FamFG aus betreuungsrechtlicher Sicht

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Transkript:

Prof. RiOLG a. D. Wilfried Abel FamFG aus betreuungsrechtlicher Sicht Betreuungstag Mecklenburg-Vorpommern 08.03.2013 in Rostock

1. Verfassungsrechtliche Grundlagen

BVerfG NJW 2011, 1275 Für das Gericht erwächst aus Art. 103 I GG die Pflicht, vor dem Erlass einer Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör gewährt wurde. Die Anhörung der Beteiligten ist Voraussetzung einer richtigen Entscheidung. Zudem ermöglicht die Anhörung den Beteiligten, die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. Das Gericht muss das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung ziehen.

BVerfG NJW 2011, 1275 Da die Einrichtung einer Betreuung einen erheblichen Grundrechtseingriff bedeutet, der nur zulässig ist, wenn der Betroffene seinen Willen nicht frei bestimmen kann und infolgedessen sich oder andere gefährdet, kommt dem Recht des Betroffenen, auf die Sachverhaltsermittlung und Entscheidungsfindung in Anhörungen und Stellungnahmen einwirken zu können, besondere Bedeutung zu.

2. Bestellung eines Betreuers / Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts

Der Betroffene als Verfahrenssubjekt Der unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit verfahrensfähige Betroffene ist am Verfahren zu beteiligen und kann es selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam betreiben ( 10, 274 I Nr. 1, 275 FamFG). Das Gericht hat den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen ( 278 I FamFG).

Anhörung des Betroffenen Die persönliche Anhörung ist keine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der ZPO (vgl 30 FamFG), sondern dient der Einräumung rechtlichen Gehörs und der Sachverhaltsermittlung (BGH FamRZ 2012, 104). Sie kann nach 34 II FamFG nur unterbleiben, wenn erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu besorgen sind (Gutachten gemäß 278 IV FamFG) oder der Betroffene offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun (BGH FamRZ 2010, 1650).

BGH FamRZ 2010, 1650 Das Betreuungsgericht kann nicht schon im Hinblick auf einen bloßen "Verzicht" des Betroffenen von der persönlichen Anhörung absehen. Es muss vielmehr gemäß 34 I FamFG einen Anhörungstermin bestimmen und darf erst bei unentschuldigtem Ausbleiben des Betroffenen - trotz Hinweises auf die Folgen - das Verfahren ohne dessen persönliche Anhörung beenden ( 34 III FamFG).

Rechtshilfe ( 278 III FamFG) Die persönliche Anhörung durch den ersuchten Richter ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung ohne eigenen Eindruck von dem Betroffenen getroffen werden kann (BGH FamRZ 2011, 880). Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen von dem Anhörungstermin in entsprechender Anwendung des 33 II 1 FamFG zumindest zu benachrichtigen (BGH FamRZ 2012, 104).

Einholung eines Gutachtens ( 280 FamFG) Der Eingriff in die Freiheitsrechte erfordert eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung zu den medizinischen Voraussetzungen durch eine förmliche Beweisaufnahme (vgl 30 I, II, IV FamFG), von der nur nach 281, 282 FamFG abgesehen werden kann (BGH FamRZ 2013, 285). Nach der Sollbestimmung des 280 I 2 FamFG darf ein Arzt ohne Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie nur in begründeten Ausnahmefällen als Gutachter bestellt werden (BGH FamRZ 2010, 1726; FamRZ 2012, 1207).

BGH FamRZ 2011, 637 Das Gutachten muss Art und Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte sowie der durchgeführten Untersuchungen und sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen ( 280 III FamFG). Nur dann kann das Gericht seiner Pflicht nachkommen, es auf seine wissenschaftliche Begründung, innere Logik und Schlüssigkeit hin zu überprüfen, und sich die gebotene eigene Meinung von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen bilden.

Verwertung des Gutachtens Ist der Sachverständige nicht hinreichend qualifiziert oder entspricht das Gutachten inhaltlich nicht 280 III FamFG, darf es nicht verwertet werden (BGH FamRZ 2011, 637). Das Gericht kann den Sachverständigen bei Behebbarkeit des Mangels zur schriftlichen Ergänzung des Gutachtens auffordern oder zur mündlichen Erläuterung laden, anderenfalls muss es eine neue Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen ( 30 I FamFG, 411 III, 412 ZPO).

