Für die gute Zusammenarbeit danken wir Hr. DI Gerhard Spet und unseren Interviewpartnern und allen anderen, die diese Arbeit unterstützt haben.

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KURZF_2.DOC Vorbemerkung Das Österreichische Ökologie-Institut wurde von der Magistratsabteilung 48 Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark mit der Erstellung einer Studie mit dem Titel ERARBEITUNG VON MASSNAHMEN ZUR ERHALTUNG UND STÄRKUNG VON PFANDSYSTEMEN IM LEBENSMITTELHANDEL ALS BEGLEITENDE MASSNAHME DER ABFALLVERMEIDUNG IN WIEN beauftragt. Die Bearbeitung erfolgte durch DI Markus Graggaber (Projektleitung) und Mag. Henriette Gupfinger unter Einbeziehung von Arbeiten von Volkmar Kloud und Mag. Daniela Ingruber (Recherche in den skandinavischen Ländern). Die Auswertung der qualitativen Interviews wurde gemeinsam mit Mag. Heinz Schandl (Mitarbeiter des Instituts für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung) und Esther Egger-Rollig (Soziologie-Studentin) durchgeführt. Gina Bezan war für Grafik und Layout verantwortlich. Der vorliegende Bericht stellt die Kurzfassung der umfassenden Recherche zu den Pfandsystemen auf kommunaler Ebene und der Auswertung der qualitativen Interviews sowie den daraus abgeleiteten Handlungsvorschläge für die Stadt Wien dar. In der Langfassung sind vor allem die recherchierten Maßnahmen und Möglichkeiten zur Forcierung von Pfand- und Mehrwegsystemen auf kommunaler Ebene detaillierter dargestellt. Ausgehend von den recherchierten kommunalen Beispielen sind die hier nur kurz skizzierten Umsetzungsmöglichkeiten und die Auswirkungen auf Wien abgeleitet worden. Für die gute Zusammenarbeit danken wir Hr. DI Gerhard Spet und unseren Interviewpartnern und allen anderen, die diese Arbeit unterstützt haben. Wien, im August 1999 Österreichisches Ökologie-Institut Seite 1

Inhaltsverzeichnis 1 Zielsetzung 3 2 Vorgangsweise 3 3 Ökologische Relevanz von Mehrwegsystemen 4 4 Abfallaufkommen und Trendabschätzung 5 5 Qualitative Interviews hinsichtlich der Erfahrungen mit Pfandsystemen 6 Handlungsfelder 10 6 Forcierung von Mehrweg- und Pfandsystemen im Handel 10 6.1 Umsetzungsmöglichkeiten für Wien 10 6.2 Auswirkungen in Wien 11 7 Verpackungssteuer auf kommunaler Ebene 14 7.1 Umsetzmöglichkeiten für Wien 14 7.2 Auswirkungen in Wien 15 8 Dosenfreie Zonen (kooperative Lösungen) 16 8.1 Umsetzungsmöglichkeit für Wien 16 8.2 Auswirkungen in Wien 17 9 Mehrwegsysteme und Veranstaltungen 18 9.1 Umsetzungsmöglichkeiten für Wien 18 9.2 Auswirkungen in Wien 19 10 Mehrwegwindeln 20 Umsetzungsmöglichkeiten und Auswirkungen für Wien 20 11 Mehrweg-Transportverpackungen 21 Umsetzungsmöglichkeit für Wien 22 12 Produktbeispiele 23 Zusammenfassung und Umsetzungsmöglichkeiten für Wien 23 13 Bereiche zur Forcierung von Mehrweg 24 13.1 Schulen 24 13.2 Beschaffung 25 Umsetzungsmöglichkeiten und Auswirkungen in Wien 25 13.3 Gastronomie 26 Umsetzungsmöglichkeiten und Auswirkungen in Wien 27 13.4 Medizinische Einrichtungen 27 Umsetzungsmöglichkeiten und Auswirkungen auf Wien 27 14 Lobbying 28 Maßnahmen und mögliche Auswirkungen für Wien 28 15 Weitere Ideen 29 Seite 2 Österreichisches Ökologie-Institut

1 Zielsetzung Trotz der Versuche über gesetzliche Verordnungen eine Reduzierung des Abfallaufkommens von Getränkeverpackungen zu erzielen, wurde im letzten Jahr ein deutlicher Trend von Mehrwegverpackungssystemen hin zu Einwegsystemen im Lebensmittelhandel ersichtlich. War noch vor kurzem beispielsweise Mineralwasser durchwegs in Mehrwegflaschen zu kaufen, verschwinden diese zunehmend aus dem Sortiment der Einkaufszentren. Auch die Werbung rückt immer stärker die Einwegverpackungen in den Vordergrund. Am Markt etablierte Pfandsysteme tragen einer ökologisch orientierten Abfallwirtschaft Rechnung. Pfandsysteme bei Verpackungen haben im Vergleich zu Einwegverpackungen deutliche Einsparungspotentiale beim Rohstoff- und Energiebedarf und entlasten somit die Abfallberge. Im starken Konkurrenzkampf auf dem Lebensmittelsektor scheint sich das Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage jedoch fernab von ressourcenschonender Verantwortung zu bewegen. Ziel des Projekts ist die Darstellung von Möglichkeiten zur Forcierung von Pfandund Mehrwegsystemen auf kommunaler Ebene. Ein Schwerpunkt wird auf die Möglichkeiten und Probleme des Lebensmittelhandels gelegt. Anhand von qualitativen Interviews wird die Motivation des Handels, Mehrwegsysteme anzubieten, untersucht. Bezüglich der im Lebensmittelhandel angebotenen Pfandsysteme werden die Ursachen der Entwicklung zu Einweg(verpackungen) eruiert und Maßnahmen für eine Trendumkehr und einen Ausbau abfallvermeidender Systeme für Wien und die Wirtschaft vorgeschlagen. 2 Vorgangsweise Im folgenden wird ein kurzer Überblick über die zur Erreichung der Projektziele durchgeführten Arbeitsschritte gegeben. Erstellung eines Interviewleitfadens für die qualitativen Interviews Durchführung von Interviews mit jeweils zwei Vertretern des Wiener Lebensmitteleinzelhandels, von Lebensmittelketten aber auch der Abfüllindustrie, um dokumentieren zu können, wo die Probleme bzw. die Motivation der Wirtschaft, Mehrwegsysteme anzubieten, liegen Transkription der Interviews Auswertung der Interviews in Gruppendiskussionen und Darstellung der inhaltlichen und qualitativen Ergebnisse Europaweiten Recherche von Maßnahmen und Erfahrungen auf kommunaler Ebene zur Förderung von Mehrwegsystemen mittels Internet, Literatur und Telefoninterviews (die Recherche wird vor allem in Städten durchgeführt, die Rückschlüsse auf Wien erlauben) Österreichisches Ökologie-Institut Seite 3

