Irmela Wiemann Vortrag»Kontakte zur Herkunftsfamilie Belastung oder Chance«Diese Präsentation Kontakte zur Herkunftsfamilie Belastung oder Chance Ist eine überarbeitete Fassung der Präsentation zum Fachtag der Erziehungsstellen: Kontakte zur Herkunftsfamilie Belastung oder Chance am 21.10.2010 bei fobi:aktiv in Esslingen Diese Präsentation Kontakte zur Herkunftsfamilie Belastung oder Chance ist über die Seite http://www.irmelawiemann.de/seiten/vortraege.htm zu finden. Sie können Kontakte zur Herkunftsfamilie Belastung oder Chance hier direkt herunterladen. Weitere Seminarunterlagen zu Kontakten zur Herkunftsfamilie sind über die Seite http://www.irmelawiemann.de/seiten/papiere.htm zu finden. Literaturempfehlungen zu Adoption und Pflegekinder sind unter http://www.irmelawiemann.de/seiten/literatur-adoption-pflegekinder.htm zu finden, Sie können dort die Bücher direkt bei Amazon bestellen. Seite 0
Kontakte zur Herkunftsfamilie Belastung oder Chance? Irmela Wiemann, Psychologische Psychotherapeutin www.irmelawiemann.de Zwei Familien»Wir können die Kinder aus ihren Familien nehmen, aber nicht die Familien aus den Kindern«(Portengen 2006) Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 2 (c) Irmela Wiemann 1
Lebensthemen von fremdplatzierten Kindern (1) Frühe seelische Verletzungen, Umbrüche, Krisen, traumatische Situationen Bindungs- und Verlusterfahrungen Die Übertragung früher Familienregeln und -muster Die Kränkung, fortgegeben worden zu sein Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 3 Lebensthemen von fremdplatzierten Kindern (2) Identitätskonflikte Loyalitätskonflikte Perspektive Ausnahmesituation, Rolle, Status und Auftrag Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 4 (c) Irmela Wiemann 2
Klarheit über die vier Dimensionen der Elternschaft Leibliche Eltern Seelisch- soziale Eltern Kind Rechtliche Eltern Zahlende Eltern Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 5 Vier Elternschaften (1) Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 6 (c) Irmela Wiemann 3
Vier Elternschaften (2) Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 7 Klarheit: Wozu dienen Kontakte? Für die Kinder: Ihre leiblichen Eltern zu erfahren und zu erleben Für die Eltern: Teilhabe an der Entwicklung ihrer Kinder Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 8 (c) Irmela Wiemann 4
Wozu dienen Kontakte? (1) Hat das Kind nicht mit seiner Mutter (seinem Vater) zusammengelebt, so dienen die Kontakte in erster Linie der Orientierung: Das Kind kann für sich klären: Wer sind meine Eltern? Wie sehen sie aus? Was haben wir gemeinsam? Worin unterscheiden wir uns? Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 9 Wozu dienen Kontakte? (2) Hat das Kind schon mit seinen Eltern zusammengelebt: Kontinuität und Verbindung werden erhalten (Vorsicht bei Misshandlungen!) Neue Bindungen können besser aufgebaut werden, wenn alte nicht komplett verschwinden Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 10 (c) Irmela Wiemann 5
Für die Kinder seelisch gewinnbringende Faktoren von Kontakten (1) Erfahrung, wertvoll zu sein: Die Mutter/ der Vater haben das Kind nicht vergessen, schauen nach ihm Besonders wertvoll ist, wenn das Kind beim Zusammentreffen spürt, dass seine Mutter (oder sein Vater) es liebt und es aus einer Notlage heraus fortgegeben wurde. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 11 Für die Kinder seelisch gewinnbringende Faktoren von Kontakten (2) Bewältigung der Realität: Beantwortung der Frage: Weshalb kann ich nicht bei meinen leiblichen Eltern leben? Pflege der Beziehung, der gegenseitigen Anteilnahme am Leben wie sonst auch unter Verwandten. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 12 (c) Irmela Wiemann 6
