Instrumente zur Implementierung von Präventionsmaßnahmen sexueller Gewalt

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Transkript:

Instrumente zur Implementierung von Präventionsmaßnahmen sexueller Gewalt Empfehlungen der Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern Inhalt: Landesstelle für Katholische Jugendarbeit: Erweiterte Führungszeugnisse, Selbstverpflichtung und Verhaltenskodex Empfehlungen zum Einsatz der Instrumente für hauptberufliche und hauptamtliche MitarbeiterInnen, Honorarkräfte und ehrenamtliche MitarbeiterInnen Anhang: BDKJ Bundesverband: Kinder schützen aber ohne Führungszeugnisse! Argumente für Leiterinnen und Leiter in der katholischen Jugendarbeit. Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern: Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses von Honorarkräften Argumente für Rechtsträger Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern: Checkliste für Ferienfreizeiten

Impressum: Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern Fachreferat für Prävention sexueller Gewalt Landwehrstraße 68 80336 München fon 089 / 53 29 31-18 fax 089 / 53 29 31-11 www.bdkj-bayern.de yvonne.oeffling@bdkj-bayern.de

Erweiterte Führungszeugnisse, Selbstverpflichtung und Verhaltenskodex Empfehlungen zum Einsatz der Instrumente für hauptberufliche und hauptamtliche MitarbeiterInnen, Honorarkräfte und ehrenamtliche MitarbeiterInnen Es herrscht viel Verwirrung über den Einsatz von erweiterten Führungszeugnissen, Selbstverpflich-tungen, Verhaltenskodexen und Zusatzregelungen. Das vorliegende Informationsblatt soll eine Ori-entierungshilfe für die Anwendung der verschiedenen Instrumente für die Jugendarbeit in Bayern bieten. 1. Was verbirgt sich hinter den Instrumenten? Erweitertes Führungszeugnis: Das erweiterte Führungszeugnis ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister. Während im allgemeinen Führungszeugnis nur Straftaten ab einer bestimmten Mindeststrafe aufgenommen wurden, enthielt das behördliche Führungszeugnis mehr Angaben, die für Tätigkeiten im öffentlichen Dienst relevant sein konnten. Das neue erweiterte Führungszeugnis enthält darüber hinaus weitere bzw. andere Angaben, die speziell auf die Erfordernisse im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe abgestimmt wurden. Im Führungszeugnis werden rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren erfasst, beispielsweise Verurteilungen und Strafbefehle. Nicht erfasst sind Ermittlungsverfahren, laufende Prozesse, Verdachtsfälle und Einstellungen von Verfahren z. B. wegen mangelnder Beweise. Insbesondere im Bereich des Sexualstrafrechts bestehen aber hohe Dunkelziffern und viele Straftaten werden auch nicht den Ermittlungsbehörden bekannt. Viele Straftaten werden nie oder erst nach vielen Jahren bekannt. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass die Aussagekraft eines Führungszeugnisses auch des erweiterten nur beschränkt ist und deshalb die Informationen im Führungszeugnis nur Indizien für eine mögliche Ungeeignetheit der Person sind, aber keinesfalls eine Sicherheit für deren persönliche Eignung bieten. Selbstverpflichtung und Verhaltenskodex: Aus Sicht der Fachstelle für Prävention sexueller Gewalt sind die Begrifflichkeiten deckungsgleich zu verwenden. Ein Verhaltenskodex definiert klare Verhaltensregeln für ein angemessenes Nähe- und Distanz-Verhältnis und einen respektvollen Umgang zwischen den in der Jugendpastoral tätigen Personen und ihre Schutzbefohlenen. 1 Das Beispiel einer Selbstverpflichtungserklärung, wie es in der Handreichung der Jugendkommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral aufgeführt ist, definiert einen sicheren und verlässlichen Rahmen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. 2 Sowohl Selbstverpflichtung, als auch Verhaltenskodex haben somit, aus Sicht der Fachstelle Prävention sexueller Gewalt, den gleichen Sinn und Zweck. Die Fachstelle empfiehlt, dass jeder Diözesan- und Mitgliedsverband, sowie jedes Bischöfliche Jugendamt einen Verhaltenskodex oder eine Selbstverpflichtung für alle in der Institution angestellten und engagierten Personen verfasst. Eine Zusammenarbeit der aufgezählten Institutionen ist sehr zu empfehlen. Zusatzregelungen: Konkrete Zusatzvereinbarungen, die die Regelungen von Verhaltenskodex oder Selbstverpflichtung genauer definieren, sind für besondere Situationen (Freizeitmaßnahmen, Ministrantenwallfahrt etc.) erforderlich. 3 1 vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Handreichung der Jugendkommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral. Bonn 2011, S. 17 2 vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Handreichung der Jugendkommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral. Bonn 2011, S. 41 ff. 3 vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Handreichung der Jugendkommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral. Bonn 2011, S. 17

