Ein Semester an der University of Newcastle in Australien von Esther Overbecke 1
Ich bin Esther Overbecke und studiere Germanistik und Social Business an der Universität Vechta. Mein 5. Semester habe ich an der University of Newcastle in Australien verbracht. Am 17. Juli begann meine Reise. Einen Tag nach meiner letzten Prüfung des Sommersemesters in Vechta brach ich auf und flog von Hamburg aus über Dubai nach Sydney. Diese letzte Woche war sehr hektisch, es galt sich auf die letzten Prüfungen zu konzentrieren und nebenbei noch einiges für die Reise vorzubereiten, obwohl mich die Vorbereitungen dafür schon seit einem halben Jahr begleiteten. Zwei Tage später, am 19. Juli kam ich dann mit dem Zug in Newcastle an. Dort wohnte ich eine Woche lang in einem Hostel während ich nach einer dauerhaften Unterkunft suchte. Die Orientierungswoche der University of Newcastle startete direkt am 20. Juli. Abgesehen von ein wenig Müdigkeit, die sich hin und wieder bemerkbar machte, hatte ich den Jetlag gut umgehen können. Bereits in dieser Woche lernte ich viele neue Kommilitonen kennen. Die internationalen Studierenden wurden getrennt von den einheimischen in das Leben an der Universität eingeführt, weswegen ich erstmal hauptsächlich mit internationalen in Kontakt kam. Gleich die erste Person, die ich ahnungslos ansprach, sprach Deutsch, eine Österreicherin. Die Mehrheit meiner Bekanntschaften in diesem Semester sprach meine Muttersprache, ohne dass ich das erzielt hätte. Der Grund dafür wird sein, dass die Anzahl der deutschen Studierenden an der University of Newcastle insgesamt sehr hoch ist. Aber auch sehr viele Studierende aus Amerika, England und aus Asien, vor allem China, waren anzutreffen. Insgesamt war es wesentlich einfacher als ich gedacht hatte, neue Menschen kennenzulernen, und auch an die Kommunikation auf Englisch gewöhnte ich mich schnell. Mir fiel allerdings auf, dass ich meinen englischen Wortschatz noch um einiges erweitern musste, um mich sowohl im Alltag, als auch in den Seminaren verständigen zu können, vor Allem das Verfolgen der Vorlesungen viel mir anfangs sehr schwer, was größtenteils an dem ungewohnten Akzent des Dozenten lag. Doch daran gewöhnte ich mich schnell und auch mein Wortschatz erweiterte sich schnell um die wichtigsten alltäglichen Worte. Nach der ersten Woche hatte ich dann auch eine feste Unterkunft gefunden. Ein Maklerbüro für Studenten hatte mir dabei geholfen. Ich wohnte dann in einem Haus in Waratah West, einem Stadtteil von Newcastle direkt neben dem Campus. 2
Das Haus teilte ich mir mit sieben einheimischen Studierenden. Es bot mir alles was ich brauchte: Das Zimmer war bereits möbliert, es gab zwei Badezimmer und zwei WC und auch die Küche war doppelt ausgestattet: Zwei Herde, zwei Mikrowellen, zwei Waschbecken, zwei Kühlschränke. Nur beim Wäschewaschen gab es ab und zu eine Warteschlange, denn an Waschmaschinen hatten wir nur eine im Haus. Ich fühlte mich dort sehr wohl und auch meine australischen Mitbewohner waren sehr offen und hilfsbereit. Ich hatte mir bewusst ein Haus ausgesucht, in dem nur Australier wohnen, um auch mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen und so ihre Sichtweisen und vor Allem ihre Sprache besser zu erlernen. Die University of Newcastle umfasst circa 30.000 Studierende, die auf drei Campus aufgeteilt sind. In Newcastle gibt es einen City Campus und den Callaghan Campus, an dem ich mich aufhielt. Callaghan ist wie ein eigenes Stadtviertel für sich. Der Campus hat seine eigenen Verkehrsregeln, seine