Reisemedizin Prophylaxeempfehlungen in der Apotheke Thomas Weinke Gastroenterologie / Infektiologie / Tropenmedizin
Notfälle in der Reisemedizin
Notfälle in der Reisemedizin
Risikoverhalten auf Reisen
Reiseprophylaxe Reiseimpfungen Malaria Reisediarrhoe
Impfpräventable Infektionen Morbidität bei 100.000 Reisenden (1 Monat Exposition) Infektion Ohne Impfung Mit Impfung Hepatitis A 300 < 1 Hepatitis B 20-60 2-5 Influenza 500 250 Gelbfieber 4 0 Typhus 3 (-30) 1 (-10) Tollwut?, < 1 0 Jap. Enceph. 1 0 Cholera < 1 0 Meningokokken < 1 0 Steffen & Connor, 2005
Impfungen für Reisende Standardimpfungen hierzulande Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Pertussis, MMR, Hepatitis B, MMR, Pneumok., Meningok. C, Influenza Häufige Reiseimpfungen Hepatitis A (+ B), Typhus Seltene Reiseimpfungen Meningokokken, Gelbfieber, Cholera, Tollwut, Jap. Encephalitis, (FSME)
Polioimpfung: Schlucken oder Spritze?
Polioimpfschutz vervollständigen Zur vollständigen Grundimmunisierung ist eine Auffrischimpfung erforderlich diese fehlt häufig. 2 Impfung mit einem Kombinationsimpfstoff bei Auffrischung des Impfschutzes gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis STIKO-Empfehlungen, Epidem Bulletin 2012
Hepatitis A - Verbreitung weltweit
Hepatitis A-Inzidenz Abnahme in den letzten Jahren Mutsch et al.: Clin Inf Dis 2006
Durchseuchung bei Hepatitis A
Hepatitis A - Impfung HAV pur Havrix Vaqta Impfschema 0, 6-12 Monate 0, 6-12 Monate 0, 6-12 Monate Schutzdauer mind. 30 Jahre zu erwarten mind 25 Jahre nach Fachinfo mind 25 Jahre nach Fachinfo Alu-adjuvantiert nein ja ja Impfdosis für Kinder / Erwachsene 0,5 ml (gleiche Dosis für K und E) 1-14 J: 0,5 ml ab 15 J: 1 ml 1-17 J: 0,5 ml ab 18 J: 1 ml
Verbreitung der Hepatitis B-Infektion
Impfempfehlungen bei Nicht-Immunen Reisenden für einen Aufenthalt in den Tropen Expertengruppe WHO DTG CATMAT CDC NaTHNaC Land Welt D Canada USA UK Hepatitis A *** *** *** *** ***/* Hepatitis B R R * R * Tollwut * * * * * Typhus * * * * * Meningokokken * * * * * Jap. Enceph. * * * * * Cholera / * / * / * / * Influenza * * * * * *** = Alle, * = nur Risikogruppen, = Keine, R = Routine
Typhus-Risiko für Reisende Hoch-Risiko Gebiete: > 0.2 pro 1000 VFR: visiting friends and relatives Hoch-Risiko Reisende: VFR Rucksackreisende Reise > 1 Monat
In Deutschland erhältliche Typhusimpfstoffe Impfstoff Schutzrate Schutzdauer Nebenwirkungen Typhoral Oraler Lebendimpfstoff (Ty21a) 60-75 % 1-3 Jahre selten gastrointestinale Beschwerden und Fieber Typhim, Typherix Parenterale 60-75 % 3 Jahre selten: Polysaccharid- Fieber (1 %), Vaccine Kopfschmerzen (1-3 %), Lokalreaktionen (7 %)
Salmonella typhi - relevante Antigene Orale vs. parenterale Impfstoffe Salmonella typhi Bakterium Vi-Antigen O-Antigen Parenteraler Impfstoff Oraler Impfstoff H-Antigen
Typhus Wie wirken die beiden Impfungen? oral parenteral = Umgebungsschutz = Individualschutz = Individualschutz, wenn Vi-pos. Typ
Risikoabschätzung Risiko durch Erkrankung Risiko durch Impfung Risiko: Inzidenz bei allen Reisenden am Zielort d.h. Vergangenheit sagt Zukunft voraus
Hoch CFR>10% oder häufige Folgeschäden BEDEUTUNG Gelbfieber Poliomyelitis Japan. Encephalitis Meningokokken Erkrankung Tollwut (Risiko-Exposition) Risikoabschätzung Impfen? Hepatitis B Hepatitis A Intermediär CFR<10% und/oder Folgeschäden Tetanus Diphtherie Typhus Cholera Masern Influenza Gering CFR<2% INZIDENZ Sehr gering <0.1 Gering 0.1-0.9 Intermediär 1-99 Hoch 100 pro 100,000 Steffen R & Connor BA. J Travel Med 2005
Gelbfieber (YF) endemische Länder (Fallmeldungen, Underreporting häufig!)
