Kräuter. Ein kulinarisches Update

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Transkript:

MICHAEL HOFFMANN Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit der kulinarischen Verwendbarkeit von Kräutern in der Küche und kann nach meiner letzten Veröffentlichung im November 2007, auf einige neue Erkenntnisse zurückgreifen. Inzwischen kultiviere ich die Kräuter, die für meine Küche sinnvoll sind, selbst in meinem Garten vor den Toren Berlins. Auf drei Hektar werden überwiegend Gemüse und etwa vierzig verschiedene Kräuter ökologisch angebaut. Der folgende Bericht basiert ausschließlich auf der kulinarischen Sicht der Kräuter und lässt jeden medizinischen Hintergrund außen vor. Kräuter Ein kulinarisches Update Kräuter im Allgemeinen Kräuter, oder kochen mit Kräutern, liegt voll im Trend. Nur: was ist damit gemeint? Und wie geht man mit Kräutern richtig um? Und weiter: Was kann man alles aus ihnen machen? Welche Temperaturen sind empfehlenswert beim Umgang mit Kräutern? Kann man mit Kräutern wirklich kochen? Oder geht es bei ihnen um kalte bzw. lauwarme Zubereitungsarten? Werden Kräuter nicht bitter beim Erhitzen oder wenn sie zu lange gekocht werden? Und wie behalten Kräuter eigentlich ihre Farbe? Kann man Kräuter auch aufbewahren? Und wenn ja, wie lange? Und was macht man im Winter, wenn die Natur ein natürliches Wachsen nicht mehr zulässt? Es sind viele Fragen, die Gäste und interessierte Kollegen häufig stellen. Im Folgenden wird eine Struktur aufgezeigt, um den Umgang mit Kräutern zu vereinfachen. Kräuter aus botanischer Sicht Kräuter haben in unseren Breitengraden von März bis November Saison, wobei man die Witterungsverhältnisse berücksichtigen muss und es daher durchaus sein kann, dass man im Dezember unter einer leichten Schneedecke noch Kresse ernten kann und im Februar schon die erste Vogelmiere sprießt. Selbstverständlich kann man Kräuter auch zwölf Monate im Jahr ernten, wenn man sie unter einer Folie oder in einem Glashaus, welches vielleicht noch beheizt ist, gedeihen lässt; doch dieser Bericht bezieht sich ausschließlich auf den Freilandanbau. Durch den Freilandanbau bekommen die Kräuter eine viel bessere Struktur und einen intensiveren Geschmack. Das Kraut ist auch in seiner Handhabung robuster und das Blattgrün durch die natürliche Fotosynthese stabiler und intensiver. Das Kultivieren ist im Prinzip relativ einfach und pflegeleicht. Manche Kräuter sind einjährig und andere wiederum mehrjährig. Das Interessante ist jedoch 10 MICHAEL HOFFMANN No_ 12 2011 jc

die Möglichkeit, die Kräuter in verschiedenen Wachstumsstadien zu ernten. Ein Beispiel dafür ist der Ackersenf, ein einjähriges Kraut aus der Familie der Kreuzblütengewächse. Es hat eine leichte Schärfe und schmeckt nach Senf. Nach der Blüte bilden sich nach einer Zeit kleine Schoten. Lässt man sie reifen, gewinnt man später daraus die Saat für die nachfolgende Saison, oder man kann die Samen nach der Trocknung zu Senfmehl verarbeiten. Erntet man die Schoten jedoch in ihrem jugendlichen Charme, so bemerkt man ihre unglaubliche Geschmacksintensität und schmeckt die gebündelte Kraft der Pflanze. Kräuter in der Küche Die Zubereitung von Kräutern ist im Allgemeinen eine sehr sensible Angelegenheit. Zum einen sind Kräuter sehr empfindlich, was die Lagerung betrifft und zum anderen ist es äußerst wichtig, den richtigen Geschmackspunkt zu treffen. In ihm entscheidet sich die Zubereitung und die mögliche Verarbeitungstemperatur. Die simpelste Form mit Kräutern umzugehen, ist die im kalten Zustand; verschiedene Kräuter werden einfach gemischt und mit einer Marinade mariniert. Bei bestimmten Kräutermischungen ist es durchaus möglich, ohne Marinade auszukommen, doch die richtige Mischung muss mit Bedacht gewählt sein. Aus Kräutern lassen sich verschiedene Emulsionen, Cremes und Texturen herstellen, jedoch muss der Umgang in der Küche geübt und überlegt sein. Kräuter können zum Würzen und als Aromaträger benutzt werden, ob frisch oder auch im getrockneten Zustand. Ein Beispiel für die geschmackliche Vielfalt und Nutzbarkeit von Kräutern sei an einer Salatmischung in drei Stufen erklärt: Die Grundzubereitung für einen Kräutersalat Er wird bestimmt durch Zugaben von gezielt eingesetzten Kräutern, Gemüse, sowie von Elementen, deren Auswirkung auf Geschmack, Textur und Sensorik entscheidend ist. Stufe 1 Volumen Die Grundlage eines Kräutersalates Zutaten: verschiedene und geschmacklich unterschiedliche Kräuter Zubereitung: Wildkräuter mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und Texturen werden im richtigen Verhältnis vermischt. Geschmacksbeispiele sauer Sauerklee, Sauerampfer, Römischer Ampfer süß Süßdolde, Melisse, Wiesenkümmel nussig Vogelmiere, Ackerhellerkraut scharf Kresse, Bärlauch, Senfspinat fleischig Fette Henne, Schnittlauch, Borretsch Kräuter 11