eigene Polizei und einen Security Bus, der Studierende kostenlos nach Hause bringt, wenn sie nicht zu weit entfernt wohnen. Ich habe mir beim Bike Hub ein Fahrrad geliehen, welches ich das ganze Semester lang behalten konnte. Das Fahrrad erwies sich als sehr nützlich, denn ich konnte damit innerhalb von wenigen Minuten zur Universität oder zum Shopping Center fahren sowie Fahrradtouren in die Stadt oder an den Strand machen. Der Callaghan Campus wirkte sehr idyllisch, da er sich mitten in einem australischen Wald befindet und es draußen viele nette Plätze mit Bänken und Tischen gibt, an denen man Lesen kann. Die zwei Hälften des Campus sind durch Brücken verbunden, auf einer davon trifft man regelmäßig auf eine ungefährliche kleine Schlange, die sich dort sonnt. Auch Kakadus und andere freche Vogelarten trifft man an, vor denen man sich besonders dann in Acht nehmen sollte, wenn man sich gerade etwas zu essen besorgt hat. Es gibt keine Mensa, dafür aber jede Menge kleine Cafés und Imbisse. Dazu kommen regelmäßige kleine Festivals, bei denen es kostenlos Sandwiches und Lunch gibt. Diese werden von den verschiedenen Studierendenverbindungen organisiert und umfassen Musik und Spiele zur Abwechslung zum Alltag. Fast immer werden auch Hüpfburgen aufgestellt, die tatsächlich für die Studierenden gedacht sind. Während des Semesters hielt ich mich oft am Campus auf, um zu den Vorlesungen, Seminaren und Tutorien zu gehen, in der Bibliothek für meine Kurse zu lesen oder an Gruppenprojekten und Aufsätzen zu arbeiten. Insgesamt gibt es einige 3
Unterschiede zu dem Studentenalltag den ich aus Vechta kenne. In Newcastle erschienen mir die Inhalte in meinen Wirtschaftskursen Strategic Management und Business Venturing wesentlich praxisbezogener, somit kann ich mir bei dem neu erlernten Wissen wesentlich besser vorstellen, es auch später im Beruf anzuwenden. Zudem gibt es nicht nur Vorlesungen im Semester und eine Abschlussprüfung am Ende, die über das Bestehen eines Kurses entscheidet, sondern Projektarbeiten, Gruppenarbeiten und kleine Aufsätze, die über das Semester hinweg bearbeitet werden und durch die Tutorien aktiv begleitet werden. Seminare dienen dazu, das Wissen aus der Vorlesung zu wiederholen, insbesondere durch aktive Zusammenarbeit. Dieses System hat mir sehr gut gefallen und ich habe das erste Mal das Gefühl, das Gelernte nicht gleich nach der Prüfung wieder zu vergessen. Zusätzlich zu den Projektarbeiten, die auf dem Wissen aus den Vorlesungen aufbauen, gibt es meist auch eine Abschlussprüfung, diese umfasst aber höchstens 50 Prozent der gesamten Note. Diese über das Semester verteilten Aufgaben ermöglichen ein strukturiertes und ausgeglichenes Arbeiten über das Semester hinweg. In den Gruppenarbeiten arbeitete ich mit Australiern zusammen, wodurch ich neue Arbeitsmethoden kennenlernte, und meine Sprachkenntnisse vertiefen konnte. Interessant fand ich auch die verschiedenen Studierendenverbindungen wie die NUDES - Newcastle University Diving & Exploration Society. Es gibt Verbindun- 4
