S3-Leitlinie Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen



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S3-Leitlinie Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für nästhesiologie und Intensivmedizin (federführend) Roritzerstraße 27 9419 Nürnberg Deutsche Gesellschaft für llgemein- und Viszeralchirurgie (DGV) Deutsche Gesellschaft für nästhesiologie und Intensivmedizin (DGI) Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) Deutsche Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Deutsche Sepsis-Gesellschaft (DSG) Korrespondenzadresse: Univ.-Prof. Dr. med. G. Marx FRC Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care Uniklinikum RWTH achen Pauwelsstr. 3 5274 achen i

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis bkürzungsverzeichnis usgangslage Ziele der Leitlinie nwenderzielgruppe Empfehlungsgrade () ii ii iii iv iv v v nfangsstatement und übergreifende Empfehlung 1 Kapitel 1: Diagnose des Volumenmangels 2 Kapitel 2: Therapie in der Nüchternphase 4 Kapitel 3: Unterschiede zwischen peri-interventionellen und ICU-Patienten 4 Kapitel 4a: Unterschiede zwischen Kolloiden und Kristalloiden bei peri-interventionellen Patienten 5 Kapitel 4b: Unterschiede zwischen Kolloiden und Kristalloiden bei ICU-Patienten 6 Kapitel 5a: Unterschiede zwischen den Kolloiden bei peri-interventionellen Patienten 7 Kapitel 5b: Unterschiede zwischen verschiedenen Kolloiden bei ICU-Patienten 8 Kapitel 6a: Unterschiede zwischen den Kristalloiden bei peri-interventionellen Patienten 9 Kapitel 6b: Unterschiede zwischen den Kristalloiden bei ICU-Patienten 1 Kapitel 7a: Steuerung der Volumentherapie bei peri-interventionellen Patienten 11 Kapitel 7b: Steuerung der Volumentherapie bei ICU-Patienten 12 Literatur 13 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: WMF-Schema zur Formulierung von Empfehlungen in bhängigkeit von der Empfehlungsstärke... v ii

bkürzungsverzeichnis WMF rbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.v. E asenüberschuss DGI Deutsche Gesellschaft für nästhesiologie und Intensivmedizin: DGV Deutsche Gesellschaft für llgemein- und Viszeralchirurgie DGCH Deutsche Gesellschaft für Chirurgie DGGG Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe DGIM Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin DGIIN Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin DGK Deutsche Gesellschaft für Kardiologie DGNI Deutsche Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin DGOU Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie DGP Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft DGTHG Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie DGU Deutsche Gesellschaft für Urologie DIVI Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin DSG Deutsche Sepsis-Gesellschaft GEDV(I) globales enddiastolisches Volumen (Index) Empfehlungsgrad HES Hydroxyethylstärke ICU Intensivtherapiestation IFOM Institut für Forschung in der Operativen Medizin ITV(I) intrathorakales lutvolumen(-index) POP Pulmonalarterieller Okklusionsdruck PLR Passives nheben der eine / passive leg raising PP-Var. Pulsdruck-Variation ScvO 2 Zentral-venöse Sauerstoffsättigung SVV Schlagvolumen-Varianz TTE transthorakle Echokardiografie ZVD Zentraler Venendruck iii