BVerfG NJW 2011, 1275 Bereits vor Beauftragung eines Gutachters nach 280 FamFG ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme oder zu einer persönlichen Anhörung einzuräumen. Ist der Betroffene nicht zur Zusammenarbeit mit dem Gutachter bereit, lässt dies allein die Notwendigkeit der im Gesetz vorgesehenen Anhörung nicht entfallen. Vielmehr ist es gerade in diesem Fall angezeigt, mittels der Anhörung die Gründe zu erkunden, die den Betroffenen zu einer Verweigerungshaltung bringen.

BGH FamRZ 2013, 31 Gegen seinen Willen darf der Betroffene in seiner Wohnung weder angehört noch begutachtet werden (vgl 278 I 3 FamFG). Wirkt der Betroffene an einer erforderlichen Anhörung bzw Begutachtung nicht mit, so kann das Gericht (nur) seine Vorführung anordnen ( 278 V, 283 I FamFG). Die gerichtliche Ermächtigung zum Betreten der Wohnung ( 283 III FamFG) dient allein dem Ziel, ihn der Untersuchung zuzuführen.

Anhörung sonstiger Beteiligter ( 279 I FamFG)

Verfahrenspfleger ( 276 FamFG) Ein Verfahrenspfleger ist vor allem zu bestellen, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden oder kundzutun (vgl 276 I 2 Nr. 1 FamFG). Seine vorrangige Aufgabe besteht darin, gegenüber dem Gericht den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör zu verwirklichen (BGH FamRZ 2011, 1577). Eine Verfahrenspflegschaft ist nicht erforderlich, wenn sie rein formalen Charakter hätte, weil keine tatsächlichen Ermittlungen zu führen sind (BGH FamRZ 2010, 1648; FamRZ 2011,1577).

Beteiligung am Verfahren ( 274 II FamFG) Der Verfahrenspfleger muss grundsätzlich so frühzeitig als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen werden, dass er noch Einfluss auf die Entscheidung nehmen kann. Er ist im selben Umfang wie der Betroffene an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen (BGH FamRZ 2011, 805 Unterbringungssache -). Der Verfahrenspfleger hat die rechtlichen Interessen des Betreuten im Verfahren zur Geltung zu bringen; er ist jedoch nicht Vertreter des Betreuten (BGH FamRZ 2012, 1798).

BGH FamRZ 2009, 1656 Der Verfahrenspfleger hat auch darauf Bedacht zu nehmen, dass das Gericht nicht zu Unrecht von einer offensichtlichen Unfähigkeit des Betreuten ausgeht, seinen Willen kundzutun. Hat der Verfahrenspfleger nach persönlicher Rücksprache mit dem Betreuten den Eindruck, dieser sei zumindest in beschränktem Umfang in der Lage, seinen Willen zu äußern oder wichtige Informationen zu erteilen, hat er auf eine persönliche Anhörung hinzuwirken.

Weitere Muss-Beteiligte Der Bevollmächtigte im Sinne des 1896 II 2 BGB, sofern sein Aufgabenkreis betroffen ist ( 274 I Nr. 3 FamFG). Die zuständige Behörde ist auf ihren Antrag zum Verfahren hinzuzuziehen ( 274 III FamFG). Der künftige Betreuer, da sein Recht durch die Bestellung unmittelbar betroffen wird ( 7 II Nr. 1 FamFG). Seine Beteiligung wird erforderlich, wenn die Notwendigkeit einer Betreuung feststeht und sich die Auswahl auf ihn konzentriert.

Kann-Beteiligte Das Betreuungsgericht kann im Interesse des Betroffenen nahe Angehörige und eine Vertrauensperson an den in 274 III FamFG genannten Verfahren beteiligen ( 274 IV Nr. 1 FamFG). Voraussetzung dafür ist, dass deren Hinzuziehung sachgerecht und verfahrensfördernd ist. Maßstab ist das wohlverstandene Interesse des rechtlich Betroffenen, da die Beteiligung anderer Personen am Verfahren ausschließlich in dessen Interesse erfolgt (BGH FamRZ 2012, 960).

BGH FamRZ 2012, 960 Wünscht die Betroffene ihren Vater als Betreuer, lässt dies darauf schließen, dass sie auch seine Beteiligung an dem Verfahren möchte. Einen solchen Wunsch hat das Gericht bei der in seinem pflichtgemäßen Ermessen liegenden Entscheidung über dessen Hinzuziehung zu berücksichtigen ( 7 III FamFG). Die persönliche Einschätzung eines Betroffenen kann als Indiz dafür herangezogen werden, dass die Beteiligung eines Angehörigen dem Wohl des Betroffenen dient.