2. Für welche Personengruppe ist welches Instrument einzusetzen? Erweiterte Führungszeugnisse Die Deutsche Bischofskonferenz empfiehlt in ihrer Rahmenordnung zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz gemäß der gesetzlichen Regelungen Führungszeugnisse einzufordern. Die im 72a SGBVII definierte persönliche Eignung vom MitarbeiterInnen gilt für die Angestellten von Einrichtungen und Diensten der Kinder und Jugendhilfe. Die meisten Institutionen der kirchlichen Jugendarbeit entsprechen nicht dieser Gesetzesdefinition. Die Bayerische Regional-KODA hat bei der Vollversammlung im Juni 2011 die Regelung getroffen, dass der Arbeitgeber künftig berechtigt ist, von allen Beschäftigten regelmäßig die Vorlage eines aktuellen erweiterten Führungszeugnisses gemäß den jeweiligen Bestimmungen des Bundeszenralregistergesetzes (BZRG) zu verlangen. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. 4 Verschiedene VertreterInnen von Bischöflichen Jugendämtern und BDKJ Diözesan- und Mitgliedsverbänden der Katholischen Jugendarbeit in Bayern haben sich darauf geeinigt von allen Personen, die in einem vertraglichen Verhältnis zur Institution stehen und in ihrer Tätigkeit im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen, ein erweitertes Führungszeugnis einzufordern. Für Ehrenamtliche MitarbeiterInnen ist ein erweitertes Führungszeugnis kein geeignetes Instrument, zur Prüfung der persönlichen Eignung. 5 Verhaltenskodex oder Selbstverpflichtung Ein Verhaltenskodex oder eine Selbstverpflichtung ist einer Richtschnur für das pädagogische Handeln in einer Institution. Die Unterschrift und die Einhaltung eines Verhaltenskodexes für alle in der Institution tätigen MitarbeiterInnen, seien sie hauptamtlich, hauptberuflich oder ehrenamtlich ist verbindliche Voraussetzung für die Arbeit im kinder- und jugendnahmen Bereich. 6 Zusatzregelungen: Je nach Intensität und Aufgabenbereich gilt es individuelle Zusatzvereinbarungen mit den hauptamtlichen, hauptberuflichen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen zu treffen. 7 Die Fachstelle für Prävention sexueller Gewalt hat hierzu eine Handreichung entwickelt um gerade bei Ferienfreizeiten passgenaue Vereinbarungen zu erarbeiten. 8 Stand: Oktober 2011 Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern Fachstelle für Prävention sexueller Gewalt Yvonne Oeffling Landwehrstraße 68 80336 München fon 089 / 53 29 31-18 fax 089 / 53 29 31-11 www.bdkj-bayern.de yvonne.oeffling@bdkj-bayern.de 4 vgl. Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern: Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses von Honorarkräften Argumente für Rechtsträger. München 2011 5 vgl. BDKJ Bundesverband: Kinder schützen aber ohne Führungszeugnisse! Argumente für Leiterinnen und Leiter in der katholischen Jugendarbeit. Düsseldorf 2010 6 vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Handreichung der Jugendkommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral. Bonn 2011, S. 37 7 vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Handreichung der Jugendkommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral. Bonn 2011, S. 17 8 vgl. Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern: Checkliste für Ferienfreizeiten. München 2011

Kinder schützen - aber ohne Führungszeugnisse! Argumente für Leiterinnen und Leiter in der katholischen Jugendarbeit. Die Fälle sexuellen Missbrauchs und sexualisierter Gewalt in Schulen und kirchlichen Einrichtungen haben zu einer Diskussion geführt, wie man solche Gewalttaten künftig verhindern kann. Es werden leider auch völlig ungeeignete Mittel der Prävention vorgeschlagen. Eines ist die verpflichtende Vorlage erweiterter Führungszeugnisse von Ehrenamtlichen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Also auch von allen in der katholischen Jugendarbeit und somit auch von Euch. Viele Politikerinnen und Politiker und auch kirchliche Würdenträger denken: Wenn Ihr Euch ein polizeiliches Führungszeugnis holt, bevor Ihr ins Ferienlager fahrt, wäre das ein Garant dafür, dass niemand sich in irgendeiner Weise an Kindern oder Jugendlichen vergeht. Das ist völliger Unsinn, sagen wir die katholischen Jugendverbände. Gerade bei den anstehenden Ferienlagern wird Euch vielleicht mal jemand (Eltern, Verantwortliche in Kommunen und Kirche oder der Presse) danach fragen. Deshalb gibt Euch der BDKJ-Bundesvorstand in diesem Papier einen kurzen Überblick über die rechtliche Situation, nennt Fakten und Hintergründe. 1. Müssen wir nicht Keine rechtliche Verpflichtung bei Ehrenamtlichen Kein geltendes Recht verpflichtet Euch als Ehrenamtliche zum Einholen eines Führungszeugnisses. Ihr müsst es also schlichtweg nicht. Wenn Euch Paragraphenreiter/-innen fragen, könnt Ihr Euch auf diese beiden Gesetze berufen: 1. Das Bundeszentralregistergesetz (BzrG). Dessen 30 a ist seit Mai 2010 in Kraft und ermöglicht die Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses zur Verbesserung der Möglichkeit des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Straftaten, die unter Ausnutzung beruflicher oder ehrenamtlicher Tätigkeiten geschehen Einbeziehung der Verurteilungen zu niedrigen Straftaten Schaffung der Möglichkeit, für alle Mitarbeiter/innen ein erweitertes Führungszeugnis zu erhalten 2. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG / Sozialgesetzbuch VIII). Dies regelt alle Belange der Kinder- und Jugendhilfe und verpflichtet zwar im 72 a den öffentlichen Träger der Jugendhilfe (das Jugendamt) dafür Sorge zu tragen, dass er und auch der anerkannte freie Träger der Jugendhilfe (Verbände, Vereine) keine Personen beschäftigt oder vermittelt, die rechtskräftig wegen eines einschlägigen Vergehens verurteilt worden sind sieht aber keine verpflichtende Einholung von erweiterten Führungszeugnissen bei Ehrenamtlichen vor www.bdkj.de