usgangslage Die intravasale Volumen- und Flüssigkeitstherapie ist ein Grundpfeiler der stationären ehandlung erwachsener Patienten. Sie betrifft alle die überwiegende Mehrheit der ca. 2 Mio. jährlich in Deutschland [2] stationär behandelten Patienten z.. peri-operativ bzw. peri-interventionell, wenn Nüchternheit medizinisch indiziert ist, oder wenn die enterale Flüssigkeitsresorptionsrate die notwendige Substitutionsrate unterschreitet, z.. im Schock, bei großen Flüssigkeitsumsätzen im Rahmen großer Operationen oder bei reduzierter enteraler Resorption als Folge von anhaltendem Erbrechen oder schweren Durchfällen. Durch einige multizentrische Studien der letzten Jahre ist außerdem eine intensive Diskussion um Nutzen und Schaden der bisherigen, pathophysiologisch fundierten Therapiekonzepte entstanden. Diese intensive Diskussion hat nicht zuletzt zur Eröffnung eines Pharmakovigilanz-Verfahrens über die Verwendung von Hydroxyethylstärke durch die Europäische rzneimittel-gentur EM im November 212 geführt. Im Ergebnis rät der usschuss für Risikobewertung im ereich der Pharmakovigilanz (PRC) vom Einsatz bei Patienten mit Sepsis und Verbrennungen ab [3]. Die Empfehlungen der vorliegenden WMF- S3 Leitlinie basieren auf der ausgewerteten Evidenz und sind unabhängig von den EM Empfehlungen zu betrachten Die Deutsche Gesellschaft für nästhesiologie und Intensivmedizin (DGI) hat die große edeutung des Themas und die Verunsicherung der von ihr vertretenen Ärztinnen und Ärzte zum nlass genommen, mit dieser Leitlinie zu einer evidenzbasierten Volumentherapie beizutragen. Ziele der Leitlinie Das Ziel der Leitlinie ist die Verbesserung der Versorgungsqualität bei der Volumentherapie von stationär behandelten erwachsenen Patienten. Eine optimale Volumentherapie umfasst Indikationsstellung, Dosisfindung und die Wahl der am besten geeigneten Infusionslösung für den jeweiligen Patienten. Für jeden dieser drei ereiche gibt es konkurrierende Konzepte, die im Rahmen der Leitlinie erörtert und bewertet werden. Dadurch befördert die Leitlinie eine optimale, d. h. evidenzbasierte, wirksame, richtig dosierte und Nutzen-Risiko-optimierte (d. h. effiziente) ehandlung von Volumenmangelzuständen bei erwachsenen Patienten in Kliniken aller Versorgungsstufen. Die Empfehlungen der Leitlinie sollen zur Verbesserung der Struktur- und Prozessqualität in den Kliniken beitragen und die Ergebnisqualität verbessern helfen. Deshalb kann und soll die Leitlinie in akuten ehandlungssituationen sowie in Diskussionen zu lokalen Protokollen und in Qualitätszirkeln etc. genutzt werden. Die Leitlinie möchte zur Diskussion des Themas iv

Volumentherapie anregen; Kritik und Verbesserungsvorschläge sind ausdrücklich erwünscht und sollen idealerweise prägnant zusammengefasst und mit Literatur belegt an den Herausgeber weitergeleitet werden. Die Leitlinie bezieht sich nicht auf die Infusionstherapie bei Patienten ohne Volumenmangel (z.. parenterale Ernährung, Korrektur von Elektrolyt- oder Säure-asen-Imbalancen, als Trägerlösungen für die Medikamentenapplikation). Ebenfalls bezieht sich die Leitlinie nicht auf die Therapie mit lutprodukten, hier verweist die Leitliniengruppe auf die entsprechende Querschnittsleitlinie der undesärztekammer. nwenderzielgruppe Die Leitlinie wendet sich in erster Linie an medizinische Fachkräfte insb. Ärzte und Pflegekräfte die mit der Durchführung einer intravasalen Volumentherapie (Diagnostik, Wahl der Lösung, Therapiesteuerung) bei stationären Patienten im Sinne der o.g. Zieldefinition betraut sind. In zweiter Linie wendet sich die Leitlinie an ngehörige anderer medizinischer erufsgruppen sowie Patienten und deren ngehörige. Empfehlungsgrade () Die Empfehlungsgrade (Grade of Recommendation, ) drücken aus, wie wahrscheinlich die empfohlene Handlung zu einem Patienten-relevanten Nutzen bzw. zur Vermeidung eines Schadens führt. Der berücksichtigt die methodische Qualität der zugrunde liegenden Studien (LoE), die klinische Relevanz der berichteten Effektivitätsmaße und der beobachteten Effektgrößen, die Konsistenz der Studienergebnisse, die Übertragbarkeit auf die Zielpopulation, die nwendbarkeit im ärztlichen lltag, ethische Verpflichtungen und Patientenpräferenzen. Dem entspricht die Formulierung der Empfehlungen, indem soll, sollte und kann nach dem folgenden Schema mit den, und assoziiert wurden: Tabelle 1: WMF-Schema zur Formulierung von Empfehlungen in bhängigkeit von der Empfehlungsstärke [1] Empfehlungsgrad rt der Empfehlung Vokabular starke Empfehlung soll Empfehlung sollte offene Empfehlung kann v

