Albert LANG, Michaela KÜNZL und Annette LOTZ. Dieser Beitrag wurde nach Begutachtung durch das Programmkomitee als reviewed paper angenommen.

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Transkript:

Infrarot-Luftbilder zur Ansprache von FFH-Lebensraumtypen ein Fallbeispiel aus dem Nationalpark Berchtesgaden im Rahmen des INTERREG III B Projektes HABITALP Albert LANG, Michaela KÜNZL und Annette LOTZ Dieser Beitrag wurde nach Begutachtung durch das Programmkomitee als reviewed paper angenommen. Zusammenfassung Das INTERREG III B Projekt Alpine Habitat Diversity HABITALP erforscht u. a. die Möglichkeiten zur länderübergreifenden Ansprache, Beobachtung und Erhaltung alpischer Lebensräume mit Hilfe von Infrarot-Luftbildern. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Methodik und die Ergebnisse der Geländeverifikation von Fernerkundungseinheiten sowie deren Überführbarkeit und Übereinstimmung mit den Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie im Nationalpark Berchtesgaden aus dem Jahr 2005 dargestellt. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Beprobungskonzept (modifiziertes Stratified Random Sampling ). Auf den Ergebnissen der Feldarbeit aufbauend, sind weiterführende Modellierungen im GIS in Planung. Übergeordnetes Ziel ist es, den möglichen Beitrag von HABIT- ALP zu einer international einheitlichen Umsetzung der FFH-Richtlinie zu untersuchen. 1 Einleitung 1.1 Projekt Eingebettet in das INTERREG III B Alpine Space Programme erforscht das Projekt HA- BITALP die Möglichkeiten, mit Hilfe von Infrarot-Luftbildern (CIR = coloured infrared) die Vielfalt der alpischen Lebensraumtypen länderübergreifend anzusprechen, zu beobachten und zu bewahren (s. auch www.habitalp.de). Das Projektgebiet umfasst 11 Schutzgebiete in den Alpen. Einziger deutscher Partner ist der Nationalpark Berchtesgaden (NPB). Das Projekt zielt auch und besonders auf die Anforderungen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, der so genannten FFH-Richtlinie ab (DER RAT DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION 1997), die u. a. auf den FFH-Lebensraumtypen nach Anhang I (LRT) fußt. Die Grundlage für den im Projekt erarbeiteten Interpretationsschlüssel für die Lebensräume der Fernerkundung (CIR-Einheiten) bildet ein vom Bundesamt für Naturschutz herausgegebener Typenschlüssel (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ 2002). Eine Schwierigkeit für die Geländeverifizierung stellte die dynamische Anpassung dieses Schlüssels an die Lebensräume der 11 beteiligten Projektpartner dar (DEMEL & HAUENSTEIN 2005). Eine Folge davon: die im Luftbild festgelegten CIR-Einheiten des NPB entsprechen der vorherigen

356 A. Lang, M. Künzl und A. Lotz Schlüsselversion HIK0, die Geländeerhebung erfolgte im Sinne der neuen Version HIK2 (s. Kap. 3.1, 4.1). Die vorliegende Untersuchung reiht sich in das Arbeitspaket 8 von HABITALP ein, das sich mit der Ansprache und Überwachung von LRT beschäftigt. Es muss also der Bogen von den CIR-Einheiten zu den LRT gespannt werden. Die hypothetische Korrelation stellt DELARZE (2005b) in einer im Projektverlauf erstellten Datenbank ( Korrelationstabelle ) für das gesamte Projektgebiet dar, die die Verknüpfung von CIR-Einheit und LRT über die Corine-Typen (PalHab) bewerkstelligt. Corine ist eine europaweit gültige Systematik von Lebensraumcodierungen, auf denen u. a. die Definitionen der LRT aufbauen (EUROPEAN COMMISSION DG ENVIRONMENT 2003). 