Übersicht zu aktuellen Themen der Agrarpolitik Stand Dezember 2014 Arbeitskreis Ländlicher Raum und Verbraucherschutz der CDU-Landtagsfraktion
Dezember 2014 Übersicht zu aktuellen Themen der Agrarpolitik I. Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik und Umsetzung in Baden- Württemberg Grundentscheidungen auf EU-Ebene Nach dem Europäischen Parlament hat Ende 2013 in Brüssel auch der Agrarrat dem Gesamtpaket zur Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zugestimmt. Mit der künftigen EU-Agrarpolitik erhält die Landwirtschaft verlässliche und stabile Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Landwirtschaftspolitik in Europa ökologischer und nachhaltiger wird. Kern der Reform ist das "Greening". Damit soll nicht nur mehr an Ökologie erreicht werden, sondern auch das Prinzip 'Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen' noch stärker in den Vordergrund gerückt. Ob das gelingt, ohne zusätzliche bürokratische Hürden aufzubauen, bleibt abzuwarten. In den abschließenden Verhandlungen am 24. September 2013 hatten sich Rat, Europäisches Parlament und Kommission auf verbesserte Förderbedingungen für strukturschwache Regionen und den Verzicht auf eine noch stärkere Umverteilung bei den Direktzahlungen geeinigt. Weiter wurde der Ansatz verankert, allen Betrieben für einen begrenzten Umfang ihrer Flächen eine Zusatzförderung zu gewähren statt einseitig bei den großen Betrieben zu kürzen. Durch dieses neue Instrument werden gezielt kleinere Höfe bessergestellt. Die neuen Gestaltungsspielräume ermöglichen es den Mitgliedstaaten, bei der nationalen Umsetzung der besonderen Rolle der bäuerlichen Familienbetriebe entsprechend den jeweiligen Bedingungen vor Ort gerecht zu werden. Mit der erzielten Einigung können Förderlücken und Brüche vermieden und stattdessen Planungssicherheit und Verlässlichkeit für eine starke bäuerliche, flächenbezogene Landwirtschaft in Deutschland gewährleistet werden. Trotz des enormen Spardrucks soll es so auch weiterhin eine starke erste Säule (Direktzahlungen) und eine finanziell gut ausgestattete zweite Säule (Förderung der ländlichen Entwicklung) geben. - 2 -
a.) Erste Säule der GAP Für die Direktzahlungen stehen in Deutschland nun jährlich rund 5 Milliarden Euro zur Verfügung. Sie bilden weiterhin den Kern der GAP, werden allerdings künftig noch stärker an Umweltmaßnahmen geknüpft. Das Greening der Direktzahlungen hat zur Folge, dass Landwirte 30 Prozent ihrer Direktzahlungen nur dann erhalten, wenn sie konkrete Umweltleistungen erbringen. Diese umfassen den Erhalt von Dauergrünlandflächen (wie Wiesen und Weiden), eine verstärkte Anbaudiversifizierung (größere Vielfalt bei der Auswahl der angebauten Feldfrüchte) sowie die Bereitstellung so genannter "ökologischer Vorrangflächen" auf Ackerland. So müssen landwirtschaftliche Betriebe ab 2015 grundsätzlich zunächst fünf Prozent ihrer Ackerflächen als ökologische Vorrangflächen bereitstellen. Diese Flächen müssen im Umweltinteresse genutzt werden, eine landwirtschaftliche produktive Nutzung ist unter bestimmten Bedingungen (z.b. beim Anbau stickstoffbindender Pflanzen) aber zulässig. Nicht unter diese Verpflichtung fallen Betriebe unter 15 Hektar und solche der ökologischen Landwirtschaft. Gefördert wird über die Direktzahlungen in erster Linie die Fläche, nicht mehr wie früher die Produktion. Eine besondere Unterstützung sollen Junglandwirte erhalten, für deren Förderung die Mitgliedsstaaten zwei Prozent ihrer nationalen Direktzahlungen bereitstellen