Gelbfieberrisiko und Impfprogramme
Gelbfieber Impfung vs. Erkrankung Attenuierter Lebendimpfstoff mit relativ hoher Restvirulenz (Stamm 17D) Anzüchtung in Hühnereiern bzw. Hühnerfibroblasten 0,25
Gelbfieber: Infektion vs. Impfung Risiko-Kalkulation INFEKTION Ungeimpfte Person 2 Wochen Aufenthalt in einem Endemiegebiet Südamerikas: (Afrika um Faktor 10 höher) Erkrankung Tod 5 auf 100.000 1 auf 100.000 IMPFUNG USA Reiseimpfungen (Erstimpfung) UAR 1,5-1,9 auf 100.000 Impfdosen viscerotrope VAE insgesamt Personen > 60 J. 0,33-0,5 auf 100.000 Impfdosen 2,0-2,5 auf 100.000 Impfdosen Letalität > 50% WHO, CDC 2009 Risiko schwerer UAR ist beschränkt auf Erstimpfung Im Endemiegebiet Infektionsrisiko immer > Impfrisiko
YF vaccine-associated visceral disease (YEL-AVD) Circa 75 Fälle beschrieben Letalität etwa 50% teilweise Thymus-Erkrankung in der Anamnese Review of the risks and benefits of YF vaccination including some new analyses Expert Rev Vaccines 2012
Gelbfieber-Impfung Kontraindikationen: Immundefekte Thymuserkrankungen mit Störungen der Immunfunktion wie Thymom oder Myasthenia gravis progrediente maligne Erkrankungen symptomatische HIV-Infektion bzw. CD4-Zahl < 200/µl systemische Kortisoneinnahme, Chemotherapie Einnahme von Antimetaboliten Einnahme von monoklonalen Antikörpern
Meningokokkensepsis
Meningokokken-Erkrankungen weltweit Halperin et al.: Vaccine 2012
Meningitis-Gürtel Memish et al., J Infect Pub 2010 Steffen, J Trav Med 2010
Impfstoffe gegen Meningokokken Tetravalente Konjugat-Impfstoffe: (Menveo, Nimenrix ) Serogruppe A/C/Y/W-135 Bei Reisen nach Afrika (Asien, S-Amerika) Bei Splenektomie, Immundefekte Meningokokken-C-Konjugat-Impfstoff: (Menjugate, Meningitec, NeisVac-C ) Bei allen Kindern im Alter 11-14 Monate Serogruppe B-Impfstoff (Bexsero ) Neuzulassung in Europa 22.1.2013 erfolgt
Datenlage (Studien) Meningokokken: tetravalente konjugierte Impfstoffe Da wegen der Seltenheit invasiver Meningokokken-Erkrankungen Interventionsstudien mit klinischen Endpunkten als nicht machbar gelten, gibt es als Wirksamkeitsnachweise aus randomisierten Studien nur Daten zur Immunogenität. Einige Studien in nicht-westlichen Ländern mit einem anderen Spektrum an zirkulierenden Serogruppen durchgeführt. Ältere Menschen >55 Jahre fehlen in den Studien fast vollständig.
