Zum Haselmausmonitoring in Mecklenburg Vorpommern. Sven Büchner

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Transkript:

Natur und Naturschutz in Mecklenburg-Vorpommern 41: 13-17, Greifswald 2012 Zum Haselmausmonitoring in Mecklenburg Vorpommern Sven Büchner 1 Stand der Verbreitungskartierung Über lange Zeit (zwischen 1967 und 1998) gab es von der Haselmaus (Muscardinus avellanarius) für Mecklenburg-Vorpommern keine Nachweise, weshalb sie 1991 in der Roten Liste des Landes unter 0a ausgestorben oder verschollen geführt wurde, mit dem Hinweis, dass Reliktvorkommen nicht ausgeschlossen sind (Labes 1991). Die Befürchtungen, dass die Art ausgestorben sein könnte, konnte Siefke (1998) ausräumen, der für Ende der 1990er Jahre zwei Funde für Rügen dokumentierte: vom Rande des Nationalparks Jasmund sowie bei Mölln-Medow. Diese Funde entsprechen auch den Regionen mit historischen Belegen (März 1968; Schulz 1968; Schnurre u. März 1970). Weitere Fundorte auf Rügen (bei Sehlen und Karnitz) konnten 2001 im Rahmen der Untersuchungen zum Ausbau der B 96 n hinzugefügt werden (Büchner et al. 2002). Im Jahr 2007 erfolgte dann als Basis für das Monitoring der Haselmaus eine Verbreitungskartierung der Haselmaus auf Rügen. Als Nachweismethoden für die Kartierung kamen die Suche nach den Nestern der Haselmaus und nach den charakteristischen Fraßspuren an Haselnüssen zum Einsatz (zu Methoden vgl. u.a. Büchner et al. 2002). Der Kenntnisstand zur Verbreitung der Haselmaus auf Rügen kann nach dieser Kartierung als gut bezeichnet werden. Die Art kommt auf und um den Jasmund, rings um Bergen sowie auf Ost- und Südostrügen vor. Die weitgehend von Ackerland geprägten Bereiche im Südwesten Rügens und Ummanz blieben ohne Nachweise. Mit den Rügener Vorkommen liegt eines der wenigen echten Inselvorkommen der Haselmaus vor. Hier hat das Land Mecklenburg-Vorpommern eine besondere Verantwortung für die Art. Auf dem Festland Mecklenburg-Vorpommerns wurde die Haselmaus bereits in der Vergangenheit sehr selten und nur lokal nachgewiesen (Görner u. Henkel 1988). Die letzten Nachweise der Haselmaus aus dem Raum nördlich des Schaalsees stammten vom Anfang des 20. Jahrhunderts (Schulz 1968). Im Rahmen der Großen Nussjagd in Schleswig-Holstein (landesweites Projekt zur Kartierung von Haselmäusen anhand der Fraßspuren an Haselnüssen, vgl. www.nussjagd.de) gelang 2007 ein Fraßspuren-Nachweis am östlichen Stadtrand von Lübeck (B. Schulz, persönliche Mitteilung). Eine Überprüfung der Fundstelle brachte mehrere Nestfunde der Haselmaus (S. Ehlers, persönliche Mitteilung). Es lag daher nahe, dass die Art auch im angrenzenden Bereich Mecklenburg-Vorpommerns zu finden sein könnte. Bei einer Überblickskartierung im Spätsommer 2007 durch B. Schulz, G. Augustin und S. Büchner gelangen an nahezu allen Probepunkten Haselmausnachweise (unveröffentlichte Daten). Bei Lüdersdorf waren beiderseits der A 20 Nester zu finden, die Autobahn schneidet direkt Lebensräume der Haselmaus. Nester und Fraßspuren konnten bei Rieps, Groß Mohlzahn und Dechow entdeckt werden. Die Nachweise passen zum Verbreitungsbild der Haselmaus im angrenzenden Ostholstein, z.b. bei Mustin (Borkenhagen 2011). Im Gegensatz zu Rügen ist das Wissen zu Verbreitung der Haselmaus für Nordwestmecklenburg noch unvollständig. Zu klären ist, wie weit die Art nach Süden und Osten vordringt. Nach den aktuellen Funden kommt sie in der Region vor allem in Knicks und Reddern vor. Ehlers (2009) weist auf die hohe Bedeutung der Knicklandschaften für die Haselmaus auch 13 13