nfangsstatement und übergreifende Empfehlung nfangsstatement S-1 Theoretisch wichtige differenzierte Empfehlungen zur Flüssigkeits- und Volumentherapie können aufgrund fehlender Evidenz nicht hinreichend sicher formuliert werden. Deswegen haben die für die Volumentherapie getroffenen Empfehlungen auch Gültigkeit für die Flüssigkeitstherapie bei peri-interventioneller isotoner Dehydratation. --- ei allen anderen Dehydratationsformen insbesondere in der Intensivmedizin muss eine differenzierte Substitution erfolgen. Diese spekte sind nicht estandteil der Leitlinie. Empfehlung Ü-1 Sofern eine rasche pplikation eines Volumenersatzmittels peri-interventionell erforderlich ist, sollten komprimierbare Gebinde zur Schnellinfusion angewendet werden. 1

Kapitel 1: Diagnose des Volumenmangels Empfehlung 1-1 Jeder Patient mit einem Verdacht auf einen Volumenmangel soll insbesondere mit der Fragestellung lutung, Dehydratation oder anderer Ursachen für einen Volumenverlust unter erücksichtigung der namnese körperlich untersucht werden. Empfehlung 1-2 ei der Diagnose eines Volumenmangels sollen ergänzend Laborparameter wie Laktat, ScvO 2, Hämatokrit oder ase Excess (E) erhoben werden. Empfehlung 1-3 1 Für die Diagnose eines Volumenmangels bei spontan atmenden sowie bei beatmeten Patienten soll der ZVD sowohl bei peri-operativen als auch bei intensivmedizinischen Patienten nicht verwendet werden. Empfehlung 1-4 Wenn durchführbar, sollte zur Diagnose eines Volumenmangels / einer Volumenreagibilität ein Lagerungsmanöver zur utotransfusion (Trendelenburg- Position, nheben der eine) durchgeführt werden. Empfehlung 1-5 Idealerweise sollte die Überprüfung der Volumenreagibilität mittels Messung des Schlagvolumens oder eines dynamischen Vorlastparameters erfolgen. Empfehlung 1-6 Zur initialen bschätzung der Volumenreagibilität kann die Veränderung des lutdrucks herangezogen werden.. 1 Diese Empfehlung wurde durch die Deutsche Sepsisgesellschaft (DSG) im Rahmen der externen egutachtung wie folgt kommentiert: Die DSG kann dieser Empfehlung nicht zustimmen, weil Prognosestudien hierzu nicht vorliegen und die alance zwischen dem Nutzen und Risiko dieser Grad -Empfehlung nicht ausgewogen ist ( undesirable probably outweigh desirable ). 2

Empfehlung 1-7 Zur Diagnose eines Volumenmangels können volumetrische Vorlastparameter (ITV / GEDV) verwendet werden. Empfehlung 1-8 Die beatmungsinduzierte Variation des Schlagvolumens (Messung dynamischer Vorlastparameter) sollte zur Diagnose eines Volumenmangels / der Volumenreagibilität herangezogen werden. Empfehlung 1-9 ei Intensivpatienten kann zur Untersuchung des Volumenstatus eine transthorakale Echokardiographie (TTE) erfolgen. Empfehlung 1-1 ei Patienten mit unklarer hämodynamischer Instabilität (insbesondere wenn eine kardiale Ätiologie vermutet wird) soll eine Echokardiographie durchgeführt werden. Empfehlung 1-11 Die sonographische Messung der Vena cava inferior kann bei Intensivpatienten zur Diagnose eines Volumenmangels durchgeführt werden. 3