2. Bringt nix Führungszeugnisse sind kein geeignetes Präventionsinstrument in der Jugend(verbands)arbeit, sondern schaffen ein falsches Gefühl der Sicherheit In den Jugendverbänden sind vorwiegend junge Menschen ehrenamtlich aktiv: So sind z.b. 39 % der JULEICA-Inhaber/-innen jünger als 20 Jahre und nur 19 % älter als 30 Jahre. Da Ihr also im Schnitt relativ jung seid, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass entsprechende Straftaten überhaupt schon aufgetreten sind. Und weil es das Jugendstrafrecht so vorsieht stehen solche Straftaten gar nicht im erweiterten Führungszeugnis drin. Also: Allein deren Aussagekraft ist fragwürdig. Mehr noch: Sie schaffen ein falsches Gefühl der Sicherheit..erschweren Ehrenamt Eine Führungszeugnispflicht ist eine Erlaubnispflicht für Ehrenamt. Das behindert ehrenamtliches Engagement. Wir sind selbstorganisierte und freiwillige Zusammenschlüsse von jungen Menschen, die ohne Ehrenamt nicht funktionieren. Unser Ehrenamt verdient Vertrauen, Anerkennung und Strukturen, die uns unterstützen und keine unsinnigen Maßnahmen, die uns das Leben schwer machen. bringen Vorstände und Lagerleitungen in Bedrängnis Eine Führungszeugnispflicht belastet ehrenamtlich tätige Leitungs- und Vorstandspersonen in einem zu großen Maß. Diese Leute übernehmen die Verantwortung, die Führungszeugnisse einzuholen und sicher zu verwahren. Das Haftungsrisiko für die Verantwortlichen steigt. Die Übernahme von Vorstandsmandaten wird damit gerade für junge Engagierte immer weniger möglich..sind unverhältnismäßig Die Nachteile, die die Führungszeugnispflicht mit sich bringen würde, übersteigen den zu erwartenden Erfolg. Gerade die zweifelhafte Aussagekraft für den Bereich der ehrenamtlichen Mitarbeitenden belegt dies. Daher ist die Führungszeugnispflicht im Sinne der Verhältnismäßigkeit weder geeignet, noch erforderlich oder angemessen. 2

3. Wir sind der beste Schutz Aktiver Kinderschutz geht am besten durch Prävention Wir machen Kinder stark Wir haben den Anspruch, ein sicherer und geschützter Ort für Kinder und Jugendliche zu sein. Aus eigener Initiative und in Verantwortung für das Wohl der jungen Menschen wurde und wird das Thema sexualisierte Gewalt in der katholischen Jugend(verbands) arbeit seit Jahren intensiv aufgegriffen. Neben expliziten Präventionsmaßnahmen leisten wir mit unserer täglichen Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen. Kinder und Jugendliche entfalten ihre Persönlichkeit, lernen ihre Grenzen kennen und selbstbewusst zu artikulieren. Gleichzeitig werden ehrenamtlich engagierte Menschen in den Jugendverbänden für präventive Arbeit sensibilisiert und ausgebildet. Wir vertuschen nix, wir reden. In der katholischen Jugend(verbands)arbeit gibt es ein Bewusstsein für die Gefahren sexualisierter Gewalt. Das Thema wird nicht tabuisiert. Dazu gibt es Leitbilder oder fachliche Standards, die den Umgang zwischen den Menschen im Jugendverband regeln und ausdrücklich sexualisierte Gewalt thematisieren. Wir sind gut ausgebildet Alle Menschen, die in der katholischen Jugend(verbands)arbeit Verantwortung übernehmen, werden neben anderen Qualifikationen speziell zum Thema sexualisierte Gewalt geschult. Inhalte der Schulung müssen mindestens die verbandsinternen Leitbilder, rechtliche Grundlagen sowie Umgang in Krisensituationen sein. In der Gruppenleiter/- innenausbildung muss das Thema aufgegriffen werden (vgl. Mindeststandards für die Juleica). Mitarbeiter/-innenfortbildungen müssen das Thema standardmäßig behandeln. Wir haben klare Regeln Mit Selbstverpflichtungen engagieren sich Gruppen und Verbände für einen sicheren und verlässlichen Rahmen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Verantwortliche werden damit in ihrer Rolle und Haltung gestärkt und die eigene Unterschrift verpflichtet dazu, Vertrauen zum Schaden von jungen Menschen nicht auszunutzen, sondern für eine Kultur der Grenzachtung einzustehen. In einem Verhaltenskodex bzw. einer Selbstverpflichtung werden Aspekte wie Akzeptanz von Grenzen, achtsamer Umgang miteinander, Handeln bei jeglicher Form von Gewalt und Respekt der Intimsphäre aufgeführt und von allen Personen dieser Gruppe unterzeichnet. Wir sind also der beste Schutz Als katholische Jugendverbände verschreiben wir uns dem Schutz des Kindeswohls und tragen aktiv zur Prävention sexualisierter Gewalt bei. Intensive Präventionsarbeit, hohe Sensibilisierung aller Verantwortlichen und langfristige gemeinsame Aktivitäten und bedingungsloses Handeln im Verdachtsfall sowie die enorme Förderung starker Persönlichkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Das sind wir und das tun wir. Das ist die beste Vorbeugung. 3