1.2 Beteiligte Federführend für das Gesamtprojekt HABITALP ist der NPB. Die Koordination des Arbeitspaketes WP8 liegt in der Zuständigkeit des Parc National de la Vanoise. Die Interpretation der Berchtesgadener CIR-Luftbilder fand am Zentrum für Landschaftsinformatik der Fachhochschule Weihenstephan (LIZ) statt. Vorgaben für das gesamte Projektgebiet stammen vom Bureau d Études Biologiques. Alle am Projekt HABITALP beteiligten Personen sind unter www.habitalp.de nachzulesen. 1.3 Fragestellungen der Untersuchung Die Ausgangsfrage dieser Untersuchung lautet: Sind die in der Korrelationstabelle postulierten Zusammenhänge zwischen den CIR-Einheiten und den LRT bezogen auf den NPB vollständig und richtig? Daraus ergeben sich folgende Fragen: 1. Bestätigt sich die angegebene CIR-Einheit im Gelände, unabhängig von der Übersetzung zwischen HIK0 und HIK2 (Antwort ja / nein)? 2. Bestätigen sich die von DELARZE (2005b) angegebenen Relationen zwischen CIR- Einheit und LRT im Gelände (Antwort ja / nein)? Daneben sollten im Gelände u. a. die Lebensraumtyp(komplexe), die weiteren, über die bisherigen CIR-Definitionen hinausgehenden Parameter sowie falls sich die im Luftbild angegebene CIR-Einheit nicht bestätigt die Angabe des Fehlertyps nach DELARZE (2005a) und LANG (2005) festgestellt werden. 2 Das Beprobungskonzept Die Verifizierung der Fernerkundungsergebnisse im Gelände ist eine obligatorische Maßnahme, um die Genauigkeit der Interpretationsergebnisse und deren Zuordnung zu den LRT zu überprüfen und zu verbessern. Dabei steht der Wunsch nach möglichst großer Verlässlichkeit der Aussagen, der theoretisch eine vollständige Geländeüberprüfung erforderlich macht, den reduzierten Zeit- und Finanzmitteln gegenüber. Daher ist ein dem Projekt und seinen Fragestellungen und Rahmenbedingungen angepasstes Stichprobendesign unerlässlich. Grundlegende Informationen zur Stichprobenauswahl geben u. a. TRAXLER (1997) und BANKO (1998).

Infrarot-Luftbilder zur Ansprache von FFH-Lebensraumtypen 357 Für die Geländeüberprüfung im NPB wurde eine Kombination aus stratifizierter Zufallsauswahl (Stratified Random Sampling) und in geringem Ausmaß und während der Geländearbeit subjektiver Auswahl der Polygone angewandt. Letzteres vor allem, um einen möglichst kompletten Nachweis der im Gebiet vorkommenden LRT bzw. Corine/PalHab-Typen erbringen zu können. Dazu erfolgte neben der Stichprobenauswahl auf der Grundlage von Literaturauswertung und Expertenkenntnis eine von der Polygonabgrenzung unabhängige Geländesuche nach LRT-definierenden Arten (z. B. Myricaria germanica, Oxyria digyna). 2.1 Stratifizierung Die Stratifizierung der Datengrundlage zielt auf die Bildung quasi homogener Teilmengen ab, aus denen wiederum die Stichproben gewählt werden. Die Stratifizierung erfolgt erstens auf der Basis der für den NPB genannten CIR-Einheiten (s. Abb. 1), zweitens auf der Relevanz dieser CIR-Einheiten für potenzielle LRT-Vorkommen sowie drittens auf der Ähnlichkeit der Korrelationen verschiedener CIR-Einheiten nach DELARZE (2005b). Ein Heranziehen der Parameter Höhenstufe, Geologie und Exposition zur Stratifizierung erschien im NPB nicht zielführend. Sie sind aber für die weitere Präzisierung der Korrelationen von hoher Bedeutung (s. Kap. 4.2). Von den 88 verschiedenen CIR-Einheiten im NPB bleiben im Lichte ihrer Relevanz für die LRT-Ansprache 66 übrig. Manche dieser CIR-Einheiten, wie z. B. die verschiedenen Altersklassestufen eines Nadelwaldes, entsprechen einander in ihren