im Osten Holsteins hin. Zu erwarten sind demnach weitere Vorkommen im Raum zwischen Schönberg, Rehna, Gadebusch, Zarrentin und der westlichen Landesgrenze, wo Knicks die Landschaft prägen. Unklar ist, ob die Haselmaus weitere, eventuell stark isolierte Vorkommen in anderen Landesteilen hat. Bisher nicht prüfbare Hinweise gab es dazu z.b. von der Müritz. 2 Konzept und Stand des Stichproben-Monitorings Als am besten geeignete Methode für ein Monitoring der Haselmaus zu den Teilaspekten Population und Populationstrend werden Nistkastenkontrollen gesehen. Mehrere Untersuchungen (aus England, Litauen, Sachsen) zeigen, dass mit regelmäßigen Kontrollen (alle 14 Tage) ca. 95 % der ansässigen Haselmäuse erfasst werden können (Morris et al. 1990; Juškaitis 1997; Büchner 1998). Keine andere Nachweismethode ist derzeit beschrieben, die ähnliche Effizienz aufweist. In Großbritannien läuft seit 1992 ein dauerhaftes Monitoring der Haselmaus in inzwischen mehr als 200 Gebieten, das eine ausgezeichnete Datengrundlage für die Bewertung der Haselmaus auf Landesebene liefert (Bright et al. 2006). In Deutschland wurde das Monitoring der Haselmaus auf der Basis von speziell ausgewählten Nistkastenstrecken zur Bewertung von Bestandstrends der Haselmaus und damit zur Ableitung von Angaben zum Erhaltungszustand der Population 2005 im Freistaat Sachsen und 2006 im Land Hessen begonnen (Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, unveröffentlichte Gutachten sowie Büchner et al. 2010). Auch die Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu den gesamtdeutschen Referenzflächen schlägt die Nutzung von Nistkastenrevieren vor. Das Monitoring der Haselmaus in Mecklenburg-Vorpommern erfolgt anhand von regelmäßigen Stichprobenuntersuchungen auf ausgewählten Referenzflächen. Ausgewählt wurden zwei repräsentative Waldbereiche in den beiden bekannten Vorkommensgebieten auf Rügen und nördlich des Schaalsees. Die Auswahl basierte auf der Gebietskenntnis der beiden 14 14

Biosphärenreservatsverwaltungen in Abstimmung mit bekannten Vorkommen der Haselmaus. Die Abgrenzung der Monitoringflächen erfolgte nach folgenden Voraussetzungen: Haselmäuse sind sesshafte Tiere, die nach ihrer Etablierung über Jahre nahezu deckungsgleiche Streifgebiete nutzen. Mittlere Distanzen, auf denen Haselmäuse sich zwischen Kästen bewegen, liegen bei rund 100 m für Männchen und bei unter 100 m für Weibchen (Juškaitis u. Büchner 2010). Die Empfehlungen von Juškaitis (2008) zu Untersuchungen an Haselmäusen mittels Nistkastenkontrollen gehen unter anderem daher von Kastenabständen von 50 m aus. Für das englische Haselmaus-Monitoring werden als absolutes Minimum 50 Nistkästen je Untersuchungsgebiet angegeben (Bright et al. 2006). Mit dem empfohlenen Kastenabstand von 50 m sind die Stichprobenflächen mit 50 Nistkästen ca. 10 ha groß. Für höchste Datensicherheit und schnellere Ergebnisse müssten die Kastenreviere so groß wie möglich sein (200 Kästen aufwärts) bei einer wenigstens 14-tägigen Kontrolle mit Markierung aller Individuen. Dies ist nur durch Spezialisten mit entsprechendem Honoraraufwand zu leisten. Als Kompromiss zwischen leistbaren Aufgaben und wünschenswerten Datenerfassungen sind seit 2010 jährlich zwei Kontrollen von Nistkästen zu einem Stichtag Mitte Juni und Mitte September erfolgt und für die kommenden Jahre eingeplant. Erfasst werden dabei die Anzahlen: kontrollierter Nistkästen, der Haselmausnester, aufgefundener