Elektronische Rechnung



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Transkript:

Ausgabe Nr. Januar 2010 ISSN 1997-4051 5 Elektronische Rechnung Virtual Company Dossier Datenpointernetzwerk

Titelbild: Landtagsschiff St. Pölten COPYRIGHT: NLK

egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 3 Editorial Liebe E-Government Interessierte, Vor Ihnen liegt die 5. Ausgabe von egovernment Review. Im ersten Teil finden Sie ein Interview mit SC Dr. Arthur Winter, der E-Government in Österreich in den letzten Jahrzehnten intensiv mitgestaltet hat. Im zweiten Teil, finden Sie eine Reihe ausgewählter Beiträge zum Themenbereich E-Government. Im November 2009 fand in Malmö/Schweden die fünfte E-Government Ministerkonferenz statt. Dabei wurde eine Ministerdeklaration verschiedet, die die permanente Weiterentwicklung von E-Government in Europa sicherstellen soll. In den nächsten 5 Jahren soll insbesondere die Mobilität im Binnenmark durch E-Government Lösungen unterstützt werden. Dazu gehören u.a. die Durchführung von grenzüberschreitenden Unternehmensgründungen, sowie grenzüberschreitendes Studieren und Arbeiten. Zusätzlich soll die Transparenz der Verwaltung mittels E-Government erhöht, die Möglichkeiten der Partizipation erleichtert und der Zugang zu öffentlichen Informationen vereinfacht werden. Derzeit laufen bereits einige sogenannten large scale pilot Projekte, wie PEPPOL (Pan-European Public Procurement Online) im Umfeld von e-procurement und STORK (Secure Identiy Accross Boarders Linked) im Umfeld der elektronischen Identität. Es ist zu erwarten, dass weitere pan-europäische Projekte in dieser Größenordnung in den nächsten Jahren durchgeführt werden. Im Rahmen der Konferenz wurden auch zum vierten Mal die European egovernment Awards vergeben. Die sehr gelungene Organisation der Awards wurde in bewährter Weise wieder durch das Center for European Public Administration (CEPA) der Donau-Unversität Krems durchgeführt. Aus den 259 Einreichungen wurden in einem mehrstufigen Prozess in 5 Kategorien die Gewinner ermittelt. In der Kategorie 1 egovernment supporting the Single Market konnte sich das EU-OPA (European Order for Payment Application) Projekt durchsetzen. Die Projektpartner kommen aus Österreich und Deutschland, das Projektziel war die Vereinfachung und Beschleunigung grenzüberschreitender Mahnverfahren. Das Projekt wurde bereits umgesetzt und wird sehr erfolgreich eingesetzt. In der Kategorie 2a egovernment Empowering Cititzens konnte sich die innovative Lösung Genvej aus Dänemark durchsetzen. In Kategorie 2b egovernment Empowering Businesses siegte das italienische Beschaffungsportal MEPA (The Public Administration emarketplace). In Kategorie 3 egovernment Enabling Administrative Efficiency and Effectiveness wurde die portugiesische IT Lösung Multibanco ATM Network zum Sieger gekürt. Dabei werden Jagdlizenzen einfach über Bankomaten ausgestellt. Den Publikumspreis gewann das SMS Information System aus der Türkei. Als Teil der Konferenz wurde auch das neue E-Government-EU-Ranking präsentiert. Die 8. Erhebung der Online-Verfügbarkeit der Dienstleistungen der öffentlichen Hand lieferte wieder interessante Ergebnisse. Beim Indikator full online availability hat Österreich als einziges Land bereits 2007 100% erreicht. 2009 haben Malta, Portugal und Großbritannien aufgeschlossen und erreichen nun ebenfalls 100%. Deutschland liegt knapp über dem EU-Schnitt von 71%, die Schweiz abgeschlagen an letzter Stelle mit 30%. Es zeigt sich bei allen drei Ländern, dass es bei der Benutzerfreundlichkeit noch einiges an Aufholpotential gibt. Hier schneiden Länder wie Großbritannien und Finnland deutlich besser ab. Beim neu eingeführtem Indikator eprocurement erreicht Deutschland 71%, Österreich 62% und die Schweiz 41% (der EU-Schnitt liegt bei 56%). Abschließend möchte ich noch besonders auf die ADV e-government Konferenz hinweisen, die am 16. und 17. Juni 2010 in Villach stattfinden wird. Weitere Informationen finden Sie unter http://e-government.adv.at/2010 FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger Studiengang Public Management Fachhochschule Kärnten aufruf beiträge egovernment Review veröffentlicht ausgewählte Artikel zu verschiedensten Aspekten von E-Government. Wenn Sie einen Artikel in egovernment Review veröffentlichen wollen, senden Sie eine Kurzbeschreibung (zwischen 150 und 300 Worte) an w.eixelsberger@fh-kaernten.at. Der egovernment-review-beirat wird die eingereichten Artikel bewerten und selektierte zur Veröffentlichung freigeben. Einreichungen für die sechste Ausgabe werden bis zum 12. April 2010 angenommen. FH-Prof. Dr. Wolfgang EIXELSBERGER Fachhochschule Kärnten Studiengang Public Management

4 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 egovernment-review-beirat Der Beirat wählt die zu erscheinenden Artikel aus, schlägt Interviewpartner vor und gibt Input zur generellen Ausrichtung von egovernment Review. FH-Prof. Dr. Dietmar Brodel Rektor der Fachhochschule Kärnten, Leiter Studienbereich Wirtschaft Fachhochschule Kärnten FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger Professur aus Wirtschaftsinformatik Fachhochschule Kärnten Dr. Peter Parycek, MSc Zentrumsleiter Zentrum für E-Government Donau-Universität Krems Lektor FH Kärnten Prof. Dr. Reinhard Posch Leiter des IAIK (Institute for Applied Information Processing and Communications) TU Graz CIO des Bundes Prof. DI. Dr. Reinhard Riedl Leiter Kompetenzzentrum Public Management & E-Government Berner Fachhochschule Prof. Dr. Jürgen Stember Dekan Fachbereich Verwaltungswissenschaften Hochschule Harz DI. Manfred Wundara CIO der Stadt Villach Mitglied des Präsidiums des Fachausschusses für Informationstechnologie des Österreichischen Städtebundes Leiter der Arbeitsgruppe Q-SKF der Plattform Digitales Österreich

egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 5 Inhalt Ausgabe Nr. 5 Januar 2010 Die Zukunft liegt in interoperablen Strukturen 6 Interview mit Dr. Arthur Winter (ehemaliger Sektionschef BMF) E-Government in Dänemark 8 Wolfgang Eixelsberger (FH Kärnten) egovernment Konferenz 2010 10 Elektronische Rechnung an den Bund 12 Thomas Palmetzhofer (Bundesministerium f. Finanzen) I Ruth Eberhart (SAP Österreich) Virtual Company Dossier: Ein neues E-Government Service 14 Silke Weiß I Natalie Egger I Josef Makolm (Bundesministerium f. Finanzen) I Jan Huntgeburth (Universität Mannheim) Datenpointernetzwerk: Bürokratie weniger spürbar machen 16 Martin Brüggemeier I Sirko Schulz (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin) Privatzustellung - Der elektronisch eingeschrieben Brief 18 Peter Reichstädter (Bundeskanzleram) I Arne Tauber (EGIZ) E-Voting: Auswege aus einer festgefahrenen Debatte 20 Christian Paulsen (DFN-Cert Services GmbH Hamburg) Können E-Government Gesetze den IT-Einsatz erfassen? 22 Sönke E. Schulz (Uni Kiel) E-Government Tagungen, Konferenzen und Messen 24 E-Government Publikationen 26 fachartikel aktuelles service