Zusammenführung der mittels Internet-, Literatur-, Telefonrecherche erhaltenen Informationen Darstellung von Beispielen abfallvermeidender Mehrwegsysteme, deren Regelung, Durchführung und Erfahrungen auf kommunaler Ebene aus ausgewählten EU-Mitgliedstaaten Erarbeitung von Vorschlägen zur Forcierung von Mehrwegsystemen für die Stadt Wien und die Wirtschaft sowie Versuch einer Abschätzung der Auswirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen 3 Ökologische Relevanz von Mehrwegsystemen Veröffentlichungen zur ökologischen Bewertung von Verpackungssystemen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Zur ersten Gruppe können Untersuchungen gezählt werden, die sich mit der ökologischen Analyse und Bewertung einzelner Packstoffe und Verpackungen befassen. Zu dieser Kategorie gehört insbesondere die viel beachtete 1984 erstellte und mehrmals aktualisierte Untersuchung im Auftrag des schweizerischen Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (HABERSATTER und FECKER 1998). Der zweiten Gruppe sind Veröffentlichungen zuzuordnen, die alternative Verpackungssysteme für bestimmte Packgüter ökologisch bewerten. Hierzu zählen insbesondere auch vergleichende Untersuchungen von Ein- und Mehrwegsystemen. Im Rahmen des vom deutschen Umweltamtes vergebenen Forschungsvorhabens Ökobilanzen für Verpackungen (SCHMITZ et al. 1995) wurde eine Ökobilanz erstellt, die Lebenswege für Verpackungen zusammengestellt und für einzelne Teilabschnitte der Lebenswege Daten ermittelt hat. Zusammenfassend läßt sich aus der Untersuchung von SCHMITZ et al. (1995) erkennen, daß sich die Erniedrigung der Umlaufzahl, sowie eine Erhöhung der Distributionsentfernung negativ auf Mehrwegsysteme auswirkt. jede Normung bzw. Standardisierung von Mehrwegverpackungen deren Rückführung und Wiederverwendung erleichtert, ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist und daher von allen Beteiligten im Distributionsprozeß unterstützt werden sollte. Die Studie Auswirkungen des Einsatzes von Einweg- oder Mehrweggebinden aus Glas oder Kunststoff auf die Nachhaltigkeit (BMUFJ, 1997) vergleicht vier Gebindearten (Mehrweg-Glasflaschen, Mehrweg-PET-Flaschen, Einweg- Glasflaschen, Einweg-PET-Flaschen). Seite 4 Österreichisches Ökologie-Institut

Diese Untersuchung kommt zum Ergebnis, daß beim Einsatz von Mehrweggebinden für die Abfüllung der im Jahr 1995 in Österreich in 1-l Gebinden abgesetzten Menge an Wässern (Marktvolumen 500 Mio. Liter) gegenüber dem ausschließlichen Einsatz von Einweggebinden ein Aufwand an thermischer Energie im Äquivalent von mehr als 20.000 t Heizöl gespart werden kann. der Verbrauch an elektrischer Energie um mehr als 10.000 MWh geringer sein würde. die Restmüllmenge um mehr als 6.000 t im Vergleich zu Einweg-PET-Gebinden bzw. um ca. 73.000 t im Vergleich der Glas-Gebinde geringer gehalten werden könnte. die zu hantierende Altstoffmenge im Vergleich zum Einweg-PET-Gebinde um ca. 8.7000 t und im Vergleich mit Glasgebinde um ca. 170.000 t geringer wäre. Für die Reinigung der Mehrweggebinde würde gegenüber dem Einsatz von Einweggebinden ein Mehrverbrauch von ca. 400.000 m³ Wasser auftreten. In Summe entsprechen Mehrwegsysteme besser den Anforderungen an nachhaltiges Wirtschaften (BMUFJ, 1997). 4 Abfallaufkommen und Trendabschätzung Als Grundlage für die Trendabschätzung in Bereich der Getränkeverpackungen werden die Kontrolluntersuchung zur Zielerreichung der ZielVO Verpackungsabfälle (1996) von SCHARF et al. (1999) und PROGNOS (1992 und 1995) herangezogen. Getränkeart 1985* 1990* 1991* 1993** 1994** 1997*** in % in % in % in % in % in % Wässer 93,0 93,0 93,0 96,0 95,5 89,5 Bier 96,3 89,2 89,4 93,4 92,9 89,5 alkoholfreie 60,0 48,7 52,0 61,2 56,6 46,6 Erfrischungsgetränke Säfte 38,9 21,8 20,1 27,4 27,1 26,1 Milch 20,5 19,1 22,0 Wein 85,0 83,0 82,0 Sekt/Spirituosen 0 0 alle Getränkearten 81,3 71,4 71,6 66,9 65,5 60,0 Tabelle 4.1 Mehrweganteil nach Getränkearten in Prozent (Quellen: *PROGNOS, 1992, ** PROGNOS, 1995, ***SCHARF, 1999) Tabelle 4.1 zeigt, daß der Mehrweganteil in Summe in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist. Dies ist zurückzuführen auf: einen Leichtflaschenboom bei Wässern eine gestiegene Nachfrage nach Bier in Dosen eine verstärkte Nachfrage nach PET-Flaschen bei alkoholfreien Erfrischungsgetränken Österreichisches Ökologie-Institut Seite 5

Als zusammenfassende Beurteilung der Diskussion über zukünftige Auswirkungen des Trends hin zu Einwegverpackungen kommen SCHARF et al. (1999) zu klaren Aussagen: Der Einweganteil nahm gegenüber 1994 bei allen Getränkearten zu; im Durchschnitt aller Getränkearten stieg er von 34,5% auf 40,0%. Sekt und Spirituosen wurden bereits 1994 zu 100% in Einwegverpackungen abgefüllt. Besonders im Bereich Wässer, alkoholfreie Erfrischungsgetränke und Fruchtsäfte geht die Entwicklung auch in Zukunft weg von Mehrweg-Glas hin zu Einweg- Kunststoff. Bei Bier ist eine weitere Zunahme von Einweg-Dosen zu erwarten. In Wien ist der Trend zu Einweg noch dramatischer. Eine Marktstudie, die die Monate April und Mai 1999 untersucht hat, kommt zum Ergebnis, daß in Wien nur noch 45,9% der Mineralwässer in Mehrwegverpackungen verkauft werden, 1997 waren es noch 75,9%. In Österreich ist im Vergleichszeitraum 1999 (April und Mai) die Mehrwegquote für Mineralwässer bei 67,6%. 5 Qualitative Interviews hinsichtlich der Erfahrungen mit Pfandsystemen Um Aussagen über Probleme und Widerstände bei Pfandsystemen im Handel formulieren und die Meinung wesentlicher Akteure bezüglich zukünftiger Entwicklungen und Trends einschätzen zu können, wurden im vorliegenden Projekt Vertreter des Wiener Lebensmitteleinzelhandels, von Lebensmittelketten aber auch der Abfüllindustrie befragt. Durch die Analyse der unterschiedlichen kulturellen Haltungen bzgl. Mehrweg- bzw. Einwegsysteme der relevanten Akteure wurde es möglich, einerseits Widerstände gegenüber Mehrwegsystemen zu ergründen und andererseits zukünftige Chancen zu erkennen. Generell wird von allen Akteuren der Trend hin zu Einwegverpackungen gesehen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Größere Chancen von Einwegverpackungen am Markt Forderung des Handels nach Einwegverpackungen Keine Standardisierung der Mehrwegsysteme Verstärkte Forcierung von Convenienceprodukten im Handel Das vorrangige Ziel der Abfüller ist Marktanteile zu halten und auszudehnen. Um dieses Ziel zu erreichen können sich die Abfüller auch optimierte Mehrwegsysteme vorstellen. Es gibt nach wie vor Abfüller, die mit Mehrwegflaschen große Absatzmärkte erreichen. Jedoch spielt das Thema Pfand- und Mehrwegsysteme in der Abfüllindustrie immer mehr eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist nur die langfristige Perspektive, die Investitionen z.b. in Abfüllanlagen rentabel und vorhersehbar machen. Seite 6 Österreichisches Ökologie-Institut

