Lesbische Sichtbarkeit in Bildung, Gesellschaft und Kirche Beispiele guter Praxis

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Transkript:

Lesbische Sichtbarkeit in Bildung, Gesellschaft und Kirche Beispiele guter Praxis Tagung und Jubiläum 30 Jahre Tagung für lesbische Frauen im Umfeld Kirche. Sa. 12. Dez. 2015 in Bad Boll Brigitte Lösch MdL, Vizepräsidentin des Landtags Rede Der Aktionsplan Für Akzeptanz & gleiche Rechte Baden-Württemberg" Sehr geehrter Frau Dr. Irmgard Ehlers und Frau Claudia Schmengler-Lehnardt, sehr geehrte Organisatorinnen, Rednerinnen und Moderatorinnen der Fachtagung und vor allem sehr geehrte Teilnehmerinnen, ich freue mich sehr als Vizepräsidentin des Landtag aber auch als Sprecherin der Fraktion Grüne für die Belange von LSBTTIQ heute bei Ihrem Fachtag dabei zu sein und gratuliere Ihnen ganz herzlich zu Ihrem Jubiläum 30 Jahre Tagung für lesbische Frauen im Umfeld Kirche. Das ich wahrlich ein guter Grund zu feiern, und vor allem vorwärts zu schauen. Der inhaltliche Schwerpunkt Ihrer Jubiläumstagung ist das Thema gleichberechtigtes Aufwachsen und Leben als lesbisch schwul transsexuell - transgenderintersexuell-queerer-mensch (LSBTTIQ). Wenn ich auf die letzten Jahre zurückschaue, muss ich sagen dass sich in den letzten 30 Jahren sehr viel in Sachen Gleichstellung und Aufklärung von LSBTTIQ getan hat. Alle demokratischen Parteien haben heute kein Problem damit, dass Homo-Paare vom Staat als Lebenspartner anerkannt werden. Das war vor genau 15 Jahren noch anders: Am 10. November 2000 verteidigte die damalige rot-grüne Bundesregierung ihr Lebenspartnerschaftsgesetz in einer emotionalen Debatte. Im Bundestag fand sich schließlich eine Mehrheit. CDU/CSU und FDP stimmten gemeinsam gegen den Gesetzentwurf der Schröder-Regierung. Bei der PDS gab es einige Enthaltungen mit der Begründung, dass der Regierungsentwurf die Diskriminierung von Schwulen und Lesben nicht beseitige. Für die Unionsfraktion begründete damals in der Debatte der CSU-Rechtsaußen Norbert Geis die Ablehnung der C-Parteien: Gleichgeschlechtliche Partnerschaften staatlich anzuerkennen, sei ein "Verstoß gegen unsere Kultur" und der "schlimmste Angriff auf Familie und Gesellschaft". Der rot-grüne Entwurf stehe "nicht nur zu unserer Verfassung, sondern auch zu den Prinzipien der drei großen Religionen im Widerspruch". Im Jahr 2013 lebten in Deutschland nun rund 35 000 gleichgeschlechtliche Paare als eingetragene Lebenspartnerschaft in einem Haushalt zusammen. Dies teilt das 1