6 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 aktuelle information Die Zukunft liegt in interoperablen Strukturen interview Dr. Arthur Winter, der ehemalige Sektionschef des Bundesministeriums für Finanzen, ist ein Promotor des österreichischen E-Government. Dr. Winter gestaltete die IT-Infrastruktur der Republik Österreich wesentlich und nachhaltig mit und steht heute für die erfolgreiche Implementierung staatstragender Anwendungen in den Bereichen Bundeshaushalt, Bundespersonalmanagement und Finanzverwaltung. Dazu kommen maßgebliche Anwendungen für den Justizund Arbeitsmarktbereich. Ein besonderes Anliegen ist ihm die forschungs- und zeitnahe Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse, um die führende Position Österreichs im europäischen E-Government langfristig zu sichern. Durch seine Lehrtätigkeiten an der Donau Universität Krems und der WU Wien, bleibt er mit dem Thema E-Government auch weiterhin verbunden Sie sind seit 40 Jahren mit den Themen Verwaltungsinformatik und E-Government verbunden. Welche großen Entwicklungstendenzen haben diese Jahre geprägt? Die Entwicklung der Verwaltungsinformatik wird durch drei große Phasen geprägt. Die erste Phase begann 1960 und war durch die Verwendung von Großrechnern und die nach innen Bezogenheit der Verwaltung gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass nur verwaltungsinterne Optimierungen getroffen wurden, jedoch keine externen Stakeholder in den Prozess miteinbezogen wurden. Die zweite Entwicklungsphase ist geprägt von Internet, PC und E-Government. Begonnen hat sie etwa 1995. Sie zeichnet sich durch eine starke Ausrichtung nach außen aus. Dies durch die Implementierung von IKT- Anwendungen für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen zur Erleichterung der Ausführung von staatlich auferlegten Verpflichtungen. Die dritte Phase beschreibt die Zeit ab dem Jahr 2010, welche durch die Europäisierung der Verwaltung geprägt ist. Fokus ist beispielsweise die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Ein Schlüsselthema dieser Phase ist die Schaffung von Interoperabilität auf semantischer, rechtlicher, organisatorischer und technischer Ebene. Sie sind einer der Väter von FinanzOnline. Der Aufbau eines ähnlich erfolgreichen E-Government Anwendungsbereiches wird kaum mehr möglich sein. In welchen Bereichen sehen Sie Beispiele, die ein ähnliches Potential haben? FinanzOnline ist ein Service des Bundesministeriums für Finanzen, das bereits seit dem Jahr 2003 im Internet zur Verfügung steht. Dieser Service für Steuerzahler kann mit anderen Worten als Finanzamt im Internet bezeichnet werden und ist eine E-Government Schnittstelle für Bürgerinnen, Bürger, Gemeinden und Unternehmen. In der Zwischenzeit haben sich schon fast 2,2 Mio. Teilnehmer für dieses E-Government Service angemeldet. Die Funktionen werden ständig an neue Anforderungen angepasst. Seit Ende 2009 beispielsweise können Unternehmen mittels FinanzOnline die Umsatzsteuerrückerstattung aus allen EU-Staaten stellen und Gemeinden auf die Bemessungsgrundlagen des Einheitswertes zugreifen. Ähnliche Potentiale sehe ich in der Umsetzung des Unternehmensserviceportal (USP), das Unternehmen dabei unterstützt, die gesetzlich begründeten Melde- und Informationsverpflichtungen zu erfüllen. Dies geschieht durch die Bereitstellung von Applikationen und Informationen auf einem zentralen Portal, die heute jeweils auf unterschiedlichen Webseiten zur Verfügung stehen.

aktuelle information egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 7 Das USP in erster Version steht bereits seit dem 1. Jänner 2010 im Internet bereit. Das Bürgerserviceportal stellt ebenfalls Informationen und Applikationen auf einem zentralen Portal bereit. Zielgruppe dieses Serviceportals sind wie der Name schon sagt Bürgerinnen und Bürger. Durch die Teilnahme am EU-Projekt PEPPOL (Pan European Public Procurement On-Line), das darauf abzielt, eine interoperable E-Procurement Pilot-Lösung unter Berücksichtigung der existierenden nationalen Infrastrukturen zu entwickeln, sichert sich Österreich Wettbewerbsvorteile. Die Vision des Projektes ist, dass jedes Unternehmen in der EU mit jeder öffentlichen europäischen Beschaffungsstelle den Beschaffungsprozess elektronisch abwickeln kann. Derzeit wird wieder einmal eine Verwaltungsreform diskutiert. Welche Rolle kann dabei E-Government spielen? E-Government ist ein Key-Enabler der Verwaltungsreform. Hierfür ist es von Vorteil, Shared Services für die gesamte Verwaltung über Zuständigkeitsgrenzen hinweg zu identifizieren und bereitzustellen. Gebäudemanagement, eine mögliche Personalagentur, einheitliche Telefonie über IP und die Bundesrechenzentrum GmbH als staatsnaher IT-Dienstleister sind nur einige Möglichkeiten der Auslagerung von Funktionen und Aufgabengebieten. Der Bundesclient, eine einheitliche Softwarebasis für Endbenutzer, ist eine Vorraussetzung für den effizienten Betrieb von Querschnittsanwendungen. Eine wichtige Rolle spielt weiters die Umsetzung eines zentralen Personenstandsregisters, das Zusammenspiel von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden und die Entwicklung zentraler Registeranwendungen. Zielführend ist ferner eine Geschäftsprozessoptimierung über Organisationsgrenzen hinweg. Der optimale Einsatz und die Umsetzung von E-Government sind wesentliche Wegbereiter der Verwaltungsreform. Optimierung von IKT-Anwendungen gearbeitet werden. Verstärkt Wert gelegt wird in Österreich auf die Schaffung interoperabler Strukturen, um E-Government in Europa voranzutreiben. Auf europäischer Ebene gibt es eine größere Anzahl an Projekten, die die Länder Europas auch im Sinne der Verwaltung länderübergreifend zusammenführen sollen. Ein Beispiel ist die Einführung einer EU-weiten elektronischen Identität. Welche Schwerpunkte sehen Sie in diesem Umfeld? Schwerpunkte sehe ich in der Europäisierung der Verwaltung. Hierfür sollten einheitliche Standards innerhalb Europas geschaffen werden. Interoperabilität zwischen Staaten sollte gewährleistet werden, sowie E-Identity- Management für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen. Auch hier möchte ich das EU-Projekt PEPPOL als Schwerpunkt erwähnen, da es zur konkreten Umsetzung von Interoperabilität in Europa im Bereich E-Procurement beiträgt. Sie sind vor wenigen Monaten in Pension gegangen. In welcher Form bleiben Sie mit dem Thema E-Government verbunden? Vor kurzem habe ich Lehrtätigkeiten im Bereich E- Government und Verwaltungsinformatik an der Donau Universität in Krems und der Wirtschaftsuniversität in Wien aufgenommen. Des Weiteren halte ich einschlägige Vorträge zu E-Government Themen wie beispielsweise der elektronischen Zustellung, der EU-Dienstleistungsrichtlinie, Unternehmensserviceportal, etc. auf verschieden Tagungen, Konferenzen und Veranstaltungen im praktischen und wissenschaftlichen Umfeld. Veröffentlicht werden diese Vorträge sowie weitere Beiträge zum Thema E-Government in wissenschaftlichen Publikationen. n Österreich nimmt eine Spitzenposition beim Thema E-Government in Europa ein. Was sollte in den nächsten Jahren getan werden, um diese Position zu erhalten bzw. auszubauen? In den nächsten Jahren wird politisches Committment vermehrt notwendig sein. Die erforderlichen Ressourcen zum Erhalt bzw. Ausbau der Spitzenposition Österreichs im Bereich E-Government müssen bereitgestellt werden. Vor allem jedoch muss E-Government weiterhin als wichtiges Thema angesehen und an der Entwicklung und Das Interview wurde geführt von Wolfgang Eixelsberger.