Kapitel 2: Therapie in der Nüchternphase Statement S-2 ufgrund der vorliegenden Daten ist keine ussage zum Effekt einer Volumentherapie in der Nüchternphase bezogen auf das Überleben möglich. Empfehlung 2-1 --- Prä-interventionell bestehende Volumendefizite sollten prä-interventionell ausgeglichen werden. Kapitel 3: Unterschiede zwischen peri-interventionellen und ICU-Patienten Die Schlüsselfragen des Kapitels 3 wurden zurückgezogen, da sie so klinisch nicht relevant sind. Die relevanten Fragen werden für die spezifischen Kollektive in den Kapiteln 4 ff. beantwortet. 4

Kapitel 4a: Unterschiede zwischen Kolloiden und Kristalloiden bei peri-interventionellen Patienten Statement S-3 ufgrund der vorliegenden Daten gibt es keinen Hinweis, dass der periinterventionelle Einsatz von 6% HES 13/Gelatine/lbumin mit einer periinterventionellen Nierendysfunktion assoziiert ist. Empfehlung 4a-1 --- ei der peri-interventionellen Therapie der akuten Hypovolämie können kolloidale Lösungen (6% HES13 und Gelatine) gleichberechtigt zu Kristalloiden als Volumenersatz verwendet werden. Empfehlung 4a-2 2 eim peri-interventionellen Volumenersatz sollten balanzierte kristalloide bzw. balanzierte kolloidale Lösungen verwendet werden. Empfehlung 4a-3 2 Zur intraoperativen Optimierung hämodynamischer Parameter können zum Preloading vor Spinalanästhesie künstliche kolloidale Lösungen (6% HES13/Gelatine) verwendet werden. Empfehlung 4a-4 ei Schwangeren und Stillenden sollen Kolloide zum peri-partalen Einsatz aufgrund fehlender Daten zur Unbedenklichkeit für das Kind auf Notfallsituationen begrenzt werden. 2 Diese Empfehlung wurde durch die Deutsche Sepsisgesellschaft (DSG) im Rahmen der externen egutachtung wie folgt kommentiert: Die DSG kann dieser Empfehlung nicht zustimmen. 5

Kapitel 4b: Unterschiede zwischen Kolloiden und Kristalloiden bei ICU-Patienten Statement S-4 ufgrund widersprüchlicher Ergebnisse und methodischer Mängel der vorhandenen Studien empfiehlt die Leitliniengruppe die Durchführung von randomisierten Studien zum Einsatz von Kolloiden (6% HES 13/Gelatine/lbumin) im Vergleich zu Kristalloiden bei kritisch kranken Patienten. Dabei soll ein unverzüglicher Studieneinschlusses und die nwendung der in dieser Leitlinie konsentierten Maßnahmen und Zielparameter zur Indikation/Steuerung einer Volumentherapie berücksichtigt werden. Empfehlung 4b-1 --- Prinzipiell sollte der Volumenersatz beim Intensivpatienten mit kristalloiden Lösungen erfolgen. Empfehlung 4b-2 HES soll bis zur Klärung durch die geforderte Studie derzeit bei kritisch kranken Patienten nicht verwendet werden. Im hämorrhagischen Schock ist der Einsatz kritisch abzuwägen. Empfehlung 4b-3 Wenn nach Einschätzung des rztes eine akute Hypovolämie allein mit Kristalloiden nicht ausreichend therapiert werden kann, können darüber hinaus Gelatine und Humanalbumin zum Einsatz kommen. Empfehlung 4b-4 Zum Volumenersatz bei Intensivpatienten sollten balanzierte kristalloide bzw. balanzierte kolloidale Lösungen verwendet werden. 6