müssen. b.) Zweite Säule der GAP Neben der Förderung der Landwirte über die Direktzahlungen der ersten Säule besteht das zweite wesentliche Ziel der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik darin, die Zukunft für die Menschen im ländlichen Raum weiter attraktiv zu gestalten. Hierfür werden in der zweiten Säule Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr zur Förderung der ländlichen Entwicklung zur Verfügung stehen. Damit werden zum Beispiel die nötigen Voraussetzungen für Dorfentwicklungsprojekte oder den Breitbandausbau und damit auch für lebenswerte ländliche Räume und Dörfer mit Zukunft geschaffen. Auch bei den künftigen Programmen zur ländlichen Entwicklung stellt die Verbesserung der Umweltleistungen der Landwirtschaft einen Schwerpunkt dar. So müssen die Mitgliedstaaten mindestens 30 Prozent der ihnen zugewiesenen EU-Fördermittel der 2. Säule für umweltbezogene Maßnahmen wie z.b. den Ökologischen Landbau oder Agrarumweltmaßnahmen einsetzen. - 3 -
c.) Umsetzung auf nationaler Ebene Die Einigung zwischen EU-Ministerrat, Europäischem Parlament und EU-Kommission ist die Grundlage für die Beratungen zwischen Bund und Ländern zur nationalen Umsetzung der GAP ab 2015. Bei einer Sondersitzung der Agrarministerkonferenz am 4. November 2013 in München haben sich die Länder in Abwesenheit von Min Bonde - auf einen Kompromiss zur nationalen Umsetzung der EU-Agrarreform verständigt. Im Mittelpunkt steht dabei eine regional ausgewogene Verteilung der Finanzmittel sowie eine gezielte und stärkere Förderung der bäuerlichen unternehmerischen Landwirtschaft. Hinsichtlich der Förderung des ländlichen Raums eröffnet der einstimmige Beschluss der Länderagrarminister zur Verteilung der zur Verfügung stehenden Gelder die Chance auf eine lückenlose Fortführung der Maßnahmen ab 2014. Kernbestandteil des Kompromisses ist die stärkere Förderung kleiner und mittlerer Betriebe, die fortan zusätzliche Prämien in Höhe von 50 Euro für die ersten 30 Hektar Fläche und 30 Euro für die nächsten 16 Hektar erhalten. Zudem sieht der Beschluss eine zweckgebundene Umschichtung von 4,5 Prozent der Mittel aus der ersten in die zweite Säule vor. Diese Mittel sollen insbesondere für Grünlandstandorte und deren Nutzung durch Rinder, Schafe oder Ziegen, für flächenbezogene Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, für die Stärkung besonders tiergerechter Haltung und des Tierwohls, für den ökologischen Landbau sowie für die Ausgleichszulage in den von der Natur benachteiligten Gebieten verwendet werden. Dieses auch für die Betriebe in Baden-Württemberg erfreuliche Ergebnis ein maßgeblich ein Erfolg der bisherigen Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, weniger ein Ergebnis der Bemühungen der Landesregierung. Es wurde eine Süddeutsche Lösung gefunden. d.) Umsetzung in BW; 2. Säule, insbesondere FAKT-Programm Das MLR hat die einzelnen Förderprogramme und Maßnahmen im sog. MEPL III, den Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg zusammengefasst. Die Bauernverbände, namentlich der LBV haben eine durchaus kritische Haltung eingenommen. Ein Kernelement der zweiten Säule ist das sog. FAKT- Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (bisher sog. MEKA, Marktentlastungs- und Kulturlandschafts- - 4 -