8 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 aktuelle informationen E-Government in Dänemark Wolfgang Eixelsberger serie In der vorliegenden 5. Ausgabe von egovernment Review fi nden Sie den 2. Beitrag in der Reihe E-Government in europäischen Ländern. Der erste Beitrag ist in der 3. Ausgabe erschienen und beschäftigte sich mit E-Government in Slowenien. Dänemark hat in den vergangenen Jahren immer eine Spitzenposition bei E-Government-Rankings eingenommen. Es gibt eine generelle Bereitschaft der Politik, Verwaltung und der Bürger E-Government für Verwaltungsvereinfachung, -transparenz und Kostenreduktion einzusetzen. info Fakten zu Dänemark: Die Verwaltungsgliederung Dänemarks besteht aus fünf Regionen und 98 Kommunen. Vor der Verwaltungsreform von 2007 gab es noch 14 Regionen und 270 Kommunen. Die durchschnittliche Anzahl von Einwohnern pro Kommune beträgt 52.000 (exkl. Kopenhagen). Im Vergleich dazu leben in Österreich im Schnitt (exkl. Wien) 2.850 Menschen in einer Gemeinde. Dänemark nimmt damit einen Spitzenwert in der Anzahl Einwohner pro Kommune ein (Platz 3 nach Großbritannien und Irland). Mit der Strukturreform wurde auch eine Verwaltungsreform umgesetzt. Einige Aufgaben wurden von den Regionen an die Kommunen abgegeben. Diese setzen nun beinahe alle bürgerbezogenen Verwaltungsvorgänge um. Die Regionen sind für Krankenanstalten, Sozialangelegenheiten, Regionalentwicklung und koordinative Angelegenheit z.b. den Tourismus betreffend zuständig. Anzahl Einwohner (in Mio).: 5,5 Anzahl Einwohner pro km 2 : 129 Mitglied in der EU seit: 1973 Platzierung im EU E-Government Ranking 2009 (Full online availability) (1) : 9 Platzierung im UN E-Government Readyness Index 2008 (2) : 2 Zentrales E-Government Portal: http://www.borger.dk (kleine Teile des Portals sind in Englisch, Deutsch, Spanisch und Französisch verfügbar) Borger.dk Borger.dk ist das zentrale Portal für Bürger in Dänemark. Informationen und Formulare strukturiert nach Lebenslagen werden angeboten. Borger.dk kann auch als personalisierte Seite eingerichtet werden, in der persönliche Informationen (bezogen auf Steuern oder Wohnangelegenheiten) eingesehen werden können. In Zukunft werden Daten aus dem Gesundheitsportal (sundhed.dk) auch über borger.dk eingesehen werden können (u.a. Übersicht über Medikamentverschreibungen und Spitalsaufenthalte). Ziel ist, dass 2012 alle relevanten digitalen Selbstbedienungslösungen für Bürger vollständig in das Portal integriert sind. Das gilt im Wesentlichen auch für das zentrale Unternehmensportal (www.virk.dk). 2010 sollen 75% alle Berichte von Unternehmen an die Verwaltung in elektronischer Form übermittelt werden. zentrale IT-Abwicklung der Kommunen 1972 entstand aus den IT-Abteilungen einiger Kommunen das Unternehmen KMD. KMD ist heute das größte dänische IT Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von ca. 460 Mio. EUR. Die Servicierung von Kommunen ist nach wie vor die Kernaktivität des Unternehmens (ca. 70% des Umsatzes). Seit mehreren Jahren wird das auf SAP aufbauende und von KMD in Kooperation mit SAP entwickelte Softwareprodukt KMD Opus in dänischen Kommunen eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein zentrales Softwaresystem für die kommunale Verwaltung, das auch eine Reihe von Fachanwendungen abdeckt. Elektronische Rechnungslegung 2005 wurde gesetzlich festgelegt, dass die Rechnungslegung von Unternehmen an den öffentlichen Sektor nur noch in elektronischer Form möglich ist. Davon sind ca. 70% der dänischen Unternehmen betroffen. NemHandel ist der zentrale Infrastrukturanbieter in diesem Bereich. Im Mai 2009 wurden beispielsweise 100.000 elektronische

aktuelle informationen egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 9 59 % 65 % 31,1 % 36,2 % 41,3 % 27,4 % 45 % 10,5 % 13,6 % Deutschland (5) Österreich (4) Dänemark (3) Deutschland (5) Österreich (4) Dänemark (3) Deutschland (5) Österreich (4) Dänemark (3) Bürger, die elektronisch Information aus dem öffentlichen Bereich eingeholt haben. Bürger, die elektronische Formulare aus dem öffentlichen Bereich befüllt und diese in elektronischer Form eingereicht haben. Unternehmen, die elektronische Formulare aus dem öffentlichen Bereich befüllt und diese in elektronischer Form eingereicht haben. E-Government Schlüsselindikatoren 2008 (für die Schweiz liegen keine Daten vor (6) ) Rechnungen über diese Infrastruktur von Unternehmen an die Verwaltung übermittelt. Damit sind enorme Einsparungen möglich, da einerseits Versandkosten wegfallen und anderseits interne Kosten in den Unternehmen und der Verwaltung reduziert werden. Es existieren eine Reihe von Schnittstellen zu Fachanwendungen, die eine durchgängige elektronische Abwicklung der Rechnungslegungsprozesse sicherstellen. Nachdem viele dänische Unternehmen diese Systeme einsetzen, führen diese Unternehmen die Rechnungslegungsprozesse mit anderen Unternehmen ebenfalls über diese Infrastruktur durch. Die Infrastruktur wird derzeit weiterentwickelt um weitere Kommunikationsformen zu unterstützen (z.b. sicherer und nachvollziehbarer Austausch von Dokumenten in elektronischer Form). In diesem Umfeld wird auch eine neue mobile digitale Signatur genannt. NemID soll ab Ende 2010 für alle Dänen zur Verfügung stehen und kann auch außerhalb von NemHandel eingesetzt werden. NemHandel ist OpenSource und die Verantwortlichen erhoffen sich eine rasche Weiterverbreitung des Systems auch in andere europäische Länder. Genvej In der Nähe von Kopenhagen befindet sich die Kommune Gentofte. Die Verantwortlichen haben ein Bürgerportal namens Genvey entwickelt. Die Grundidee ist, dass sich Bürger nur bei einem System anmelden müssen und dann vollen Zugang zu möglichst vielen Daten und Services der öffentlichen Verwaltung haben. Es wird versucht möglichst viele Institutionen auch außerhalb der Verwaltung einzubinden. Bürger haben mit Genvej die Möglichkeit für ihre Kinder schul- bzw. hortbezogene Daten einzusehen und zu bearbeiten (u.a. Schuleinschreibung, Krankmeldung der Kinder, Einverständniserklärung für Exkursionen abgeben), Büchereiservices in Anspruch zu nehmen, Angebote der Gewerkschaft zu nutzen bzw. Services anzustoßen, den Hausarzt zu wechseln, Zahnarztzeiten zu vereinbaren und ein Erinnerungs-SMS zu erhalten. Das Portal wurde als beste e-government Lösung für Bürger mit dem europäischen E-Government-Award im November 2009 ausgezeichnet. n literatur (1) European Commission Directorate General for Information Society and Media Smarter Faster, Better egovernment - 8th egovernment Benchmark Measurement - November 2009 URL: http://ec.europa.eu/information_society/eeurope/i2010/ docs/benchmarking/egov_benchmark_2009.pdf (2) United Nations (2008): UN E-Government Survey 2008, From E-Government to Connected Governance. URL: http://www.unpan.org/egovernment.asp (3) European Commission egovernment Factsheets - egovernment in Denmark November 2009, Edition 12.0, URL: http://www.epractice.eu/files/egovernment%20in%20 DK%20-%20v12.0%20-%20Nov%202009.pdf (4) European Commission egovernment Factsheets - egovernment in Austria November 2009, Edition 12.0. URL: http://www.epractice.eu/files/egovernment%20in%20 AT%20-%20July%202009%20-%2012%200.pdf (5) European Commission egovernment Factsheets - egovernment in Germany November 2009, Edition 12.1 URL: http://www.epractice.eu/files/egovernment%20in%20 DE%20-%20November%202009-12.1_1.pdf (6) European Commission egovernment Factsheets - egovernment in Switzerland November 2009, Edition 4.0 URL: http://www.epractice.eu/files/egoverment%20switzerland%20v4.0%20november%2009_1.pdf