Statistische Bundesamt (Destatis) auf der Basis von Ergebnissen des Mikrozensus mit, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland. Das seit 2001 bestehende Lebenspartnerschaftsgesetz ermöglicht es zwei Menschen gleichen Geschlechts, ihrer Beziehung einen rechtlichen Rahmen zu geben. Im Mikrozensus wird dieser Familienstand seit 2006 abgefragt. Die Zahl der eingetragenen Lebenspartnerschaften hat sich seitdem fast verdreifacht. 2006 hatte es knapp 12 000 eingetragene Lebenspartnerschaften in Deutschland gegeben. Die im Jahr 2013 bestehenden eingetragenen Lebenspartnerschaften wurden zu 57 % von Männern geführt, das entspricht 20 000 Paaren. 15 000 Paare beziehungsweise 43 % waren eingetragene Lebenspartnerschaften von Frauen. Aber heißt das, dass wir schon am Ziel sind? Wird Homo- und Transsexualität schon toleriert - oder sogar schon akzeptiert? Weiß nun jede und jeder was LSBTTIQ bedeutet dass das weder ein Tarifvertrag noch ein Sportverein ist?? Nein ich glaube, so weit sind wir leider noch nicht!! Denn wo ist diese Toleranz, wenn beispielsweise beim CSD in München Jugendliche nach dem Christopher Street Day von jungen Erwachsenen angepöbelt und dann krankenhausreif geschlagen werden? Wo ist diese Toleranz wenn Homosexuelle und Trans*Menschen in vielen Ländern in ständiger Gefahr von staatlicher und religiöser Verfolgung leben. Diskriminierung, Ausgrenzung, Auspeitschungen, Gefängnisstrafen bis hin zur Todesstrafe gehören für diese Menschen zu einem Leben in ständiger Angst und vor allem mit dem ständigen Verheimlichen ihrer sexuellen Identität. (Video von der ISIS ins Netz gestellt zwei homosexuelle Menschen vom Hochhaus gestürzt hunderte von Zuschauer). In über 70 Ländern wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt und in sieben Ländern droht Homosexuellen und Trans*Menschen sogar die Todesstrafe. Aber liebe Frauen - nichts ist mächtiger, als eine Idee, deren Zeit gekommen ist das haben wir in diesem Jahr ganz deutlich beim Thema Ehe für alle gesehen. Seit dem Volksentscheid der Irinnen und Iren, die Ehe von Homosexuellen voll und ganz mit der von Heterosexuellen gleichzustellen, wird auch das Thema bei uns sehr heiß diskutiert und seit im Juni 2015 das Oberste Gericht der USA verkündet hat, dass das Verbot der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verfassungswidrig ist, wächst auch bei uns die Hoffnung. In den letzten Jahren haben über 20 Staaten der Welt diesen Schritt schon getan. Die Ehe für alle ist international zu einem Symbol für Freiheit und Gerechtigkeit geworden. Und Deutschland, als Europas wichtigster Wirtschaftsstandort - kann auf Dauer nicht erfolgreich bleiben ohne moderne Gesellschaftspolitik. 2

Am 12. Juni wurde mit der Mehrheit der Ländern die Bundesratsinitiative Ehe für Alle von u.a. Baden-Württemberg beschlossen mit der Aufforderung, dass die Bundesregierung homosexuelle Partnerschaften komplett mit der Ehe gleichstellt inklusiv des vollen gemeinschaftlichen Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare. Der Bundestag hat das Thema aber erst einmal auf Eis gelegt und in die Ausschüsse überwiesen. Auch den Landtag hat das Thema in einer aktuellen Debatte beschäftigt, wo die Opposition sich gegen das Adoptionsrecht gewandt hat mit der Argumentation: "Für mich ist die Schöpfung darauf ausgerichtet, dass Mann und Frau sich zusammentun, um Kinder auf die Welt zu bringen." Und mit Verweis auf das Kindeswohl: Wir sind der Überzeugung, dass Kinder idealerweise immer noch bei Vater und Mutter aufwachsen. Das ist nicht nur ein Angriff auf alle Regenbogenfamilien, sondern auch ein Schlag ins Gesicht vieler alleinerziehender Frauen und Männer. Ich bin mir sicher, dass Kindeswohl hängt nicht davon ab, von welchen Geschlecht ein Kind erzogen wird, sondern das Kindeswohl hängt ausschließlich davon ab, unter welchen Bedingungen und mit welcher Liebe ein Kind aufwachsen kann. Aber nicht nur die Ehe für alle lieferte Zündstoff für Diskussionen sondern auch der Landesaktionsplan für Akzeptanz und gleiche Rechte, der am 16.6. im Kabinett beschlossen wurde. Zur Umsetzung des Aktionsplans wurde 1 Mio. Euro im Doppelhaushalt verankert, d.h. 500 000 pro Jahr 2015 und 2016. Mit der Verabschiedung des Aktionsplans ist Baden-Württemberg das 7. Bundesland, dass mit einem entsprechenden Aktionsplan zeigt, dass es mit der Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren (LSBTTIQ) Menschen ernst meint - und dafür sorgt, dass Baden- Württemberg ein neues und tolerantes Gesicht bekommt und zu einem Vorreiter für Offenheit und Vielfalt zu macht, so wie es auch im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien Grüne und SPD verankert ist. Und ganz nach der Politik des Gehört werdens war es für die Erstellung dieses Aktionsplans erst einmal wichtig, dass vielen Einrichtungen, Beratungsstellen und Organisationen von LSBTTIQ die Communitiy - sichtbar und vor allem hörbar wurde. Und ein erster großer Erfolg und großer Gewinn für Baden-Württemberg war die Gründung des landesweiten Netzwerks LSBTTIQ mit einem Sprechendenrat im Jahr 2012. Dieses Netzwerk ist ein wichtiger Partner und Inputgeber und vor allem Ansprechpartner für die Politik. Und ich bin der Ansicht, dass ohne das Netzwerk die Umsetzung und Erstellung des Aktionsplans gar nicht möglich gewesen wäre. Federführend für den Aktionsplan war das Sozialministerium, dass ein begleitendes Gremium - den Beirat etablierte: 3