Kapitel 5a: Unterschiede zwischen den Kolloiden bei periinterventionellen Patienten Statement S-5 ufgrund der niedrigen Ereignisraten zu dem Endpunkt Sterblichkeit und unzureichender Daten zu wesentlichen Morbiditätsendpunkten können aus der Literatur keine Empfehlungen für den bevorzugten Einsatz einer Kolloid-Gruppe (Humanalbumin, Gelatine und HES) abgeleitet werden. Empfehlung 5a-1 3 --- ei bestehender Indikation zur Gabe eines kolloidalen Volumenersatzmittels können Humanalbumin, Gelatine und HES gleichberechtigt zum periinterventionellen Volumenersatz erwogen werden. Empfehlung 5a-2 Werden kolloidale Volumenersatzlösungen peri-interventionell verwendet, soll die uswahl der Kolloide nach rechtlichen, transfusionsmedizinischen, organisatorischen, ökonomischen und logistischen Gründen erfolgen. Empfehlung 5a-3 Werden kolloidale Lösungen peri-interventionell eingesetzt, sollten in Hinblick auf metabolische und andere Endpunkte (asendefizit, ph-wert, Chloridkonzentration) balanzierte Lösungen zur nwendung kommen. Empfehlung 5a-4 ei der uswahl einer kolloidalen Volumenersatzlösung sollen patientenspezifische spekte wie z.. allergisches Potenzial, Nierenvorschädigung, Gerinnungsbeeinflussung und Komorbiditäten, sowie interventionsspezifische und transfusionsmedizinische spekte berücksichtigt werden. 3 Die Empfehlung zum gleichberechtigten peri-interventionellen Einsatz von Humanalbumin, Gelatine und HES wurde durch die Deutsche Sepsisgesellschaft (DSG) im Rahmen der externen egutachtung wie folgt kommentiert: Die DSG kann dieser Empfehlung nicht zustimmen. 7

Kapitel 5b: Unterschiede zwischen verschiedenen Kolloiden bei ICU-Patienten Empfehlung 5b-1 ei Intensivpatienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma sollen keine hypoosmolaren Lösungen zur Volumentherapie verwendet werden. 8

Kapitel 6a: Unterschiede zwischen den Kristalloiden bei peri-interventionellen Patienten Statement S-6 ufgrund der niedrigen Ereignisraten zum Endpunkt Letalität und unzureichender Daten aus kontrollierten Studien zu wesentlichen Morbiditätsendpunkten können aus der Literatur keine Empfehlungen für den bevorzugten Einsatz einer kristalloiden Lösung abgeleitet werden. Empfehlung 6a-1 --- Isotone Kochsalzlösung soll zum peri-interventionellen Volumenersatz nicht verwendet werden. Empfehlung 6a-2 alanzierte kristalloide isotone Vollelektrolyt-Lösungen sollen peri-interventionell zum Volumenersatz verwendet werden. Empfehlung 6a-3 alanzierte Infusionslösungen mit zetat oder Malat statt Laktat können durch fehlenden Einfluss auf diagnostische Parameter im ehandlungsalgorithmus zum Volumenersatz bei peri-interventionellen Patienten erwogen werden. 9

Kapitel 6b: Unterschiede zwischen den Kristalloiden bei ICU-Patienten Empfehlung 6b-1 Isotone Kochsalzlösung soll zum Volumenersatz in der Intensivmedizin nicht verwendet werden. Empfehlung 6b-2 alanzierte isotone Vollelektrolytlösungen sollen bei kritisch kranken Intensivpatienten zum Volumenersatz verwendet werden. Empfehlung 6b-3 alanzierte Vollelektrolytlösungen mit zetat oder Malat statt Laktat können zum Volumenersatz kritisch kranker Intensivpatienten zum Einsatz kommen. 1