10 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 aktuelle information Veranstalter Plattform Digitales Österreich e-government Länderarbeitsgruppe Österreichischer Gemeindebund Österreichischer Städtebund Mitveranstalter Forum e-government der OCG Kooperationspartner Fachhochschule Kärnten Organisation Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung (ADV) http://e-government.adv.at/2010/

aktuelle information egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 11

12 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 fachartikel Elektronische Rechnung an den Bund (ER>B) Thomas Palmetzhofer I Ruth Eberhart abstract ER>B ist ein Verfahren, mit dem Unternehmen strukturierte, elektronische Rechnungen (E-Rechnungen) an Bundesdienststellen einbringen können. Dadurch wird vor allem eine Senkung der Kosten und Bearbeitungszeiten bei den Unternehmen und beim Bund ermöglicht. Ausgangssituation für den Einsatz von ER>B Aktuell werden jährlich ca. 1,2 Mio. Rechnungen an den Bund gestellt. Rund 5.000 Personen kommen im Bund bei der Erfassung, Prüfung und Genehmigung mit Eingangsrechnungen in Berührung. Durch das Online-Verfahren für die Einbringung und einen papierlosen Workflow gestützten Prozess für die Prüfung und Bearbeitung wird mit einem Einsparungspotenzial von durchschnittlich neun Minuten pro Rechnung gerechnet. Zusätzlich ist auch eine Einsparung an Manipulations- und Versandkosten bundintern und beim Lieferanten (mind. 0,75 EUR Material, drei Minuten Bearbeitungszeit) und ein Einsparungseffekt bei Lagerkosten und administration (Annahme: 1,50 EUR/Beleg) zu erwarten. Die EU verfolgt mit mehreren Projekten innerhalb des Projektes PEPPOL das Ziel, den gesamten Beschaffungsprozess elektronisch zu unterstützen. Die Konzeption der Rechnungseinbringung über ER>B berücksichtigt bereits diese internationale Komponente. Die Haushaltsverrechnung des Bundes (HV) wird im HV-System mit SAP abgebildet. Bestellungen im eshop der Bundesbeschaffungs Ges.m.b.H. (BBG) werden durch eine Anbindung an das HV-System unterstützt. Eingangsrechnungsprozesse können derzeit mit ELAK, mit Papier oder mittels Scanworkflow gestartet werden. Durch den Einsatz von SAP Records Management wird eine Harmonisierung der Abläufe der Bestellung und der Rechnungsbearbeitung herbeigeführt. ANFORDERUNGSKONZEPT UND AUSWAHL MITTELS SHOWCASE Eingangs wurde ein Gesamtkonzept für die Anlieferung und Verarbeitung von elektronischen Eingangsrechnungen (Best-Practice Prozesse und technische Umsetzungserfordernisse) im HV-System mit SAP erstellt. Dabei wurden besonders die bereits bestehenden HV-Prozesse und Workflow-Szenarien berücksichtigt. Im Rahmen der Erstellung eines Showcases für den Geschäftsfall Eingangsrechnungsbearbeitung wurden vorab verschiedene Softwarepakete evaluiert. Gefordert war, nicht nur alle relevanten technischen, sondern auch die organisatorischen und rechtlichen Fragestellungen zur E-Rechnung zu klären. Oberste Maxime war, den Schnittstellenaufwand so gering wie möglich zu halten und allen Endanwendern eine einfache und übersichtliche Oberfläche zu bieten. Insbesondere die Nicht-SAP-User waren in den elektronischen Workflow-gesteuerten Prozess der Rechnungsprüfung einzubinden. Abb. 1: Gesamtprozess für Papierrechnungen u. die neue E-Rechnung Durch Hochladen einer Rechnungsdatei oder über die Erfassung in einem online angebotenen Formular kann die Rechnung eingebracht werden. In weiterer Folge soll eine

fachartikel egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 13 Einbringung mittels Webservice angeboten werden. In der ER>B-Anwendung wird auf technische Grunderfordernisse geprüft. Die E-Rechnung muss im Format ebinterface das Format der Austria Pro angeliefert werden. Bei der weiteren Verarbeitung der E-Rechnung im HV-System wird zunächst ein Image der Rechnung erzeugt und archiviert. Mit den Daten der im HV-System gespeicherten Bestellung und der E-Rechnung wird ein vorerfasster Rechnungsbeleg generiert und an die betreffende Organisationseinheit übermittelt. Der Empfang und die Aufbereitung der Rechnungsdaten wird in SAP NetWeaver Process Integration 7.1 erledigt. Die Einstellungen betrafen u.a. semantische Prüfungen, Konvertierungen, Zielsystemermittlung, Datenübertragung und Datenflusskontrolle. Der nächste Schritt nach der Aufbereitung der E-Rechnung ist die Prüfung durch die Sachbearbeiter. Im HV- System mit SAP ist ein direkter Zugriff auf das archivierte Image (elektronisches Bild der Rechnung) sowohl über den Vorgang im SAP Records Management als auch über den HV-Beleg möglich. Die Weiterleitung zur Prüfung, Freigabe und Buchung des Belegs erfolgt Workflow-gestützt in SAP Records Management. BUNDESMASTER ER>B ist als geschlossene Serviceplattform konzipiert und bis Oktober 2009 wurde der Bundesmaster implementiert. Mitte November 2009 wurde der Pilotbetrieb im Rechnungshof, im Finanzamt für den 1. und 23. Bezirk und im Landesschulrat für Salzburg mit einzelnen Pilotlieferanten eingeleitet. Als Pilotportal dient www.finanzonline.gv.at. Im Jahr 2010 wird ein Rollout des Bundesmasters an alle Dienststellen gestartet. Mit der Fertigstellung des bundesweiten Unternehmensserviceportals (USP) und der Einbindung von ER>B soll die flächendeckende Verbreitung der Funktionen unterstützt werden. Damit diese vom System angenommen werden können, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein: Format des Dokuments: ebinterface (XML-Format) Inhalte wie Absender, Empfängerdienststelle, Lieferantennummer, Bestellnummer, Buchungskreis etc. Einige der Kriterien werden sofort geprüft. Im Fehlerfall wird der Rechnungsersteller im Onlinedialog darüber informiert. Die elektronische Rechnung kann während des Hochladens und danach nicht mehr verändert werden. Treten bei der Aufbereitung der E-Rechnung Fehler auf (z.b. Rechnung nicht zuordenbar), wird der Rechnungsleger in einer E-Mail informiert. Fazit ER>B mit SAP Process Integration und SAP Recordsmanagement leistet einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätsverbesserung im Zuge der Rechnungsbearbeitung. Besonders die elektronische Unterstützung der Rechnungskontierung und -freigabe, der einfachen Einschau auf die Rechnungsdaten und die rasche Bearbeitung von Rechnungen mittels Workflowunterstützung, ohne Eingriff in die bestehenden Lösungen tragen zur Effizienzsteigerung bei. Die elektronische Anlieferung und die kürzere Bearbeitungszeit der Rechnung ermöglichen eine Konzentration auf das Kerngeschäft. Mit ER>B lassen sich durch die Reduktion von Manipulationskosten und von Versandkosten Einsparungseffekte lukrieren. Die IT-unterstützte Rechnungsbearbeitung reduziert die Durchlaufzeit durch schlankere Prozesse sowie durch Wegfall der Transportwege und zeiten. Durch die Vermeidung von Medienbrüchen und die automatische Weiterbearbeitung werden Eingabefehler reduziert. Schließlich gilt es den positiven Effekt auf die Umwelt durch weniger Papierverbrauch und geringeren Transportaufwand zu erwähnen. n Thomas PALMETZHOFER Bundesministerium für Finanzen Abt. V/3 Cheforganisator thomas.palmetzhofer@ bmf.gv.at Dr. Ruth EBERHART SAP Österreich Customer Advisor ruth.eberhard@sap.com Abb. 2: Prozessschritte bei der Rechnungseinlieferung Im Formularbereich können die Rechnungsdaten direkt erfasst und übermittelt werden. Die Formulareingabe ist dann von Vorteil, wenn es dem Rechnungsleger nicht möglich ist, in seinem System ein XML-Dokument zu erzeugen oder Lieferanten nur vereinzelt Rechnungen an Dienststellen des Bundes legen. In diesem Prozess kann eine Kopie der versandten Rechnung (PDF-Format) für die eigenen Unterlagen beim Rechnungsersteller gespeichert werden. Im Upload-Bereich können Rechnungsleger selbst erstellte XML-Dokumente hochladen und so ihre E-Rechnungen an den Bund einbringen. literatur (1) Informationen zur elektronischen Rechnungslegung: http://www.digitales.oesterreich.gv.at/site/5280/desktopdefault.aspx?tabid=5280 (2) Österreichische Arbeitspakete innerhalb von Peppol: http://www.peppol.eu/national_information/austria (3) Der Österreichische Rechnungsstandard: www.ebinterface.at (4) Beispiele für SAP Lösungen zur Erstellung von E-Rechnungen http://de.sap.info/e-billing-auf-dem-vormarsch/907 http://www.rit.at/index.php/prozesse.html http://de.sap.info/stadt-wandel-wien-sap-software/11391 http://www.frontworx.at/page.asp/-/42.htm