Die Lebensmittelketten spielen im Umfeld der Konsumwirtschaft logischerweise eine zentrale Rolle, kommunizieren diese aber nur indirekt. Sie sehen sich als Wissende und in der Lage, den Konsumenten die Kaufentscheidung abzunehmen. Ein sehr wesentlicher, struktureller Aspekt der Lebensmittelketten liegt in den Ursachen ihres Handelns im Umfeld der Konsumwirtschaft (davon wird z.b. auch ihre politische Einflußnahme wesentlich mitbestimmt). Die Lebensmittelketten zeichnen sich durch rationale Entscheidungen aus, die Sinn machen müssen. Es wird ein liberaler Wirtschaftsstandpunkt vertreten, in dem Kostenwahrheit der wichtigste Aspekt ist. Das wird vor allem bezüglich dem Mehraufwand mit Mehrwegsystemen ausgedrückt. Dieser stellt einen hohen Kostenfaktor dar, der aber nicht abgegolten wird. Das einseitige Festhalten an Mehrwegsystemen bei Getränkeverpackungen wird als diskriminierend empfunden und das Funktionieren von Mehrwegsystemen in Frage gestellt. Zudem wird bezüglich den Pfand- und Mehrwegsystemen der hohe logistische und verrechnungstechnische Aufwand als ein gewichtiger Nachteil gesehen. Eine Abhilfe bzw. Verbesserung könnte hier die Standardisierung von Mehrwegsystemen (Flaschen, Kisten usw.) bringen. Die befragten Vertreter der Lebensmitteleinzelhandel fühlen sich in der Diskussion Einweg- bzw. Mehrwegsysteme machtlos. Sie setzen daher sehr stark auf die Einflußnahme durch den Gesetzgeber, dessen Entscheidung sie allerdings nicht beeinflussen können. Im Gegensatz zu den Lebensmittelketten besteht der Wunsch nach Förderungen von Mehrwegsystemen. Akteure, die nicht bzw. nur indirekt im Rahmen dieser Studie befragt worden sind, sind die Konsumenten. Generell wird die Entwicklung der Zunahme von Kleinsthaushalten beobachtet, die sich immer mehr für Convenience-Produkte entscheiden. Das wesentliche Entscheidungskriterium des Konsumenten ist der Produktpreis. Interaktionen zwischen Akteursgruppen A bfüller 6a 5 1 2 6c 6b Einzelhandel Leben sm ittelk etten 4 3 Konsument Abbildung 5.1 Interaktionen zwischen den unterschiedlichen Akteure Österreichisches Ökologie-Institut Seite 7

Abbildung 5.1 zeigt die Interaktionen der Akteure (Abfüller, Lebensmittelketten, Lebensmitteleinzelhandel, Konsumenten) untereinander und zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Interaktionsebenen sind durch Pfeile gekennzeichnet und lassen sich wie folgt beschreiben: Interaktion zwischen Abfüllern und Lebensmittelketten: Die Abfüller sehen einen unbedingten Wunsch der Lebensmittelketten, in Zukunft nur mehr Einwegverpackungen anzubieten. Die Lebensmittelketten fordern massiv eine Ausrichtung der Abfüller nach der Situation des Marktes. Dabei glauben sie am Markt verstärkte Nachfrage nach Einwegverpackungen und produkten der Konsumenten zu orten. Zudem sind die Vertreter der Lebensmittelketten der Meinung, daß die Abfüller den Rückzug aus den Mehrwegsystemen planen. Bezüglich einer Verbesserung und effizienteren Gestaltung der Mehrwegsysteme sehen die Lebensmittelketten die Abfüller oftmals als zu wenig kooperativ (keine Forcierung der Normflaschen). Interaktion zwischen Abfüllern und Konsumenten: Die unterschiedlichen Konsumstile, die von den Abfüllbetrieben angenommen werden, drücken sich in der Vielzahl der unterschiedlichen angebotenen Verpackungsformen aus. Mehrwegglasflaschen werden durch die Ref-PET- Flasche immer mehr zurückgedrängt. Es gibt die Gefahr, daß für den Konsumenten die Mehrwegflasche immer weniger von Einwegflaschen unterscheidbar und dadurch nicht erkennbar wird. Der Preis ist das entscheidende Kriterium bei der Wahl eines Produktes, jedoch sind bei Qualitätsmehrwegprodukten auch mit hohen Preisen Marktanteile zu halten. Interaktion zwischen Lebensmittelketten und Konsumenten: Das funktionale und passive Bild der Konsumenten bestärkt die Lebensmittelketten, den eingeschlagenen Weg (Trend zu Einweg) weiterzuführen. Der Konsument entscheidet laut Lebensmittelketten nur aufgrund des Preis- und des Convenience-Faktors. Die Mehrwegkonsumenten werden nur noch als Minderheit angesehen und dementsprechend wird die Produktpräsentation ausgerichtet. Als Problem bezüglich der Pfand- und Mehrwegsysteme wird auch die schlampige Haushaltsführung der Konsumenten gesehen, die es nur durch zusätzlichen Energie- und manuellen Sortieraufwand möglich machen würde, funktionsfähige Mehrwegsysteme anzubieten. Interaktion zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Konsumenten: Trotz des Angebots von qualitativ hochwertigen Produkten in Pfand- und Mehrwegsystemen werden bei den befragten Betrieben des Lebensmitteleinzelhandels von Konsumenten diese nur selten nachgefragt. Es gibt nur eine kleine Kundenschicht, die sich sehr positiv zu Mehrwegsystemen äußert. Es wird auch hier der Trend zu Einweg sichtbar. Gründe werden teilweise in der Bequemlichkeit der Konsumenten gesehen. Seite 8 Österreichisches Ökologie-Institut

Interaktion zwischen Abfüllern und Lebensmitteleinzelhandel: Interessant ist, daß für die Abfüller der Handel als eine homogene Gruppe gesehen wird und keine Unterscheidung zwischen den Lebensmittelketten und dem Einzelhandel gemacht wird. Auch der Lebensmitteleinzelhandel sieht in den Abfüllern keine wesentlichen Akteure bezüglich der Forcierung von Pfandund Mehrwegsystemen. Interaktion zwischen Abfüllern und den (rechtlichen) Rahmenbedingungen: a Um Mehrwegsysteme auch in Zukunft erfolgreich am Markt positionieren zu können, fordern Mehrwegabfüller eine politische Willenserklärung als Unterstützung. Dies könnte in Form von Mehrwegquoten auf nationaler Ebene gesetzlich umgesetzt werden. Interaktion zwischen Lebensmittelketten und den (rechtlichen) Rahmenbedingungen: b Massiv wird der Wunsch von den Lebensmittelketten vorgebracht, daß die Gesetzgebung erhalten statt ausgebaut werden sollte. Die derzeitigen Regulative (z.b. Verpack VO 1996, ZielVO Verpackungsabfälle 1996) werden als ausreichend empfunden. Neue Gesetze, die eine Forcierung von Pfand- und Mehrwegsystemen bedeuten würden, würden für die Lebensmittelketten eine Hürde darstellen und sich ihrer Meinung nach auch nicht mit der EU vereinbaren lassen. Es wird aber erkannt, daß Gesetze notwendig sind, die Druck auf die Wirtschaft ausüben. Von den Lebensmittelketten werden öffentliche Förderungen von Mehrwegsysteme nicht gewünscht. Interaktion zwischen den (rechtlichen) Rahmenbedingungen und Lebensmitteleinzelhandel: c Gegenüber der Gesetzgebung sieht sich der Lebensmitteleinzelhandel machtlos, wiewohl die Gesetzgebung als entscheidender Faktor bei der Angebots- und Preispolitik gesehen wird. Eine Unterstützung von Außen zur Forcierung von Pfand- und Mehrwegsystemen wird eingefordert (durch Förderungen, Zuschüsse für Rücknahmeautomaten, Kampagnen). Stichwortartig zusammengefaßt ergibt sich nach Auswertung der geführten Interviews mit den Akteuren (Lebensmittelketten, Lebensmitteleinzelhandel und Abfüller) folgendes Bild: Die Lebensmittelketten spielen die entscheidende Rolle bei der Forcierung von Pfand- und Mehrwegsystemen. Die Lebensmittelketten plädieren für Kostenwahrheit, auch bezüglich Pfand- und Mehrwegsystemen. Die Verantwortung für den Trend hin zu Einweg wird von den Lebensmittelketten und den Abfüllern jeweils von sich gewiesen, aber die Lebensmittelketten sind die entscheidenden Beeinflusser der Kaufentscheidung des Konsumenten Die Kaufentscheidung des Einheitskonsumenten (von dem nur eine Minderheit abweicht) ist nur vom Preis abhängig. Nur durch die Gesetzgebung kann die Wirtschaft zur Erfüllung volkswirtschaftlicher Notwendigkeiten angehalten werden. Österreichisches Ökologie-Institut Seite 9