Die vier im Landtag vertretenden Fraktionen Alle Landesministerien 13 Vertretungen des landesweiten Netzwerks LSBTTIQ Die Kommunalen Landesverbände, die LIGA der freien Wohlfahrtspflege, die Aidshilfe Baden-Württemberg und das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Ich selbst habe für die Fraktion Grüne als Mitglied des Beirats des AP an der Entwicklung aktiv mitgearbeitet. Das Herzstück des Aktionsplans war ein breitangelegter Beteiligungsprozess, um die Lebenswirklichkeit der Betroffenen abzubilden und Diskriminierungen aufzudecken. Hierzu wurde eine Onlinebefragung zur Lebenssituation von LSBTTIQ-Menschen in Baden-Württemberg. Fast 2.300 Menschen haben daran teilgenommen Hierbei hat sich gezeigt, dass immer noch viele LSBTTIQ-Menschen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität schlechte Erfahrungen am Arbeitsplatz gemacht haben. Die Diskriminierungen reichten von Getuschel über Ausgrenzungen bis hin zu körperlicher Gewalt und erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt. Mehr als zehn Prozent Teilnehmenden hatte bei der Befragung angegeben, in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal Opfer von körperlicher oder seelischer Gewalt geworden zu sein. Mehr als die Hälfte hatte zudem erklärt, in dieser Zeit mindestens einmal Opfer von Diskriminierung geworden zu sein. Erschreckend war auch, dass nur 35 Prozent der Gewaltopfer sich an Polizei und Justiz wenden. Und ganz klar wünschten sich die Teilnehmer_innen der Befragung mehr Aufklärung in der breiten Öffentlichkeit. Durch mehr Verständnis für verschiedene sexuelle und geschlechtliche Identitäten erhoffen sie sich eine Verbesserung ihrer Lebenssituation. Zudem berichteten Transsexuelle und transgender Menschen in erschreckend hoher Zahl über traumatische Erlebnisse im Rahmen ihres Anpassungsprozesses, zum Beispiel bei Genitaloperationen und Hormonbehandlungen, Gutachterverfahren oder bei Begleittherapien. Des Weiteren fanden vier regionale Beteiligungsworkshops in Stuttgart, Ulm, Freiburg und Mannheim statt: über 600 Teilnehmende aus Landes- und Kommunalverwaltungen, Politik, der LSBTTIQ-Community sowie weiteren gesellschaftlichen Akteuren wurden erreicht. das Thema wurde in der regionalen und landesweiten Öffentlichkeit bekannt gemacht und der Austausch zwischen Verwaltung, Politik und Community gefördert rund 850 Ideen, Maßnahmen und Vorschläge zur Beseitigung von Diskriminierungen wurden erarbeitet, die in die Erstellung des Aktionsplans einflossen 4