Ausschluss von Kontakten Eine Kontaktsperre ist im Interesse des Kindes, wenn das Kind von seinem Elternteil sexuell oder seelisch-körperlich schwer misshandelt wurde. Gefahr von Retraumatisierung Gefahr von Verwirrung, weil die einst lebensbedrohliche Situation und verharmlosende Situation beim Kontakt nicht eingeordnet werden kann. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 13 Wichtig bei Ausschluss von Kontakten (1) Gefahr: schwerer Identitätskonflikte beim Kind/Jugendlichen: Wenn meine Eltern Monster sind, werde ich auch ein Monster? Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 14 (c) Irmela Wiemann 7
Hilfe bei Ausschluss von Kontakten Ambivalenzbegleitung: Zwei Seiten an den Eltern zulassen: Positive Kräfte und Absichten der Eltern benennen und über schmerzliche Anteile der Eltern trauern. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 15 Wichtig bei Ausschluss von Kontakten (2) Mögliche Entlastung: Brief des misshandelnden Elternteils, in welchem er eingesteht, dass er das Schreckliche, das passiert ist, nie mehr ungeschehen machen kann Manchmal: Begleiteter Kontakt, bei dem Elternteil dem Kind sagt, dass das Geschehene nicht wiedergut gemacht werden kann Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 16 (c) Irmela Wiemann 8
Wenn begleiteter Umgang trotz zurückliegender Misshandlung gerichtlich angeordnet wurde: Die zurückliegenden traumatischen Ereignisse dem Kind gegenüber ansprechen Vor- und Nachbereitung des Umgangs durch die Begleitperson»Gebrauchsanleitung«der Begleitperson für die Eltern Wenn möglich: Begleitperson spricht in Gegenwart des Kindes den besuchenden Elternteil auf die zurückliegenden Ereignisse an Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 17 Häufigkeit von Kontakten In nur in 27 % der Fremdpflegeverhältnisse gibt es in Deutschland Kontakte zwischen Müttern, Vätern und Kindern einmal im Monat oder öfter. 48 % der Kinder in Fremdpflege (Dauerpflege) haben gar keinen Umgang mit ihren Müttern (Vätern). Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 18 (c) Irmela Wiemann 9
Welche Häufigkeit ist sinnvoll? (1) Prinzip: Einbettung in die Lebenswirklichkeit Häufigkeit der Kontakte soll sich an der Beziehungsgeschichte und der Zukunftsperspektive orientieren. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 19 Welche Häufigkeit ist sinnvoll? (2) Soll das Kind zu seinen Eltern zurückkehren, sollten die Kontakte mindestens einmal pro Woche oder öfter stattfinden. Die Eltern sollten viel Alltagsverantwortung übernehmen. Wird das Kind nicht zu seinen Eltern zurückkehren, reichen Kontakte in größeren Abständen (monatlich oder auch seltener) für das Kind aus. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 20 (c) Irmela Wiemann 10
Welche Häufigkeit ist sinnvoll? (3) Häufigkeit, Dauer, Ort, Umgebung müssen dem Alter, dem Entwicklungsstand t und der Bindungsqualität zu den jeweiligen Bezugspersonen angepasst sein. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 21 Warum sind Kinder vor und nach Kontakten oftmals unter Spannung? Der alte Schmerz der Trennung und des Fortgegeben seins wird wieder gefühlt. Ausnahmesituation wird bewusst, nicht bei den eigenen Eltern leben zu können. Vergleich Herkunftseltern - Pflegeeltern. Identitätskonflikt: Kinder, die Nein zu ihren Eltern sagen, sagen oftmals auch Nein zu sich selbst! Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 22 (c) Irmela Wiemann 11
Weitere Belastungsfaktoren Inkongruentes Verhalten der Erwachsenen Unsicherheit über Sinn und Zweck der Besuche beim Kind Mangelnde Akzeptanz bzw. mangelnde Balance zwischen den beiden Familien: Loyalitätskonflikt beim Kind Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 23 Wie entstehen Loyalitätskonflikte? Unterschiedliche Möglichkeiten: Die Mutter (der Vater) kann das Kind nicht gut beauftragen, Beziehungen in der Pflegefamilie aufzubauen Die Pflegefamilie kann das Gebunden sein und die Treue des Kindes an seine leibliche Familie nicht genügend respektieren oder die Besonderheiten der Eltern nicht gut tolerieren Es ist einem Kind auch peinlich, wenn seine Eltern, die es liebt, die Pflegefamilie in Aufregung versetzen Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 24 (c) Irmela Wiemann 12