Was, wenn ich von einem Fall von Missbrauch erfahre? Was könnt Ihr machen, wenn Euch Fälle inner- oder außerhalb der katholischen Jugendarbeit bekannt werden, wenn sich Kinder oder Jugendliche als Opfer direkt an Euch wenden? Bleibe ruhig. Überstürzte Handlungen bringen nichts. Glaube dem Kind oder dem/der Jugendlichen. Nimm es, ihn, sie ernst. Versichere dem Kind oder dem/der Jugendlichen, dem/der jungen Erwachsenen, dass es, er, sie keine Schuld an dem Erlebten hat. Dränge nicht weiter nach. Das Opfer weiß selbst am besten was es bereit zu erzählen ist. Höre zu und zeige Anteilnahme. Spiele nichts herunter. Oft sind die ersten Erzählungen nur die Spitze des Eisbergs. Mache keine Versprechen, die du nicht einhalten kannst. Beziehe das Kind, die/den Jugendliche/n, die/den junge/n Erwachsene/n in die weiteren Schritte mit ein. Sorge dafür, dass das Opfer sich nicht ausgegrenzt oder bestraft fühlt. Protokolliere das Gespräch zeitnah für spätere Schritte. Hole Dir Rat von einer Expertin oder einem Experten, z.b. www.wildwasser.de oder N.I.N.A Telefon 01805 1234 65, und besprich mit dieser Person das weitere Vorgehen. Konfrontiere unter keinen Umständen vorschnell den vermeintlichen Täter oder die vermeintliche Täterin. Sorge Dich um Dich selbst und nimm Deine eigenen Grenzen ernst. Du bist nicht der Therapeut oder die Therapeutin. Versichere dem Opfer, dass Du das Gehörte vertraulich behandelst, Dir aber Hilfe und Beratung holen wirst. Das ist Dein Recht! Informiert Euch! Viel mehr Infos zum Thema Führungszeugnisse aber auch sexualisierter Gewalt findet Ihr unter www.bdkj.de. Besser: http://www.bdkj.de/startseite/der-bdkj/der-bdkj/themen/ missbrauch-praevention.html 4

Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses von Honorarkräften Argumente für Rechtsträger Verschiedene VertreterInnen von Bischöflichen Jugendämtern und BDKJ Diözesan- und Mitgliedsverbänden der katholischen Jugendarbeit in Bayern haben sich am 06. Juni 2011 auf folgende Regelung für die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen für Honorarkräfte geeinigt: Von Personen, die in einem vertraglichen Verhältnis zur Institution stehen und in ihrer Tätigkeit im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen, wird ein erweitertes Führungszeugnis eingefordert. Die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses durch die Institution ist zwingend erforderlich, soweit dies gesetzlich angeordnet ist. Dies betrifft insbesondere die Prüfung der persönlichen Eignung einer Person nach 72a SGB VIII im Rahmen der Kinder und Jugendhilfe. Der Personenkreis ist vom Gesetzgeber hier nicht genauer definiert. Es ist Auftrag der Träger zu definieren, für welche Personen (unabhängig von ihrem Berufsbild) eine persönliche Eignung zu prüfen ist. In den meisten Tätigkeitsfeldern der Kirchlichen Jugendarbeit besteht zwar nicht die gesetzliche Verpflichtung ein erweitertes Führungszeugnis einzufordern, durch den 30a BZRG besteht jedoch die Möglichkeit dies zu tun. Mit der getroffenen Vereinbarung soll ein bayernweit einheitliches Vorgehen in der Kirchlichen Jugendarbeit in diesem Graubereich definiert werden, um unserem Schutzauftrag gerecht zu werden. Folgende Argumente können helfen, diese Regelung zu begründen: Aus institutioneller Sicht: Eignung von Mitarbeiter/innen: Es ist ein grundlegendes Interesse des Auftraggebers seinem institutionsbezogenen Schutzauftrag für Kinder und Jugendlichen nachzukommen. Die Prüfung, ob der/die Honorarkraft, die beruflich im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen tritt für diesen Dienst geeignet ist erfolgt u.a. über die Anforderung eines erweiterten Führungszeugnisses. Qualitätssicherung: Neben anderen Kriterien der persönlichen Eignung, wie beispielsweise einer Aus- oder Zusatzausbildung, ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses eine der geforderten Leistungen der Honorarkraft gegenüber der Institution. Die Leistungskriterien dienen der Institution als Teil der Qualitätssicherung ihrer Angebote. Aus pädagogischer Sicht: Kirchliche Jugendarbeit soll Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen sicheren Ort bieten, in dem deren Würde und Wohl geachtet und geschützt werden. Hierzu gehört insbesondere der Schutz sexueller Gewalt. Jugendliche sollen in der Kirchlichen Jugendarbeit Vorbilder finden, die sie als eigenständige Persönlichkeiten respektieren und unterstützen und denen sie vertrauen können. Durch die Prüfung der persönlichen Eignung wird dies gewährleistet. Situationsbezogene Sicht, in Bezug auf das Aufgabengebiet: Die Gestaltung von persönlichen Beziehungen gehört zum Arbeitsalltag von Honorarkräften, vor Allem, wenn sie in der Durchführung von Ferienfreizeiten, Seminaren oder ähnlichen Angeboten tätig sind. Dabei stehen sie im intensiven, oft auch regelmäßigen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Durch die Vorlagepflicht eines erweiterten Führungszeugnisses, werden Honorarkräfte nochmals explizit in Bezug auf das Gefahrenpotenzial ihres Aufgabengebietes sensibilisiert.

