Germanistik Jasmin Ludolf "Der blonde Eckbert": Die Wiederverzauberung der Welt in der Literatur der Romantik Studienarbeit
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung...2 2. Das Kunstmärchen...3 2.1 Charakteristika des Kunstmärchens...3 2.2 Das Märchenhafte als Wiederverzauberung der Welt...4 2.3. Der Begriff des Wunderbaren...5 3. Der blonde Eckbert Wiederverzauberung oder Grauen?...6 3.1 Wunderbare Elemente...6 3.2 Tränen eines heimlichen Grauens...7 4. Fazit...9 5. Literaturverzeichnis... 11 1
1. Einleitung Es gibt eine Art, das gewöhnlichste Leben wie ein Märchen anzusehen, eben so kann man sich mit dem Wundervollsten, als wäre es das Alltäglichste, vertraut machen. 1 Mit dem Märchenhaften assoziierten die Romantiker vergangene Zeiten, fern ab von der von ihnen kritisierten empirisch und rational ausgerichteten Welt. 2 Deshalb griffen die Schriftsteller der Romantik auf altes Volksgut, insbesondere das der Märchen, zurück und kreierten mit Hilfe der märchenhaften Elemente neue eigene Märchen, sogenannte Kunstmärchen. Diese waren häufig Medium narrativer Gesellschaftskritik und eines aufklärungskritischen poetologischen Diskurses 3. Dabei war das Ziel der romantischen Poesie [ ] die Aufhebung der Trennung zwischen Kunst und Leben, zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, zwischen Gegenwart und Vergangenheit, kurz die Poetisierung des Lebens anstelle seiner Politisierung. 4 An dieser Stelle ist auch von einer Wiederverzauberung der Welt durch die romantische Poesie die Rede. 5 Einer der tatkräftigsten Schriftsteller der Romantik war Ludwig Tieck, ein Autor, der bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts seine Schriften veröffentlichte und somit von der Frühromantik bis zur Spätromantik andere Autoren dieser Epoche maßgeblich beeinflusste. Unter anderem verfasste er, unter Rückgriff auf die Erzählungen der Volksmärchen, Kunstmärchen. Als eines der ersten Kunstmärchen gilt Der blonde Eckbert 6 Im Rahmen dieser Hausarbeit soll nun der Frage nachgegangen werden, inwiefern Tieck in seinem Kunstmärchen Der blonde Eckbert das Wunderbare behandelt und welche Intention er damit vermutlich verfolgt hat. Um sich der Thematik anzunähern, ist es sinnvoll, zunächst zu klären, worum es sich bei einem Kunstmärchen überhaupt handelt und warum dieses vor allem in der Epoche der 1 Quelle: Tieck, Ludwig: Phantasus. Herausgegeben von Manfred Frank. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 1985. S.113. 2 vgl. Burdorf, Dieter / Fasbender, Christoph / Moennighoff, Burkhard: Metzler Lexikon Literatur. Begriffe und Definitionen. Begründet von Günther und Irmgard Schweikle. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Stuttgart /Weimar: Metzler 2007. S.414. 3 Quelle: ebd. S.414. 4 Quelle: Beutin, Wolfgang / Ehlert, Klaus / Emmerich, Wolfgang / Hoffacker, Helmut / Lutz, Bernd / Meid, Volker / Schnell, Ralf / Stein, Peter / Stephan, Inge: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Vierte, überarbeitete Auflage mit 400 Abbildungen. Stuttgart: Metzlersche Verlagsbuchhandlung 1992. S.158. 5 vgl. Pikulik, Lothar: Frühromantik. Epoche Werke Wirkung. Zweite Auflage. München: Beck 2000. S.211ff. 6 vgl. Beutin u.a. 1992. S.178. 2
Romantik entstanden ist. Darauf folgend wird ein Focus auf den Begriff des Wunderbaren gelegt, da dieser ein zentrales Merkmal der Kunstmärchen darstellt. In diesem Zusammenhang soll kurz betrachtet werden, was unter dem Begriff des Wunderbaren generell verstanden wird um anschließend das Kunstmärchen Der blonde Eckbert daraufhin zu untersuchen, ob und wie dieses Element hier auftritt. Des Weiteren wird hier darauf eingegangen, welche Intention Tieck wohl verfolgte. Zeigt Der blonde Eckbert auch Anzeichen für eine Wiederverzauberung der Welt? Abschließend steht ein Fazit. 2. Das Kunstmärchen 2.1 Charakteristika des Kunstmärchens Im Allgemeinen versteht man unter einem Kunstmärchen eine kürzere Prosaerzählung wunderbaren Inhalts, die sich für den Leser erkennbar an ein bekanntes Modell des auch Volksmärchen genannten Märchens anlehnt. Im Unterschied zu diesem ist das Kunstmärchen eine individuelle Erfindung mit 7 unverstelltem Kunstcharakter. Das heißt, dass das Volksmärchen als Allgemeinbesitz gilt, welches durchaus aufgrund von mündlicher Überlieferung verändert wird, während dies beim Kunstmärchen als Eigentum eines Verfassers nicht geschehen darf. 8 Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine generelle Aussage, da es die eine Definition des Kunstmärchens nicht gibt. Dafür umfasst dieser Gattungsbegriff einen zu vielschichtigen Sachverhalt, der im Laufe der Zeit von den verschiedenen Autoren immer wieder anders ausgelegt wurde. Laut Wührl gibt es jedoch bestimmte Kennzeichen, die sich generell für das deutsche Kunstmärchen festhalten lassen. Zum einen ist es eine Weiterentwicklung der Volksmärchen. In diesem Zusammenhang wird die naive Moral im Volksmärchen, welche das Gute belohnt und das Böse bestraft 9 durch eine kritische Weltsicht ersetzt, wobei die Botschaft der Kunstmärchen oft verrätselt wird und somit eine hohe Anforderung an die Rezeptionsfähigkeit des Lesers 10 stellt. Des Weiteren 7 Quelle: Burdorf u.a. 2007. S.413. 8 vgl. Tismar, Jens / Mayer, Mathias: Kunstmärchen. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Stuttgart / Weimar: Metzler 1997. S.1. 9 Quelle: Wührl, Paul-Wolfgang: Das deutsche Kunstmärchen. Geschichte, Botschaft und Erzählstrukturen. Überarbeitete und aktualisierte Neuauflage. Hohengehren: Schneider 2003. S.3. 10 Quelle: ebd. 2003, S.3. 3