BGH FamRZ 2012, 960 Der lediglich pauschal und anonym in den Akten festgehaltene Verdacht sexueller Belästigungen kann das Verfahren nicht belasten, weil eine Auseinandersetzung damit allenfalls in einem schlichten Bestreiten bestehen kann. Tragfähige Informationen über Einschränkungen der Lebensbewältigungskompetenz eines Betroffenen und über seinen tatsächlichen Hilfebedarf werden am ehesten von Angehörigen zu erwarten sein, die mit dem Betroffenen zusammenleben.

Anhörung als Auskunftsmittel ( 279 II IV FamFG) Niemand wird allein deshalb Beteiligter, weil er anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, sondern nur durch seine Hinzuziehung zum Verfahren ( 7 VI FamFG). Die bloße Anhörung der zuständigen Behörde, einer dem Betroffenen nahe stehenden Person und des gesetzlichen Vertreters bei der vorsorglichen Betreuung für Minderjährige dient nur dazu, alle Erkenntnisquellen im Rahmen der Amtsermittlung auszuschöpfen ( 26 FamFG).

BGH FamRZ 2011, 285 Es verstößt gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, die Eignung einer dem Betroffenen nahe stehenden und vom ihm als Betreuer vorgeschlagenen Person allein aufgrund von Mitteilungen Dritter in Zweifel zu ziehen. In der Person des Benannten liegende Gründe, die seiner Bestellung entgegenstehen, wird das Gericht verlässlich nur feststellen können, wenn der Benannte die Möglichkeit hatte, dazu bei schwerwiegenden Vorwürfen in der Regel persönlich - Stellung zu nehmen.

Entscheidungsgrundlage ( 37 FamFG)

Grundrecht auf rechtliches Gehör Die Entscheidung darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen der in seinen Rechten Betroffene sich äußern konnte ( 37 II FamFG). Daher ist das Gutachten mit dem vollen Wortlaut grundsätzlich auch dem Betroffenen im Hinblick auf seine Verfahrensfähigkeit ( 275 FamFG) persönlich zur Verfügung zu stellen. Davon kann nur unter den Voraussetzungen des 288 I FamFG abgesehen werden (BGH FamRZ 2011, 1574; FamRZ 2012, 869).

BGH BtPrax 2010, 278 Sieht das Gericht von der vollständigen schriftlichen Bekanntgabe eines Gutachtens ab, weil zu besorgen ist, die Bekanntgabe werde die Gesundheit des Betroffenen schädigen oder zumindest ernsthaft gefährden, muss ein Verfahrenspfleger bestellt, diesem das Gutachten übergeben werden und die Erwartung gerechtfertigt sein, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betroffene nicht anwaltlich vertreten ist.

Ergebnis eines Anhörungstermins Das Gericht darf eine die Rechte des Betroffenen beeinträchtigende Entscheidung auf Ausführungen des Sachverständigen, die dieser in Abwesenheit des Betroffenen gemacht hat, erst stützen, wenn der Betroffene sich dazu äußern konnte (BGH FamRZ 2011, 1575). Wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen zu einem Anhörungstermin weder geladen noch hiervon benachrichtigt, liegt ein Verfahrensfehler vor, der eine erneute Anhörung erforderlich macht (BGH FamRZ 2012, 104).

Endentscheidung ( 38, 286 FamFG) Der Beschluss muss konkrete tatrichterliche Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Betreuung enthalten (BGH FamRZ 2012, 1796). Sieht das Gericht ausnahmsweise von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen ab, müssen die Gründe aus der Entscheidung nachprüfbar hervorgehen (BGH FamRZ 2012, 968). Die Beauftragung eines Gutachters, der nicht die Voraussetzungen des 280 I 2 FamFG erfüllt, ist als Ausnahme besonders zu begründen (BGH FamRZ 2012, 1207).

Beweiswürdigung Das Gutachten unterliegt der richterlichen Beweiswürdigung ( 37 I FamFG). Eine pauschale Bezugnahme auf das Gutachten lässt die gebotene kritische Würdigung regelmäßig vermissen (BGH FamRZ 2012, 1796). Das Gericht muss sich auch davon überzeugen, dass der Sachverständige von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist (BGH FamRZ 2012, 1210).