Checkliste Ferienfreizeiten

Impressum Herausgeber: Landesstelle für Katholische Jugendarbeit in Bayern Fachstelle Prävention sexueller Gewalt Landwehrstr. 68, 80336 München fon 089.53 29 31-0 fax 089.53 29 31-11 landesstelle@bdkj-bayern.de, www.bdkj-bayern.de Redaktion: Yvonne Oeffling Titelbild: Franzi S./jugendfotos.de Layout: Sabine Sußbauer 1. Auflage 2011 2

Checkliste für Ferienfreizeiten Leitfaden zur Implementierung von Präventionsmaßnahmen sexueller Gewalt Wenn man eine Ferienfreizeit organisiert gibt es viel zu beachten. Neben der Programmplanung und Rahmenpunkten wie Unterkunft und Verpflegung sollte auch das Thema Prävention sexueller Gewalt seinen festen Platz finden. Die vorliegende Checkliste soll eine Unterstützung bieten, Prävention sexueller Gewalt in der Vorbereitung und Durchführung zu verankern. 1. ein Plan muss her! Schritte in der Vorbereitung Warum sollen wir uns darum jetzt auch noch kümmern? - Handlungsbedarf analysieren Um was geht es hier eigentlich? - Schulung von Betreuer- Innen Ausgemacht! - Klare Vereinbarungen treffen für die Freizeit Da schau her! - Information für Kinder, Jugendliche und Erziehungsberechtigte Keine Panik in der Krise Krisenplan, Meldewege, Kontaktpersonen 2. auf geht s! Maßnahmen während einer Ferienfreizeit Augen auf! Reflexion und Kontrolle des eigenen Verhaltens Ohren auf! Kindermitbestimmung bei Ferienfreizeiten Überlegt handeln! Intervention bei Verdachtsfällen 3. Des war s? Nachbereitung von Ferienfreizeiten Was es noch zu sagen gibt. Rückmeldungen von TeilnehmerInnen und Erziehungsberechtigten Nochmal nachgedacht! Reflexion des BetreuerInnenteams 3

1. ein Plan muss her! Schritte in der Vorbereitung Eine gute Planung erspart viel Arbeit und Improvisationskunst. Das gilt auch für die Einbettung des Themas Prävention sexueller Gewalt. Also auf geht s! Warum sollen wir uns darum jetzt auch noch kümmern? - Handlungsbedarf analysieren Wenn man von einer Sache überzeugt ist, haben die folgenden Handlungen und Bemühungen eine viel intensivere Wirksamkeit, als wenn man einfach nur was macht, damit das auch gemacht ist. Für die Einbettung des Themas Prävention heißt das erstmal den Handlungsbedarf zu analysieren. Aufgabenstellungen für das BetreuerInnenteam: 1. 10 Gründe, warum wir uns auf gar keinen Fall mit dem Thema Prävention sexueller Gewalt in unserer Vorbereitung beschäftigen sollten. 2. 10 Gründe, warum das Thema Prävention sexueller Gewalt ein fester Bestandteil unserer Vorbereitungen sein sollte. Nach dieser Aufgabe sind (hoffentlich) genug gute Gründe gefunden, warum man sich mit dem Thema Prävention auseinandersetzen sollte. Die 10 Gegenargumente zeigen bestimmt gut, welche Vorbehalte es gegenüber diesem Plan geben kann. Das ist wunderbar, denn so können Argumente gesucht werden um auch die ZweiflerInnen zu überzeugen. Um was geht es hier eigentlich? - Schulung von BetreuterInnen Damit BetreuerInnen Sicherheit in der Materie bekommen, brauchen sie Informationen. Eine Schulung soll den BetreuerInnen die Möglichkeit geben, Sachinformationen zu erhalten und ihre Rolle gegenüber den zu betreuenden Kindern und Jugendlichen zu reflektieren. 4

