Blended Learning optimaler Nutzen für den Mittelstand Annette M. Sauter, Prof. Dr. Werner Sauter Blended Learning, die Verknüpfung von Workshops, E-Learning und Wissensmanagement in einem zielgruppengerechten Lernarrangement, setzt sich aufgrund seiner hohen Lerneffizienz und Wirtschaftlichkeit in der betrieblichen Bildungspraxis nach und nach durch. Während diese Qualifizierungskonzeptionen in vielen Großunternehmen bereits zum Alltag gehören, nutzen Mittelständische Unternehmen die Chancen dieser Lernsysteme für die Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter bisher nur sehr vereinzelt. Gründe dafür sind die vermeintlich hohen Kosten von E-Learning Lösungen, aber auch die mangelnde Erfahrung mit diesen Systemen. Das wachsende Angebot an Standard-WBT in Verbindung mit individuellen Blended Learning Konzepten und ASP-Lösungen 1 ohne die Erfordernis einer eigenen IT- Infrastruktur machen dieses Kompetenzmanagement auch für mittelständische Unternehmen wirtschaftlich und effizient möglich. Die Autoren entwickeln ein praxiserprobtes Modell, das es für den Mittelstand mit einem akzeptablen Aufwand möglich macht, bedarfsgerechte Blended Learning Lösungen zu realisieren. Blended Learning Lernen im Methodenmix Die betriebliche Bildungslandschaft wurde im vergangenen Jahrzehnt durch Phasen weltweiter Euphorie, aber auch Ernüchterung geprägt. Nach den teilweise entmutigenden Erfahrungen mit reinen E-Learning Lösungen hat sich zwischenzeitlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Lernarrangements erforderlich sind, in denen, passend für die jeweilige Zielgruppe, Lern- und Sozialformen, aber auch klassische und neue Medien verknüpft werden. Diese sog. Blended Learning Konzeptionen werden dabei zunehmend durch die Selbstorganisation der Lernenden geprägt. E-Learning-Ansätze sind insbesondere dann wirksam, wenn sie in das Konzept eines Lernarrangements eingebunden sind, welches neben computergestützten Elementen auch»klassische«lernformen, wie bspw. Workshops, Fernlernen mit Studienbriefen oder Teamlernen, umfasst. Daher wird dieses System auch»blended«genannt, woraus sich der Begriff»Blended Learning«gebildet hat. Der Begriff»Blended Learning«, der vom englischen»blender«(= Mixer) abgeleitet ist, beschreibt bildhaft diese Komposition. elearning ersetzt damit nicht klassische Lernformen, sondern ergänzt und bereichert sie. Wird elearning in ein Arrangement aus diesen bedarfsgerechten Lernformen eingebunden, entsteht ein Blended Learning Konzept. 1 ASP-Lösung = Application Service Providing. Die Lerner nutzen die Lernplattform eines Bildunganbieters und benötigen deshalb lediglich einen Internetanschluss. Das Unternehmen braucht keine eigene E-Leaning Infrastrutur aufzubauen.
Abb. Grundstruktur von Blended Learning Konzepten Dieses internet- bzw. intranetgestützte Lernsystem verknüpft dabei Präsenzveranstaltungen in Form von praxisorientierten Workshops mit einer daran anschließenden mehrwöchigen Phase des selbstgesteuerten Lernens. Nachdem sich die Lerner, meist in Einzelarbeit zuhause oder am Arbeitsplatz, das für ein Kapitel erforderliche Wissen mit Hilfe der WBT bestehend aus Trainingsmodulen, der Wissensbasis mit systematischem Wissen sowie einem Wissenbroker mit aktuellen Informationen und Erfahrungen (z. B. aktuellen Infos aus der Verlagsbranche, Links zu relevanten Datenbanken, Expertenmeinungen oder aktuelle Meldungen) erarbeitet haben, lösen Sie gemeinsam mit einem Lernpartner komplexe Anwendungsaufgaben online oder offline. Sie haben dabei die Möglichkeit, ihr Wissen in einer Simulation ohne Risiko unter realen Bedingungen anzuwenden. Vor dem nächsten Workshop treffen sich Lerngruppen, die sich selbst steuern oder von Führungskräften moderiert werden, um Praxis- oder Projektaufgaben und die Präsentation der Lösungen oder Rollenspiele für den Workshop mit dem Trainer vorzubereiten. Beispielhaft kann die Verknüpfung von klassischen und webbasierten Lernformen an folgender Grafik verdeutlicht werden:
Workshop/ Einzel- und Lernen im Workshop mit verschiedenen Praxiserfahrung und Virtuell Partnerlernen Team Sozialformen Wissensmanagement Wissenserarbeitung Selbstorganisiertes Lernen mit WBT Kickoff Transferaufgaben/ Projektarbeit Workshop: -Diskussion von Lösungen -Erfahrungsaustausch -Übungen. UMSETZUNG Anwendung auf die eigene Praxis 3h 3 Wochen innerh. 1 Woche 1 Tag anschließend Steuerung und Flankierung durch den Trainer/Tutor Schrittweiser Aufbau von Communities of Practice (Wissensmanaement) Abb. Praxisbeispiel eines Blended Learning Prozesses Web Based Trainings in Blended Learning Systemen - das große Missverständnis Web Based Trainings strukturieren in Blended Learning Konzepten die individuellen Lernprozesse unterschiedlicher Lerner nach einem verbindlichen Raster. Im Einzelnen erfüllen Sie folgende Aufgaben: Wissensvermittlung: Der Lerner erarbeitet sich nach seinem persönlichen Bedarf, mit seiner individuellen Lernmethodik und geschwindigkeit den feststehenden Lernstoff, das Fachexperten für ihn didaktisch-methodisch aufbereitet haben. Wissensverarbeitung: Über offene Aufgaben, die einzeln, mit Lernpartnern, in Lerngruppen oder in Workshops mit dem Trainer bearbeitet werden, wird das erworbene Wissen in komplexen Aufgaben angewandt und damit gesichert. Wissenstransfer: Die Lerner übertragen das Erlernte in ihre individuellen Lernsituationenen am Arbeitsplatz oder im Kundengespräch. Wissensmanagement: Aktiven Lernen ist dauerhaft nur dann möglich, wenn der Lerner selbst festlegt, was gelernt werden soll und welche Kompetenz er erwerben will. Deshalb werden Praxis- und Projekterfahrungen in den Lernprozess integriert. Damit ist Blended Learning für grundsätzlich alle Themen geeignet, da die WBT primär die Aufgabe haben, die Präsenzveranstaltungen von der Wissensvermittlung und der individuellen Wissensverarbeitung zu entlasten. Damit steht die kostbare Zeit in den Präsenzveranstaltungen für Diskussionen, Übungen oder Rollenspielen zur Verfügung. Dies kann am Beispiel der Führungskräfteentwicklung illustriert werden: Über die WBT und in Lernpartnerschaften erarbeiten sich die Führungskräfte das Wissen über Führungsmodelle und systeme, in den Workshops präsentieren Sie unternehmensspezfische Lösungsansätze und trainieren ihr Führungshandeln, in der Praxis und in Projekten transferieren sie ihr Wissen in die Arbeitswelt, sammeln Erfahrungen, die sie in der Community of Practice austauschen und und bauen damit einen gemeinsamen Wissenspool auf.
In solchen Qualifizierungsmaßnahmen mit handlungs- und kommunikationsorientierten Zielen kann die Präsenzphase mit Trainern nach den vorliegenden Erfahrungen bei mindestens gleicher Lerneffizienz auf ca. 1/3 reduziert werden. Wirtschaftlichkeit und Lerneffizienz Im traditionellen Seminar ist es üblich, dass die Trainer ein Standardprodukt, d.h. ein gängiges Fachbuch, einsetzen, das sie in ihr individuelles Lernkonzept einfügen, welches mit eigenen Aufgaben, Übungen und Ergänzungen für die Zielgruppe optimiert wird. Auch bei E- Learning basierten Lösungen bietet sich eine ähnliche Vorgehensweise an. Die selbstorganisierte Lernphase wird mit Hilfe von Standard-WBT strukturiert; die Workshops und das Tutoring werden individuell auf die Zielgruppe abgestimmt. Damit ist es auch mittelständischen Unternehmen mit Standard-WBT möglich, zielgruppengerechte und effizientere Blended Learning Lösungen zu deutlich günstigeren Geamtkosten als bei traditionellen Seminaren zu nutzen. Bei ausreichend großen Zielgruppen kann dieser Ansatz mit individualisierten Standardlösungen weiter optimiert werden..dabei werden erprobte Standardlösungen in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Unternehmen bzw. einer Unternehmensgruppe sowohl in Hinblick auf die Gestaltung ( Corporate Identity ), aber insbesondere auch bezogen auf die Inhalte auf die jeweiligen Bedarfe angepasst. Da bei dieser Vorgehensweise keine Neuentwicklung des Lernszenarios erforderlich ist, reduzieren sich die Kosten der Inhalteentwicklung erheblich. Ein pragmatischer Wissensmanagementansatz für mittelständische Unternehmen Die Kompetenz aller Mitarbeiter, d.h. ihre Fähigkeiten sich in komplexen und