Ausgleichsprogramm) sein, in dem wesentliche Agrarumweltmaßnahmen zusammengefasst sind. Förderanlass ist der Ausgleich für erbrachte Umweltleistungen, welche die Grundanforderungen an Düngung und Pflanzenschutz, Cross-Compliance- und Greening- Auflagen übersteigen. Dabei gilt ein grundsätzlicher Ausschluss von Doppelförderung über die 1. Säule. Der Betriebsinhaber kann auch künftig i.d.r. über einen Verpflichtungszeitraum von 5 Jahren aus einem Bündel verschiedener Maßnahmen wählen: - Fruchtartendiversifizierung (5-gliedrige Fruchtfolge) - Verringerter Viehbesatz (0,3 1,4 RGV/ha HFF) - Bewirtschaftung von steilem Grünland - Artenreiches Grünland - Messerbalkenschnitt - Erhaltung von Streuobstbeständen - Erhaltung abgegrenzter Weinbausteillagen - Erhaltung regionaltypischer gefährdeter Nutztierrassen - Völliger Verzicht auf chemisch-synthetische Produktionsmittel; Herbizidverzicht im Ackerbau - Ökologischer Landbau - Begrünung im Acker- und Gartenbau; Brachebegrünung mit Blühmischungen - Freiwillige einjährige Maßnahmen in gefährdeten Grundwasserkörpern - Extensive Nutzungsformen Biotope, Natura 2000 Flachland- und Bergmähwiesen - Sommerweideprämie - Tiergerechte Haltungsverfahren Keine Fortführung von mittlerweile zum betrieblichen Standard zählenden Maßnahmen. Deswegen sollen, entgegen den Vorstellungen der Bauernverbände wichtige nach der Regierungsübernahme gestrichene bzw. nun auslaufende Maßnahmen auch künftig nicht wieder angeboten werden. Es sind dies etwa Mulch- und Direktsaat, Verzicht auf Wachstumsregulatoren oder die Grünlandgrundförderung. Die Maßnahmen würden so die Selbsteinschätzung des MLR - insgesamt dunkelgrüner (Biodiversität & Naturschutz). Bei der einzelbetrieblichen Investitionsförderung, dem AFP durchgehend höhere Anforderungen an Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutz, sowie namentlich bei Stallbauten an den Tierschutz. von Seiten des LBV wird in Frage gestellt, ob ein derart verschärftes Förderregime überhaupt noch geeignet ist, die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in BW zu verbessern. - 5 -
Bei der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, AZL bleiben entgegen der Kritik des LBV und anders als etwa in Bayern, Ackerflächen weiter ausgeschlossen. Die Flurneuordnung soll in der zuletzt gefundenen deutlichen Priorisierung ökologischer Belange vor denen der Agrarstruktur fortgeführt werden. Positionierung Zwar ist das neue Förderregime nun erst einmal in Kraft getreten, es sollte aber wie auch in vergangenen Förderperioden auch im aktuell maßgeblichen Zeitraum bis 2020 abhängig von entsprechenden Entscheidungen auch auf EU-Ebene - die Möglichkeit bestehen, im Rahmen eines sog. Mid-Term-Reviews etwa um das Jahr 2017 zu notwendigen und sinnvollen Anpassungen im Interesse der weit überwiegenden Anzahl unserer landwirtschaftlichen Betriebe zu gelangen. Diese Anpassungen sollten sich an folgenden Leitlinien orientieren: - Zum Greening gilt: Wir wollten es nicht. Wenn es nun doch kommt - Gott sei Dank nur auf 5% der Fläche - sollte es oberstes Gebot sein, eine echte Bewirtschaftung auch weiter zu ermöglichen. Dies schließt den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich mit ein. Es gibt keinerlei Anlass, zusätzliche zur Nahrungs- und Futtermittel- und Energiepflanzenproduktion dringend notwendige Flächen ohne jede Not aus dem Ertrag zu nehmen. - Die übertragenen Mittel im Umfang von 4,5% aus der ersten Säule - immerhin über die gesamte Förderperiode von 7 Jahren 91 von 709 Mio - sollen wie auf der Agrarministerkonferenz im November 2013 beschlossen, in vollem Umfang für die Belange der Landwirtschaft verwendet werden. Die Riege der Grünen Länderagrarminister hatte bis zuletzt gar eine Übertragung im