14 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 fachartikel Virtual Company Dossier: Ein neues E-Government-Service Silke Weiß I Natalie Egger I Jan Huntgeburth I Josef Makolm abstract Die Umsetzung des Virtual Company Dossiers in Österreich stärkt nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen bei der Teilnahme an transeuropäischen Vergabeverfahren. Die österreichische VCD-Anwendung ist ein vollständig IT-gestütztes System, das alle für die Teilnahme an einem Vergabeverfahren notwendigen Nachweise erkennt und in einem europaweit einheitlichen elektronischen Format zusammenfasst. Gerade in wirtschaftlich weniger guten Zeiten, können Unternehmen so neue Absatzmärkte mit einem minimalen Aufwand erschließen. PEPPOL. Das EU-Projekt PEPPOL - Pan-European Public Procurement On-Line (1) wurde mit dem Ziel gestartet, interoperable elektronische Beschaffungsverfahren in Europa zu pilotieren. Dabei wird die Pilotlösung auf existierende nationale Beschaffungssysteme aufsetzen und im Ergebnis Standards für den Datenaustausch zwischen ausschreibender Stelle und Bewerber während des gesamten Beschaffungsprozesses festlegen. Im Rahmen des PEPPOL-Arbeitspaketes Virtual Company Dossier (VCD) wird ein komplexes elektronisches Regelwerk geschaffen, das die gegenseitige Anerkennung von Eignungsnachweisen in Europa für öffentliche Vergabeverfahren abbildet und einen Standard für den elektronischen Austausch von Eignungsnachweisen festlegt. Ausgangssituation. Bewerber und Bieter in öffentlichen Vergabeverfahren müssen zum Nachweis ihrer Eignung bzw. Qualifikation Informationen und Dokumente bereitstellen, die von ausschreibenden Stellen gegen die jeweiligen Vergaberichtlinien geprüft werden müssen. Dies gilt auch für österreichische Unternehmen, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen wollen, das in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat ausgeschrieben wurde. Derzeit wird die Teilnahme an transeuropäischen Vergabeverfahren dahingehend erschwert, dass keine verbindlichen expliziten Regeln existieren, welche Eignungsnachweise durch ein europäisches Unternehmen beigebracht werden müssen, um an einem Vergabeverfahren in einem anderen EU-Mitgliedsstaat teilnehmen zu können. Was ist ein VCD? Ein Virtual Company Dossier ist die Summe der Nachweise, die ein Bewerber im Zuge eines Vergabeverfahrens zum Beweis seiner Qualifikation erbringen muss. Das VCD ist weiters eine IT-Anwendung, die es einem Bewerber ermöglicht, diese Nachweise einem Regelwerk folgend zu einem elektronischen Sammel-Container zusammenzustellen. Das VCD unterstützt die europaweiten öffentlichen elektronischen Beschaffungsprozesse und berücksichtigt dabei nicht nur die Komplexität des rechtlichen Regelwerks, sondern auch die rechtliche Struktur eines Bewerbers (z.b. natürliche oder juristische Person, Arbeitsgemeinschaft, Subunternehmer-Struktur usw.). Herausforderungen. Zur Implementierung einer europaweiten Pilotlösung, muss der öffentliche Sektor sich vielen Herausforderungen stellen. Herausforderungen sind beispielsweise die organisatorische, technische und semantische Komplexität, rechtliche Fragestellungen, Sprachbarrieren, finanzielle Konsequenzen und politische Überlegungen. Die Realisierung europaweiter Interoperabilität wird als Schlüsselfaktor zur Bewältigung dieser Herausforderungen angesehen. Aufgrund der großen Heterogenität der verschiedenen Aspekte, müssen Standards und ein gemeinsames Vokabular entwickelt werden. Bei der Lösung müssen, neben verschiedenen nationalen technischen Infrastruktur-Konstellationen, institutionelle und rechtliche Unterschiede berücksichtigt werden. Die VCD-Pilotanwendung muss diese Unterschiede auf europäischer Ebene bewältigen können. Das VCD soll fähig sein, den Anforderungen der öffentlichen Auftraggeber gerecht zu werden, um die Eignung der Bieter hinsichtlich bestimmter Kriterien nachzuweisen, bei gleichzeitiger Verringerung der Beweislast für die Bieter auf transnationaler Ebene. Vision der österreichischen VCD-Implementierung. Das österreichische VCD-Implementierungsprojekt (2) stellt ein IT-System bereit, welches nicht nur den Bieter bei

fachartikel egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 15 der Entscheidung unterstützt, welche Nachweise und Metadaten er für die Bewerbung für ein öffentliches Vergabeverfahren in Österreich oder einem anderen EU-Mitgliedsstaat bereitstellen muss. Die österreichische Lösung fügt auch automatisch die Nachweise und Metadaten zu einem elektronischen VCD-Paket zusammen. Der VCD-Pilot wird in der Lage sein, die (IT-)Services auszuwählen und anzustoßen, die die benötigten Daten bereitstellen, die notwendigen Prozesse effizient zu orchestrieren, die Ergebnisse zu sammeln und in ein VCD-Paket zu packen, unter Beachtung eines international vereinbarten semantischen Schemas. Das PEPPOL-VCD-Regelwerk. Es besteht aus definierten Regeln, die die zutreffenden Rechtsvorschriften abbilden. Dieses Regelwerk wird in einer Ontologie hinterlegt. Das Regelwerk ist in drei Schichten aufgebaut: In der Upper-Level Ontologie werden einerseits die grundsätzlichen Konzepte definiert, die für den europäischen Teil der Ontologie benötigt werden und andererseits jene Konzepte, wie beispielsweise Nachweise, Kriterien, Services, Bewerber etc., die in allen nationalen Ontologien verwendet werden. Das europäische Regelwerk dient zur Modellierung der EU-Rechtsmaterie (EU-Richtlinie 2004/18/ EC, Artikel 45, 46, 47, 48, 49 und 50). Modelliert werden die einschlägigen EU-Kriterien, die auf EU- Ebene definiert sind oder die notwendig sind, um das Mapping zwischen den EU-Kriterien und den nationalen Kriterien zu ermöglichen. Weiters sind im europäischen Regelwerk die in der EU möglichen Bieterstrukturen modelliert. In den nationalen Ontologien (je EU-Mitgliedstaat bzw. Region existiert eine Teil-Ontologie, die auch als Domänen-Ontologie bezeichnet wird) werden die nationalen Zusammenhänge und deren Mapping in Richtung EU modelliert. Sie beschreiben somit, welche nationalen Kriterien bezogen auf EU-Kriterien zu erfüllen sind und welche Nachweise (Dokumente und Informationen) Bewerber und Bieter zum Nachweis ihrer Eignung bzw. Qualifikation in Bezug auf diese nationalen Kriterien beibringen müssen. Durch das PEPPOL-VCD-Regelwerk wird erstmalig Recht in einer Ontologie modelliert, um von einem Reasoner im Rahmen einer von Endanwendern zu bedienenden IT-Anwendung abgearbeitet zu werden. Durch die Implementierung mit Hilfe semantischer Technologien, wird somit die gegenseitige EU-weite Anerkennung von Qualifikationsdokumenten unterstützt. Die deutsche, italienische und norwegische Ontologie wurde bereits modelliert, an der französischen und österreichischen wird derzeit gearbeitet und die weiteren Ontologien werden im 1. Quartal 2010 implementiert. Die ossso-maschine (one stop Semantic service orchestration). Eine Möglichkeit, wie das VCD-Service umgesetzt werden kann, basiert auf der Idee einer semantisch angereicherten serviceorientierten Architektur, kurz SSOA. In einer semantischen SOA werden zusätzlich semantisch angereicherte Metadaten-Beschreibungen für jedes Service bereitgestellt, sodass jedes Service Menschen- und Maschinen-interpretierbar, d.h. Menschenund Maschinen-verstehbar ist. Auf diese Weise können Services automatisch orchestriert werden. Das Herz der österreichischen VCD-Implementierung, ossso, setzt die Idee einer semantischen SOA um. Die ossso-maschine agiert basierend auf der Ontologie, die die nationalen und internationalen Regelwerke abbildet. Alle Services stellen eine semantische Beschreibung bezüglich der rechtlichen Ontologie über ihre benötigten Input-Daten und die erwartbaren Output-Daten bereit. Die Aufgaben der ossso-maschine sind, die im Einzelfall zutreffenden Kriterien und erforderlichen Nachweise zu bestimmen, um geeignete Services aufzufinden und schließlich Service-Ketten dynamisch zusammenzustellen, die von der VCD-Execution-Engine abgearbeitet werden, um diese Nachweise von den ausstellenden Services zu sammeln. Der ossso-ansatz vermeidet programmtechnisch vordefinierte Regeln und Ausführungsprozesse und damit eine starre Implementierung der Regeln in einem Source-Code. Dies macht den ossso-ansatz flexibel hinsichtlich Änderungen der rechtlichen Regeln oder der Einführung von neuen Services. Von jedem Bieter spezifisch benötigte Nachweise werden on-the-fly bestimmt und die beste Service-Kette, beispielsweise betreffend Kosten oder Zeit, bereitgestellt. Ausblick. Die Umsetzung des VCD verfolgt das Ziel durch die frühzeitige Implementierung elektronischer Verfahren der österreichischen Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Der Aufwand im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens, soll sowohl für die österreichischen Unternehmen, als auch für die ausschreibenden Stellen deutlich reduziert werden. Gerade im Hinblick auf die Prinzipen der Nichtdiskriminierung von Unternehmen bei der Erbringung der Eignungsnachweise und die Transparenz öffentlicher Vergabeverfahren besteht für die öffentlichen Verwaltungen in Europa dringender Handlungsbedarf. n literatur (1) Informationen über das PEPPOL-Projekt finden Sie unter: www.peppol.eu (2) Detaillierte Informationen über die österreichische VDC-Implementierung finden Sie auf der E-Government- Stakeholder-Beteiligungsplattform egosta: www.egosta.at Dipl.-Inform.Wirt Silke WEIß Bundesministerium für Finanzen Organisatorin silke.weiss@bmf.gv.at Mag. (FH) Natalie EGGER Bundesministerium für Finanzen Projektassistentin natalie.egger@bmf.gv.at Jan HUNTGEBURTH Universität Mannheim Famulant jan@huntgeburth.net Min.-Rat Josef MAKOLM Bundesministerium für Finanzen Abteilungsleiter IT-Prüf- und Kontrollstelle josef.makolm@bmf.gv.at