Korrelationen zu den LRT. Andere, wie die nach Feuchtigkeit gegliederten Grünland-Typen, bleiben trotz Ähnlichkeiten getrennt, um die Unterschiede herausarbeiten zu können. Schließlich werden die CIR-Einheiten zu 23 Klassen (Straten) zusammengefasst (s. Abb. 2), für die jeweils eine Stichprobengröße vorgeschlagen wird. 2.2 Stichprobendesign Zunächst stellt sich die Frage nach einer möglichst guten statistischen Absicherung der Ergebnisse, die in der Naturschutzpraxis, aber auch im Wissenschaftsbetrieb oftmals vernachlässigt wird. In der einschlägigen Literatur (u. a. TRAXLER 1997, BANKO 1998) sind die dazu erforderlichen komplexen Formeln für die vorab festzusetzende Stichprobenmenge wiedergegeben. Dafür ist u. a. ein Probelauf im Gelände unerlässlich. Diese vorangestellte Kartierung zur Berechnung der Stichprobengröße pro Stratum musste im HABITALP- Projekt aufgrund Zeitmangels unterbleiben. CONGALTON (zitiert nach BANKO 1997) empfiehlt als grobe Regel, dass pro Stratum 50 Stichproben gezogen werden sollen, bei großer Flächenausdehnung (> 500 qkm) oder hoher Klassenzahl (> 12) sogar 75 100. Aber gerade die hohe Stratenzahl verbot in Hinblick auf Zeit- und Mittelknappheit die Umsetzung dieser Empfehlung. Die Ergebnisse sind daher nur eingeschränkt statistisch auswertbar. Das Stichprobendesign wurde aufgrund der Überlegungen von DELARZE (2005a) und LANG (2005) folgendermaßen festgesetzt: 1. Festlegung der Stichprobengrößen pro Stratum auf 30, dagegen bei gering zählenden Klassen ein Viertel der Polygonanzahl. Gering zählend wird bei einer Gesamtmenge von ca. 12.000 Polygonen im NPB ein Anteil von 1 % angesetzt, das sind also 120 Polygone. Nach diesen Vorgaben hat die Zweitautorin mit Hilfe des Statistikprogramms

358 A. Lang, M. Künzl und A. Lotz SPSS TM pro Stratum die Polygone nach der vorab festgelegten Anzahl zufällig ausgewählt (s. Abb. 3). Die Auswahl sollte in jedem Fall getrennt vom Geländeprüfer stattfinden, um etwaige Subjektivität vollständig auszuschließen. 2. Die zu erfassenden Geländedaten beziehen sich auf Kontrollpunkte, deren Größe auf 80 qm (= ein Kreis mit 5 m Radius) festgesetzt ist. Die Positionierung dieser Kontrollpunkte innerhalb der Stichproben-Polygone erfolgt im Gelände subjektiv, um einen typischen, eventuell repräsentativen Ausschnitt mit möglichst allen luftbildrelevanten Strukturen aufnehmen zu können. 3. Die Stichprobenauswahl zielt auf die Frage nach der Relation zwischen CIR-Einheit und LRT ab. In diesem Zusammenhang muss kurz auf die LRT-Definitionen eingegangen werden. Sie fußen u. a. auf Pflanzensoziologie, standörtlichen Kriterien, dem Vorkommen einer Art, der Biotopstruktur oder der ungestörten Dynamik. Die realen LRT- Vorkommen können außerdem sehr kleinflächig (z. B. Schneetälchen-Gesellschaften) oder in engmaschigen Komplexen ausgebildet sein (z. B. Alpine Rasenbänder auf Felsabstürzen). Daher sind eventuell mehrere Kontrollpunkte innerhalb einer Stichprobe notwendig, um alle LRT bzw. Relationen erfassen zu können. 4. Die Verzahnung von LRT kann ein im Luftbild homogenes, typisch erscheinendes Abbild ergeben. Daher wird für die Kontrollpunkte die Aufnahme von mehreren Datensätzen zur Korrelation CIR-Einheit Corine/PalHab LRT zugelassen (s. Tab. 1). 5. Die Information, ob ein Kontrollpunkt bzw. der erhobene Datensatz repräsentativ für die Stichprobe ist, wird notiert. Der Datensatz für einen Punkt kann damit gegebenenfalls auf das gesamte Polygon bezogen werden. Abb. 1: Interpretation Ausschnitt der CIR-Luftbilder SO 29.46 und SO 30.46 (Befliegung 2003) mit den von den Luftbildinterpreten festgelegten, mit Forstdistrikten und Nationalparkzonen verschnittenen Abgrenzungen