Der Loyalitätskonflikt Die jungen Menschen haben ihre nahen Bindungspersonen innerlich repräsentiert Wenn die Bindungspersonen aus den beiden Familien des Kindes sich gegenseitig nicht achten, so erzeugt dies im jungen Menschen Unbehagen und Selbstwertkrisen. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 25 Wenn Kinder Kontakte ablehnen: Gründe Loyalität zu den Pflegeeltern Sehnsucht nach Normalität, der Wunsch, keine zwei Familien zu haben, sondern nur eine (die seelisch-soziale Familie) Die Fähigkeit, Ambivalenzen zuzulassen, wurde noch nicht erlernt Prüfen: Gab es frühe Traumata, frühere oder aktuelle bedrückende Erfahrungen mit den Eltern Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 26 (c) Irmela Wiemann 13
Wenn Kinder Kontakte ablehnen: Gründe Bedürfnis, sich vor dem alten Schmerz zu schützen, fortgegeben zu sein Ablösungs- und Befreiungswünsche Rebellion gegen die Eltern Bestrafungsbedürfnisse Ohnmacht umwandeln wollen in Kontrolle Scham, Distanz suchen Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 27 Wie können Eltern ihren Kindern helfen? Übernahme der Verantwortung für die Geschehnisse, h die zur Fremdplatzierung geführt haben Einverständnis der Eltern, dass das Kind in der Pflegefamilie lebt Worte für das Kind, in denen die Eltern ihre Anteile benennen Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 28 (c) Irmela Wiemann 14
Wie können Pflegeeltern dem Kind helfen? Wenn Eltern dem Pflegeverhältnis nicht zustimmen können, dennoch Toleranz und Akzeptanz entwickeln:»gebrauchsanleitungen«für das Kind, z. B.: Du spürst, dass deine Mama nicht froh ist, dass du bei uns bist. Ich kann die Gefühle deiner Mama nachvollziehen. An ihrer Stelle würde es mir womöglich auch so gehen. Du darfst dich trotzdem bei uns zuhause fühlen. Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 29 Kontakte verlaufen positiv, wenn das Kind aus Loyalitätskonflikten entbunden wird id Balance zwischen den beiden Familien herrscht Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 30 (c) Irmela Wiemann 15
Beispiel für Balance»Gebrauchsanleitung«für ein 8-jähriges Pflegekind durch die Pflegemutter:»Wenn das meine Mutter wäre, dann hätte ich sie einerseits lieb, weil sie meine Mutter ist und zugleich täte es mir weh, dass sie so ist wie sie ist.«irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 31 Balance bedeutet auch es nicht persönlich zu nehmen, wenn leibliche Eltern misstrauisch oder eifersüchtig auf die Pflegefamilie sind dem Kind zwei Seiten an den Eltern und die gemischten Gefühle aufzuzeigen mit dem Kind über die Problemseiten der Eltern zu trauern Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 32 (c) Irmela Wiemann 16
Kontakte verlaufen positiv, wenn Klarheit über den künftigen Lebensmittelpunkt bei Kind, Eltern und Pflegeeltern lt besteht und sich alle dem gemäß kongruent verhalten das Kind Gewissheit über Sinn und Ziel der Kontakte hat (Definition von Kontakten) Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 33 Beispiel für eine Definition von Kontakten»Ich bin deine Mama, die dir das Leben gegeben hat. Da wir uns nur so selten sehen, haben wir im echten Leben gar nicht so viel miteinander zu tun. Das ist so, wenn man so weit auseinander wohnt. So bleiben meine Besuchstage bei dir Ausnahmetage für uns beide. Ich bin sehr glücklich, dass es dich gibt und sehr stolz auf dich. Es ist gut, dass du Menschen hast, die dich lieb haben und die für dich da sind.«irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 34 (c) Irmela Wiemann 17
Pflegefamilie Herkunftsfamilie ein immer wieder neuer Balanceakt Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 35 Danke für das Zuhören»Tue, was in deiner Macht steht, akzeptiere, was nicht in deiner Macht steht, und lerne den Unterschied zwischen beiden zu erkennen«(marc Aurel zugeschrieben) Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 36 (c) Irmela Wiemann 18
Kennen Sie schon mein neues Buch? Irmela Wiemann: Kontakte zur Herkunftsfamilie 37 (c) Irmela Wiemann 19