Kapitel 7a: Steuerung der Volumentherapie bei periinterventionellen Patienten Empfehlung 7a-1 Zur Steuerung der Volumentherapie bei Patienten mit hohem Risiko* in der perioperativen Phase können Überwachungsverfahren zum Einsatz kommen, die eine Optimierung des Volumenstatus anhand flussbasierter (Schlagvolumen) und/oder dynamischer Vorlastparameter (SVV, PP-Var.) erlauben. * Patienten mit vorbestehend eingeschränkter kardiovaskulärer Reserve (z.. hochbetagte Patienten mit hüftnaher Fraktur) oder Eingriffe mit großen Volumenverschiebungen (z.. ausgedehnte abdominalchirurgische Eingriffe) Empfehlung 7a-2 Flussbasierte Parameter zur Steuerung der Volumentherapie sollten in einen ehandlungsalgorithmus integriert werden. 11

Kapitel 7b: Steuerung der Volumentherapie bei ICU- Patienten Empfehlung 7b-1 Die klinische eurteilung des Volumenstatus (z.. Hautturgor, eurteilung der Schleimhäute sowie der xilla und des ugenbulbus) soll zur Steuerung der Volumentherapie im Kontext der apparativen Untersuchungen durchgeführt werden. Empfehlung 7b-2 Zur Steuerung der Volumentherapie bei erwachsenen, insbesondere beatmeten Intensivpatienten sollen Überwachungsverfahren, die eine Einschätzung der Volumenreagibilität anhand flussbasierter (Schlagvolumen) und/oder dynamischer Vorlastparameter (SVV, PP-Var.) erlauben, statischen Parametern (ZVD, POP) vorgezogen werden. Empfehlung 7b-3 Zur Steuerung der Volumentherapie sollte die wiederholte Überprüfung der Volumenreagibilität mittels Messung des Schlagvolumens oder eines dynamischen Vorlastparameters einschließlich der transaortalen Schlagvolumenvariation erfolgen. Empfehlung 7b-4 Wenn möglich sollte zur Steuerung der Volumentherapie ein Lagerungsmanöver zur utotransfusion (Trendelenburg-Position, nheben der eine) durchgeführt werden. Empfehlung 7b-5 Zur Steuerung der Volumentherapie können Ultraschallverfahren (Dopplersonographie, -Mode und transthorakale Echokardiographie) durchgeführt werden. 12

Empfehlung 7b-6 Ultraschallverfahren sollten im Rahmen der Steuerung der Volumentherapie wiederholt durchgeführt werden, um Extravasate (z.. Pleura, bdomen, Darm, Interstitium) nachzuweisen oder auszuschließen. Empfehlung 7b-7 Funktionelle hämodynamische Monitoringmaßnahmen [eatmungsmanöver, Körperpositionsmanövern (PLR) oder definierte Volumengabe (Volumenchallenge)] können zur Steigerung der Sensitivität zur Erkennung eines Volumenmangels sowie zur Steuerung einer Volumentherapie durchgeführt werden. Empfehlung 7b-8 Funktionelle hämodynamische Parameter sollen zur bschätzung des Volumenbedarfs bzw. der Volumenreagibilität nicht isoliert bewertet werden, sondern stets unter Einbeziehung von namnese und klinischem Untersuchungsbefund. Die Leitlinie ist gültig bis zum 3.6.217. Literatur 1. WMF, WMF-Regelwerk Leitlinien: Graduierung der Empfehlungen. 214. 2. undesamt, S., Gesundheit - Tabelle 23111-1 (Krankenhäuser, etten, Patienten, Deutschland), in destatis.de. 214, Statistisches undesamt. 3. EM. Hydroxyethyl-starch solutions (HES) should no longer be used in patients with sepsis or burn injuries or in critically ill patients. 213; vailable from: http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/referrals/hyd roxyethyl_starchcontaining_solutions/human_referral_prac_12.jsp&mid=wcb1ac585c516f. 13