Umfang von 15% gefordert. - Zur zweiten Säule, aber auch zur Agrarpolitik insgesamt gilt: Baden-Württemberg darf im Wettstreit der Bundesländer um die besten Konzepte den hiesigen Betrieben keine Sonderlasten aufbürden, die es andernorts nicht gibt. Wir fordern Wettbewerbsgleichheit wenn schon nicht innerhalb der EU, so doch wenigstens in Deutschland. - Der MEPL III orientiert sich in der Grundstruktur am bisherigen Förderregime. Wesentliche, bewährte und durch uns eingeführte Förderprogramme wie MEKA, AFP oder die LPR bleiben als solche erhalten. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Abzulehnen ist das Verlassen der gleichmäßigen Förderung von konventioneller und ökologischer Produktion zugunsten der Bevorzugung einer bestimmten Bewirtschaftungsform. - 6 -
- Wir erwarten, dass die Landesregierung im mindestens gleichen Umfang Mittel für den Ländlichen Raum und insbesondere auch für die Landwirtschaft zur Verfügung stellt, wie wir dies bislang getan haben. Dies kann insbesondere in Bereichen, in denen die Kofinanzierungssätze der EU über das bisherige Maß hinausgehen, bedeuten, dass das Land mehr tun kann und muss als "nur" die BW zustehenden EU-Mittel zu aktivieren. - Bei der Beratung wurde die bisherige bewährte Offizialberatung durch ein neues System von Beratungsgutscheinen ersetzt und aus der zweiten Säule finanziert. Dies ist im Ergebnis nicht zielführend. Der Landwirt droht so zum Bittsteller einer Landwirtschaftsverwaltung von Gnaden des Ministeriums zu werden, wenn die Förderung der Beratung künftig in Abhängigkeit vom öffentlichen Nutzen erfolgen soll. Erfolgreiche Strukturen wurden ohne Not zerschlagen. - Im Rahmen der Investitionsförderung lehnen wir wie auch der Berufsstand alle Maßnahmen ab, die die strukturelle Weiterentwicklung unserer Betriebe bremsen oder verhindern. Es gilt: Wachstum ist nicht alles aber: Ohne Wachstum ist in vielen Fällen alles nichts mehr! Wir stehen für starke Betriebe, die sich im immer härter werdenden Wettbewerb erfolgreich behaupten können. - Der gerade auch durch die aktuelle Reform veranlassten überbordenden Bürokratie, muss entgegengewirkt werden. Es kann nicht sein, dass sich verschiedene Maßnahmen gegenseitig ausschließen oder behindern und auch deswegen mit einer höheren Fehlerquote zu rechnen ist. - Anstatt fortlaufender neuer Verbote und neuer Belastungen (Grünlandumbruchverbot, Gewässerrandstreifen, Jagdrecht) braucht unsere kleinteilig und mittelständig geprägte Landwirtschaft eine Förderkultur. Wir brauchen Anreize statt Verbote! - Der Flächenausgleich für Infrastrukturmaßnahmen muss durch Anerkennung und Förderung von Pflegeleistungen aus bäuerlicher Hand bei vorhandenen Natur- und Landschaftselementen gestaltet werden. - Wir fordern den Bund auf, endlich eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage zu ermöglichen. Die Bauern haben die Werkstatt im Freien! - Wir sprechen uns klar und deutlich gegen Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen aus. - Bei politischen Marktstörungen brauchen wir einen Schutz und Ausgleich durch die Europäische Union. - Schließlich: Die von der Landesregierung maßgeblich verfolgten Ziele Ökologie, Klimaschutz, Tierwohl unter dem Deckmantel der angeblich nur so gegebenen Akzeptanz der Gesellschaft für Fördermittel sind schön und gut. Sie helfen aber dann nicht weiter, wenn sie im Ergebnis dazu führen, den ohnehin schon vorhandenen Strukturwandel in der Landwirtschaft noch zu beschleunigen. Wo keine Betriebe mehr sind, können auch keine - 7 -