Handlungsfelder Im folgenden werden die Ergebnisse, die sich durch die Literatur-, Telefon- und Internetrecherche ergeben haben, nach Handlungsfeldern zusammengestellt. 6 Forcierung von Mehrweg- und Pfandsystemen im Handel Beispiele aus Deutschland zeigen, daß Pfand- und Mehrwegsysteme im Handel durch Information, vielfältigeres Angebot, verbesserte Präsentation und entsprechende Preispolitik gestärkt werden können. Um diesen Weg zu ermöglichen, bedarf es der freiwilligen Mitarbeit des Handels, die nur zu erreichen ist, wenn sich für ihn daraus auch Vorteile ergeben. Erreicht wurde dies durch Verleihen von Auszeichnungen, die werbewirksam eingesetzt werden konnten, sowie durch eine verstärkte Präsenz in den Medien, die durch die Teilnahme gegeben war. Außerdem führt die Teilnahme zu einer Verbesserung des Images der Unternehmen. Das wichtigste Argument zur Überzeugung des Handels ist die in Berlin aufgezeigte Abkoppelung der Umsatzentwicklung von Berliner Trend. Die Testfilialen haben im Pilotprojekt günstigere Umsatzentwicklungen gezeigt. Für den Getränkebereich wurde in Berlin das Vermeidungspotential mit 24 t abgeschätzt, hochgerechnet auf alle Meyer & Beck Filialen in Berlin ergibt dies 670 t/a (AKUT, 1995). 6.1 Umsetzungsmöglichkeiten für Wien Folgende Handlungsmöglichkeiten zur Forcierung von Pfandsystemen sind für Wien denkbar: Auszeichnung von Handelsunternehmen (Lebensmitteleinzelhandel, Filialen von Handelsketten, die bestimmten Anforderungen bezüglich Mehrweg und verpackungsarm angebotener Ware entsprechen und Bewerbung der ausgezeichneten Unternehmen Informationskampagnen, die die Konsumenten von den Vorteilen von Mehrwegsystemen überzeugen Initiativen zur verstärkten Werbung für abfallarm verpackte Produkte und deren verstärkte Präsenz und bessere optische Positionierung im Handel, Förderung von regionalen Versorgungsstrukturen, die auf Mehrwegsysteme setzen Durchführung eines Pilotprojektes, mit dem Ziel der Erarbeitung von Kenngrößen (wie Umsatzentwicklung, Kosten, Abfallverringerungspotentiale, Arbeitsaufwand, notwendige Veränderungen des Warenangebots u.ä.) als Argumentationshilfen bei der Diskussion mit dem Handel Initiierung einer eindeutigen Kennzeichnung von Ein- und Mehrwegbehältnissen (gemeinsam mit den Abfüllern) zur Erleichterung der Kaufentscheidung des Verbrauchers Seite 10 Österreichisches Ökologie-Institut

Weiters könnte Wien eine für die ökologische Einführung von Mehrwegsystemen notwendige Standardisierung und Normierung von Verpackungen initiieren. Um den normierten Mehrwegflaschen eine reelle Chance auf dem immer stärker zu Einweggebinden hinauslaufenden Markt zu geben, wäre eine eventuelle Wiener Initiative zur (bundesweiten) Einführung von Umweltabgaben z.b. auf nicht Nicht- Normflaschen hilfreich. Dadurch könnte sichergestellt werden, daß die Mehrwegverpackungen noch konkurrenzfähiger werden und daß Umstellungen bei Marketingstrategien ermöglicht werden. Kooperative Lösungen in Form von freiwilligen Verkaufsbeschränkungen von Einwegverpackungen für Getränke könnten zum Beispiel mit dem Lebensmittelhandel abgeschlossen werden. Um den Umstieg bzw. vermehrten Einstieg in den Verkauf von Mehrwegsystemen für den Handel interessanter zu gestalten, könnte Wien an Subventionen denken, die beispielsweise Investitionen für vermehrten Raumbedarf zum Teil abdecken. Ein weiterer wichtiger Punkt zur Vermeidung von Getränkeverpackungen besteht darin neben dem Umstieg auf Mehrwegsysteme auf ein verstärktes Angebot an Konzentraten und Dicksäften zu drängen. Beinahe alle Fruchtsäfte und andere alkoholfreie Getränke werden für das Gastgewerbe bereits in Konzentraten angeboten. Ein verstärktes Angebot auch im Detailhandel würde große Vorteile bringen: vermindertes Transportvolumen verminderte Transportmasse Reduktion des Materialbedarfs bei Verpackungen weniger Aufwand für Konsumenten Kosten- und Preisvorteile 6.2 Auswirkungen in Wien Zur Abschätzung der Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen werden folgende Annahmen getroffen: keine Änderung des Gesamtumsatzes Erhöhung der Mehrwegquote wirkt sich direkt auf die in Einwegverpackung verkauften Produkte aus (was mehr an Mehrweg verkauft wird, wird weniger an Einweg verkauft) die bei der Verwendung von Mehrwegsystemen entstehenden Abfallmengen sind zu vernachlässigen Die Ergebnisse aus dem Berliner Projekt Abfallarmer Einkauf zeigen, daß durch die Bewerbung von Mehrwegprodukten und Pfandsystemen, eine Angebotsumstellung und eine verstärkte optische Präsenz von abfallarmen Produkten das Abfallaufkommen verringert wird (bei Getränkeverpackungen um 5% bis 8%). In Wien würde sich das Abfallaufkommen bei einer flächendeckenden Umsetzung der Maßnahmen des Berliner Modellversuchs das Abfallaufkommen der Getränkeverpackungen sowohl im Restmüll als auch in den getrennt gesammelten Altstoffen verringern. Österreichisches Ökologie-Institut Seite 11

Eine 5 bis 8%ige Reduktion des Anteils an Getränkeverpackungen im Restmüll würde diesen zwischen 1.300 und 2.100 t/a und das Altstoffaufkommen Wiens um rund 1.000 bis 1.600 t/a verringern. In Summe (Restmüll und Altstoffe) könnte das Abfallaufkommen Wiens um rund 2.300 bis 3.700 t/a reduziert werden. Eine andere Abschätzung versucht zu zeigen, wie sich der Trend zu Einwegverpackungen bzw. die Forcierung von Pfand- und Mehrwegsystemen auf dem Getränkesektor auf die Abfallmengen auswirken kann. Abfüllung in Mio. l und % Verpackung t und % Summe Mehrweg Einweg Summe Mehrweg Einweg [in Mio. Liter] [in Mio. Liter] % [in Mio. Liter] % [in t] [in t] % [in t] % Getränke insgesamt 3.723 2.185 59 1.538 41 220.544 36.158 16 184.386 84 Tabelle 6.1 Getränkeabfüllung [in Millionen Liter] und Verpackungsgewicht [in t/a] nach Mehrweg- und Einwegverpackungen in Österreich (nach SCHARF, 1999) In Tabelle 6.1 sind die Abfüllmengen aufgeteilt in Mehrweg- und Einweggebinden für alle Getränke aufsummiert dargestellt. Für jede Getränkeart wurde die gesamte Abfüllmenge in der jeweiligen Gebindeart (Mehrweg oder Einweg) unabhängig vom jeweiligen Packstoff aufsummiert (nach SCHARF, 1999) Es ist zu erkennen, daß das Verhältnis der Mehrweg- zur Einwegabfüllmenge 60% zu 40% beträgt und dem gegenüber das Verhältnis der benötigten Packstoffe von Mehrweg- zu Einwegverpackungen sich 16% zu 84% verhält. Dies bedeutet, daß beim Mehrwegsystem für rund 60% der in Summe abgefüllten Menge an Getränken nur 16% an Verpackungsabfällen anfallen. Daran wird die Bedeutung von Mehrwegsystemen zur Abfallvermeidung nicht nur bei Getränkeverpackungen ersichtlich. Um die Relevanz der Getränkepfand- und Mehrwegsysteme noch stärker herauszustreichen und mögliche Auswirkungen einer Forcierung bzw. eines Rückgangs von Pfandsystemen im Getränkebereich abzuschätzen, werden fünf Szenarien kurz diskutiert. derzeit: Beibehaltung des Ist-Zustandes Szenario 1: alle Getränke werden im Mehrwegsystem verkauft Szenario 2: alle Getränke werden im Einwegsystem verkauft Szenario 3: das Mehrwegsystem wird forciert (Marktanteil bei 70%) Szenario 4: Mehrwegsystem verliert an Marktanteil (Anteil bei 50%) Szenario 5: das derzeitige Verhältnis von Mehrweg zu Einweg kehrt sich um (Mehrweganteil bei nur mehr 40%) Die beiden Szenarien 1 und 2 stellen die Extremszenarien dar. Die anderen zeigen die Auswirkungen möglicher zukünftiger Entwicklungen. Seite 12 Österreichisches Ökologie-Institut