Infrarot-Luftbilder zur Ansprache von FFH-Lebensraumtypen 359 Abb. 2: Stratifizierung Ausschnitt wie Abb. 1. Die aufgrund der Fragestellung Stimmt die postulierte Relation zwischen CIR und LRT? abgeleiteten Straten. Die noch als Luftbild sichtbaren Polygone sind ausgeschlossen. Abb. 3: Stichprobenauswahl Ausschnitt wie Abb. 1. Die durch das Statistikprogramm SPSS TM zufällig ausgewählten Stichproben-Polygone sind flächig gefärbt. Das mit Pfeil markierte Polygon wurde subjektiv ergänzt und dient zur Vervollständigung der LRT-Liste im Projekt. Tabelle 1: Übersicht der Straten mit der im NPB auftretenden Gesamtzahl an Polygonen (A), der geplanten Stichprobenmenge (B), der aufgesuchten Stichprobenmenge (C), der subjektiv festgesetzten Kontrollpunktmenge (D) sowie der daraus resultierenden Datensatz-Anzahl (E) Stratum Objektklasse A B C D E 1 Bach 11 3 3 3 3 2 Fluss 25 6 4 5 5 3 Verlandung Fließgewässer 9 2 2 4 4 4 Stillgewässer 16 4 4 4 6 5 Hochmoor, Übergangsmoor 1 1 1 1 2 6 Flachmoor, Anmoor, Sumpf 17 4 5 6 7

360 A. Lang, M. Künzl und A. Lotz Tabelle 1 (Fortsetzung) Stratum Objektklasse A B C D E 7 Wiesen und Weiden 1 1 1 2 2 8 Grünland mittlerer Feuchte 66 17 14 17 17 9 Feucht- und Nassgrünland 16 4 4 4 6 10 (Sub)alpine Rasen / Weiden 2225 30 18 22 26 11 Trittrasen 11 3 3 3 3 12 Hochstauden 89 22 21 23 25 13 Kies- und Sandbank 45 11 10 11 11 14 Zwergstrauchheide (Rasen < 10%) 27 7 2 3 3 15 Zwergstrauchheide (Rasen > 10%) 64 16 8 9 9 16 Schutt und Geröll 1022 30 17 20 25 17 Fels 2541 30 11 13 20 18 Gletscher und Schneefelder 107 27 8 10 10 19 Gebüsch 1539 30 8 9 11 20 Wald 250 30 14 16 16 21 Laub(misch)wald 666 30 18 19 21 22 Nadel(misch)wald 2556 30 19 24 26 23 Waldrand 4 1 1 2 2 Gesamt 11.308 339 196 230 260 3 Ergebnisse Die Komplexität eines jahrelangen Projektes mit zahlreichen Beteiligten und Zielsetzungen ist anfälliger als ein zeitlich und personell eng umgrenztes Thema. So konnten bereits bei der Stratenbildung Fehler im Datensatz (z. B. Tippfehler) erkannt und als notwendige Korrektur notiert werden. Insgesamt erwies sich die im Stichprobendesign aufgestellte Polygonauswahl als zu umfangreich. Unzugänglichkeit im Gelände und hoher Zeitaufwand durch weit verstreute Stichproben im 210 qkm großen NPB erschöpften die Mittel für die Geländearbeit vorzeitig. Um etwaige negative Folgen für die Analyse und Ausarbeitung der Ergebnisse sowie die Rückkopplung mit anderen Projektteilnehmern möglichst gering zu halten, wurde daher die Geländearbeit reduziert (s. Tabelle 1). Bevorzugt waren davon die Straten mit geringer Varianz, wie z. B. das Stratum 18 Gletscher, betroffen. Die bislang für den NPB angegebenen 22 LRT konnten um vier weitere ergänzt werden. Die Angabe LRT 7120 Degradiertes Hochmoor sollte in LRT 7110 Lebendes Hochmoor umgewandelt werden. 3.1 Error Matrix (Ausgangsfrage 1) Mit einer Kreuztabellierung (Error Matrix) sind die Ergebnisse der Erhebung auf Stratum- Ebene dargestellt. Die User s Accuracy ist die Erfolgsquote für den Nutzer, d. h. wie viel Prozent der CIR-Interpretationen konnten im Gelände bestätigt werden? Die Producer s Accuracy geht umgekehrt von der im Gelände vorgefundenen CIR-Einheit aus und gibt den prozentualen Anteil der vom Luftbildinterpreten richtig angesprochenen CIR-Einheit an.