hehren Ziele mehr verfolgt werden! Niederösterreich, aber auch das Nachbarbundesland Bayern etwa sehen dies sehr viel pragmatischer: Dort steht die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe klar im Vordergrund bei der Ausgestaltung der 2. Säule. II. Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände Die Landesregierung plant mit einem aktuell in der Verbändeanhörung befindlichen Gesetzentwurf, in Anlehnung an das seit einigen Jahren bestehende Verbandsklagerecht für anerkannte Umweltverbände ein vergleichbares Institut im Bereich des Tierschutzes zu schaffen. Dies in Umsetzung des Koalitionsvertrages und vergleichbar bereits bestehender Regelungen in anderen A-Ländern. Nach Bremen in 2007 haben 2013 auch Hamburg, Nordrhein-Westfalen und das Saarland die Einführung der Tierschutz-Verbandsklage beschlossen, 2014 Rheinland-Pfalz. Mit Einbringung des Gesetzes beim Landtag ist in den ersten Monaten 2015 zu rechnen. Positionierung Wir stehen auf der Seite der Tierhalter und unterstützten diejenigen, die verantwortlich mit den ihnen anvertrauten Tieren umgehen. Ein Verbandsklagerecht braucht es dazu nicht. Der Schutz der Tiere ist in Deutschland bundesweist geregelt, und zwar auf hohem Niveau. Wir bekennen uns klar zu diesen hohen Tierschutzstandards. Ausdrücklich sprechen wir uns aber dagegen aus, mit einem Verbandsklagerecht die Tierhalter unter Generalverdacht zu stellen. Das haben weder private Tierhalter, Zoos noch unsere landwirtschaftlichen Betriebe verdient. In Frage gestellt wird damit auch die wichtige Arbeit der Tierärzte, Ethikkommissionen und Aufsichtsbehörden. Falsch ist außerdem, dass ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände automatisch eine Verbesserung des Tierschutzes bedeutet. Wir stehen auf der Seite der Tierhalter und unterstützen diejenigen, die verantwortlich mit den ihnen anvertrauten Tieren umgehen. Ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen dient nur dazu, Verfahren zu verzögern, die Gerichte zu belasten und Rechtsunsicherheit zu schaffen. Zahlreiche Fragen sind offen: So bleibt zunächst völlig unklar, welche Gruppierungen vom neuen Klagerecht erfasst sein sollen. Es ist bei den hohen deutschen Standards unnötig und wirkt sogar kontraproduktiv, wenn zum Beispiel Klagen den Bau von modernen, tierschutzgerechten Tierställen verzögern oder verhindern. - 8 -
III. Novellierung der Düngeverordnung Unter dem 18.12.2014 liegt zwischenzeitlich ein innerhalb der Bundesregierung abgestimmter Entwurf für die Neufassung der Düngeverordnung vor. Vorangegangen war ein mehrjähriger Streit innerhalb der Bundesregierung (v.a. BMEL und BMUB) aber auch unter den Ländern um die notwendige Reichweite der Novelle. Im September 2013 hatte die EU- Kommission hierzu ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, da Deutschland mit der Umsetzung der der Düngeverordnung zu Grunde liegenden Nitrat-Richtlinie in Verzug geraten war. Während die Umweltseite und insbesondere auch die A-Länder mit BW geltend machen, signifikante Verschärfungen seien an allen wesentlichen Stellschrauben (Menge des Stickstoffs, der ausgebracht werden darf, Zeiträume innerhalb derer dies zulässig ist, Art der Ausbringung) erforderlich, um einen wirksamen Grundwasserschutz zu gewährleisten, wird von Vertretern der Landwirtschaft und der B-Seite im Bundesrat entgegengehalten, die zumindest in BW allenfalls punktuellen Nitratbelastungen, könnten in anderer Weise sinnvoller und effektiver zurückgeführt werden. BW hat dabei