Zur Berechnung der 5 Szenarien wurden folgende Annahmen getroffen: Die Getränkeabfüllmenge der einzelnen Getränkearten bleibt konstant Die Berechnung erfolgt auf Basis des Verpackungsaufwandes (in g/l) der einzelnen Packstoffe. Es wird angenommen, daß sich das Verhältnis innerhalb der Gebindesysteme nicht verändert d.h., daß das Verhältnis von z.b. Einwegglas zu Getränkeverbundkarton konstant bleibt. Technologische Verbesserungen wie z.b. die Reduzierung des Verpackungsgewichts durch dünnwandigere Verpackungen bleiben unberücksichtigt derzeit Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Szenario 4 Szenario 5 Mehrweg Anteil an der Abfüllung in % 59% 100% 0% 70% 50% 40% Verpackung in t 36.158 61.603 0 43.122 30.802 24.641 Einweg Anteil an der Abfüllung in % 41% 0% 100% 30% 50% 60% Verpackung in t 184.386 0 446.391 133.917 223.195 267.834 Summe Getränkeverpackungsabfall 220.544 61.603 446.391 177.040 253.997 292.476 Tabelle 6.2 Verpackungsabfälle aus dem Getränkebereich abhängig vom Mehrwegoder Einweganteil für Österreich [in t] Dabei ist zu erkennen, daß durch den vollständigen Ersatz von Einweggetränkeverpackungen durch Pfand- und Mehrwegsysteme sich die dadurch entstehende Abfallmenge massiv verringern würde (auf weniger als 1/3). Dagegen würde bei einer ausschließlichen Abfüllung von Getränken in Einwegverpackungen das Abfallaufkommen aus dem Getränkebereich verdoppelt. Bei einer Stärkung des Pfand- und Mehrwegsystems im Getränkebereich und damit einer Erhöhung des Mehrweganteils auf 70% würde sich die Abfallmenge bei Getränken gegenüber dem Ist-Zustand um rund 1/5 verringern. Wenn der Trend hin zu Einweggetränkeverpackungen weiter anhält und der Mehrweganteil auf 50% bzw. auf 40% sinkt, dann erhöhen sich die derzeitigen Abfallmengen aus dem Getränkebereich sehr stark (um rund 15% bzw. 30%). Eine einwohnerbezogene Umrechnung der Tabelle 6.2 auf Wien kommt zu einem ähnlichen Ergebnis (vergleiche Tabelle 6.3). derzeit Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Szenario 4 Szenario 5 Mehrweg Anteil an der Abfüllung in % 59% 100% 0% 70% 50% 40% Einweg Anteil an der Abfüllung in % 41% 0% 100% 30% 50% 60% Summe Getränkeverpackungsabfall 43.937 12.273 88.931 35.270 50.602 58.268 Tabelle 6.3 Verpackungsabfälle aus dem Getränkebereich abhängig vom Mehrwegoder Einweganteil für Wien [in t] Österreichisches Ökologie-Institut Seite 13

Durch die Einbeziehung des Erfassungsgrades für Getränkeverpackungen wird die quantitativen Auswirkungen auf den Wiener Restmüll abgeschätzt. Durch die beiden Extremszenarien (Szenario 1 und 2) würden sich die Restmüllmengen in Wien um rund 18.000 t verringern bzw. um rund 24.000 t erhöhen. Eine Stärkung des Pfandund Mehrwegsystems bei Getränkeverpackungen und die Erreichung von einer Mehrwegquote von 70% würde den Wiener Restmüll um 5.000 t verringern. Demgegenüber würde sich bei einer Verringerung des Mehrweganteils auf 50% der Restmüll in Wien um rund 3.000 t erhöhen. 7 Verpackungssteuer auf kommunaler Ebene Die Verpackungssteuer ist ein fiskalisches Instrument der Umweltpolitik. Im Vordergrund steht nicht die Erschließung einer neuen Finanzquelle, sondern vielmehr der Anreiz zu abfallvermeidendem Verhalten. Die Abgabenlösung ist ein marktkonformes umweltpolitisches Instrument. Theoretisch hat jede Abgabenlösung im engeren Sinne vier Funktionen zu erfüllen, das sind die Optimierungsfunktion; Anreizfunktion; Kostenminimierungsfunktion; Subventionierungsfunktion. In mehreren deutschen Städten wurde in den Jahren 1991 bis 1998 eine Verpackungssteuer auf kommunaler Ebene eingeführt. Auffallend ist die lenkende Wirkung der Verpackungssteuer. Wurden z.b. in Kassel 1994 (zwei Jahre nach Einführung der Steuer) noch Einnahmen in der Höhe von DM 1.000.000,- (55 steuerpflichtige Betriebe) verzeichnet, wurde im Jahre 1997 nur mit einer Einnahme von DM 250.000,- gerechnet. Damit hat die Verpackungsteuer ihr Ziel erreicht und die Einwegverpackungen zurückgedrängt. Die Steuersatzung der Stadt Kassel, die auch Vorlage für die Mustersatzung der kommunalen Verbände war, wurde mehrmals gerichtlich angefochten. Nach zwei positiven Gerichtsbeschlüssen (hessischer Verwaltungsgerichtshof 1994 und Bundesverwaltungsgerichtshof 1995) wurde 1998 vom Bundesverfassungsgerichtshof die Verpackungssteuer der Stadt Kassel als grundgesetzwidrig und damit für nichtig erklärt. 7.1 Umsetzmöglichkeiten für Wien Die Verpackungssteuer kann als mögliches Instrument zur Förderung von Pfandsystemen und damit als Maßnahme zur Abfallvermeidung für die Stadt Wien angedacht werden. Durch die lenkende Wirkung der Steuer (z.b. Gastronomiebetriebe verwenden Mehrwegsysteme und sind somit nicht mehr steuerpflichtig) ist die Maßnahme als sehr effizient einzustufen (vergleiche dazu das Beispiel Kassel). Vor einer eventuellen Einführung ist die rechtliche Situation zu prüfen. Seite 14 Österreichisches Ökologie-Institut