Infrarot-Luftbilder zur Ansprache von FFH-Lebensraumtypen 361 Die Gesamtzahl der im Gelände erhobenen Datensätze ist 260. Aufgrund dieser hohen Zahl ist die Berechnung der Overall Accuracy, der Gesamttrefferquote, zulässig. Sie beträgt 54 %. Aus den oben geschilderten Gründen ist eine statistisch verlässliche Aussage für die einzelnen CIR-Einheiten im NPB nur eingeschränkt erlaubt und unterbleibt hier (s. LANG 2005). Zu den Straten 5, 7, 23 sind alle betroffenen Polygone untersucht, daher ist eine statistische Absicherung darüber hinaus nicht möglich. Tabelle 2: Ergebnisse aus der Error Matrix der Straten mit User s Accuracy (UA) und Producer s Accuracy (PA). Die CIR-Einheiten der weiß hinterlegten Straten wurden bei der Geländeüberprüfung generell nicht vergeben. Stratum (Name s. Tab.1) Anzahl der überprüften Einheiten im jeweiligen Stratum UA Stratum (Name s. Tab.1) Anzahl der im Gelände gefundenen Einheiten des jeweiligen Stratum 1+2 8 88% 1+2 8 88% 3 4 50% 3 3 67% 4 6 83% 4 5 100% 5 2 100% 5 5 40% 6 7 71% 6 9 56% 7 2 0% 7 0-8 17 94% 8 44 36% 9 6 17% 9 5 20% 10 26 42% 10 33 33% 11 3 0% 11 0-12 25 44% 12 17 65% 13 11 82% 13 10 90% 14 3 0% 14 3 0% 15 9 0% 15 0-16 25 56% 16 19 74% 17 20 35% 17 13 54% 18 10 50% 18 6 83% 19 11 64% 19 0-20 16 0% 20 0-21 21 81% 21 27 63% 22 26 81% 22 45 62% 23 2 0% 23 0 - X 0 - X 8 0% PA Für die Lesbarkeit und Deutung der Error Matrix sind folgende Punkte zu beachten: das Stratum X vereinigt alle CIR-Einheiten, die nur bei der Geländeprüfung vergeben wurden. Die Straten 1 und 2 wurden zusammengelegt, weil im neuen Interpretationsschlüssel HIK2 nicht mehr getrennt von Bächen und Flüssen, sondern von Fließgewässern die Rede ist. Die alten CIR-Einheiten der Gebüsche (Stratum 19) sind im neuen Interpretationsschlüssel unter

362 A. Lang, M. Künzl und A. Lotz den Waldtypen aufgeteilt. Die sehr pauschalen CIR-Einheiten Wiesen und Wald (Straten 7 und 20) wurden im Gelände generell nicht vergeben. Als problematisch bei der Luftbildansprache müssen nach der Geländeverifikation und ihrer Analyse die CIR-Einheiten zu den (sub)alpinen Rasen, den Hochstauden, den Zwergstrauchheiden und den Felsen gelten. Bei diesen Typen gilt es, die Vorgaben bei der Luftbildinterpretation zu optimieren und streng zu beachten. 3.2 Korrelationstabelle (Ausgangsfrage 2) Die Korrelationstabelle von DELARZE (2005b) beinhaltet für das gesamte alpische Projektgebiet von HABITALP 928 Beziehungen zwischen CIR Corine/PalHab LRT (inklusive derer ohne LRT-Bezug). Vereinfachend zusammengefasst ist bei 307 davon ein im NPB vorkommender LRT betroffen (s. Tab. 3). Tabelle 3: Stratum (Name s. Tab. 1) Vergleich der im gesamten Projektgebiet theoretisch möglichen (DELARZE 2005b) und der im NPB im Gelände festgestellten Kombinationsanzahlen CIR Corine/PalHab LRT (LANG 2005). In der Zeile Stratum Y sind Korrelationen zu Kalktuffquellen und Höhlen aufgeführt. Theoretische Anzahl der Kombinationen Festgestellte Anzahl im Nationalpark 1+2 11 2 1 3 8 1 0 4 12 2 2 5 11 4 3 6 16 3 3 7 31 0 0 8 8 5 5 9 2 1 1 10 6 9 7 11 0 0 0 12 7 2 2 13 8 2 2 14 15 3 1 15 2 3 3 16 17 9 5 17 7 2 1 18 1 1 1 19 0 0 0 20 40 0 0 21 46 13 13 22 57 14 14 23 0 0 0 Y 2 2 1 Gesamt 307 78 65 Anzahl der abweichenden Kombinationen