Beweisergebnis Dem Gutachten muss mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen sein, dass die Voraussetzungen einer Betreuung gemäß 1896 BGB vorliegen. Eine Verdachtsdiagnose genügt nicht (BGH FamRZ 2012, 1210). Aus der bloßen Annahme des Gutachters, der Betroffene vermöge seine Betreuungsbedürftigkeit nicht adäquat zu erfassen, kann auf einen fehlenden freien Willen nicht geschlossen werden (BGH FamRZ 2013, 285).

BGH FamRZ 2013, 284 Die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen über die voraussichtliche Dauer der Maßnahme ( 280 III Nr. 5 FamFG) ist wesentlicher Anhaltspunkt für die Bestimmung der Überprüfungsfrist für die angeordnete Betreuung ( 286 III FamFG). Weicht das Gericht von der gutachterlichen Stellungnahme zum Nachteil des Betroffenen ab, muss es die hierfür tragenden Gründe in dem Beschluss darlegen.

Beginn der Betreuung Die Betreuung wird mit der Bekanntgabe des Beschlusses an den Betreuer wirksam ( 287 I FamFG), dessen Beteiligung am Verfahren sich dann nach 274 I Nr. 2 FamFG richtet. Auch bei Aufgabe des Beschlusses zur Post ist die Bekanntgabe mit dem tatsächlichen Zugang erfolgt. Nur für den Fall, dass der Zugang nicht nachweisbar ist, wird in 15 II 2 FamFG eine regelmäßige Postlaufzeit von drei Tagen unterstellt. Diese Vermutung der Bekanntgabe schließt einen früheren Zugang aber nicht aus (BGH FamRZ 2012, 1867).

3. Aufhebung und Änderung der Betreuung / des Einwilligungsvorbehalts

BGH FamRZ 2012, 1633 Wird nach Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts ein (anderer) Einwilligungsvorbehalt angeordnet, handelt es sich nicht um eine Erweiterung, sondern um dessen erneute Anordnung, sodass die 278, 280 FamFG unmittelbar gelten; 293 II FamFG findet keine Anwendung. Bei isolierter Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für eine bereits bestehende Betreuung ist in der Beschlussformel der Überprüfungszeitpunkt anzugeben (286 III FamFG).

Aufhebung der Betreuung Da 294 I FamFG für die Aufhebung der Betreuung nicht auf 278 I, 280 FamFG verweist, verbleibt es insoweit bei den allgemeinen Verfahrensregeln ( 26, 34 FamFG). Für die Durchführung tatsächlicher Ermittlungen bedarf es greifbarer Anhaltspunkte für eine Veränderung der tatsächlichen Umstände, die der Betreuung zu Grunde lagen. Sie sind namentlich vom Betroffenen vorzubringen, wenn sie dem Gericht nicht bereits auf anderem Wege bekannt geworden sind (BGH FamRZ 2011, 556).

Feststellung der Krankheitsentwicklung Mit dem Amtsermittlungsgrundsatz ist es nicht zu vereinbaren, wenn das Betreuungsgericht dem Betroffenen auferlegt, ärztliche Atteste vorzulegen (BGH FamRZ 2011, 556). Ist vor Anordnung der Betreuung kein Gutachten gemäß 280 FamFG eingeholt worden, obwohl keine der Ausnahmen der 281, 282 FamFG vorgelegen hat, gebietet die Amtsermittlungspflicht die Nachholung dieser Verfahrenshandlung (BGH FamRZ 2013, 285).

Verlängerung der Betreuung In der Sache handelt es sich um die erneute Anordnung einer Betreuung einschließlich der Entscheidung über die Person des Betreuers (BGH FamRZ 2010, 1897). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht obligatorisch ( 295 I 2 FamFG). Wenn aber ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das Gericht seine Entscheidung darauf stützt, muss dieses den formalen Anforderungen des 280 FamFG genügen (BGH FamRZ 2012, 104).

4. Verfahren zur Genehmigung eines Rechtsgeschäfts

Anhörung des Betreuten Zwingend persönlich vor einer Entscheidung nach 1907 I und III BGB ( 299 S. 2 FamFG). Im Regelfall persönlich ( soll ) in Verfahren gemäß 1908i I 1, 1821, 1822 Nr. 1-4, 6 13 BGB ( 299 S. 1 FamFG), es sei denn, auf den persönlichen Eindruck kommt es nicht an. In anderen Fällen (z. B. 1812 BGB) richtet sich die Anhörung allein nach den allgemeinen Vorschriften ( 26, 34 I Nr. 1, 37 II FamFG). Absehen von der Anhörung als solcher nur gemäß 34 II FamFG, ggf Verfahrenspfleger (vgl BGH FamRZ 2009, 1656 Rdn. 51).