Durch die Zugabe der genannten Kräuter gewinnt der Kräutersalat einen geschmacklichen Unterbau, der durch die Intensität der Kräuter und ihrer Struktur durchaus auch ohne weitere Zutaten auskommen kann. Stufe 2 Kross Die Textur und der reduzierte Geschmack eines Kräutersalates Zutaten: zum Trocknen geeignete Kräuter Zubereitung: Ausgewählte»Aromakräuter«werden im Dehydrator getrocknet und zuletzt in den Salat mit eingearbeitet; der Salat erhält eine Würze, die gleichzeitig seiner Textur dient. Geschmacksbeispiele Estragon für das Anisaroma Bohnenkraut für den Pfefferanteil Holunderblüten für das blumige Aroma Stufe 3 Wärme Die Cremigkeit und der Schmelz eines Kräutersalates Zutaten: zur warmen Verarbeitung geeignete Kräuter Zubereitung:»Gemüsekräuter«werden mit Öl und Wasser emulgiert, sodass eine sämige bis cremige Konsistenz entsteht. Sie können als Spiegel auf den Teller gegossen werden, um die Kräuter darauf aufzubauen, oder zum Schluss über den Salat geträufelt werden. Geschmacksbeispiele Petersilie buttrig / frisch / grün Schnittlauch feine Schärfe Kresse pfeffriges Aroma Wenn die Fülle dieser Elemente ins Spiel kommt, kann man durchaus auf Gewürze in Form von Pfeffer, diversen Salzen und anderen Elementen wie Senf, Honig oder Parmesan verzichten. Kräuter und der Umgang mit Temperatur Auch hier ist ein sensibler Umgang erforderlich, denn schnell können Kräuter ihre frische Farbe verlieren und einen unangenehmen, bitteren Geschmack annehmen. Manche Kräuter vertragen keine oder nur wenig Hitze, andere sind in der Hitze stabil und entfalten dabei ein positiv verändertes Aroma. Kräuter verändern beim Erhitzen über bestimmte Temperaturen ihre Textur, den Geschmack und die Farbe. Am Beispiel des Sauerampfers wird deutlich: Ist die Temperatur höher als 30 C, wird er sofort grau und unansehnlich. Sauerampfer eignet sich wie alle anderen Ampferarten nur für die kalte, bzw. lauwarme Zubereitung. 12 MICHAEL HOFFMANN No_ 12 2011 jc