Inhalte der Schulung sollten sein: - Definition - Zahlen und Fakten - Formen sexueller Gewalt - Strategien von TäterInnen Eine Präsentation mit den Grundinformationen kann gerne beim Fachreferat für Prävention sexueller Gewalt an der Landesstelle für katholische Jugendarbeit angefordert werden. Ausgemacht! - Klare Vereinbarungen treffen für die Freizeit Viele Diözesan- und Mitgliedsverbände und bischöfliche Jugendämter haben bereits einen Verhaltenskodex eingeführt. Ein Verhaltenskodex schafft ein Bündnis der Verantwortung und ist eine Richtschnur für einen wertschätzenden und respektvollen Umgang untereinander. Freizeiten stellen nicht nur im Jahresablauf ein Highlight da, sie sind auch eine besondere Herausforderung an BetreuerInnen. Um für solche individuellen Betreuungssituationen gut gerüstet zu sein, sind Zusatzregelungen eine gute Methode. Klare Regelungen geben Sicherheit und verkleinern die Grauzone zwischen normalem und grenzüberschreitendem Handeln. Aufgabenstellung für das BetreuerInnenteam: Fallen Euch Szenen auf einer Freizeit ein, wo es gut wäre eine klare Vereinbarung bzgl. des Handelns zu treffen? Was können wir konkret vereinbaren, um uns als BetreuerInnen vor einem falschen Verdacht zu schützen und natürlich die Kinder und Jugendlichen vor sexueller Gewalt? 5

Ganz konkrete Schutzvereinbarungen könnten zum Beispiel sein: - BetreuerInnen duschen nicht gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen - BetreuerInnen übernachten in getrennten Zimmern/Zelten, nicht mit den Kindern gemeinsam. - Es gibt keine Geheimnisse mit Kindern, alle Absprachen können öffentlich gemacht werden. - Körperliche Kontakte (in den Arm nehmen, ) müssen von den Kindern und Jugendlichen gewollt sein und dürfen ein sinnvolles Maß nicht überschreiten. Da schau her! - Information für Kinder, Jugendliche und Erziehungsberechtigte Vereinbarungen treffen ist eine super Geschichte, hier gilt: Information schafft Transparenz! Die zu betreuenden Kinder und Jugendlichen müssen darüber benachrichtigt werden, welche Regeln vereinbart wurden, damit sie bei Regelverstößen dies einordnen und auch berichten können. Um in Sachen Prävention an einem Strang ziehen zu können und die Erziehungspartnerschaft zwischen Institution/Verband und Erziehungsberechtigten zu stärken, sollte auch ein Informationsfluss bezüglich der Schutzvereinbarungen bestehen. Schutzvereinbarungen sind nichts, für was man sich schämen muss! Hier geht es nicht um einen Generalverdacht gegenüber allen BetreuerInnen, sondern um ein Qualitätsmerkmal für reflektierte, respektvolle und wertschätzende Jugendarbeit! Keine Panik in der Krise Krisenplan, Meldewege, Kontaktpersonen Eine vollkommene Absicherung ist leider auch mit der besten Präventionsarbeit nicht möglich. Deshalb muss gesichert werden, dass bei vagen und erhärteten Verdachtsfällen besonnen und verantwortungsbewusst gehandelt wird. 6

Das Merkblatt für Freizeiten des Bayerischen Jugendrings bietet eine klare Orientierung für BetreuerInnen: Kinder und Jugendliche merken, wenn ihre Grenzen überschritten werden. Wenn sich ein Kind oder eine JugendlicheR wegen eines aktuellen Vorfalls Dir anvertraut, beachte bitte folgendes: Der Schutz des Kindes steht immer an erster Stelle! 1. Ruhe bewahren! Bitte keine überstürzten Aktionen! Das ist sicher nicht einfach, aber absolut nötig. 2. Das weitere Vorgehen muss gut überlegt sein. Hole Dir Rat von Fachleuten in den Beratungsstellen! 3. Glaube dem Kind, wenn es Dir von sexuellen Übergriffen erzählt. Versichere ihm, dass es keine Schuld an dem Geschehen hat. Signalisiere, dass es über das Erlebte sprechen darf, aber dränge nicht und frage es nicht aus. Versuche einfach nur zuzuhören und Anteilnahme zu zeigen. 4. Wenn ein Kind Dir von einer verletzenden Bemerkung berichtet, dann sage nicht Ist ja nicht so schlimm oder Vielleicht hat er es ja nicht so gemeint, sondern nimm es ernst und höre zu, auch wenn Dich persönlich eine solche Bemerkung nicht verletzt hätte. Kinder und Jugendliche, die sich jemandem anvertrauen, erzählen häufig zunächst nur einen kleinen Teil dessen, was ihnen geschehen ist. 5. Mache nur Angebote, die erfüllbar sind. Mache keine Zusagen, die Du nicht einhalten kannst (z.b. niemandem von dem Vorfall zu erzählen). 6. Unternimm nichts über den Kopf der Betroffenen hinweg, sondern beziehe sie altersangemessen in die Entscheidungen mit ein. 7

