Finanztransaktionssteuer Wirksames Instrument zur Regulierung der Ma rkte?

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Transkript:

Finanztransaktionssteuer Wirksames Instrument zur Regulierung der Ma rkte? Paderborn, 5. November 2013 Peter Wahl Weltwirtschaft Ökologie & Entwicklung Berlin

Inhalt 1. Zum Kontext der FTS 2. Funktionsweise der Steuer 3. Direktivvorschlag der EU 4. Stand des politischen Prozesses

1. Zum Kontext der FTS

Globalisierung + Finanzialisierung Quantitative Explosion von Transaktionen

Funktions- und Gestaltwandel der Finanzmärkte Traditionell Zahlungssystem für Haushalte & Wirtschaft Kredite für private und öff. Investitionen Das neue System: Finanzialisierung Realökonomie Finanzmärkte Unterordnung Unterordnung Finanzmärkte Realökonomie Service Funktion der Finanzmärkte Vermögens- und reichtumszentriert Shareholder Value zentrales Unternehmensziel

Krise Verluste durch Crash: 11 Bio. $ (davon - 4BioBIP) BIP) Kosten Bankenrettung EU: 480 Mrd. Kosten der Konjunkturprogramme Zunahme öffentliche Verschuldung (D= 98 Mrd. ) Kosten der Euro-Krise (Hilfspakete, ESM etc.)

Finanzsektor ist unterbesteuert Für den Kauf jeder Scheibe Brots, für jedes Hemd fällt eine Steuer an Der Handel von Aktien, Anleihen, Derivaten ist steuerfrei Finanzmärkte ein Duty Free Shop

2. Funktionsweise der Steuer

Doppelfunktion der FTT Lenkungsfunktion Regulierung Hohes Einnahmepotential

Die Lenkungsfunktion der FTT (I) Beispiel Aktienspekulation ohne FTT I. Phase 10 h 100 Mio. Kurs 100 II. Phase 11 h 100.000.000. Der Kurs der Aktie steigt um 15 Basispunkte (0,15%) III. Phase 11.01 h 100,15 Mio. Kurs 100,15 100.150.000

Ergebnis Brutto 150.000 Gebühren - 10.000 (2x 0,005 Basispunkte) Profit 140.000000

Die Lenkungsfunktion der FTT (II) Beispiel: Aktienspekulation mit FTT I. Phase 10 h Kurs: 1 = 100 100 Mio 100.000.000 FTT=100.000 FTT=0,1% II. Phase 11 h Der Kurs der Aktie steigt um 15 Basispunkte 100,15 Mio III. Phase 11.05 h Kurs 100,1515 100.150.000 FTT=100.150

Ergebnis Brutto 150.000000 Gebühren -10.000 (2x 0,005 Basispunkte) FTT -200.150 Verlust 60.150

Direktivvorschlag der EU

Stationen eines langen Weges 1930 Keynes 1972 Tobin: Devisentransaktionssteuer 1996 UNDP Versuch mit Tobin-Steuer 2001 Schröder pro Tobin Steuer 2005 Frz. Ticketsteuer 2009 G20 Pittsburgh 2010 G20 Toronto 2011 Sept. Direktiventwurf EU 27 2013 Februar Vertiefte Zusammenarbeit

Die ECP ein erstaunlicher Schritt Bisher nur zwei Vorbilder Zum ersten Mal bei Besteuerung eine der heikelsten Fragen der EU Europapolitische Dimension

Nicht besteuert werden Zahlungsverkehr Kredite Operation von Zentralbanken ESM u.ä., öffentliche Schuldenverwaltung Transaktionen in Insolvenzverfahren Emission von Aktien und Anleihen Devisenspottransaktionen

Kommissionsvorschlag g() (I) Steuerbasis: Aktien Anleihen alle Derivate, incl. Kreditzertifikate Steuersatz: t 0,1% Aktien und Anleihen 0,01% 01% Derivate Mindestsätze: Erweiterung nach oben national möglich

