Neue Primärversorgungsmodelle in Österreich Chance und Herausforderung! Mag. Franz Kiesl, MPM Vienna Healthcare Lectures

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Transkript:

Neue Primärversorgungsmodelle in Österreich Chance und Herausforderung! Mag. Franz Kiesl, MPM Vienna Healthcare Lectures 05.09.2016

Bundesweites PV-Konzept Konzept zur multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgung (PV) wurde am 30.6.2014 in der Bundes-Zielsteuerungskommission beschlossen Wesentliche Eckpfeiler des Konzepts sind: Stärkung der Primärversorgung rund um den Hausarzt Arbeiten im Netzwerk Kein Eingriff in bestehende Verträge Kein Zwang zu neuen Strukturen Evolution statt Revolution

Zielsetzungen von neuen PV-Modellen Anmerkung: Win-Win-Win Situation für alle Beteiligten herstellen!

Aufbauorganisation von neuen PV-Modellen Ein PV-Modell kann tätig werden als: oder

Berufsgruppen in den neuen PV-Modellen Anmerkung: - Zusammensetzung des PV-Teams muss auf die regionalen Erfordernisse abgestimmt sein. - Verbindliche und strukturierte Zusammenarbeit ist in einem Organisationskonzept zu regeln. Quelle: Bundeskonzept zur Primärversorgung

Ausbau der PV in Österreich: Ziel & Wirklichkeit PHC-Monitor Österreichisches Forum Primärversorgung Stand vom 9.4.2016

Ausbau der PV in Österreich: Ziel & Wirklichkeit PHC-Monitor Österreichisches Forum Primärversorgung Stand vom 9.4.2016

PV-Modell Enns (1) PV-Modell Enns zwischen Projektwerber, SV, ÄK für OÖ, und Land OÖ ausverhandelt. Eckpfeiler: Start: Anfang 2017 Teamzusammensetzung: 5 Allgemeinmediziner, 2 DGKS, 4,5 Ord. Assistentinnen, 1 Psychologe, 2 Physiotherapeuten und 1 PV-Manager Teilzeit: Sozialarbeiter, Diätologe, Ergotherapeut, Logopäde, Hebamme Rechtsform: Ärzte GmbH Einbindung erweitertes PV-Team: über Anstellungsverhältnis oder Zukauf der Leistung Standort: ehemaliges Hallenbadgelände in Enns (Neubau)

PV-Modell Enns (2) Was hat der Patient / die Patientin davon? Erweiterte Öffnungszeiten: (64 Wochenstunden + Teilnahme am HÄND) MO-FR von 07-19 Uhr und zusätzlich an 2 Tagen bis 21 Uhr Einbindung in den Hausärztlichen Notdienst (HÄND) damit 24/7 Erweitertes Leistungsangebot: Umfassende koordinierte Betreuung Erhöhte Zusammenarbeit zwischen den Anbietern Verstärkte Gesundheitsförderungs- und Präventionsangebote (z.b. Rückenschule, Burn-out-Prophylaxe, proaktive Hausbesuche bei chronisch Kranken, präventiv) Beratungstätigkeit zur Stärkung der Gesundheitskompetenz Optimierte Wundversorgung Kleine chirurgische Eingriffe etc.

PV-Modell Enns (3) Honorierungsform In der Einführungsphase Pauschalhonorierung durch Sozialversicherung und Land OÖ auf Basis: o o einer Einkommensgarantie für Ärzte (bisheriges Einkommen + 5%) einer Abgeltung der tatsächlichen Kosten Anschubfinanzierung (für EDV und Umzug) PV-Manager für vorerst 3 Jahre

PV-Modelle Finanzierung der Piloten Pauschalhonorierung: 65% des Mehraufwandes SV 35% Land Anschubfinanzierung in Höhe von 90.000,--: 25% SV 75% Land PV-Manager: 50% SV 50% Land SV-Aufteilung nach Versichertenschlüssel Endgültige Finanzierung lt. Evaluierungsergebnissen Dauer der Piloten: 5 Jahre

Eckpfeiler eines PV-Netzwerkes (1) Grundsätzlich identisch mit den Eckpfeilern einer PV-Einrichtung an einem Standort (analog Enns), mit folgenden Besonderheiten: Arztstellen und andere Berufsgruppen verteilen sich auf verschiedene Standorte (auch das Kernteam kann sich auf mehrere Standorte verteilen, indem eine DGKS mehreren Ärzten zugeordnet ist) Erhöhte Anforderungen im Bereich Vernetzung, Kommunikation, Zusammenarbeit, Öffentlichkeitsarbeit (Netzwerkmanagement, abgestimmte Informations- und Kommunikationstechnologie)