16 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 fachartikel Datenpointernetzwerk: Bürokratie durch vernetztes Arbeiten weniger spürbar machen Martin Brüggemeier I Sirko Schulz Ein weiteres, komplementäres Konzept des Los 3-Forschungskonsortiums um das Fraunhofer Institut IESE beschreibt, wie Unternehmen mit einem regelbasierten Informationssystem ( FRESKO-Prozessor ) ihren Meldepflichten gegenüber öffentlichen Stellen effizient nachkommen können. Die gelieferten Daten werden im DPN in der Regel nur an genau einer Stelle der originären Speicherstelle gespeichert. In der Kombination beider Konzepte ist vorgesehen, dass der Versand der Referenzierungsmeldung an das DPN durch den FRESKO-Prozessor des jeweiligen Unternehmens erfolgt (siehe Abb.). Bei einer isolierten Realisierung des DPN kann diese Funktion aber auch jeweils von der Verwaltung vorgenommen werden, die für die dauerhafte Speicherung der Daten verantwortlich ist. Diese originäre Speicherstelle ist für die Qualitätssicherung verantwortlich und hält die Daten für andere Netzwerkpartner zum Abruf über das DPN verfügbar, sofern dort die dafür notwendige Beabstract Ein besser organisierter und vernetzter Verwaltungsvollzug kann erheblich zu einem Bürokratieabbau beitragen, der auch den öffentlichen Verwaltungen selbst Nutzen bringt. In diesem Beitrag stellen wir das Konzept des Datenpointernetzwerks (DPN) vor. Es beschreibt eine leistungsfähige und datenschutzgerechte Infrastruktur für die vernetzt arbeitende Verwaltung. Das DPN lässt die Bürokratie durch eine intelligente Referenzierung und organisationsübergreifende Nutzung von Daten weniger spürbar werden. Strategische Perspektive. Das Streben nach monetär messbarer Entbürokratisierung zur Entlastung der Wirtschaft hat in der Vergangenheit den politischen Blick in Deutschland oft zu sehr auf Deregulierung und bessere Rechtsetzung verengt. Bürokratie verursacht jedoch auch subjektive, nicht monetär messbare Belästigungen. Strategisch vernachlässigt werden die Möglichkeiten, Bürokratieabbau durch eine Modernisierung und Optimierung des Verwaltungsvollzugs zu erreichen. So werden durch die Integration von Prozessen öffentliche Leistungsnetzwerke möglich, in denen öffentliche Leistungen von mehreren Partnern kooperativ erstellt und abgegeben werden. Um die redundante Speicherung der Daten in diesen öffentlichen Leistungsnetzwerken zu vermeiden, die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger nicht mehrfach mit der Abfrage identischer Informationen zu belasten und Möglichkeiten des No-Stop-Government (z. B. durch proaktive Leistungsangebote) zu schaffen, muss mit der Prozessintegration auch die Informationsintegration einhergehen. Für ein umfassendes Information Sharing über Organisationsgrenzen hinweg bedarf es jedoch noch einer entsprechenden Infrastruktur. Datenpointernetzwerk: Infrastruktur der vernetzt arbeitenden Verwaltung. In dem vom Deutschen Bundesministerium des Innern geförderten Forschungsprojekt Prozessketten zwischen Wirtschaft und Verwaltung (Los 3) wurde hierfür das Konzept des Datenpointernetzwerkes (DPN) entwickelt. (1) Dieses Konzept sieht die zentrale Referenzierung der dezentral in den angeschlossenen Verwaltungen gespeicherten Datenbestände vor. Benötigt eine Verwaltung Datensätze, die sie nicht selbst gespeichert hat, können diese automatisiert über das DPN von der jeweiligen originären Speicherstelle unmittelbar in die Fachanwendungen der abfragenden Stelle eingelesen werden. Ein strenges Berechtigungsregime verhindert unerlaubte Zugriffe und Verknüpfungen von Daten. Abb.: Grundkonzept des Datenpointernetzwerkes

fachartikel egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 17 rechtigung hinterlegt ist. Zur originären Speicherstelle für bestimmte Daten wird grundsätzlich eine der Behörden erklärt, die die Information vom Informationslieferanten empfängt. Sie dekomponiert die empfangenen Informationen nach der Bearbeitung und speichert die Daten in der definierten Granularität. Weniger spürbare Bürokratie und Potenzial für No-Stop- Government. Bislang gilt das One-Stop-Government als das ultimative Leitbild einer kundenfreundlichen Verwaltung. Das DPN bietet darüber hinausgehend die Option zur Realisierung von No-Stop-Government- Lösungen, (2) und von Schritten in die Richtung einer unspürbaren Verwaltung. (3) Mit den vorhandenen Informationen könnten vorausgefüllte Formulare zur Verfügung gestellt werden. Wo immer dies zur Effektivierung politischer Programme sinnvoll erscheint, könnten potenziell Begünstigten proaktiv Angebote zur Gewährung von Leistungen unterbreitet werden, für die sie die Voraussetzungen erfüllen, ohne dass eine explizite Antragstellung notwendig wäre. Als Kuppelprodukt könnten aus den an unterschiedlichen Stellen gespeicherten und referenzierten Informationen ohne gesonderte Erhebung und in hoher Qualität Statistiken flexibel erstellt und deren Ergebnisse schnell ausgewertet werden. (4) Datenschutz durch Transparenz. Neben dem Verzicht auf eine Zusammenführung der Daten in einer zentralen Datenbank ( dezentrale Zentralisierung ) kann dem Datenschutz in weiterer Hinsicht Rechnung getragen werden: Das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger würde gestärkt, indem sie über ein Frontend Einsicht in die über sie gespeicherten Daten, die Zugriffe und Verwendungen nehmen und selbst durch Änderungshinweise zu einer höheren Datenqualität beitragen könnten ( Datenschutz 2.0 ). Die dadurch entstehende Transparenz kann zusätzlich als Grundlage einer aufgabenkritischen Überprüfung bestehender Übermittlungsbefugnisse und -notwendigkeiten dienen. Zudem fördert das Konzept die Datensparsamkeit, wenn identische Informationen nicht mehrfach gespeichert werden und wenn weniger Informationen abgefragt werden, die durch eine intelligente Verknüpfung vorhandener Daten bereits verfügbar sind ( Die Verwaltung fragt nicht, was sie schon weiß ). Allerdings wäre eine solche Lösung aufgrund des Zweckbindungsgebots in Deutschland ohne gesetzliche Änderungen wohl nur im Sozialversicherungsbereich und bei nicht personenbezogenen Daten zulässig. Perspektiven der weiteren Entwicklung. Ein wirksamer Bürokratieabbau, der nicht nur auf eine Kostenüberwälzung auf die Verwaltung hinauslaufen und sich auch nicht in einzelwirtschaftlich kaum spürbaren Entlastungseffekten bei den Adressaten erschöpfen soll, muss das Gesamtsystem betrachten. Das DPN könnte zur Entstehung einer innovativen E-Government-Infrastruktur für die vernetzt arbeitende öffentliche Verwaltung der Zukunft beitragen und neue Formen der Arbeitsteilung ermöglichen. Ein in verschiedener Hinsicht ähnliches Grundkonzept besteht im Übrigen bereits seit einigen Jahren im belgischen Sozialversicherungssystem ( CBSS ) den Praxistest (5) und wird aktuell im österreichischen Gesundheitswesen realisiert (Projekt ELGA ). (6) Sowohl in konzeptioneller, rechtlicher und organisatorischer Hinsicht aber auch in den Bereichen Technik und IT-Sicherheit sind jedoch noch zahlreiche Fragen offen. Die Erschließung der hier skizzierten Modernisierungspotenziale erfordert insofern noch weitere interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsarbeit zur Detaillierung des Konzeptes. Der zu erwartende Nutzen des DPN für die Verwaltung und ihre Kunden lässt solche Anstrengungen indes gerechtfertigt erscheinen. n literatur (1) Autorenteam Los 3 (2009): Entwicklung von Prozessketten zwischen Wirtschaft und Verwaltung http://www.f3.htw-berlin.de/professoren/brueggemeier/ pdf/impa_pk_machbarkeitsstudielos3final090330.pdf (2) Lenk, K. (2006): Ziel: No-Stop-Verwaltung. In: move Moderne Verwaltung. Heft 2, 4. Jg. (3) Klages, H. (2006): Wie lässt sich Bürokratie unspürbar machen? In: Verwaltung & Management. Heft 1, 12. Jg. (4) Lenk, K. (2008): Abbau von Verwaltungslasten jenseits des Standardkostenmodells: besser organisierter und vernetzter Verwaltungsvollzug. In: P. Biwald, E. Dearing, T. Weninger (Hg.): Innovation im öffentlichen Sektor. Festschrift für Helfried Bauer. NWF, Wien, Graz (5) Brüggemeier, M. et al. (2006): Organisatorische Gestaltungspotenziale durch Electronic Government. sigma, Berlin (6) IBM (2006): Machbarkeitsstudie Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) im österreichischen Gesundheitswesen. http://www.arge-elga.at/m/machbarkeitsstudie_elga.pdf Prof. Dr. Martin BRÜGGEMEIER Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin Professor für Betriebswirtschaft und Public Management martin.brueggemeier@htwberlin.de Dipl.-Kfm. (FH) Sirko SCHULZ Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin Wissenschaftlicher Mitarbeiter schulzsi@htw-berlin.de