dynamischen Situationen selbstorganisiert zurecht zu finden, wird zum zentralen Wettbewerbsfaktor der Unternehmen (vgl. Erpenbeck.J. & v. Rosenstiel, L., 2004 S. X). Wissen wird immer schneller und in immer größerem Umfang gewonnen und weiter entwickelt werden, um Wettbewerbsvorteile zu erreichen bzw. zu erhalten. Die betriebliche Praxis zeigt jedoch, dass die meisten Mitarbeiter nicht gelernt haben, eigene Erfahrungen und Eindrücke aktiv weiterzugeben und das Wissen anderer im Unternehmen zu nutzen und gemeinsam weiter zu entwickeln. Dies verwundert nicht, wenn man sich vor Augen hält, dass wir alle in Schule und Hochschule in erster Linie auf das Einzellernen hin ausgerichtet wurden. Deshalb ist es sinnvoll, diese Kompetenz in allen geplanten Lernprozessen schritt weise aufzubauen. Lernen und Arbeiten wachsen damit zusammen. Es wird nicht nur gelernt, um dann etwas anzuwenden, sondern es wird auch dann gelernt, wenn Wissen tatsächlich angewendet werden muss, wenn sich also ein Problem stellt. Wettbewerbsvorteile durch Blended Lerning Blended Learning im Sinne des Kompetenzmanagements vernetzt systematisch geplantes Lernen und situatives Lernen, das sich aus Problemlösungen in der betrieblichen Praxis ergibt, miteinander. Im Wissens-Netzwerk wird neben standardisiertem Lernwissen auch das Praxiswissen, das die Mitarbeiter in den Commnuities of Practice erarbeiten, gespeichert. Damit wächst der Wissensvorrat der Unternehmung permanent und ihre Chancen im Wettbewerb nehmen zu.
Kompetenzmanagement auf der Basis von Blended Learning bietet insbesondere auch mittelständischen Unternehmen wesentliche Vorteile für die betriebliche Bildung: - Höhere Lerneffizienz: Jeder Mitarbeiter erarbeitet sich sein notwendiges Wissen selbstorganisiert und individuell. Die Lerner in den Präsenzveranstaltungen besitzen homogenes Wissen, so dass sich die Trainer auf die Verarbeitung des Wissens, z.b. durch Diskussionen oder Übungen, konzentrieren können. In der Tranferphase werden de Lerner individuelle durch den Tutor begleitet. - Konsequente Praxisorientierung: Die Teilnehmer bringen ihre eigenen Praxisprobleme mit ein und entwickeln dafür Lösungen. In allen Qualifizierungsmaßnahmen lernen die Teilnehmer, aktives Wissensmangement zu betreiben. Der Wissensvorrat der Unternehmung wächst laufend. - Aktualität: Im Lernprozess greifen die Teilnehmer auf aktuelle Quellen im Intranet und/oder Internet zu. - Schnelligkeit und Flexibilität: Die Lernangebote sind weltweit, weitgehend losgelöst on Ort und Zeit, bei Bedarf verfügbar. - Individualität: Blended Learning erlaubt eine rasche Anpassung an spezfiische Bedarfe durch die Veränderung der Aufgaben und Inhalte sowie die Gestaltung der Workshops. - Kosteneinsparungen: Durch Einsatz individualiserbarer Standardcontents und ASP- Lösungen werden die Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen in Blended Learning Form deutlich gesenkt. Gleichzeitig wird die Abwesenheit vom Arbeitsplatz erheblich reduziert. Die Tagungs-und Trainerkosten können erhebich reduziert werden. Literatur o Bielawski, Larry & Metcalf, David: Blended E-Learning Integrating Knowledge, Performance Support and Online Learning, Amherst 2003 o Erpenbeck J. & Rosenstiel L. v. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung, Stuttgart 2003. o Heyse, Volker & Erpenbeck, John: Kompetenztraining, Stuttgart 2004 o Rosenberg, Marc J.: e-learning Strategies for Delivering Knowledge in the Digital Age, New York u.a. 2001 o Sauter, Annette, Sauter, Werner & Bender, Harald: Blended Learning Effiziente Integration von E-Learning und Präsenztraining, Neuwied - Kriftel 2. Auflage 2004 o Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin, Stuttgart 1990 o Wahl, Diethelm: Handeln unter Druck der weite Weg vom Wissen zum Handeln, Weinheim 1991
Annette M. Sauter Projektleiterin Institut ebusiness & Management Steinbeis Hochschule Berlin asauter@kompetenztraining.net Prof. Dr. Werner Sauter Institutsleiter Institut ebusiness & Management Steinbeis Hochschule Berlin sauter@kompetenztraining.net www.kompetenztraining.net