Infrarot-Luftbilder zur Ansprache von FFH-Lebensraumtypen 363 Für die Auswertung der Geländeverifizierung wurden auch diejenigen Datensätze einbezogen, in der eine Abweichung der CIR-Ansprache festgestellt wurde. Aus 260 Datensätzen lassen sich bei LRT-Beteiligung 78 Korrelationen abfragen. 65 von ihnen weichen aus unterschiedlichsten Gründen (u. a. durch Unterschiede in der PalHab-Beteiligung) von den bei DELARZE (2005b) angegebenen Kombinationen ab. Diese Ergebnisse bilden die Grundlage für eine Verbesserung der Korrelationstabelle, z. B. durch Hinzufügen von PalHab-Typen in die Referenztabelle. 4 Diskussion 4.1 Probleme, Erfahrungen und Empfehlungen Der CIR-Interpretationsschlüssel wurde im Projektverlauf an neue Bedürfnisse angepasst. Daher mussten die CIR-Einheiten des alten Interpretationsschlüssels HIK0 mit denjenigen des neuen Schlüssels HIK2 verglichen werden. Das führte zu Übersetzungsproblemen, die sich auch in der Error Matrix abbilden. Bei der Berechnung der Overall Accuracy wurden aber die übersetzten Codierungen berücksichtigt, sie sind mithin nicht verantwortlich für den geringen Wert. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse im NPB auf das gesamte HABITALP-Gebiet ist eingeschränkt möglich. Deutschland und Bayern haben gemäß der Anforderung in EUROPEAN COMMISSION DG ENVIRONMENT 2003 die LRT-Definitionen regional ausformuliert. Das hat konkrete Abgrenzungskriterien und Schwellenwerte zur Folge, die zum Teil den Vorgaben in anderen Ländern im Projektgebiet widersprechen (z. B. Bestockungsvorgaben für Wald-LRT). Die aufgrund der Luftbildinterpretation abgegrenzten Polygone wurden für andere Fragestellungen mit den Forstdistriktsflächen und Nationalparkzonen verschnitten. Daraus ergibt sich eine erhöhte Zahl, und damit auch Stichprobenzahl, von teilweise sehr kleinen Polygonen, die für die Fragestellung zu den LRT-Korrelationen keine zusätzliche Information enthält. Hier wird die Problematik bei der Verschneidung von Datensätzen verschiedener Zielsetzung und Herkunft deutlich. Die CIR-Einheit 7800 Waldrand (Stratum 23) sollte im NPB generell nicht vergeben werden; sie entspricht wohl immer einem Waldtyp. 4.2 Weiteres Vorgehen Die hier vorliegenden, durch die Geländeverifizierung erfassten Daten sollen in der Zusammenschau mit den Ergebnissen aus weiteren HABITALP Partnergebieten den CIR- Interpretationsschlüssel und die Korrelationstabelle optimieren helfen. Darüber hinaus sollen diejenigen Parameter destilliert werden, die z. B. für das Monitoring der LRT, für die Bewertung der Erhaltungszustände von LRT oder für Untersuchungen zur Prozessdynamik beitragen können. Die Aussagekraft der CIR-Einheiten für die LRT-Ansprache soll durch Kombination mit anderen Informationen erhöht werden, so könnte die Verknüpfung mit Expertenwissen zu engeren Suchräumen führen. Dazu sollen Informationen zu den LRT-Vorkommen im NPB