Aus diesem großen Pool von Vorschlägen wurde dann ein Katalog mit 20 Maßnahmen zusammengestellt. Und dann war er fertig der Aktionsplan so wie Sie ihn heute in Händen halten bzw. lesen können. Er enthält Arbeitsaufträge. Es werden konkrete Felder benannt, in denen Lösungen umzusetzen sind, um eine tatsächliche Verbesserung der Lebenssituation einzelner Menschen zu erreichen und die Akzeptanz von Vielfalt geschlechtlicher oder sexueller Identitäten in Baden-Württemberg zu verankern. Es gibt einen Auftrag an die Regierung wie auch an alle gesellschaftlichen Akteur_innen, gemeinsam mit den LSBTTIQ Gruppen in BaWü tatsächliche Schritte umzusetzen. Im Aktionsplan sind nun sechs Themenfeldern beschrieben, auf die sich die Aktivitäten des Aktionsplans beziehen. 1. Gleichberechtigt aufwachsen und leben als LSBTTIQ-Mensch 2. Institutionelle Bildung und Qualifizierung für Akzeptanz und Weltoffenheit 3. Sensibilisierung für eine tolerante und gleichberechtigte Gesellschaft 4. Diskriminierungsfreie Arbeitswelt 5. Schutz und Gleichstellung durch polizeiliche und justizielle Arbeit 6. Weiterentwicklung von Strukturen und Abbau von Barrieren für transsexuelle, transgender und intersexuelle Menschen Die Umsetzung des Aktionsplans ist als ein sich fortsetzender Prozess zu verstehen. Weitere gesellschaftlich relevante Akteur*innen wie zb Kommune,, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Arbeitgeber, Sportverbände werden über den Aktionsplan informiert um in ihren Bereichen Akzeptanz und Vielfalt zu fördern. (vergabe von Strassenname, (Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz in Stuttgart) kommunale Diversitybeauftragte, coming-out am Arbeitsplatz) Was wurde mit dem Geld bisher umgesetzt: Professionelle Struktur des bisher ehrenamtlichen Netzwerks LSBTTIQ Start des landesweiten Beratungsprojekts für LSBTTIQ. Das Projekt Etablierung landesweiter Beratung für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und queere Menschen wird den Zugang zu fachlich fundierter Beratung zu geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung sowie von LSBTTIQ Menschen in der Fläche verbessern. Zudem hat das SM vier kleinere Projekte im Rahmen des Aktionsplans Ende November 2015 bewilligt: Trans-Empowerment-Projekt in Reutlingen/Tübingen des Netzwerks Antidiskriminierung Reutlingen Lesbischen Mädchenarbeit des Frauen- und Mädchengesundheitszentrums in Freiburg 5

Polychrom - Kreativ für Akzeptanz und Vielfalt der Initiativgruppe Homosexualität Stuttgart e.v. Aufbau eines Jugend-Onlineportals, PLUS Mannheim. Die Broschüre "Lexikon der kleinen Unterschiede" und ganz neu Coming out Broschüre des Netzwerks Und auch die Geschichtsaufarbeitung der Verfolgung und Repression homosexueller Menschen in Baden-Württemberg vor und nach 1945 durch 175 StGB ist in Angriff genommen worden. Von Seiten des Sozialministeriums wie auch von Seiten des Wissenschaftsministerium soll hier die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld gemeinsam mit der Uni Stuttgart und dem Institut für Zeitgeschichte in München ein umfassende Aufarbeitung machen wobei nicht nur homosexuelle Männer, sondern die gesamten Lebensbedingungen auch von Lesben und BTTI-Menschen mit betrachtet werden sollen. Damit ist klar, der Aktionsplan ist nicht nur ein Stück Papier, sondern ein lebendiger Aktionsplan - der kontinuierlich im Dialog weiterentwickelt werden soll bis LSBTTIQ-Menschen gleichberechtigt in unserer Gesellschaft sind und keine Diskriminierung mehr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erleben müssen. Öffentliche Debatten sind notwendiger denn je rechtspopulistische Parteien haben Zulauf wenn wir nur auf die Demo für alle schauen und PEGIDA und die Anti- Gender-Debatten in Kirche und Gesellschaft. Bei den Anfangsprotesten ging es um den Bildungsplan, in dem das Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und Orientierung verankert wird. Es geht gegen alles was die natürlichen heterosexuellen Geschlechter abschaffen will, und damit die Familie zerstören. Im Mittelpunkt dabei steht neben dem Schutz der Kinder und des Lebens, die mit Themen wie Homo- oder Transsexualität verdorben werden, vor allem Gender und Gender Mainstreaming. Die Ablehnung von Gender-Mainstreaming, Geschlechtergerechtigkeit, gleichgeschlechtliche Lebensweisen und sexueller Vielfalt gehören zu den Grundsäulen rechtskonservativer Politik. Es werden bewusst Ängste geschürt, Unwahrheiten verbreitet deshalb ist Information, Diskussion und Gespräch so wichtig und dazu leistet der Aktionsplan ganz wichtige Dienste. Und deshalb bin ich auch stolz darauf, dass wir in Baden-Württemberg nun einen solchen Aktionsplan haben Vielen Dank! 6