in den vergangenen Jahrzehnten über im wesentlichen freiwillige Maßnahmen, etwa den Verzicht auf die Ausbringung von Klärschlamm über die sog. SchAlVO durchaus präsentable Erfolge erzielt. Die nun vorliegende Neufassung beinhaltet im Vergleich zu der bisher geltenden Fassung folgende wesentlichen Änderungen: Konkretisierung der Düngebedarfsermittlung für Stickstoff auf Acker- und Grünland, Präzisierung der bestehenden Beschränkungen für das Aufbringen von stickstoffund phosphathaltigen Düngemitteln auf überschwemmten, wassergesättigten, gefrorenen oder schneebedeckten Boden, Verlängerung der Zeiträume, in denen keine Düngemittel ausgebracht werden dürfen und Einführung eines solchen Zeitraums für Festmist, Fortentwicklung des Nährstoffvergleichs, insbesondere Berechnung der Nährstoffabfuhr von Grundfutterflächen über die Nährstoffaufnahme der Tiere aus dem Grundfutter und damit genauere Abbildung der innerbetrieblichen Stoffströme, Verringerung der Kontrollwerte für die Nährstoffvergleiche und Erweiterung der Maßnahmen bei der Überschreitung der Kontrollwerte, Einführung bundeseinheitlicher Vorgaben für das Fassungsvermögen von Anlagen zur Lagerung von Wirtschaftsdüngern, sog. JGS-Anlagen. Positionierung Der nunmehr nach schwieriger und langwieriger Abstimmung auf Bundesebene gefundene Kompromiss, dürfte im Wesentlichen in dieser Form in Kraft treten. Es ist davon auszugehen, dass BW von einer im Entwurf vorgesehenen Länderöffnungsklausel, die weitere Verschärfungen ermöglicht Gebrauch machen wird, bzw. im Bundesratsverfahren mit der A-Seite weitere Öffnungsmöglichkeiten fordert. - 9 -
Dem ist entgegenzutreten. Zum einen schon deswegen, weil die landwirtschaftlichen Betriebe in BW bei zusätzlichen Erschwernissen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Betrieben in anderen Bundesländern tragen müssten. Zum anderen aber auch aus der grundsätzlichen Überlegung heraus, dass der Nährstoffbedarf der angebauten Kulturen mit der Düngung gedeckt werden muss. Ein Düngerecht, das Düngen faktisch verbietet, liefe allen Grundsätzen moderner Landbewirtschaftung zuwider. Hierauf weisen auch die Bauernverbände völlig zu Recht hin. IV. Mindestlohn in der Landwirtschaft Auch die Landwirtschaft wird von der allgemeinen Mindestlohnvorgabe von 8,50 /h erfasst. Eine bereichsspezifische Ausnahme, die man etwa mit Blick auf die vornehmlich aus Osteuropa stammenden Saisonarbeitskräfte durchaus hätte rechtfertigten können, wurde nicht erreicht. Immerhin bleibt es möglich, Kost und Logis gegenzurechnen. Die erzielte Einigung zwischen den Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbänden (GLFA), und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) über die Einführung eines Mindestlohns gilt ungeachtet der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zunächst weiter und sieht eine schrittweise Anhebung wie folgt vor: In der untersten Lohngruppe, v.a. Saisonarbeitskräfte, ab 01. Januar 2015 in BW 7,40 /h, ab 2016 ansteigend auf 8.- /h, zum Jahresbeginn 2017 weiter auf 8,60 /h, schließlich 9,10 /h ab 01. November 2017. Positionierung Nachdem der Mindestlohn nunmehr bundesgesetzlich vorgegeben ist, und sich die Tarifpartner auf im Ziel sogar höhere Zahlungen geeinigt haben, muss es nun darum gehen, den Betrieben bei der konkreten Umsetzung eine flexible Handhabung zu ermöglichen und unnötige Bürokratie zu vermeiden. Dies ist in der Landwirtschaft angesichts der hohen Volatilität gerade bei den Saisonarbeitskräften von besonderer Bedeutung. - 10 -