Jedenfalls sollten bei der Einführung einer Verpackungssteuer auf lokaler Ebene folgende Kriterien beachtet werden (HUBER und SCHLAG, 1997): Die Regelung kann sich nur auf nicht-wiederverwendbare Verpackung beziehen. Die Wirkung der Regelung darf nur auf das Gebiet der jeweiligen Gemeinde beschränkt sein. Deshalb dürfen Verpackungen nicht erfaßt werden, in denen Produkte zum Mitnehmen abgegeben werden. Das gilt insbesondere bei Flaschen und Dosen, da nicht sicher ist, ob das Material im örtlichen Bereich anfällt. Problematisch ist der Sachverhalt auch bei Gaststätten, die Speisen so anbieten, daß sie sowohl an Ort und Stelle verzehrt als auch mitgenommen werden können, sowie bei Automatenverkäufen. 7.2 Auswirkungen in Wien Die Einnahmen aus einer Verpackungssteuer, die sich an den Abgaben in der Größenordnung der Mustersatzung orientiert, dürften sich auf rund ATS 13 bis 18 Millionen belaufen. Weiters würden Einführungskosten von rund ATS 2,8 Mio. und laufende Kosten von rund ATS 2,2 Mio. entstehen. In Tabelle 7.1 sind für Wien (1,6 Mio. Einwohner) wahrscheinliche Ausgaben bzw. Einnahmen bei der Einführung einer Verpackungssteuer zusammengestellt. Die Abschätzungen ergeben sich aus den Ergebnissen der Recherche in deutschen Städten und wurden mit den recherchierten Daten einwohnerbezogen auf Wien umgerechnet. Berechnung laut den Angaben der Stadt Bonn Berechnung laut den Angaben der Stadt München Berechnung laut den Angaben der Stadt Kassel Berechnung laut Angaben der Stadt Frankfurt Einwohner Ausgaben in ATS Einnahmen in ATS 1.600.000 ATS 4.680.063,- ATS 17.577.033,- 1.600.000 ATS 5.226.667,- ATS 18.666.667,- 1.600.000 ATS 14.000.000,- (nach 3 Jahren) 1.600.000 ATS 5.681.951,- Tabelle 7.1 Ausgaben und Einnahmen einer Verpackungsteuer für Wien Laut der Literaturangaben der Städte Kassel und Frankfurt haben die Unternehmen (Fast-Food-Betriebe, Betreiber der Automaten) auf die Verpackungssteuer mit abfallvermeidenden Initiativen reagiert. In Kassel waren zu Beginn 55 Betriebe, nach drei Jahren nur noch 20 Betriebe von der Verpackungssteuer betroffen. Die Verpackungssteuer hat somit einen deutlichen Lenkungseffekt weg von Einwegverpackungen und hin zu Pfand- und Mehrwegsystemen gezeigt. Österreichisches Ökologie-Institut Seite 15

8 Dosenfreie Zonen (kooperative Lösungen) Viele Kommunen haben Maßnahmen zur Einschränkung des Dosenverbrauchs ergriffen. Konkrete Maßnahmen existieren vor allem im Bereich der Information und Motivation der Bevölkerung auf Verpackung in Form von Metalldosen zu verzichten. Ein Verbot von Getränkedosen bei gleichzeitigem Anbieten von Mehrweg- Getränkeverpackungen würde das durch Getränkedosen ausgelöste Abfallproblem lösen. Getränkedosen machen allerdings nur einen geringen Anteil des gesamten Abfallaufkommens aus. Weiters sind erhebliche Widerstände von politischer und wirtschaftlicher Seite zu erwarten, welche die Verhältnismäßigkeit eines derartigen Verbots kritisieren. Generelle Einwegverbote, die sich auf das gesamte Gebiet einer Kommune erstrecken und die gewerbliche Abgabe von Einwegerzeugnissen an den Verbraucher verbieten oder einschränken, sind nicht zulässig. Ein derartiges Verbot oder eine derartige Beschränkung sind weder durch eine Abfallwirtschaftssatzung noch durch eine kommunale Rechtsordnung auszusprechen. Im Gegensatz dazu ist das Erlassen eines Einwegverbotes in Teilbereichen zulässig. So können im Rahmen der Benutzung öffentlicher Einrichtungen und kommunaler Grundstücke (insbesondere auf kommunalen Märkten und Volksfesten) Regelungen zur Einschränkung von Einwegerzeugnissen durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Benutzungsordnungen oder Abfallwirtschaftssatzungen getroffen werden (ABEL-LORENZ, 1994). Daneben gibt es Ansätze, mit Hilfe von kooperativen Lösungen den Trend zu Dosenverpackungen zu stoppen: Freiwillige Selbstverpflichtungen sind rechtlich unverbindlich und allenfalls faktisch durch Öffentlichkeitsarbeit durchzusetzen. Freiwillige Vereinbarungen der Kommunen mit dem Handel können durch öffentlich-rechtliche Verträge oder Absprachen getroffen werden. Als Vorzug eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ist insbesondere die rechtliche Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zu sehen. Die Einführung von Dosenfreien Zonen ist in Teilbereichen des öffentlichen Lebens denkbar. 8.1 Umsetzungsmöglichkeit für Wien Um auf die ökologische Relevanz der Metalldosen als Getränkeverpackung verstärkt hinzuweisen, würde sich neben den bisherigen Informationstätigkeiten der Stadt Wien eine Aktionswoche anbieten. Dabei könnten neben der Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Dosen auch mögliche Kooperationspartner und Gleichgesinnte gefunden werden. Dies könnten (ähnlich wie in Deutschland) mittelständische Abfüllbetriebe aber auch vereinzelt Geschäfte sein. Seite 16 Österreichisches Ökologie-Institut

Als eine sehr wichtige Maßnahme sollte zur Reduzierung des Dosenverbrauchs der mögliche rechtliche Handlungsspielraum ausgeschöpft werden (vgl. dazu auch Kapitel 10 und 14). Beispiele bei denen es möglich sein müßte, den (Getränke)Dosenverbrauch zu minimieren, wären Großveranstaltungen, wie bei der Regenbogenparade im Umfeld bei großen Veranstaltungen im Ernst Happel Stadion Daß es in Wien möglich ist, große Veranstaltungen mit Hilfe von Mehrwegsystemen abzuwickeln und Pfandsysteme von Veranstaltungsbesuchern angenommen werden, zeigen viele Beispiele, allen voran das Wiener Donauinselfest und die meisten Christkindlmärkte. Für die Stadt Wien ist es mittelfristig unrealistisch als gesamte Stadt dosenfrei zu werden. Denkbar ist es allerdings, in einzelnen Bereichen Dosenfreie Zonen einzuführen. Mögliche Bereiche könnten in einem ersten Schritt sein: die Wiener Schulen Verwaltungseinrichtungen Imbißstuben, Würstelstände auf öffentlichem Grund Wandergebiete im Wienerwald (Schutzhütten) Abgeschlossenere Einheiten im Wiener Stadtgebiet (zum Beispiel die Donauinsel, Prater) Freibäder 8.2 Auswirkungen in Wien Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen auf das Wiener Abfallaufkommen sind nur schwer abzuschätzen. Dosenfreie Zonen in Schulen und in der Verwaltung und die Einführung von Mehrwegsystemen könnten effiziente Maßnahmen zur Abfallvermeidung sein und gleichzeitig ein aus ökologischen Gesichtspunkten bedenkliches Produkt aus wichtigen und richtungsweisenden Bereichen des öffentlichen Lebens zurückdrängen. Eine quantitative Abschätzung der Auswirkungen einer Dosenfreie Zone in den Schulen und in der Verwaltung ergibt, daß im Restmüll von Schulen rund 120 t/a Aluminium und NE-Getränkedosen sowie FE-Getränkeverpackungen an vermieden werden könnten. Zusätzlich fallen in Schulen rund 6.000 t/a an Altstoffen an, davon rund 6% Metallverpackungen. In Summe könnten rund 480 t/a an Metallverpackungen vermieden werden. In den Verwaltungseinrichtungen könnten bei der Einführung einer Dosenfreien Zone rund 25 t/a an Metallverpackungen eingespart werden. In Summe könnte durch die Einführung von Dosenfreien Zonen in den Schulen und in der Verwaltung rund 500 t/a an Metallverpackungen vermieden werden. Gleichzeitig würden die Abfällen aus Mehrwegsystemen steigen; diese sind allerdings erfahrungsgemäß marginal im Gegensatz zu den eingesparten Abfällen aus Einwegsystemen. Österreichisches Ökologie-Institut Seite 17