18 egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 fachartikel Privatzustellung Der elektronisch eingeschriebene Brief Peter Reichstädter I Arne Tauber abstract In privatwirtschaftlichen Geschäftsprozessen ist die nachweisliche Zusendung von Dokumenten seit jeher ein kostenund ressourcenintensiver Vorgang. Besonders in ihrer konventionellen Ausprägung, nämlich in Form eines eingeschriebenen Briefes, ist eine nachweisliche Zusendung sowohl aus der Perspektive der manuellen Vorbereitung und Bearbeitung, als auch aus Sicht des Entgelts für das Produkt Einschreiben selbst, mit erheblichen Kosten für den Versender und in vielen Fällen mit einem einhergehenden Medienbruch verbunden. Elektronische Post, sprich Elektronische Zustellung ist nicht unbedingt mit E-Mail gleichzusetzen. E-Mail ist ein gebräuchliches Kommunikationsmittel in privatwirtschaftlichen Geschäftsprozessen. Auf den herkömmlichen Briefverkehr bezogen kann eine E-Mail noch am ehesten mit dem Senden einer Postkarte verglichen werden, da dieses Medium in seiner Grundform keinerlei sicherheitsrelevante Aspekte aufweisen kann. Eine E-Mail ist zwar kostengünstiger als ein herkömmlicher Brief, kann jedoch keinesfalls mit einer qualitätsvollen und nachweislichen Zusendung verglichen werden. Im Vergleich zur konventionellen Ausprägung eines eingeschriebenen Briefes fehlen essentielle Eigenschaften wie Nicht-Abstreitbarkeit, Vertraulichkeit, Integrität und Identitätsfeststellung. Der Trend hin zu elektronischer Kommunikation findet bereits seit Jahren Einzug in Geschäftsprozessen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Rund-um-die-Uhr- Verfügbarkeit, Zeit- und Kostenersparnis, reduzierter Papierverbrauch, Effizienz, Zugänglichkeit und Medienbruchfreiheit bzw. Wiederverwendbarkeit und einfachere Weiterverarbeitung. Genau wie im Briefverkehr, besteht auch bei der elektronischen Kommunikation ein verstärkter Bedarf an einer sicheren, zuverlässigen und nachweislichen Nachrichtenübertragung für kritische Dokumente wie bspw. Verträge, Polizzen, Urkunden oder Angebote. In Österreich werden beispielsweise rund 1 Mio. Briefe mit der Qualität Einschreiben im privaten Bereich versendet (B2X, C2X). In mehreren Ländern wurde diesem Umstand mit der Einführung von qualifizierten elektronischen Zustellsystemen bereits Rechnung getragen. Prominente Beispiele sind die Systeme der belgischen Certipost, der italienischen Posta Elettronica Certificata (PEC), das slowenische Secure Mailbox (moja.posta.si), die deutsche virtuelle Poststelle und das in 2010 in Betrieb gehende DE-Mail System. Im öffentlichen Sektor hat Österreich bereits in einer frühen Phase Vorkehrungen für die Einrichtung eines Dienstes getroffen, der in Einklang mit staatlichen Rechtsvorschriften die Zustellung von Einschreibsendungen im Rahmen von Verwaltungsverfahren ermöglicht. (1) Den Rechtsrahmen für dieses System bilden die Novellierungen des Zustellgesetzes 2004 sowie 2008. Im Rahmen dessen wurde ein Pendant zum konventionellen RSa- bzw. RSb- Brief im elektronischen Geschäftsverkehr geschaffen, der allen österreichischen Verwaltungsbehörden die Zustellung von behördlichen Schriftstücken ermöglicht. Neben Medienbruchfreiheit und Verfügbarkeit, verspricht das System auch eine wesentliche Reduktion von Ressourcen und Kosten, sowohl seitens der Sender als auch der Empfänger. Bspw. versenden allein das Finanz- und Justizministerium rund 44 Mio. Schriftstücke pro Jahr, wobei der Großteil der RSa-Rückschein-Sendungen von der Justiz erzeugt wird. Der nachweislichen elektronischen Zustellung wird durch eine qualitative Identifizierung und Authentifizierung des Empfängers Rechnung getragen. Diese Kriterien erfüllt die österreichische Bürgerkarte (www.buergerkarte.at). Zusätzlich zur herkömmlichen Ausprägung in Form einer Chipkarte (bspw. ecard, Bankomatkarte), wird seit kurzem auch die sog. Mobile Signatur (2) kostenfrei angeboten, welche die Bürgerkartenfunktionalität ähnlich dem Online-Banking mittels Auslösen einer mobilen TAN ermöglicht. Um die Synergien zwischen öffentlichen und privatem Sektor, sowie den ökonomischen Nutzen des Systems zu maximieren, wurde die Nutzung der behördlichen Zustellinfrastruktur auch für die nachweisliche Zusendung im Auftrag von Privaten (im weiteren Privatzustellung gennant) ermöglicht. Durch diese Erweiterung haben auch private Sender österreichweit erstmalig die Möglichkeit, elektronische Schriftstücke mit der Qualität eines eingeschriebenen Briefes (sowie Rückschein) zu versenden. Die rechtliche Basis