Kommissionsvorschlag (II) Jede Transaktion wird besteuert (kein netting) Derivate nach Nominalwert des Underlying Käufer und Verkäufer zahlen jeweils die Steuer, d.h. pro Transaktion fällt die FTT zwei Mal an (counterparty principle) Alle Akteurstypen zahlen (Banken, Filialen, Fonds, Versicherungen, Pensionsfonds, SIVs) Verleih und dübertragung von Vermögenswerten steuerpflichtig (allerdings nur 1 x besteuert) Bei Derivaten, die mit itlieferung anderer assets verbunden sind, werden Derivat und gelieferte Instrumente besteuert OTC Handel wird besteuert Unternehmen ab 50% des Umsatzes auf FM Herkunftsprinzip Ausgabeprinzip

Einnahmepotential EU 27 55 Mrd. EU 11 32 Mrd. davon D ca. 11 Mrd. F ca. 10 Mrd.

Herkunftsprinzip(I) 11er Zone Transaktion von 1 Million Deutsche Bank Ffm BNP Paribas Paris FTT = 1.000 FTT = 1.000 Französischer Fiskus Deutscher Fiskus

Herkunftsprinzip(II) 11er Zone Transaktion von 1 Million BNP Paribas Paris FTT = 2.000 Französischer Fiskus Extraterritrorialität t i Goldman & Sachs New York

Ausgabeprinzip 11er Zone Transaktion von Volkswagenaktien über 1 Million HSBC Singapur FTT = 1.000 FTT = 1.000 Goldman & Sachs NY Deutscher Fiskus

Ausgabeprinzip als letztes Mittel..., das das Ansa ssigkeitsprinzip das das Hauptprinzip bleibt erga nzt. Ein Erzübel der Globalisierung wird angepackt: Kapital entzieht e t sich durch Mobilität der Regulierung und Besteuerung

Verwendungsfrage Der alte Entwurf sah vor Dass die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer teilweise als Eigenmittel in den EU-Haushalt fließen. Zurückgezogen Einnahmen bleiben in Mitgliedsland

Verwendung für globale öffentliche Güter F Zusage 10% für U & E Merkel Verwendung für Jugendarbeitslosigkeit i i in EU BMZ für Entwicklung Bundestag evtl. informelles Gentlemen Agreement

4. Stand ddes politischen Prozesses

Kräfteverhältnisse In ECP Deutschland Estland Frankreich Österreich Belgien Griechenland Italien Portugal Slowenien Slowakei Spanien Gemäßigte Nicht Mitmacher DK, Polen, Ro, BG, HU Keine Information Alle Übrigen UK Lux Malta IRL S Rabiate Gegner

Verwässerungsversuche Klage von UK vor EUGH (unterstützt von Lux) Pensionsfonds (NL, B) Staatsanleihen Sekundärhandel (I, Gr, P) REPO s (F) Netting (F) Derivate (F) Nennwertprinzip i bei Derivaten Völkerrechtliche Einwände gegen Counterparty-Prinzip

Einwände FTT trifft die Realwirtschaft FTT verteuert Finanzierung für Wirtschaft FTT trifft die Kleinsparer und Pensionsfonds FTT kann leicht umgangen werden FTT kappt 90% der Profite

...und die weiteren Aussichten? Koalitionsvereinbarung: Wir wollen eine Finanztransaktionssteuer mitbreiter Bemessungsgrundlage gg g und niedrigem Steuersatz zügig umsetzen. Die Auswirkungen auf Altersversorgung, Kleinanleger und Realwirtschaft sollen bewertet sowie negative Folgen vermieden werden. Unerwünschte Formen von Finanzgeschäften sollen zurückgedrängt werden.

Mehr als eine Steuer Zivilgesellschaft als Vorreiter der FTT Exemplarische Auseinandersetzung Steuerpolitischer Paradigmenwechsel Regulierung der globalisierten FM

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Links: Kampagne Steuer gegen Armut www.steuergegenarmut.de t WEED www.weed-online.org