9 Mehrwegsysteme und Veranstaltungen Die bei öffentlichen Veranstaltungen anfallenden Abfallmengen sind beträchtlich. Zudem gibt es gerade in diesem Bereich ein großes Vermeidungspotential, das mit entsprechenden Maßnahmen, die auf kommunaler Ebene zu treffen sind, erschlossen werden kann. In Berlin fallen bei öffentlichen Veranstaltungen jährlich (1996) etwa 20.000 t an Abfällen an (ALBERS, 1996). Ausgehend vom Einwohnerverhältnis und den rund 20.000 t/a Veranstaltungsabfall die in Berlin anfallen, ergibt sich für Wien ein Abfall aus den Veranstaltungen von rund 9.000 t/a. Der gewichtsmäßig größte Anteil der bei Veranstaltung anfallenden Abfälle besteht aus Einweggeschirr, Einwegbesteck und Einweggetränkeverpackungen, gefolgt von zahlreichen Portionsverpackungen und Hüllen. Neben dem Verpflegungsbereich stellen die temporären Einbauten (bei Veranstaltungen in Hallen, Messen oder ähnlichem) die Hauptmassen des nach Veranstaltungsende anfallenden Abfalls dar. Durch das Anordnung eines Einwegverbots bei Veranstaltungen können erhebliche Abfallmengen vermieden werden. Nach einer Einführungsphase können die üblicherweise anfallenden Abfallmengen um rund 70% oder mehr reduziert werden. Als begleitende Maßnahme ist eine konsequente Mülltrennung empfehlenswert. Die Veranstalter sollten mit konkreten Ratschlägen zur Umsetzung aller Maßnahmen unterstützt werden. Außerdem sollte darauf geachtet werden, daß die nötige Infrastruktur zu Verfügung (Wasser, Abwasser, Strom) steht. Die Verwendung von Mehrweggeschirr und behältnissen hat neben der Vermeidung von Abfall auch noch andere ökologische Vorteile. Ein weiterer positiver Effekt des Einsatzes von Mehrwegsystemen ist die Vorbildwirkung bei der Bevölkerung. Diese kann durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit verstärkt werden, die dazu dienen sollte, daß die getroffenen Maßnahmen bewußt wahrgenommen werden. 9.1 Umsetzungsmöglichkeiten für Wien In Wien wird seit 1997 erfolgreich ein Geschirrmobil bei Veranstaltungen eingesetzt. Für eine Miete von ATS 2.400,- wird das Geschirrmobil samt Geschirrausstattung und Abwaschpersonal an Festveranstalter vermietet. Vom Veranstalter sind weiters Strom und Wasser zur Verfügung zu stellen. Die Auslastung des Geschirrmobiles ist zufriedenstellend. In den Sommermonaten besteht an den Wochenenden z.t. eine größere Nachfrage. Hier könnte die Stadt Wien überprüfen, inwieweit die Bereitstellung eines weiteren Geschirrmobiles organisatorisch und ökonomisch möglich ist. Durch eine intensivere Bewerbung dürfte die Nachfrage steigen. Eine der wichtigsten und wahrscheinlich effizientesten Möglichkeit zur Abfallvermeidung bei Veranstaltungen ist jene, rechtliche Grundlagen zur Forcierung von Mehrwegsystemen zu schaffen. Dies könnte durch die Festschreibung eines Einwegverbots im Wr. AWG (1994) erfolgen. Seite 18 Österreichisches Ökologie-Institut

Beispiel dafür könnte u.a. die Stadt München sein. In der Gewerbe- und Bauabfallentsorgungssatzung ist in München folgendes festgelegt: Bei Veranstaltungen, die auf Grundstücken oder in Einrichtungen der Stadt durchgeführt werden, dürfen Speisen und Getränke nur in pfandpflichtigen, wiederverwendbaren Verpackungen und Behältnissen ausgegeben werden; diese Pflicht gilt auch für Verkaufsflächen, die im Eigentum der Stadt stehen. Eventuelle Förderungen von Einrichtungen und Veranstaltungen werden von der Einhaltung dieser Pflicht abhängig gemacht. Ausnahmen von dieser Pflicht können nur in besonderen Einzelfällen zugelassen werden. Im Rahmen ihrer Möglichkeit veranlaßt die Stadt, daß Gesellschaften des privaten Rechts, an denen sie beteiligt ist, entsprechend verfahren... Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Auflagen bei der Genehmigung von Veranstaltungen auch bezüglich der Verwendung von Pfandsystemen für Speisen und Getränke auszuformulieren. Um die Mehrwegsysteme erfolgreich umzusetzen, ist zu empfehlen, begleitend zu den vorgeschlagenen Maßnahmen detaillierte Informationsarbeit zu leisten. Einerseits sollten die Veranstalter über das Vorgehen bei der Umsetzung und die Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der Maßnahmen zur Abfallvermeidung informiert werden. Andererseits ist es unbedingt notwendig, auch den Veranstaltungsbesucher auf die abfallvermeidende Wirkung der Pfand- und Mehrwegsysteme hinzuweisen. Um die Umsetzung von abfallvermeidenden Maßnahmen bei Veranstaltungen zu erleichtern und um den Veranstaltern organisatorische Hinweise zu geben, ist die Erarbeitung eines Leitfadens zu empfehlen. Dieser könnte, neben den rechtlichen Rahmenbedingungen v.a. praktische Beispiele zur Umsetzung, Adressen, ein Musterabfallkonzept u.ä. beinhalten. 9.2 Auswirkungen in Wien Die Auswirkungen auf das Abfallaufkommen in Wien wird aufgrund fehlender Datengrundlagen nur überschlagsmäßig abgeschätzt. Die Umsetzung aller Maßnahmen d.h. sowohl die Änderung des Wr. AWG (1994) als auch die Formulierung von Auflagen bei der Genehmigung von Veranstaltungen und die notwendige Informationsarbeit könnten die Abfälle aus dem Bereich Veranstaltungen um bis zu 70% verringern. Ausgehend von Berliner Daten wurde das Abfallaufkommen aus Veranstaltungen mit rund 9.000 t/a abgeschätzt. Daraus ergibt sich bei einem Vermeidungspotential von 70% eine Abfallverringerung um ca. 6.300 t/a. Österreichisches Ökologie-Institut Seite 19