Die Temperaturskala, mit der ich in meiner Küche mit Kräutern umgehe, reicht von 25 C bis 140 C. Damit können viele Zubereitungsarten berücksichtigt werden von der Erwärmung, unter einer Wärmelampe, über das Dünsten bis hin zum Kochen und Frittieren: bis 35 C temperiert in leicht erwärmtem Öl oder Flüssigkeiten bis 50 C temperiert in erwärmter Vinaigrette bis 70 C temperiert in Suppen, Saucen, Fonds und Zuckersirup bis 95 C temperiert durch ziehenlassen in fertigen Jus oder Fonds bis 100 C temperiert durch Kochen, Blanchieren oder im Zubereitungsverfahren bis 140 C temperiert durch Frittieren in heißem Öl Kräuter-Lagerung Die richtige Wahl der Lagerung beginnt mit der Temperatur. Kräuter sollten nach Möglichkeit immer sehr frisch geerntet, bzw. geschnitten werden. Das lässt sich auch ohne eigenen Garten sehr gut arrangieren, indem man Kräuter auf dem Balkon oder der Fensterbank in kleinen Töpfen zieht. Somit erhält man die Gelegenheit, sich immer den auch wirklich benötigten Bedarf frisch zu schneiden. Manchmal ist es notwendig, Kräuter aufzubewahren. Wenn sie gelagert werden sollen, legt man sie Bundweise in kaltes Wasser, damit sie wieder eine knackige Struktur bekommen. Dann kann man sie mit den Stielen ins Wasser stellen und im Kühlschrank aufbewahren. Wenn diese Lagerungsart zu viel Platz in Anspruch nimmt, wird empfohlen, die einzelnen Kräuterbunde in ein nasses Küchenkrepp einzuschlagen und in den Kühlschrank bei einer Temperatur zwischen 8 C und 10 C zu legen. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Kräuter in einem Plastikbeutel aufzubewahren. Bei dieser Vorgehensweise halten sich die Kräuter bis zu fünf Tagen, wobei das Kraut täglich an Aroma verliert. Deswegen lautet die Empfehlung: nur so viele Kräuter lagern, wie benötigt. Kräuter-Aroma Es versteht sich von selbst, dass das beste Aroma direkt nach der Ernte erhalten bleibt. Dieses erfahre ich allzu oft, wenn ich in meinem Garten bin und stelle dabei immer wieder fest, dass kein Aroma so intensiv ist, wie nach dem direktem Anschnitt. Trotz allem gibt es Hinweise, wie man ein sehr gutes Aroma erhalten kann. Ein wichtiges Indiz dafür ist die Erntetemperatur, die sich nach der Außentemperatur richtet. Für alle Kräuter ist die beste Erntezeit der frühe Vormittag bei einer Temperatur zwischen 12 C und 15 C. Tipps für den Erhalt des Aromas: Zu vermeiden ist, dass Kräuter zu lange in der prallen Hitze stehen. Die Kräuter nicht vorschneiden oder zupfen, sondern zuallerletzt sich der Zubereitung widmen. Nie zulange in warmen Flüssigkeiten ausziehen lassen, sondern mit Kräutern wie bei der Teezubereitung umgehen. Am Beispiel des Thymians: in ein Sieb legen und die heiße Sauce darüber gießen. Frischer kann eine Thymianjus nicht schmecken! Kräuter 13