7. Stelle sicher, dass das betroffene Kind bzw. der/die Jugendliche sich durch die Folgemaßnahmen nicht ausgegrenzt oder bestraft fühlt. 8. Keine voreilige Information bzw. Konfrontation des/der TäterIn. Bitte wende Dich an eine Fachstelle! Es besteht die Gefahr, dass der/die Betroffene von der/dem TäterIn zusätzlich unter Druck gesetzt wird. 9. Behandle das, was Dir erzählt wurde, vertraulich. Aber teile dem/ der Betroffenen mit, dass Du Dir selbst Hilfe und Unterstützung holen wirst. 10. Protokolliere nach dem Gespräch Aussagen und Situation. 1 Um bei vagen oder erhärteten Verdachtsfällen angemessen und adäquat reagieren zu können und den Hilfebedarf abdecken zu können ist es ratsam, schon im Vorfeld ein Krisenteam für Notfälle zu implementieren. Mitglieder eines solchen Krisenteams sollten neben Vorständen, die politische Entscheidungen treffen können, auch eine oder mehrere Fachkräfte oder AnsprechpartnerInnen aus dem Verband, sowie externe BeraterInnen sein. 2 Wenn kein Krisenteam installiert werden kann sollte zumindest eine Ansprechperson vereinbart werden, die im Krisenfall erreichbar ist und das BetreuerInnenteam unterstützen kann (hauptamtlicher MitarbeiterIn in der Jugendstelle, MissbrauchsbeauftragteR der Diözese, BildungsreferentIn des Verbandes, ). 1 Bayerischer Jugendring: Prätect Prävention sexueller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit. Merkblatt für Freizeiten. München 2005 2 Vgl. Bayerischer Jugendring: Prätect keine Täter in den eigenen Reihen! Auf dem Weg zu schützenden Strukturen. München 2010 8

Marc Tollas/pixelio.de 2. auf geht s! Maßnahmen während einer Ferienfreizeit Während einer Freizeit muss man so einiges im Auge behalten. Neben der Kontrolle, ob der Weg für die Geländerallye geeignet ist, und der Frage, was es zum Essen gibt, sollte auch die Prävention nicht aus dem Blickfeld geraten. Augen auf! Reflexion und Kontrolle des eigenen Verhaltens Kontrolle hat hier nichts mit Generalverdacht zu tun, aber ähnlich, wie bei der Erfüllung der Aufsichtspflicht, die ja nicht einfach mit der Pflicht der Information zu Ende ist, gilt es auch im Sinne der Prävention kontinuierlich sein eigenes Tun zu überprüfen. Ein BetreuerInnenteam sollte sich also folgende Fragen stellen: 1. Information: Sind allen BetreuerInnen, Kindern und Jugendlichen die Schutzvereinbarungen bekannt? 2. Kontrolle: Haben alle verstanden, was die Schutzvereinbarungen meinen? Halten sich die BetreuerInnen und Kinder und Jugendlichen an die Schutzvereinbarungen? 3. Eingreifen von Fall zu Fall: Beobachtet eine BetreuerIn eine Grenzüberschreitung oder einen Regelverstoß, so hat dies auch, im angemessenen Maß, eine Intervention zur Folge. 9

VOR-Sicht und RÜCK-Sicht sind hier die wichtigen Stichworte des Zusammenlebens. Es geht um ein vorausschauendes und überlegtes Handeln. Aber auch darum einzugreifen und aufzustehen, wenn es zu Grenzüberschreitungen kommt. Das fängt schon im Kleinen am Lagerfeuer an, wenn beispielsweise dreckige, sexistische Witze erzählt werden. Hier gilt es nicht einfach wegzuhören, sondern Stellung in Bezug auf die getroffenen Vereinbarungen zu beziehen. Ohren auf! Kindermitbestimmung bei Ferienfreizeiten Kinder und Jugendliche ernst nehmen mit Ihren Wünschen, Meinungen und Anliegen ist auch im Sinne der Prävention ein wichtiger Faktor. Durch das Einüben von Partizipation und Mitverantwortung erleben Kinder und Jugendliche, dass ihre Stimme bei Entscheidungen zählt. Dies fängt im Kleinen an, zum Beispiel bei einer Jetzt red I Runde im Rahmen einer Ferienfreizeit, in der Kinder und Jugendliche Rückmeldungen zum Programm geben können. Wichtig für das BetreuerInnenteam ist dann, diese Rückmeldungen auch wirklich ernst zu nehmen und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Wenn beispielsweise über die Hälfte der TeilnehmerInnen die Aufwärmspiele blöd finden und dies auch so artikulieren, ist es notwendig das Programm entsprechend zu ändern. Fragen die sich BetreuerInnen stellen sollten sind folgende: 1. Wie können unsere TeilnehmerInnen auf den Ablauf der Freizeit Einfluss nehmen? 2. Gibt es niedrigschwellige Angebote des Beschwerdemanage ments (Kummer-Kasten,..)? 3. Haben wir kompetente AnsprechpartnerInnen für Verdachtsfälle und Vorfälle? 10