364 A. Lang, M. Künzl und A. Lotz z. B. bezüglich Höhenstufe und Exposition mittels Wahrscheinlichkeitsklassen aufbereitet werden. Eine Modellierung, in die auch die digital vorliegende geologische Karte 1:25.000, das Geländerelief sowie eine aus anderen Auswertungen entstandene digitale Vegetationskarte einbezogen werden sollen, könnte zu einer höheren Trefferquote führen. Verschiedene andere Möglichkeiten von Modellierungen im Bereich der LRT-Ansprache sind u. a. bei FÖRSTER et al. 2005 aufgeführt. In Bezug auf die oben genannten Fragestellungen und Anforderungen der FFH-Richtlinie sprechen Kosten- und Zeitgründe für eine Nutzung von Fernerkundungsmethoden und -daten. Die Verifizierung dieser Ergebnisse durch statistisch gestützte Geländeüberprüfung ist dabei ebenso notwendig wie eine Einbeziehung aller vorliegenden Daten zur standardisierten Modellierung empfehlenswert ist. Literatur BANKO, G. (1998): Interim Report IR-98-081 / November 1998. A Review of Assessing the Accuracy of Classifications of Remotely Sensed Data and of Methods Including Remote Sensing Data in Forest Inventory. International Institute for Applied Systems Analysis. (www.iiasa.ac.at) Bundesamt für Naturschutz (BfN)(Hrsg.) (2002): Systematik der Biotoptypen- und Nutzungstypenkartierung (Kartieranleitung). Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Bonn, Heft 73, 169 S. (deutscher Teil). DEMEL, W. & P. HAUENSTEIN (2005): Habitatkartierung mit Farbinfrarot-Luftbildern. Interpretationsschlüssel Version 2.2.2. Unveröff. Manuskript, Freising, 46 S. Delarze, R. (2005a): WP8 Assigning and surveillance of NATURA 2000 Habitats. Methodological Notice for the Field Validation. Draft Version 13.07.05. Annex 1-4. Unpublished, Aigle, 7 p. DELARZE, R. (2005b): General Table 150805 Deutsch. Unveröff. Tabellen-Manuskript, Aigle, 47 S. DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION (1997): Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27. Oktober 1997 zur Anpassung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. Amtsblatt der EG, Reihe L 305: 42-65. EUROPEAN COMMISSION, DG ENVIRONMENT (2003): Interpretation Manual of European Union Habitats. Version EUR 25. Brussels, 127 p. FÖRSTER, M., KLEINSCHMITT, B. & H. WALENTOWSKI (2005): Comparison of three modelling approaches of potential natural forest habitats in Bavaria, Germany. Waldökologie online 2: 126-135. LANG, A. (2005): Interreg III B Projekt Habitalp, Workpackage 8, Field Validation Nationalpark Berchtesgaden, Final Report. Geländeverifikation im Nationalpark Berchtesgaden in Bezug auf die Übereinstimmung zwischen den CIR-Einheiten aus dem Jahr 2003 und den Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie. Unveröff. Manuskript, Nationalpark Berchtesgaden, 16 S. + Anhang. TRAXLER, A. (1998): Handbuch des vegeationsökologischen Monitorings. Methoden, Praxis, angewandte Projekte. Teil A Methoden. Umweltbundesamt, Wien: Monographien Band 89A.