Einteilung von Kräutern Die in meiner Küche verwendeten Kräuter teile ich in vier Kategorien ein. Der Grund dafür liegt in einer besseren Übersicht, was man mit welchem Kraut wie machen kann, wobei es durchaus Kräuter gibt, die durch ihre Beschaffenheit in mehreren Kategorien vorkommen können. Würzkräuter Mit Würzkräutern werden Gerichte wie Eintöpfe, Sugos, Chutneys und ähnlichem gewürzt; die Kräuter bleiben auch nach der Zubereitung in den Speisen. Beispiele für geeignete Kräuter: Basilikum / Bronzefenchel / Dill / Liebstöckel / Koriander / Estragon / Ackersenf / Bärlauch / Minze Aromakräuter Hiermit werden Gerichte, Fonds, Suppen und Saucen aromatisiert; die Kräuter werden anschließend aus der Zubereitung entfernt. Darauf zu achten ist, dass die Zeit von 10 15 Minuten der Aromatisierung nicht überschritten wird. Die Temperatur darf bei maximal 85 C liegen. Beispiele für geeignete Kräuter: Lavendel / Bohnenkraut / Zitronenverbene / Thymian / Rosmarin / Salbei / Majoran / Waldmeister / Kamille Salatkräuter Diese Kräuterarten geben Gerichten eine Struktur durch die unterschiedlichen Aromen, Texturen, Farben und Beschaffenheiten. Sie eignen sich meist nur für die kalte bis lauwarme Zubereitung. Auch kann man sie gut zuallerletzt unter warme Gerichte mischen, wie z.b. bei einer Pasta. Beispiele für geeignete Kräuter: Sauerklee / Giersch / Pimpinelle / Franzosenkraut / Fette Henne / Melde / Portulak / Römischer Ampfer Gemüsekräuter Gemüsekräuter sind die vielfältigsten Kräuter. Man kann damit wunderbar eigenständige Gerichte kochen, und sie sind bei mir besonders beliebt in der Gemüseküche. Diese Kräuter haben eine besonders gute Struktur und sind somit unter anderem sehr gut für die warme Zubereitung geeignet. Beispiele für geeignete Kräuter: Löwenzahn / Brunnenkresse / Portulak / Beinwell / Spitzwegerich / Schnittlauch / Fette Henne / Chinesischer Senf Kräuter im Winter bzw. das Konservieren von Kräutern Pflegt man den Umgang mit Kräutern auch über die Vegetationsperiode hinaus, sollte man rechtzeitig Vorbereitungen treffen, um sich einen Vorrat anzulegen. Die Schwierigkeiten bestehen darin, Frische, Farbe, Textur und Geschmack zu erhalten. 14 MICHAEL HOFFMANN Frieren Alle Kräuter lassen sich selbstverständlich Einfrieren und behalten dadurch auch ihre Farbe, doch werden sie alle nach dem Auftauen weich und eignen sich höchstens noch für die Zubereitungsart Pürieren. Trocknung Die Trocknung eignet sich sehr gut für die Konzentration des Aromas, wobei die Farbe des Krauts in ein mattes Grün verfällt, aber der Geschmack ist gebündelt vorhanden. Am besten funktioniert das scho- No_ 12 2011 jc

nend unter kontrollierter Temperatur in einem Dehydrator. Die Kräuter können mit Stielen bei ca. 40 C getrocknet werden und anschließend in einem luftdichten Gefäß an einem dunklen Ort gut für die Weiterverarbeitung aufbewahrt werden. Für die Anwendung der getrockneten Kräuter gibt es viele Möglichkeiten sei es als Textur in einem Gericht oder um in Flüssigkeiten das Aroma ausziehen zu lassen. Salz Werden größere Mengen Kräuter mit Meersalz vermischt und vorsichtig mit einem Mörser zermahlen, nimmt das Meersalz den Geschmack der Kräuter auf. Am besten eignen sich dafür Aromakräuter wie Salbei, Thymian, Rosmarin; es geht aber auch gut mit einer Mischung aus Minze und Zitronenverbene. Die zu empfehlende Dosierung ist 70% Kräuter und 30% Meersalz. Bei dieser Konservierungsart lassen sich einzelne Bestandteile eines Gerichtes sehr gut aromatisieren. Zucker Hiermit ist genauso zu verfahren wie mit der Salzmethode. Essig Eine von mir gern genutzte Variante ist es, die Kräuter in einem guten, aber recht neutralen Essig zu konservieren und diesen dann über mehrere Jahre reifen zu lassen. Damit lässt sich wunderbar das Aroma transportieren. Sirup Auch hier kann man sehr viele Kräuter nutzen, indem man sie in einer Zuckerlösung ausziehen läßt. Wichtig ist, dem Sirup Zeit zum Entfalten zu geben. Am besten reift man ihn in geschlossenen Gläsern ein paar Wochen. Darüber hinaus ist es ja auch nicht notwendig, das ganze Jahr über immer auf alles zurückgreifen zu können, denn der Wert liegt auch in der Vorfreude auf die jeweilige Jahreszeit mit ihren Produkten. Neben dem saisonalen Aspekt ist es mir wichtig, einen Beitrag für unsere Umwelt zu leisten, indem ich mich weitestgehend auf regionale Produkte konzentriere. Dieser kurze Konservierungsüberblick soll auch darstellen, welche Möglichkeiten es gibt, nachhaltig zu arbeiten und lange Lieferwege aus aller Welt zu vermeiden. Und nicht zuletzt: Stellt man etwas selbst her, weiß man auch, was drin ist. Anmerkung Alle hier geschilderten Erfahrungen werden in meiner Küche zelebriert und sind der Wissensstand vom Frühjahr 2011. Einige Passagen in diesem Text sind meinem Buch: Kräuter, Tre Torri Verlag Wiesbaden 2007, entnommen. Kräuter 15