Eckpfeiler eines PV-Netzwerkes (2) Bisherige Einzelpraxen in Gemeinden können allenfalls auf Zweitordinationen (ZWO) reduziert werden oder überhaupt entfallen, ohne dass es dadurch zu einer Verschlechterung der Versorgung kommt (durch Einbezug anderer Berufsgruppen, aufsuchende Dienste, etc.) Mögliche Konzentration von gemeinsam nutzbarer und definierter Infrastruktur auf einzelne Standorte, z.b. EKG, Spirometrie, etc.

Versorgungsregion eines PV-Netzwerkes

Implementierung von PV-Netzwerken 1. Bestehende Vertragsärzte einer Region schließen sich zu einem PV-Netzwerk zusammen und gliedern andere Berufsgruppen ein 2. Folgende Situation in einer Region: z.b. von 5 Vertragsarztstellen in einer Region sind 3 Stellen besetzt und 2 Stellen können nicht nachbesetzt werden PV-Netzwerk deckt Fehlbedarf 3. Regionale Situation, dass z.b. 3 Vertragsarztstellen nicht mehr nachbesetzt werden können Abdeckung über umliegende Vertragsärzte (siehe 2.) Ausschreibung eines ganzen PV-Netzwerkes als ärztliche Gruppenpraxis = besetzt = unbesetzt

Ausbau der PV in Oberösterreich Interessentensuche läuft Allfällige Projektwerber legen Konzept den Financiers (OÖGKK und Land) vor Prüfung auf Bedarf und Konzeptkonformität und grundsätzliche Rückmeldung durch Financiers an Projektwerber Verhandlung zwischen Projektwerber unter Einbindung der ÄK für OÖ und allenfalls sonstigen Interessensvertretungen mit OÖGKK und Land OÖ Ziel ist ein Vertrag zwischen der OÖGKK (für die OÖ Krankenversicherungsträger) und dem PV- Modell

Fördernde bzw. hemmende Faktoren für PV-Modelle Fördernde Faktoren: Engagierte Initiatoren Politischer Wille aller Stakeholder Unterstützung der Ärztekammer Finanzierungsvereinbarung zwischen SV und Land Faires und motivierendes Honorierungsmodell Unterstützung durch die Gemeinden

Fördernde bzw. hemmende Faktoren für PV-Modelle Hemmende Faktoren: Unsicherheit hinsichtlich rechtlicher Rahmenbedingungen Angst vor dem Neuland (keinerlei Erfahrungswerte) Widerstand seitens der Interessensvertretungen Fehlendes Know-how zur praktischen Umsetzung (gesellschaftsrechtliche, ökonomische Fragen, etc.)

Weiterführende Literatur Rehber, E. / Kerzner, M. (2015): Ärzteschwemme versus Ärztemangel in Österreich - eine Analyse der medialen Öffentlichkeit der vergangenen 20 Jahre, in: Soziale Sicherheit, Ausgabe 5, 2015, S. 215-223. Kiesl, F. (2015): Ärztemangel oder Nachbesetzungsprobleme bei Arztstellen: Nur ein semantischer Unterschied? in: Soziale Sicherheit, Ausgabe 5, 2015, S. 224-227. Kiesl, F. (2015): Sichtbarkeit von APN in neuen Versorgungsformen am Beispiel Primary Health Care, in: Tagungsband 2015: Kongress Advanced Nursing Practice - Förderung der Sichtbarkeit der Pflege durch APN, Linz, S. 9-13. Bundeskonzept zur Stärkung der Primärversorgung (2014): Das Team rund um den Hausarzt - Konzept zur multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgung in Österreich (beschlossen in der B-ZK). Brouwer, W. / De Maeseneer, J. / et al. (2014): Expert Panel on effective ways of investing in health - Definition of a frame of reference in relation to primary care with a special emphasis on financing systems and referral systems, European Commission. Kringos, D. / Boerma, W. / Hutchinson, A. / Saltman R. (2015): Building primary care in a changing Europe, The European Observatory on Health Systems and Policies, UK.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Für weiterführende Fragen stehe ich gerne zur Verfügung!