fachartikel egovernment Review Nr. 5 Januar 2010 19 hierfür findet sich im Zustellgesetz, welches es behördlich zugelassenen Zustelldiensten ermöglicht, private Schriftstücke für registrierte Empfänger entgegenzunehmen (vgl. 29 Abs. 3 ZustG), sowie dem Zustellkopf explizit die Ermittlungsleistung für private Anfragen vorschreibt (vlg. 34 Abs. 2 ZustG). Empfänger, welche sich an einem zugelassenen Zustelldienst registrieren, müssen allerdings explizit zustimmen, dass sie auch private Schriftstücke empfangen möchten. Erst durch diesen Schritt kann ein Empfänger auch am Zustellkopf für eine private Zusendung gefunden werden bzw. nachweisliche Zusendungen im Auftrag von Privaten entgegen nehmen (Privatzustellungen). Diese Briefmarke ist maximal 48 Stunden gültig und kann nur einmal verwendet werden, anschließend verliert sie ihre Gültigkeit. Des Weiteren ist sie personenbezogen, allerdings gibt es im Gegensatz zum öffentlichen Sektor für die Privatzustellung keine übergreifende Identifikation. Nachdem als Identifkationstoken eine Einwegableitung des bereichsspezifischen Personenkennzeichens (bpk) des privaten Bereichs verwendet wird, welches für jeden Zustelldienst unterschiedlich ist, muss somit in der Auskunft des Zustellkopfes auch für jeden Zustelldienst, bei welchem ein Empfänger einen Account besitzt, eine eigene Briefmarke generiert werden. Diese Maßnahmen garantieren durchgehenden Datenschutz, Vertrauen und hohe Sicherheit. Briefmarken sind zudem sendergebunden, d.h. ein Missbrauch des Systems durch Versender von SPAM ist somit ausgeschlossen. Abb. 1: Behördliche und Private Zustellung rechtliche, organisatorische und technische Komponenten Die Kooperation BLSG (Bund-Länder-Städte-Gemeinden) hat daher eine Spezifikation (3) veröffentlicht, welche aufbauend auf dem Zustellgesetz und der Basisspezifikation der behördlichen Zustellung eine Erweiterung für die Privatzustellung schafft (siehe Abb. 1). Als Pendant zum herkömmlichen Briefverkehr wurden die Zustellqualitäten Einschreiben (R Rekommandation) und Einschreiben mit Rückschein (RS) eingeführt. Der Rückschein wird dem Sender rückübermittelt und muss mit der qualifizierten elektronischen Signatur des Empfängers unterschrieben werden. Die wesentlichste Änderung im Vergleich zur behördlichen Zustellung, ist allerdings die Einführung von digitalen Briefmarken, welche der Zustellkopf einem Sender bei jeder Beauskunftung ausstellt (sog. edid, siehe Abb. 2). Für Empfänger ist der Dienst gleich wie im behördlichen System kostenlos. Vorausgesetzt wird lediglich ein Anmeldung mittels Bürgerkarte (Mobile Signatur, Chipkarte) an einem behördlich zugelassenen Zustelldienst, welcher die Privatzustellung unterstützt (bpsw. www.meinbrief.at, ). Private Sender müssen sich grundsätzlich gleichermaßen wie Behörden am Zustellkopf registrieren, um am Zustellverbundsystem teilhaben zu können. Dies wird allerdings nur für Massensender empfohlen, da dies das Vorhandensein einer entsprechenden Senderinfrastruktur voraussetzt. Diese kann durch den Einsatz der Open-Source Software MOA-ZS (Modul für Onlineapplikationen Zustellung) realisiert werden, welche neben dem Versand von behördlichen Schriftstücken ebenfalls private Sender unterstützt. Einzelpersonen, welche einen elektronisch eingeschriebenen Brief versenden möchten, können dies auch über die Weboberfläche des Zustelldienstes erledigen. Die Bezahlung dieser Dienstleistung erfolgt über ein Prepaid-Guthabenkonto. Dahingehend bietet die Umsetzung der elektronischen Zustellung in Österreich nun ein vollständiges Spektrum sowohl für Versender (behördliche Zustellstücke als auch nachweisliche Zusendungen im Auftrag von Privaten) als auch für Empfänger (die Möglichkeit, alles in einem elektronischen Postfach vereint vorzufinden) an; der nächste Schritt ist naheliegend elektronisch Briefe erstellen und diese dann zustellen egal ob der Empfänger (bereits) elektronisch erreichbar ist oder noch ein konventioneller Brief daraus wird. n DI Peter REICHSTÄDTER Bundeskanzleramt IKT-Strategie peter.reichstaedter@ bka.gv.at DI Arne TAUBER E-Government Innovationszentrum (EGIZ), TU-Graz arne.tauber@egiz.gv.at Abb. 2: edid / digitales Briefmarken Konzept literatur (1) URL: www.bka.gv.at/zustelldienste (2) URL: http://www.a-trust.at/mobile/ (3) URL: http://reference.e-government.gv.at/ Zustellung.351.0.html bzw. http://reference.e-government.gv.at/veroeffentlichte- Informationen.353.0.html

20 fachartikel E-Voting: Auswege aus einer festgefahrenen Zwei-Fronten-Debatte Christian Paulsen abstract E-Voting wird nicht erst seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Wahlmaschinen in der Öffentlichkeit ziemlich kontrovers diskutiert. Die teilweise sehr emotional geführten Diskussionen drehen sich häufig ausschließlich um die Sicherheit der Verfahren und um einen Einsatz bei politischen Wahlen. Andere Anwendungsmöglichkeiten in nicht-parlamentarischen Bereichen werden dabei zumeist vernachlässigt. In diesem Beitrag wird als Lösungsansatz das Erstellen eines Empfehlungskatalogs vorgestellt, der eine Brücke zwischen Gegnern und Befürwortern elektronischer Wahlverfahren schlagen und die Diskussion auf eine sachliche Ebene zurückführen soll. Ausgangslage. Bei den Wahlen zur österreichischen Hochschülerschaft (ÖH-Wahlen) im Mai 2009 wurde den Stimmberechtigten als Alternative zur Urnenwahl mit Papierstimmzetteln eine elektronische Stimmabgabe via Internet angeboten. Es gab und gibt immer noch massive Proteste gegen diese Einführung des elektronischen Wahlverfahrens, da Manipulationen befürchtet und somit die Wahlrechtsgrundsätze der geheimen und freien Wahlen als gefährdet angesehen wurden. Zuvor gab es in der BRD und in den Niederlanden viele Initiativen und Klagen gegen die Verwendung von Wahlmaschinen für politische Wahlen, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 03. März 2009 (1) gipfelten und vorerst zu einem Einsatzverbot von NEDAP-Wahlmaschinen bei Bundestagswahlen führte. Die Hauptkritikpunkte waren insbesondere, dass die Sicherheit und die Transparenz der Verfahren nicht gewährleistet seien. Als Teilnehmer von Anhörungen in diesem Bereich kann man dabei beobachten, dass eine neutrale und unverblümte Darstellung der Chancen aber auch der Risiken elektronischer Wahlverfahren in gleichem Maße fehlt. Es ist offensichtlich, dass die Diskussionen um E-Voting in einer Sackgasse gelandet sind und sich zwei Lager aus Befürwortern auf der einen Seite und Gegnern von E-Voting auf der anderen Seite gebildet haben. Dabei reden Techniker und Nicht-Techniker häufig aneinander vorbei und es wird teilweise kategorisch und unabhängig vom Anwendungsbereich und dessen spezifischen Anforderungen abgelehnt, elektronische Wahlverfahren einzusetzen. Lösungsansatz. Was ist also notwendig um die festgefahrene Zwei-Fronten-Diskussion aufzulösen? Wie geht es weiter mit E-Voting? Unstrittig ist, dass es nicht allein ausreicht, spezielle Sicherheitsmechanismen, Kryptoprotokolle oder Verfahren für elektronische Wahlen zu empfehlen, Techniken zu verbessern oder Implementierungen zu verifizieren. Vielmehr müssen die zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten, ihre Einbettbarkeit in organisatorische Prozesse sowie ihre Beherrschbarkeit transparent gegenüber gestellt werden, um mit all ihren Risiken aber auch Potentialen den Entscheidern kommuniziert werden zu können ( ganzheitlicher und interdisziplinärer Ansatz ). Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass die Angemessenheit einzelner technischer Maßnahmen nicht durch die höchsten Anforderungen, wie sie z.b. an die Wahlen zu einem verfassungsrechtlichen Organ zu stellen sind, bestimmt werden, sondern durch den Kontext der jeweils zu betrachtenden Wahl. Dabei bilden vor allem die jeweiligen Wahlvorschriften die Ausgangsbasis für die konkreten Sicherheitsanforderungen. Ein Wahlverfahren muss aber auch Anforderungen hinsichtlich der Praxisrelevanz und Benutzbarkeit erfüllen, um für einen realen Einsatz in Frage zu kommen (siehe Abb.). Dies beinhaltet sowohl die finanziellen und organisatorischen Aufwände als auch den Reifegrad eines Verfahrens. Entscheidend ist auch, dass die Benutzbarkeit ( Usability ) den Anforderungen gerecht wird.