10 Mehrwegwindeln Die durch Einwegwindeln verursachten Abfallmengen machen einen erheblichen Anteil des Abfallaufkommens aus (in Wien 3,4% des Restmüllaufkommens oder rund 16.000 t Windelmüll pro Jahr). Pro Kind und Wickelphase wird beim Wickeln mit Wegwerfwindeln rund eine Tonne Abfall verursacht. Durch Förderungen von Mehrwegwindelsystemen und/oder Windeldiensten kann der Mehrweganteil erhöht werden, was sich direkt auf das Müllaufkommen auswirkt. Auf keinen Fall zu vernachlässigen sind auch die finanziellen Ersparnisse, die der Einsatz von Mehrwegwindeln mit oder ohne Förderung den Eltern bringt (zwischen ATS 15.000,- bis 20.000,- pro Kind). Umsetzungsmöglichkeiten und Auswirkungen für Wien In Wien sollte die Verwendung von Mehrwegwindeln in Kinderkrippen und Spitälern forciert werden, wobei die Reinigung von Windeldiensten durchgeführt werden sollte. Die Windeldienste müßten am Anfang gefördert werden, bis sie sich am freien Markt behaupten können. Die Abfallmengen, die bei der Verwendung von Mehrwegwindeln in Kinderkrippen eingespart werden können, hängen von der Anzahl der Kinder ab, die in den Tagesstätten versorgt werden. In Wien gibt es insgesamt rund 10.000 Kinderkrippenplätze. Davon fallen 5.400 auf öffentliche Heime und 4.600 auf Private. In Berlin verbrauchen 23.000 Krippenkinder 70.000 Einwegwindeln am Tag bzw. 15,5 Millionen Stück pro Jahr mit Berücksichtigung der Ferien und sonstiger Fehlzeiten (FLANZ und ERDELBROCK, 1997). Umgerechnet auf Wien mit 10.000 Kindern in Kinderkrippen wären das rund 30.400 Windeln pro Tag oder 6,7 Millionen Stück pro Jahr. Bei einem durchschnittlichen Windelgewicht von 0,25 kg (KLEMENT, 1997) sind das 1.675 t pro Jahr. Davon stammen rund 900 t aus Kinderkrippen der Stadt Wien. Diese Menge könnte bei einer allgemeinen Einführung von Mehrwegwindeln in den städtischen Kinderkrippen beinahe vollständig eingespart werden. Durch die Vorbildwirkung und eine zusätzliche Information könnten die Eltern dazu motiviert werden, auch zu Hause Mehrwegwindeln einzusetzen, was die vermiedene Abfallmenge zusätzlich erhöhen würde. Von der Umweltberatung Wien wurde bereits ein Pilotprojekt zur Einführung von Mehrwegwindeln in Verbindung mit einem Windeldienst in Kinderkrippen durchgeführt. Das Pilotprojekt fand zuerst in sieben Kindertagesstätten statt. Zusammen wurden dabei rund 100 Kinder versorgt. In den Bereichen Pflege und Spital ist ebenfalls ein großes Vermeidungspotential von Einwegwindeln vorhanden. Konkret ist dabei an die eingesetzten Windeln bei den Geburtenstationen zu denken (zuzüglich jenen Windeln, die für an Inkontinenz leidende Menschen in Pflege- und Altenheimen benötigt werden). Seite 20 Österreichisches Ökologie-Institut

Zur Stärkung des Mehrwegwindelanteils wird neben einer verstärkten Information der Eltern eine finanzielle Unterstützung beim Kauf von Mehrwegwindeln empfohlen. Die Informationen sollten neben den (ökologischen) Vorteilen von Mehrwegwindeln eine Grundvorstellung moderner Windelsysteme und deren einfache Handhabung vermitteln. Entscheidend für die Akzeptanz der Mehrwegwindeln ist die Kommunizierung der zu erwartenden finanziellen Einsparungen (unter Berücksichtigung der finanziellen Förderung) bei der Verwendung von Mehrwegwindeln. Die Höhe der Förderung in Form einer Unterstützung kann sich nach der Kostenersparnis richten, die der Stadt Wien durch die Vermeidung einer Tonne zu entsorgenden Abfalls erwächst. In Anlehnung an recherchierte Beispiele und die möglichen Kosteneinsparungen für die Stadt Wien wird vorgeschlagen, eine Umstellung auf Mehrwegwindeln mit rund ATS 1.500,- zu unterstützen. Realistisch abgeschätzt dürften bei entsprechender Bewerbung der Förderaktion wahrscheinlich rund 15% der Eltern auf Mehrwegwindeln umstellen abgeleitet vom Landkreis Enzkreis 17%, Coburg 20%, Stuttgart 30%). Wenn eine Quote von 15% erreicht wird, dann verringert sich das Restmüllaufkommen in Wien um rund 2.400 t/a. 11 Mehrweg-Transportverpackungen Um die Menge an Transportverpackungen für Wien abschätzen zu können, wird auf Daten zurückgegriffen, die aus einer Berliner Abfallanalyse stammen. In Berlin fielen im Jahr 1992 910.000 t Gewerbeabfall an. Davon waren 130.000 t Transportverpackungen und 40.000 t Holzverpackungen. In Summe ergibt das einen Anteil von 18,7 Gew.% (G.A.T, 1996). Im Jahr 1996 betrug in Wien das Gewerbeabfallaufkommen 451.050 t (SALHOFER et al., 1998). Wenn man der Berechnung den Berliner Anteil von 18,7 Gew.% zugrundelegt, kommt man zu dem Ergebnis, daß in Wien im Jahr 1996 rund 84.000 t an Holz und Transportverpackungen 1 als Abfall anfielen. Die wesentlichen Funktionen, die auch Mehrweg-Transportverpackungen zu erfüllen haben sind: die Schutzfunktion, die Lagerungs- und Transportfunktion, die Verkaufs- und Informationsfunktion, die Verwendungsfunktion. Da Transportverpackungen u.a. diesen Funktionen genügen müssen, ist es erforderlich die Gestaltung von Mehrweg-Transportverpackungen auf diese Anforderungen abzustimmen. Solche Lösungen existieren bereits, werden angeboten und verwendet. 1 Unter Transportverpackungen werden in dieser Aufstellung all jene Transportverpackungen subsummiert, die als Kunststofffolien, Kunststoffemballagen, Transportverpackungen aus Kartonagen, aus FE/NE-Metallen usw. anfallen. Nicht inkludiert sind Transportverpackungen aus Holz, die getrennt ausgewiesen werden. Österreichisches Ökologie-Institut Seite 21

Um Mehrwegsysteme sinnvoll einzusetzen, bedarf es bestimmter Verteilungs- und Rückgabesysteme. Systeme, die mit normierten Verpackungen arbeiten und dadurch die unterschiedlichsten Anwender finden können, sind dabei am effizientesten. Umsetzungsmöglichkeit für Wien Nur standardisierte Mehrweg-Transportverpackungssysteme können eine nennenswerte Verbreitung auf den Markt erfahren. Daher sind Initiativen notwendig, die diese Standardisierung (optimal gestaltete Behälter) unterstützen und damit eine leistungsfähige Logistik möglich machen. Die durch Pool-Dienstleister organisierten Systeme haben dabei beste Chancen für die Anbindung einer großen Anzahl von Anwendern von Mehrwegsystemen. Zur Einführung von Mehrweg-Transportverpackungssystemen bzw. zur Ausweitung bestehender Systeme sollte versucht werden, regional ansässige Unternehmen als Kooperationspartner zu gewinnen. Es sollten sowohl die Abnehmer als auch die Produzenten miteinbezogen werden. Eine Informationskampagne, die auf alle Fälle auch auf die entstehenden Kostenvorteile hinweisen muß, soll bei den in Frage kommenden Partnern Interesse erregen. Denkbare Maßnahmenansätze sind: Erhöhung der Entsorgungskosten für Einweg-Transportverpackungen (eventuell auch durch eine Verpackungssteuer); Anregung der gemeinsamen Einführung von Mehrweg-Transport- Verpackungssystemen bei regional ansässigen Unternehmen, die gleiche Waren von ebenfalls regional ansässigen Produzenten beziehen; Förderung von entsprechenden Pilotprojekten; gegebenfalls Unterstützung der Freigabe von vielversprechenden Verpackungssystemen aus der patentrechtlichen Urheberbindung Als zusätzlicher Anreiz zur Teilnahme kann eine Förderung der Betriebe, die eine Umstellung auf Mehrwegsysteme vollziehen, dienen. Als Grundlage dazu sollte eine detaillierte Marktübersicht vorhanden sein, im Vorfeld recherchiert. Aus der Marktübersicht können dann die in Frage kommenden Verpackungssysteme ausgewählt werden. Da bereits die unterschiedlichsten Systeme existieren, wird eine eigene Entwicklung nicht nötig sein. Ein wichtiges Argument bei der Forcierung von Mehrweg- Transportverpackungssystemen liegt in der möglichen Kosteneinsparung für Betriebe. Beispiele zeigen, daß Kosteneinsparungen von mehreren Millionen Schilling für einzelne Betriebe möglich sind. Seite 22 Österreichisches Ökologie-Institut