagung 2013 Mineralische N-Düngung vs. Schweinegülle Weizen Proteinkonzentration (1997-2009) 14 12 Annahme: 70% NH 4 -N in der Schweinegülle 10 8 6 Gülle Nges Gülle NH4-N KAS 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 N-Düngung [kg N/ha] Gülle (Nges): n = 711 r 2 = 0,36 *** RMSE = 1,03 KAS: n = 517 r 2 = 0,56 *** RMSE = 1,37 Punkte: Mittelwerte der N-Stufen
Ertragskurven der verschiedenen organischen Dünger (Mittel aus 1999 bis 2006, Puch) Fruchtfolge: Raps-Weizen-Gerste (Wendland, 2009)
TM-Ertrag (t/ha) RAPOOL-Fachtagung 2013 Einfluss von Düngerform und -menge auf den Trockenmasseertrag von Silomais (2007+2008) 25 20 15 keine Unterschiede im Silomaisertrag zwischen den Düngerformen 10 5 0 KAS Biogasgülle Schweinegülle 0 40 80 120 160 200 240 280 320 360 N-Düngung (kg N/ha) Berechnung der N-Menge auf der Basis von Nges der Gülle
Mineraldüngeräquivalente (MDÄ) bei Kompost und Hühnertrockenkot (HTK) im Mittel über 2 Rotationen Zuckerrüben- Winterweizen- Wintergerste 30 t/ha Trockenkompost 3-4 t HTK/ha (LwK Nordrhein- Westfalen 2007)
RAPOOL-Fachtagung Wirkung von Schweinegülle 2013 auf die Vorwinterentwicklung von pfluglos bestelltem Raps 80 kg N ges /ha als Gülle vor der Aussaat keine Gülle
N-Effizienz (%) von Gülle-N in Raps (1991-1996) Mineralische Schweinegülle (80 kg N total /ha) N-Düngung keine Herbst Frühj. 0 kg N/ha - 11 27 120 kg N/ha - 22 34 200 kg N/ha - 6 17 Mittel - 13 26
Ertrag (dt/ha) RAPOOL-Fachtagung 2013 Effekt des Ausbringungstermins von 80 kg N/ha als Schweinegülle 40 35 Gülle im Herbst Gülle im Frühjahr -40 kg N/ha Ausbringung von Gülle im Frühjahr reduziert den zusätzlichen N-Bedarf 30 1991-1996 25 20 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Mineralische N-Düngung (kg N/ha) Herbst: vor der Aussaat mit sofortiger Einarbeitung Frühjahr: während der Stängelstreckung
NH 3 -Emissionen und Möglichkeiten zur Reduktion Ertragswirkung korreliert gut mit dem Ammonium- (NH 4 -) N-Anteil in der Gülle (zumindest bei Getreide und Raps) Ziel: Ammoniakemissionen bei der Ausbringung minimieren zunehmende Bedeutung bei der Ausbringung von Biogasgärresten
Biogasgülle - Veränderungen während der Vergärung höherer ph-wert und höherer NH 4 -N-Anteil: gesteigertes Potenzial für N-Verluste bei der Ausbringung! (aus: Wendland, 2008)
Kumulierte absolute NH 3-N-Verluste [kg N ha -1 ] RAPOOL-Fachtagung 2013 Dynamik der NH 3 -N-Verflüchtigung 2. Gärrestgabe Hohenschulen, 27.04.2012 (sehr warm, trocken und windig!) zu Triticale und Weizen NH 4 -N- Menge (kg N/ha) 80 70 240 GR - Weizen 160 GR - Triticale Weizen 112 Triticale 64 60 50 40 30 = 45 % = 47 % des applizierten NH 4 -N 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Zeit nach Ausbringung [h] (Seidel, unveröffentlicht)
Einflussfaktoren auf NH 3 -Emissionen Witterung: Windgeschwindigkeit Temperatur Relative Luftfeuchtigkeit Düngercharakteristika: ph-wert NH 4 N- (Ammonium-) Konzentration Gesamt-N-Gehalt TM-Gehalt Partikelgröße (Rinder/Schweinegülle)
Einflussfaktoren auf NH 3 -Emissionen Witterung: Windgeschwindigkeit Temperatur Relative Luftfeuchtigkeit Düngercharakteristika: ph-wert NH 4 N- (Ammonium-) Konzentration Gesamt-N-Gehalt TM-Gehalt Partikelgröße (Rinder/Schweinegülle)
NH 3 Verflüchtigung [kg N ha -1 ] RAPOOL-Fachtagung 2013 Auswirkungen des Gülle-pH-Wertes auf die NH 3 - Verflüchtigung 30 kg NH 3 - N/ha Verlust Gülle ph ph 7,5 (Quelle: nach Jarvis and Pain, 1990)
Ansäuerung Aufwandmenge: 5 l H 2 SO 4 / m 3 Rindergülle Schweinegülle Gärreste Gärreste (separiert) Gülle (chemisch separiert) Zeit [min] ca. 7 Tage Quelle: nach Biocover.dk
Ansäuerungsmethoden Ansäuerung im Stall / Güllelager - Schwefelsäurezusatz bereits im Stall - Schwefelsäurezusatz in das Güllelager - Ansäuerung durch Milchsäurebakterien (benötigt i.d.r. aber leicht abbaubare Kohlenhydrate, z.b. Melasse etc.) Ansäuerung bei der Ausbringung - Mitgeführte Schwefelsäure wird auf dem Feld in den Güllestrom gemischt unmittelbar - 5 l H 2 SO 4 /m 3 Gülle (=2,9 kg S/m 3 ) Schwefel in der Gülle: ca. 10% der N-Konzentration (0,3-0,5 kg S/m 3, aber meist organisch gebunden)
Ansäuerung bei Ausbringung SyreN -System Quelle: Biocover.dk
kumulierte NH 3-N Verluste [kg N ha -1 ] RAPOOL-Fachtagung 2013 Kumulierte NH 3 -N-Verluste (Nordseemarsch, 4-schnittiges Grünland, 320 kg N/ha) 60 50 40 N 4 N 3 N 2 N 1 Ansäuerung: deutliche Verminderung der NH 3 - Emissionen ( > 50% zum Schleppschlauch) 30 Keine Ertragsunterschiede 20 Alternative zur Injektion 10 0 Schleppschlauch Schleppschlauch Ansäuerung Injektion ph 6,5 ph 6,0 17,5 cm 35,0 cm Reihenweite anges. ph 6.5 anges. ph 6.0 Inj. 17.5 cm Inj. 35 cm Wenn ansäuern, dann richtig! (Ziel-pH = 6,0) (Seidel, 2012)
Zusammenfassung - weitere Restriktionen für die Gülleapplikation, insb. im Herbst, zu erwarten - N-Ausnutzung/Ertragswirksamkeit organischer Dünger erhöhen - Ammonium-Anteil der Gülle wie Mineraldünger wirksam - Gülle etc. im Frühjahr in den wachsenden Bestand ausbringen aber: Befahrbarkeit im Frühjahr, Lagerkapazität - Möglichkeiten zur Reduktion der NH 3 -N-Emissionen nutzen (Injektion, Ansäuerung,..)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit