Seite 1 von 10 Freie und Hansestadt Hamburg B e h ö r d e f ü r W i s s e n s c h a f t u n d F o r s c h u n g DIE SENATORIN Senatsempfang anlässlich der Tagung 400 Jahre Hochschulwesen in HH Rathaus, Bürgermeistersaal 05. September 2013, 20 Uhr Es gilt das gesprochene Wort. Sehr geehrter Herr Prof. Lenzen, sehr geehrter Herr Prof. Huck, sehr geehrter Herr Prof. Steiger, sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft (Gümbel), meine Damen und Herren, willkommen in der Freien und Hansestadt Hamburg. Im Namen des Senats begrüße ich Sie herzlich in unserem schönen Rathaus.
Seite 2 von 10 Ich freue mich sehr, dass Sie anlässlich von 400 Jahren Hochschulwesen in Hamburg eine spannende und anspruchsvolle geschichtswissenschaftliche Tagung in unserer Stadt abhalten. Ich habe gesehen: Sie haben ein überaus ambitioniertes Tagungsprogramm. Aber vielleicht haben Sie dennoch zwischendurch oder am Samstagnachmittag Gelegenheit, die Stadt ein wenig oder noch besser kennen zu lernen. Dabei werden Ihnen sicher immer wieder Hinweise auf das Selbstverständnis Hamburgs als maritime Kaufmannsstadt auffallen. Seefahrt und Handel prägen seit jeher das Stadtbild. Dabei gerät manchmal aus dem Blick, dass Hamburg noch viel mehr ist. Neben Kunst und Kultur ist die Wissenschaft genauso konstitutiv für die Identität dieser Stadt.
Seite 3 von 10 Das wusste auch Alexis de Tocqueville. Er schrieb 1856 in seinem Werk Der alte Staat und die Revolution über Hamburg, Zitat: Hamburg allein bleibt ein großes Zentrum des Reichtums und der Bildung. Meine Damen und Herren, es ist mir persönlich ein ganz wichtiges politisches Anliegen, das Bewusstsein hierfür wieder zu schärfen. Ich möchte, dass die Hamburgerinnen und Hamburger nicht nur stolz sind auf den Hafen, die florierende Wirtschaft und die gute Lebensqualität in ihrer Stadt. Sie haben allen Grund, ebenso stolz zu sein auf Wissenschaft und Forschung in Hamburg. Heute haben wir ausgezeichnete Hochschulen sowie zahlreiche außeruniversitäre Forschungseinrichtungen - mit ganz unterschiedliche Stärken: Die Einen in den
Seite 4 von 10 Naturwissenschaften, die Anderen in den Geistes- oder Sozialwissenschaften, wieder andere in der Medizin. Das Spektrum ist groß. Und besondere Stärke entfalten sie oft dort, wo sie interdisziplinär zusammenarbeiten. So wie bei CliSAP, einem der beiden Exzellenzcluster in Hamburg, in dem Kolleginnen und Kollegen aus der Klimaforschung, aus der Geschichtswissenschaft, der Friedensforschung, den Sozialwissenschaften und dem Fachbereich Kulturgeschichte und Kulturkunde zusammenarbeiten. Auch der neue Exzellenzcluster, das Center for Ultrafast Imaging, CUI, zeichnet sich durch Interdisziplinarität aus. Er widmet sich der Grundlagenforschung im Bereich der Photonenund der Nanowissenschaften. Das CUI hat seinen Sitz am Campus Bahrenfeld, den wir nach und nach als internationales Zentrum für Strukturforschung ausbauen. So haben wir erst
Seite 5 von 10 gestern den Spatenstich für das Centrum für strukturelle Systembiologie vorgenommen. Meine Damen und Herren, Keimzelle des akademischen Lebens in der Stadt ist historisch gesehen die Universität Hamburg. Deren Stärke liegt zum Einen in der Breite ihres Fächerspektrums. Zum Anderen hat sie sich mehrere strategische Forschungsschwerpunkte gesetzt, die zum Teil auf Traditionslinien des Hochschulwesens in Hamburg aufbauen Ihr Thema. Neben den erwähnten naturwissenschaftlichen Schwerpunkten haben die Geisteswissenschaften zahlreiche bemerkenswerte, überregional beachtete Leistungen vorzuweisen. Dazu zählt aktuell der Sonderforschungsbereich der Manuskriptkulturen. Auch der Bereich der
Seite 6 von 10 Mehrsprachigkeit ist weiterhin sehr stark mit dem Landesexzellenzcluster Linguistic Diversity Management in Urban Areas. Darüber hinaus gibt es ein großes Angebot an sogenannten Kleinen Fächern, etwa die Thaiistik oder die Vietnamistik. Und das Afrika-Asien-Institut genießt einen ausgezeichneten Ruf. Es gibt Projekte wie das des Historikers Prof. Goetz zur christlichen Wahrnehmung anderer Religionen im frühen und hohen Mittelalter, das durch einen ERC-Grant gefördert wird. Das Handbuch der politischen Ikonografie, herausgegeben von zwei Kunsthistorikern, erhielt große Beachtung. Ebenso wie die Geschichte Chinas des Sinologen Kai Vogelsang oder die sechsbändige Hamburgische Biografie, herausgegeben von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke.
Seite 7 von 10 Auch die Lehrerausbildung in Hamburg genießt einen hervorragenden Ruf: Hamburg war eines der ersten Länder, das die Lehrerausbildung stärker auf die Erfordernisse der späteren Berufstätigkeit ausrichtete. Im Fachbereich Erziehungswissenschaften werden alle Fachdidaktiken gebündelt. Auch das ist einzigartig in Deutschland. Ein weiteres erfolgreiches Alleinstellungsmerkmal weist die Fakultät für Wirtschaft und Sozialwissenschaften auf: Das besondere Studienangebot Sozialökonomie, das explizit auf Studierende ohne Abitur zugeschnitten ist. Ich könnte die Liste gemeinsam mit Herrn Professor Lenzen noch lange fortsetzen. Worauf ich hinaus will: Aus heutiger Sicht - angesichts von etwa 40.000 Studierenden, mehr als 160 Studiengängen und
Seite 8 von 10 dem geschilderten breiten Fächerspektrum - ist es nicht mehr nachvollziehbar, warum die Universität Hamburg so spät gegründet wurde; warum es einst so starke Kräfte in der Stadt gab, die es schafften, die Gründung einer Alma mater zu verhindern oder zumindest lange hinauszuzögern. Der Grund liegt, wie Sie wissen, im kaufmännisch dominierten Selbstverständnis der Freien und Hansestadt Hamburg. Die Mehrheit der hanseatischen Kaufleute hielt nicht viel von einer alma mater hamburgensis. Und die Mehrheit der Senatsvertreter und der Bürgerschaftsabgeordneten waren Kaufleute! In den zahlreichen Diskussionen über eine mögliche Universitätsgründung wurde immer wieder die geniale Einseitigkeit Hamburgs als Handelsund Wirtschaftsmetropole hervorgehoben. Diese Einseitigkeit war für viele Garant des
Seite 9 von 10 wirtschaftlichen Erfolgs. Eine Universität erschien da nur überflüssig oder gar störend. Meine Damen und Herren, der Erfolg der Universität Hamburg und später weiterer Hochschulen hat die Skeptiker eines Besseren belehrt. Wir brauchen die Freiheit der Wissenschaft, und wir brauchen Orte, an denen Menschen ihrer wissenschaftlichen Neugier nachgehen können. Diese Art von Wissenschaft erfordert eine große Leidenschaft, die auch die Professoren am Akademischen Gymnasium auszeichneten. Da sind zum Beispiel Joachim Jungius oder Johann Georg Büsch. Sie machten mit ihrer Arbeit Hamburg zu einem europaweit anerkannten intellektuellen Zentrum ihrer Zeit.
Seite 10 von 10 Schauen Sie sich um! Der eine oder andere einstmals skeptische Bürgermeister in diesem Saal wäre sicher stolz auf den festen Stand der Wissenschaft zwischen Alster und Elbe. Und würde vermutlich nachträglich Alexis de Tocqueville zustimmen: Hamburg allein bleibt ein großes Zentrum des Reichtums und der Bildung. In diesem Sinne heiße ich sie noch einmal herzlich willkommen und danke Ihnen für Ihr Engagement um die Erforschung der akademischen Tradition, nicht nur, aber auch, Hamburgs.