Haselmäuse differenziert nach Alter (frisch geborene mit geschlossenen Augen; bereits mit Fell und offenen Augen aber als Truppe zusammen; selbständige Jungtiere sowie adulte), Kästen mit Vogel-, Mäuse-, Fledermaus- oder Insektenbesatz. Nach Möglichkeit sollte bei den Haselmäusen das Geschlecht bestimmt werden. Da die Altersbestimmung bei Haselmäusen am lebenden Tier langjährige Erfahrungen benötigt, wurde festgelegt, dass Haselmäuse im Herbst mit Körpermasse unter 15 g Jungtiere sind. Für den langfristigen Vergleich werden die Haselmaus-Abundanzen je 50 Nistkästen ermittelt. Mit Kontrollen im Juni und im September sind die Variationen zwischen Jahren und Gebieten größer und es bedarf einer längeren Untersuchungszeit, bis solide Ergebnisse kommen. Die Mitarbeit ehrenamtlicher Kräfte ist ressourcenschonend und eine Form der Öffentlichkeitsarbeit, deren Ergebnisse nicht vernachlässigt werden sollten. Durch Einbindung ehrenamtlicher Naturschutzhelfer und teilweisem Einsatz von Mitarbeitern der Großschutzgebiete und der Forstverwaltungen erscheint es für Mecklenburg-Vorpommern realistisch, eine langfristige Untersuchung durchführen zu können. Voraussetzung ist eine zentrale Koordination. 3 Mögliche Trendaussagen Über einen längeren Zeitraum erhobene Daten stehen für Mecklenburg-Vorpommern (noch) nicht zu Verfügung. Somit sind aktuell keine datenbasierten Aussagen zum Populationstrend möglich. Handfeste, auch statistische sichere, Ergebnisse zum Populationstrend sind erst nach Untersuchungen über einige Jahren zu erwarten. Grundsätzlich kann man vermuten, dass die Haselmaus im Land Mecklenburg-Vorpommern einen stabilen Bestand hat, da es mehrere Vorkommen gibt. Dies war vor 20 Jahren nicht so zu erwarten. 15 15

4 Probleme bei der Erfassung und Bewertung Es ist davon auszugehen, dass die Verbreitung der Haselmaus in Mecklenburg-Vorpommern nicht vollständig bekannt ist. Empfohlen wird, die Verbreitung zumindest jeden 2. Berichtszeitraum erneut zu kartieren, um Veränderungen in der Verbreitung feststellen zu können. In Nordwest-Mecklenburg sind derzeit die Knicklandschaften nördlich des Schaalsees als Lebensräume der Haselmaus bekannt. Der aktuelle Bewertungsrahmen des BfN berücksichtigt ausschließlich Haselmausvorkommen in Wäldern. Bisher sind keine Daten zu Abundanzen der Haselmaus in Reddern und Knicks bekannt, die als Vergleichswert für eine Bewertung des Zustandes der Population dienen könnten. Wünschenswert wäre daher die Einrichtung von mindestens drei Stichprobenflächen in Knicks. Im Idealfall werden im Rahmen eines Forschungsprojektes über Fang-Markierung-Wiederfang-Untersuchungen Individuendichten bestimmt und Daten zu Streifgebieten erhoben, so dass sich zukünftig Monitoringflächen in linearen Gehölzstrukturen abgrenzen lassen. Das Stichprobennetz für Mecklenburg-Vorpommern sollte vergrößert werden, wenn vor Ort Kapazitäten und Interesse bestehen. Für Rügen bieten sich mehrere Flächen an. 5 Hinweise für ein vordringliches Management Die Haselmaus sollte bei allen Planungen, die Wälder und kleinere Gehölze betreffen, berücksichtigt werden, solange nicht durch gründliche Suche geklärt werden konnte, dass sie nicht vorkommt. Auch wenn über lange Zeiträume keine Hinweise auf die Art vorliegen, sollte ein Vorkommen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, wie die Funde beiderseits der A 20 bei Lüdersdorf belegen. Generell sind die Sicherung des Habitatverbundes und die Vermeidung von weiteren Habitatverlusten