Tollwut: Risikogebiete Tollwut - Risikogebiete Hohes Risiko Niedriges Risiko Tollwutfreie Gebiete* Schätzung der WHO: - 40.000-70.000 Todesfälle / Jahr - davon ca. 30.000 in Indien * frei von terrestrischer Tollwut
Tollwut-Überträger in den Tropen: der Hund
Präexpositionelle Tollwutimpfung Erweiterte Indikationen für Reisende Rucksackreisen Langzeitaufenthalte Häufige, kurze Aufenthalte Wenn kurzfristig kein med. Zentrum mit Zellkulturimpfstoffen erreichbar ist Wenn vor Ort kein Zellkulturimpfstoff oder kein humanes Tollwut- Immunglobulin vorhanden ist
Pathogenese
ETEC und Cholera A Subunit Aminosäure-Homologie 80% B Subunit Strukturelle Homologie A + B binden an GM1 Rezeptor Immunologisch kreuzreagierend Oraler Totimpfstoff (Dukoral) Zugelassen in Deutschland gegen Cholera! Gabe von 2 Impfdosen (0, 1-6 Wo.) Einzel-Auffrischimpfung nach 2 J., (> 2 Jahre: 2 Dosen) Schutz auch vor ETEC in klin. Studien beschrieben Für Erw. und Kinder > 2 Jahre
Prädisposition: ETEC Impfung Zielgruppen für die Impfung Fehlende Magensäurebarriere (lange PPI-Einnahme) Immunsupprimierte Besondere Neigung zu Reisediarrhoe Gefahr schwerer Verläufe: Konsensus deutschsprachiger Tropen- und Reisemediziner CED (M. Crohn, Colitis ulcerosa) Chronische Erkrankungen mit erhöhtem Komplikationsrisiko durch Flüssigkeits- und Elektrolytstörungen (z.b. chron. Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, Diuretikatherapie, Diabetes mell.) Kleinkinder Weinke et al.: Travel Med Inf Dis 2008
Japanische Enzephalitis Verbreitung 1983 1990 1970 1955 1985 1935 1965 1952 1960 1949 1947 1870s (1935) 1990 1995 > 3 Milliarden Menschen leben in den betroffenen Gebieten ca. 30.000 50.000 Fälle/Jahr, etwa 25% Todesfälle ca. 1,4 Mio Touristen aus Deutschland in diesen Regionen, davon ca. 1 % geimpft betroffene Gebiete und erstes Auftreten 1998
Schwere der Erkrankung Impfung essentiell bei Expositionsrisiko Tollwut Japanische Enzephalitis Gelbfieber Keine Impfung erforderlich Qualität der Impfung
JE-Impfung bei Reisenden Konsensusempfehlung (Impfstoff Ixiaro ) Beratung: Information aller Reisenden in Endemiegebiete Asiens zu Risiken und Präventionsmaßnahmen der JE Empfehlung der JE Impfung vor Abreise: Alle beruflichen Auslandsaufenthalte Wiederholt Reisende mit erhöhtem kumulativem Risiko Jeder Reisende mit längerem Aufenthalt Jeder Reisende in ländliche Gebiete Asiens Reisende mit hohem individuellem Sicherheitsbedürfnis Burchard G et al. J Travel Med 2009
P. knowlesi 2012
Schutzmaßnahmen gegen Malaria Anti-Moskitomaßnahmen Chemoprophylaxe Notfall-Selbstmedikation
Expositionsprophylaxe Repellents (DEET z.b. Nobite Haut, Icaridin z.b. Autan ) Langärmlige, helle Kleidung Moskitonetz (imprägnieren!) Keine Wirkung belegt für Vitamin B oder Knoblauch
Repellents und imprägnierte Kleidung Studie bei Freiwilligen in Alaska Moskitostiche / h Schutz % Repellent (DEET 35%) + Permethrin-Kleidung 1 99,9 Repellent 4 99,7 Permethrin-Kleidung 78 93,4 Kontrolle (Placebo) 1188 0
Morbidität der Malaria bei Reisenden Inzidenz pro Monat (ohne Chemoprophylaxe) * PNG, Solomonen > 3 % # Westafrika 2,4 % Ostafrika 1,2 % Indien 0,2 % Südostasien 0,1 % Lateinamerika 0,05 % Chemoprophylaxe Strategische Linie Notfalltherapie (Stand-by) * hohe Schätzung, Häufigkeit schwerer Nebenwirkungen (niedrige Schätzung 1:500 = 0,2%) # hoher Anteil von M. tertiana
Malariaprophylaxe 2013 Stand: April 2012
Malaria-Chemoprophylaxe Empfehlungen der DTG, Stand 2012 Prophylaxe: Mefloquin (Lariam ) oder Atovaquon/Proguanil (Malarone ) oder Doxycyclin (in D dafür nicht zugelassen) Notfall-Therapie: Mefloquin (Lariam ) oder Atovaquon/Proguanil (Malarone ) oder Artemether/Lumefantrin (Riamet ) Nicht mehr! Piperaquine/Dihydroartemisinin (Eurartesim )
Dihydroartemisinin (DHA) + Piperaquinphosphat (PQP) Artemisininderivat Zerstörung von mitochondrialen und nukleären Membranen durch freie Radikale Sehr kurze HWZ Bisquinolin Masseneinsatz in China in den 60-70ern Blockade des Hämoglobinverdaus im Parasiten Sehr lange HWZ (14-23 Tage)
EPAR (European public assessment report) der EMA: So früh wie möglich während der Behandlung mit Eurartesim sollte ein EKG geschrieben werden und bei Patienten mit möglicherweise erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Arrhythmie im Zusammenhang mit einer QTc-Verlängerung sollte eine EKG- Überwachung durchgeführt werden.
Schein- Artesunat in SO-Asien Verkauf falscher Malaria-Medikamente Newton et al. Lancet 2001
Vielen Dank!