gen für jegliche Sportarten und Aktivitäten, ob Schachspielen oder Bergsteigen. Das Problem dabei ist nur, dass alles extra bezahlt werden muss, und das trotz der hohen Studiengebühren. Daher konnte ich daran nicht teilnehmen. Eine Organisation gab es jedoch, die frei zugänglich war: das University of Newcastle Exchange Student Network UNESN. Über dieses Netzwerk wurden kleine Veranstaltungen organisiert, wie Erkundungstouren durch Newcastle und die nähere Umgebung und regelmäßige internationale Treffen. Um meinen Aufenthalt an der University of Newcastle besser planen zu können bekam ich Unterstützung von der Organisation GOstralia! Ich war dann als Study Abroad Student eingeschrieben. Daher zahlte ich die vollen Studiengebühren und musste bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zusätzlich die vollen Erwachsenenpreise zahlen. Besser wäre es gewesen, als Exchange Student eingeschrieben zu sein, denn diese genießen Studentenrabatte und zahlen keine Studiengebühren, wie ich vor Ort erfuhr. Die Stadt Newcastle an sich ist sehr schön. Eine kleine Stadt von 300.000 Einwohnern, die über eine große Fläche verteilt sind. Ursprünglich waren es viele kleine Orte, die dann zu einer Stadt zusammengewachsen sind. Die Strände der Stadt sind sehr schön, man kann sich an Nobby s Beach aufhalten, der etwas ruhiger ist oder an den Newcastle Beach gehen, wenn man unter Leuten sein möchte. Ich habe oft die nähere Umgebung von Newcastle erkundet. Man kann innerhalb von 3 Stunden mit dem Zug nach Sydney fahren oder innerhalb von einer knappen Stunde zu einem Kangaroo-Park gelangen, wo sich Massen von wild-lebenden, neugierigen Kängurus aufhalten. Obwohl sie in der freien Natur leben sind sie zahm und man kann sie streicheln. Außerdem gibt es einige schöne Fahrradwege wie den Fernleigh-Track zum Lake Macquarie. 5
Das Semester dauerte vom Juli bis Ende November, weswegen ich noch einen Monat Zeit hatte um zu reisen. Schon in der Mitte der Vorlesungszeit hatten wir eine zweiwöchige Semesterpause, in der ich an einer 9-tägigen Bustour an der Westküste teilnahm und danach nach Brisbane reiste. Die Westküste ist wesentlich weniger touristisch als der Osten, jedoch sehr beeindruckend. Man fährt durch das rotsandige Outback, klettert in Schluchten und badet in weißblauem Wasser zwischen Fischen und Schildkröten. Auch das schnorcheln an der Coral Bay zeigte mir Korallenriffe, die für mich sogar schöner waren als die, die ich am Great Barrier Reef sah. Im Dezember reiste ich dann mit einem Freund und seinem Auto in Richtung der Hauptstadt Canberra, nach Melbourne und schließlich über die Great Ocean Road nach Adelaide. Während ich auf diese Weise die Kultur und Geschichte Australiens kennenlernte, knüpfte ich gleichzeitig viele soziale Kontakte und lernte Menschen mit verschiedensten kulturellen und sozialen Hintergründen kennen. Dann flog ich nach Alice Springs, wo ich eine Freundin traf, um mit ihr eine Tour zum Uluru zu machen. Diese Tour war unvergesslich, ich erfuhr einiges über die Kultur der Aborigines und darüber, wie sie von den Siedlern behandelt wurden. Ich flog schließlich nach Cairns, wo ich einige Tage allein verbrachte, bis ich dann wieder an der Küste entlang Richtung Sydney fuhr. Auf diese Weise konnte ich innerhalb von 6 Monaten Student sein, um meinen beruflichen Zielen näher zu kommen und zudem fast den ganzen Kontinent Australien erkunden können. Ich konnte meine sozialen Kompetenzen weiterentwickeln, internationale Kontakte knüpfen, bin durch selbstbewusster geworden, und habe vor Allem meine sprachlichen Kenntnisse im Alltags sowie Business-Englisch weiterentwickeln können. Diese Entwicklungen und meine gewonnenen Erfahrungen werden mir in meinem sozialen Leben und beruflichen Lauf sehr nützlich sein. 6
Am 21. Dezember stieg ich morgens in Sydney ins Flugzeug und kam nach circa 25 Stunden noch am selben Tag an. Es war eine erlebnisreiche Reise, die ich nie vergessen werde und ein Semester, in dem ich mehr denn je gelernt habe. 7