Überlegt handeln! Intervention bei Verdachtsfällen Auch die beste Prävention lässt leider nicht ausschließen, dass es zu Vorfällen der Grenzüberschreitung, auch auf Ferienfreizeiten kommt. Wichtig für die BetreuerInnen ist folgendes: 1. Eigene Krise überwinden! Bei der Konfrontation mit sexuellen Grenzüberschreitungen sind Gefühle wie Ekel, Überforderung, Wut, total normal! Wichtig ist, dass die BetreuerInnen erst ihre eigenen Gefühle überwinden bevor sie weitere Schritte einleiten. 2. Ruhe bewahren! Das ist meist am schwierigsten zu befolgen, aber auch der wichtigste Rat. Übertriebener Rettungsaktionismus hilft Niemandem! 3. Hilfe holen! Solche Situationen müssen von BetreuerInnen nicht alleine gemeistert werden! Das Merkblatt für Freizeiten gibt eine klare Orientierung zum Vorgehen. Die ausgemachten AnsprechpartnerInnen sollen die BetreuerInnen unterstützen! BetreuerInnen sind keine kleinen HobbypsychologInnen! Krisenintervention ist Aufgabe von Profis und deshalb sollten sich BetreuerInnen so schnell wie möglich selbst Hilfe holen. 11

Jonas Kako/jugendfotos.de 3. Des war s? Nachbereitung von Ferienfreizeiten Aus, Schluss und vorbei? Nach einer Ferienfreizeit ist man oft total fertig und einfach nur froh, wenn alles halbwegs wie geplant verlaufen ist. Um die gemachten Erfahrungen und Erlebnisse möglichst gewinnbringend für weitere Maßnahmen verwenden zu können, ist es gut zurück zu schauen und die Erkenntnisse zu dokumentieren. Was es noch zu sagen gibt. Rückmeldungen von TeilnehmerInnen und Erziehungsberechtigten Die Rückmeldungen von TeilnehmerInnen können auf ganz verschiedene Weise eingeholt werden. Neben einer klassischen Blitzlicht- Runde am Ende einer Freizeit würde auch die Möglichkeit bestehen einen kurzen Rückmeldebogen zu entwerfen. Während das Einfordern von Rückmeldungen von TeilnehmerInnen meist selbstverständlich ist, ist die Aufforderung an Erziehungsberechtigte, Rückmeldungen aus ihrer Sichtweise zu geben oft etwas Besonderes. Durch das konkrete Angebot für Erziehungsberechtige ihre Einschätzungen zu schildern wird nochmals die Erziehungspartnerschaft von Verband/Institution und Erziehungsberechtigen betont. 12

Konkrete Fragen für Rückmeldungen in Bezug auf die Prävention sexueller Gewalt könnten sein: Für Erziehungsberechtigte: 1. Woran hat man gemerkt, dass die BetreuerInnen sich mit dem Thema Prävention sexueller Gewalt auseinandergesetzt haben? 2. Waren Sie ausreichend über Abläufe, AnsprechpartnerInnen, Ziel der Maßnahme und Vorgehensweise informiert? 3. Haben Sie noch Wünsche oder Anregungen an das Betreuer- Innenteam? Für TeilnehmerInnen: 1. Wie gut konntest Du deine Wünsche und Bedürfnisse einbringen? 2. Hattest Du AnsprechpartnerInnen für Deine Anliegen? 3. Die BetreuerInnen haben vereinbart besonders darauf zu achten, dass Deine Rechte respektiert werden. Was waren Deine persönlichen Erfahrungen hierzu? Nochmal nachgedacht! Reflexion des BetreuerInnenteams Um die Erlebnisse und Erfahrungen gut zu verarbeiten und für die nächste Freizeit gewinnbringend einzusetzen ist eine Reflexion wichtig. Dabei sind folgende Aspekte zu reflektieren: Von jeder BetreuerIn persönlich: 1. Wie gut ist es mir gelungen mich an die Schutzvereinbarungen zu halten? 2. Wie bin ich mit Grenzüberschreitungen umgegangen? 3. Was würde ich das nächste Mal anders machen? 13

Vom BetreuerInnenteam: 1. Wie gut haben die vereinbarten Schutzvereinbarungen gewirkt? 2. Könnten Grenzüberschreitungen offen angesprochen werden? 3. Welche Konsequenzen zieht Ihr für die nächste Freizeit? Und dann kann es auch schon wieder von vorne losgehen! Präventionsmaßnahmen sind keine starren Vorgaben, die einmal beschlossen werden sollen und dann für alle Ewigkeit gelten. Regeln und Vereinbarungen müssen von den Beteiligten verstanden und akzeptiert werden. Abläufe und implementierte Schutzmaßnahmen müssen erst zur Selbstverständlichkeit werden, um ihre ganze Wirkung entfalten zu können. Mit jeder Freizeit können so auch die Abläufe im Bereich Prävention perfektioniert werden. 14

Literatur: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Handreichung der Jugend-kommission zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bereich der Jugendpastoral. Bonn 2011 Bayerischer Tischtennis-Verband e.v.: Schutzvereinbarungen für haupt- und nebenberufliche MitarbeiterInnen im BTTV, die in ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen können, zur Prävention vor sexueller Gewalt (PsG) in der Kinder und Jugendarbeit. München 2011 Bayerischer Jugendring: Prätect Prävention sexueller Gewalt in der Kinder und Jugendarbeit. Merkblatt für Freizeiten. München 2005 Bayerischer Jugendring: Prätect keine Täter in den eigenen Reihen! Auf dem Weg zu schützenden Strukturen. München 2010 15