die wichtigsten Schutzmaßnahmen. Im Bereich der A 20 bei Lüdersdorf sollte die Möglichkeit eines Habitatverbundes geprüft werden. Grundsätzlich sollte die Anlage und Pflege von Hecken und Knicks vor allem in der Schaalseeregion gefördert werden. Wichtige Lebensräume in Mecklenburg-Vorpommern sind artenreiche Waldränder und artenreiche Knicks. Beide bedürfen einer regelmäßigen Pflege, jedoch ohne dass die Lebensräume durch zu starke Eingriffe dauerhaft gestört werden. Ehlers (2009) zeigte in Ostholstein, dass Knicks für die Haselmaus optimal sind, wenn mindestens 12 Gehölzarten vorkommen. Im Wald scheint neben der Artenvielfalt an Gehölzen und ausreichend Licht für die Strauchschicht auch das Angebot an Höhlen ein limitierender Faktor für die Haselmaus zu sein. Literatur Borkenhagen, P. (2011): Die Säugetiere Schleswig-Holsteins. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbh u. Co. KG, Husum: 664 S. Bright, P.W.; Morris, P. u. Mitchell-Jones, T. (2006): The dormouse conservation handbook. Peterborough (English Nature). 74 S. Büchner, S. (1998): Zur Ökologie der Haselmaus Muscardinus avellanarius (L.) in einer fragmentierten Landschaft der Oberlausitz. Diplomarbeit. Martin-Luther-Universität Halle/Saale: 64 S. + Anhang. Büchner, S., Scholz, A. u. Kube, J. (2002): Neue Nachweise der Haselmaus (Muscardinus avellanarius) auf Rügen sowie methodische Hinweise zur Kartierung von Haselmäusen. Naturschutzarbeit in Mecklenburg- Vorpommern 45 (1): 42-47. Büchner, S., Lang, J. u. Jokisch, S. (2010): Monitoring der Haselmaus Muscardinus avellanarius in Hessen im Rahmen der Berichtspflicht zur FFH-Richtlinie. Natur und Landschaft 85 (8): 334-339. Ehlers S. G. (2009): Die Bedeutung der Knick- und Landschaftsstruktur für die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) in Schleswig-Holstein. Diplomarbeit. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: 132 S. Görner, M. u. Henkel A. (1988): Zum Vorkommen und zur Ökologie der Schläfer (Gliridae) in der DDR. Säugetierkundliche Informationen 2 (12): 515-535. 16 16

Juškaitis, R. (1997): Use of nestboxes by the common dormice (Muscardinus avellanarius L.) in Lithuania. Natura Croatica 6: 177-188. Juškaitis, R. (2008): The Common Dormouse Muscardinus avellanarius: Ecology, Population Structure and Dynamics. Institute of Ecology of Vilnius University Publishers, Vilnius: 163 S. Juškaitis, R. u. Büchner, S. (2010): Die Haselmaus. Neue Brehm Bücherei 670: 181 S. Labes, R., Eichstädt, W., Labes, S., Grimmberger, E., Ruthenberg, H. u. Labes, H. (1991): Rote Liste der gefährdeten Säugetiere Mecklenburg-Vorpommerns. Schwerin (Umweltministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern): 31 S. März, R. (1968): Nachweise von Schläfern aus Gewöllen. Beiträge Vogelkunde 8: 388-399. Morris, P.A.; Bright, P.W. u. Woods, D. (1990): Use of nestboxes by the Dormouse (Muscardinus avellanarius). Biological Conservation 51: 1-13. Schnurre, O u. März, R. (1970): Ein Beitrag zur Wirbeltierfauna der Insel Rügen im Lichte ernährungsbiologischer Forschung am Waldkauz (Strix aluco). Beiträge Vogelkunde 16: 355-371. Siefke, A. (1998): Nachweise der Haselmaus (Muscardinus avellanarius) auf Rügen. Säugetierkundliche Informationen 4 (22): 377-378. Schulz, M. (1968): Beobachtungen zum Vorkommen von Bilchen (Gliridae) in Mecklenburg in 60 Jahren. Naturschutzarbeit in Mecklenburg-Vorpommern 11: 36-37. Sven Büchner Ortsstraße 174 02829 Markersdorf muscardinus@gmx.net (Foto: S Büchner) 17 17