BGH FamRZ 2012, 967 Maßstab für die gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung ist das Interesse des Betreuten. Gesamtabwägung aller Vor- und Nachteile sowie der Risiken des zu prüfenden Geschäfts für den Betreuten unter Berücksichtigung seiner Wünsche ( 1901 III BGB). Der Aufklärung dieser für die Genehmigung des Rechtsgeschäfts entscheidenden Frage dient die persönliche Anhörung des Betreuten ( 299 S. 1, 2 FamFG).

Wirksamwerden der Entscheidung Bekanntgabe an den Betreuer, (ggf) an den Verfahrenspfleger ( 41 I 1, 274 I Nr.1, II FamFG) und auch - an den Betreuten ( 41 III, 275 FamFG). Ablauf der Rechtsmittelfrist ( 40 II, 45, 61, 63 II Nr. 2 FamFG, 11 I, II 1 RPflG). Unabänderbarkeit des Beschlusses mit dem Wirksamwerden einem Dritten d. h. dem anderen Teil des Rechtsgeschäfts - gegenüber ( 48 III FamFG), 1828 ff BGB).

5. Beschwerdeverfahren

BGH FamRZ 2011, 1049 Die Beschwerdefrist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten ( 63 FamFG). Welche der beiden in 15 II 1 FamFG vorgesehenen Bekanntgabemöglichkeiten das Gericht wählt, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wenn nicht spezielle gesetzliche Regelungen eine bestimmte Form vorschreiben. Nach 41 I 2 FamFG ist ein anfechtbarer Beschluss demjenigen zuzustellen, dessen erklärtem Willen er nicht entspricht.

BGH FamRZ 2011, 1049 Die Zustellung an den Betreuer wirkt nicht gegen den Betroffenen; 170 I 1 ZPO i. V. m. 15 II 1 FamFG gilt nur für verfahrensunfähige Personen. Der Zustellungsmangel ist nach 189 ZPO nur geheilt, wenn der Beschluss dem Betroffenen formlos zugegangen ist; das Schriftstück muss ihm übergeben worden sein. Die bloße Unterrichtung des Betroffenen über den Inhalt des zuzustellenden Beschlusses durch den Verfahrenspfleger genügt hierfür nicht.

Anhörung des Betroffenen Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach 68 III 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (BGH FamRZ 2010, 1650). Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn diese bereits im ersten Rechtszug erfolgt ist, von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind ( 68 III 2 FamFG) und bei der erstinstanzlichen Anhörung zwingende Verfahrensvorschriften nicht verletzt worden sind (BGH FamRZ 2012, 104).

BGH FamRZ 2013, 286 Die Voraussetzungen des 68 III 2 FamFG sind insbesondere erfüllt, wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt, sich aus den Akten keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtlichen Gesichtspunkte ergeben, das Beschwerdegericht das dokumentierte Ergebnis der Anhörung nicht abweichend werten will und es auf den persönlichen Eindruck von dem Betroffenen nicht ankommt (BGH FamRZ 2011, 805).

BGH FamRZ 2012, 1796 In der Regel sind von einer Anhörung neue Erkenntnisse zu erwarten, wenn der Betroffene an seinem in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnis mit einer Betreuung nicht mehr festhält (BGH FamRZ 2011, 880). Dann entbinden weder die Auswertung eines Gutachtens noch schriftlicher Äußerungen des Betroffenen das Gericht von der Pflicht, sich selbst einen persönlichen Eindruck davon zu verschaffen, ob der Betroffene zur freien Willensbildung in der Lage ist ( 26 FamFG).

BGH FamRZ 2013, 286 Von einer erneuten Anhörung sind in der Regel auch dann neue Erkenntnisse zu erwarten, wenn der Betroffene im Beschwerdeverfahren erstmals den Wunsch äußert, ihm einen bestimmten Betreuer zu bestellen (BGH FamRZ 2011, 880) Gleiches gilt, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Betroffene eine andere Person zum Betreuer bestellt haben möchte, als diejenige, die er bei der erstinstanzlichen Anhörung benannt hat.

BGH FamRZ 2012, 104 Wie die persönliche Anhörung des Betroffenen innerhalb eines aus mehreren Richtern zusammengesetzten Spruchkörpers wahrzunehmen ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Sachaufklärung gemäß 26 FamFG. Die Beauftragung eines Kammermitglieds scheidet allerdings dann aus, wenn es wegen der Besonderheiten des Falles für die Entscheidung darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft.