Sondernewsletter Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach 6 SGB VI Notwendige Klarstellung der Urteile des Bundessozialgerichts International Kompetent - Zuverlässig
Sehr geehrte Damen und Herren, aus gegebenem Anlass möchten wir mit dem Sondernewsletter auf die BSG-Urteile im Umgang mit der Befreiung berufsständisch Versorgter von der Rentenversicherungspflicht informieren. Für Fragen und Anregungen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Mit freundlichem Gruß Kai Mütze -Geschäftsführer- Die nachfolgenden Informationen sind lediglich allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson, juristischen Person oder Gesellschaft ausgerichtet. Obwohl wir uns bemühen, verlässliche und aktuelle Informationen zu liefern, können wir nicht garantieren, dass diese Informationen so korrekt sind, wie zum Zeitpunkt ihres Eingangs oder dass sie auch in Zukunft zutreffend sein werden. Niemand sollte aufgrund dieser Informationen handeln ohne geeigneten fachlichen Rat und ohne gründliche Analyse der jeweiligen Situation. Ausschließlich erbringen wir unsere Leistungen vorbehaltlich der Prüfung der Zulässigkeit unter Unabhängigkeitsgesichtspunkten nur im Einzelfall. Sämtliche Angaben erfolgen daher ohne jegliche Gewähr. Dieser Newsletter-Service ist für unsere Kunden und Interessenten gratis. Copyright 11/2013, Nachdruck, auch auszugsweise verboten.
Änderungen im Befreiungsrecht der Rentenversicherung Auswirkungen für berufsständisch Versorgte Das Bundessozialgericht hat mit Entscheidung vom 31.12.2012 grundlegende Neuerungen zum Befreiungsrecht judiziert. Danach müssen Mitglieder einer Versorgungseinrichtung wie zum Beispiel Angehörige freier (selbstständig ausgeübter) Berufe, wenn sie als Beschäftigte ihrer jeweiligen berufsständischen Kammer angehören (z.b. Ärzte, Apotheker, Architekten und Rechtsanwälte) sowohl bei jedem Wechsel ihrer Beschäftigung als auch bei jeder wesentlichen Änderung im Tätigkeitsfeld zwingend einen neuen Befreiungsantrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI stellen. Diese nationale Veränderung hat natürlich auch entsprechende Auswirkungen auf den Personenkreis der international tätigen Mitarbeiter. Wenn also ein im Ausland im Einsatz befindlicher Mitarbeiter zu diesem Personenkreis gehört, besteht hier ebenfalls Handlungsbedarf. Grund für diese Veränderung ist, dass das Bundessozialgericht einer einmal ausgesprochenen Befreiung nur noch eine begrenzte Rechtskraftwirkung zugesprochen hat, die auf die jeweilige Beschäftigung, für die eine Befreiung seinerzeit einmal ausgesprochen worden ist, begrenzt ist. Nachfolgend finden Sie den Wortlaut des Gesetzbuches ( 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI): Von der Versicherungspflicht werden befreit 1. Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Alle diese Anforderungen erfüllen die berufsständischen Versorgungswerke der klassischen verkammerten freien Berufe regelmäßig. Mit diesen Änderungen hat das Bundessozialgericht nunmehr eine streng am Wortlaut des Gesetzestextes orientierte Auslegung gewählt und klargestellt, dass ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitglieds eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder für eine tatsächlich ausgeübte selbstständige Tätigkeit gilt. Die Wirkung der Befreiung endet somit, wenn diese Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit aufgegeben wird. In dem neuen Befreiungsverfahren ist nunmehr zu beachten, dass in einem neuen Antrag sowohl die Tätigkeit genau zu bezeichnen und der Arbeitgeber konkret zu benennen ist. Freie Mitarbeiter, die sich beruflich im Ausland befinden, müssen diese Regelungen ebenso einhalten. Ändert sich also ein Tätigkeitsfeld bei z.b. einem Architekten, der im Ausland beschäftigt ist, muss ein erneuter Befreiungsantrag in Deutschland gestellt werden. Sofern der Mitarbeiter einen zusätzlichen lokalen Anstellungsvertrag bei der Tochtergesellschaft im Ausland erhält, ist auch hier unseres Erachtens Handlungsbedarf. Der Antrag zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht muss innerhalb von drei Monaten ab Tätigkeitsaufnahme gestellt werden, da sonst die gesetzliche Rentenversicherung die Befreiung erst mit Datum des Antragseinganges ausspricht ( 6 Abs. 4 SGB VI). Wird die Befreiung erst mit Datum des Antragseinganges wirksam, besteht für die Zeit vom Tätigkeitsbeginn bis zum Wirksamwerden der Befreiung sowohl eine Beitragspflicht in der Versorgungseinrichtung als auch eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Beispiel: Ein Mitarbeiter ist seit 2005 als Architekt für technische Zeichnungen bei einem Unternehmen angestellt. Zum 01.01.2013 wird dieser Mitarbeiter nach Brasilien entsandt. Er wird in Brasilien als General Manager eingestellt. Der Arbeitgeber muss seinen Mitarbeiter auffordern einen neuen Befreiungsantrag bei der Deutschen Rentenversicherung innerhalb der vorgegebenen Frist zu stellen. Ansonsten besteht eine doppelte Beitragspflicht - zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Versorgungseinrichtung. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet die doppelten Beiträge zu entrichten. Der beschäftigungsbezogene Befreiungsbescheid von der Deutschen Rentenversicherung ist vom Arbeitgeber zu den Entgeltunterlagen ( 8 Abs. 2 Nr. 1 Beitragsverfahrensordnung - BVV) zu nehmen und auf Verlangen den Prüfdiensten bei der Betriebsprüfung vorzulegen. Sollte dem Arbeitgeber kein aktueller Befreiungsbescheid oder Befreiungsantrag vorliegen, ist dieser verpflichtet, den Arbeitnehmer zur gesetzlichen Rentenversicherung anzumelden und die Beiträge dorthin zu entrichten. Um die neue Verfahrensweise einzuführen, ist es für einen Übergangszeitraum bis 31.12.2013 ausreichend, wenn statt eines Befreiungsbescheides vom Arbeitgeber die rechtzeitige Antragsstellung nachgewiesen wird. Wir weisen daraufhin, dass ein erhöhter Prüfeinsatz im Rahmen der Betriebsprüfungen durch die Rentenversicherung hierzu erkennbar ist.
Neben der Frage nach der Geltung einer Befreiung war vom Bundessozialgericht auch über die Frage nach der Erstreckung einer Befreiung nach 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zu entscheiden. Nachfolgend finden Sie den Wortlaut des Gesetzbuches ( 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB VI): (5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für eine zeitliche oder infolge ihrer Eigenart befristete Tätigkeit ist nicht allein nach 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI möglich. Das Bundessozialgericht hat hierzu festgestellt, dass 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI kein eigenständiger Befreiungstatbestand ist, da er aufgrund seiner Formulierung ( erstreckt sich ) regelmäßig eine Befreiung nach 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI denknotwendig voraussetze. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen einer Erstreckung kommt daher nur noch in Betracht, wenn unmittelbar vor der Aufnahme einer versicherungspflichtigen berufsfremden Beschäftigung oder Tätigkeit eine durch einen Bescheid nach 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI befreite berufsspezifische Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde. Berufsfremde Beschäftigung meint jede Tätigkeit, für welche die Voraussetzungen einer berufsgruppenspezifischen Befreiung nach 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorliegen. Angehörige eines freien Berufs, die bei der Antragsstellung nicht über eine Befreiung nach 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verfügen z.b. Berufsanfänger können deshalb zukünftig für berufsfremde Tätigkeiten keine Befreiung über 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mehr erhalten. Dies hat zur Folge, dass über das Vorliegen einer Erstreckung die Deutsche Rentenversicherung Bund in jedem Fall eine förmliche Verwaltungsentscheidung (Verwaltungsakt) herbeizuführen hat. Berufsständisch Versorgte, die zukünftig für die Ausübung einer berufsfremden Haupt- oder Nebentätigkeit im Wege einer Erstreckung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden wollen, müssen einen darauf ausgerichteten Antrag stellen. Dies gilt ebenso für Personen, die sich beruflich für Ihren Arbeitgeber im Ausland aufhalten. Auch hier muss die Antragsfrist gemäß 6 Abs. 4 SGB VI (Drei-Monats-Frist) eingehalten werden. Inhaltlich sind der Arbeitgeber und die Tätigkeit genau zu beschreiben. Weiterhin ist eine Bestätigung des zuständigen Versorgungswerkes vorzulegen, dass auch für die berufsfremde Berufsausübung der Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet ist. Der erteilte Erstreckungsbescheid ist wie der originäre Befreiungsbescheid vom Arbeitgeber zu den Entgeltunterlagen zu nehmen und bei einer Betriebsprüfung vorzulegen. Diese Neuregelung kommt besonders im Bereich der Syndikusanwälte zum Vorschein. Hierzu empfehlen wir Ihnen, sich entsprechend auch mit Ihrer Versorgungskammer beziehungsweise Ihrer Berufskammer in Verbindung zu setzen und die Rechtslage entsprechend zu besprechen. Nach unseren Kenntnissen sind die Berufskammern hierzu bereits aktiv und versuchen mit dem entsprechenden Versicherungsträger eine Einigung zu finden