Atemwegsmanagement 1. Ziele Sicherung der Vitalfunktion Atmung bei ateminsuffizienten und aus anderem Grund narkosepflichtigen Patienten Vermeidung atemwegsbezogener Komplikationen (v.a. Aspiration, Hypoxie) 2. Materialvorhaltung zur Atemwegssicherung und Beatmung Folgende Materialien zur Sicherung der Atemwege und Beatmung sind in jedem Rettungsmittel der Notfallrettung vorzuhalten und routinemäßig zum Notfallort mitzunehmen: Oropharyngealtuben (Güdel-Tuben NEF Größe 000 5; RTW und KTW 2-5), fakultativ auf den NEF Nasopharyngealtuben (Wendl-Tuben) Hinweis: Wegen der Gefahr der Auslösung eines Vagusreizes ist die Einlage von Güdeltuben bis zum Alter von 6 Jahren den Rettungsassistenten nicht gestattet. Beatmungsmasken für Erwachsene (Gr. 3, 5) und Kinder (Gr. 0, 1, 2) für alle Fahrzeuge Beatmungsbeutel mit O 2 -Reservoir für Erwachsene und Kinder (alle Fahrzeuge) sowie Säuglinge (RTW und NEF) Beatmungsgerät mit CPAP-Modul und Demand-Ventil (RTW und NEF) Endotrachealtuben für Erwachsene (6,5; 7,0; 7,5; 8,0; 8,5 mmid); Kinder (ID 3,0 6,0 mmid; jeweils nur volle Größen; alle mit Cuff) für RTW und NEF; keine Endotrachealtuben für KTW Cuffdruckmesser (NEF und RTW) Hinweis: Die Kontrolle des Cuffdrucks mittels Manometer sollte nur einmalig erfolgen, das Manometer nach Ermittlung des korrektes Cuffdruckes abgezogen werden. Eine permanente Messung des Cuffdruckes in der Klinik im Kindesalter obligat- ist wegen des unter den besonderen Umständen des Rettungsdienstes besonderen Risikos einer unbeabsichtigten Cuffentleerung zu vermeiden. Bei längeren Transporten kann der Cuffdruck mehrfach nachgemessen werden das Manometer ist nach der Messung jeweils wieder abzuziehen. Larynxtuben (mit separatem Absaugzugang) der Größen 2,5; 3, 4 und 5 (alle Fahrzeuge) zusätzlich auf den NEF die Größen 0 (Neugeborenes); 1 (Säugling) und 2 (Kleinkind) Materialien zur Koniotomie (chirurgisches Set) Hinweis: Die Verwendung von Koniotomiekanülen ist wegen der erheblichen Verletzungsgefahr (Perforation der dorsalen Trachealwand, retrotracheales Emphysem) und des für eine suffiziente Beatmung in der Regel unzureichenden Kanülendurchmessers (2,5 4 mmid) untersagt entsprechende Materialien dürfen auf den Fahrzeugen der Notfallrettung nicht mitgeführt werden. Alternativ: spezielle Koniotomiekanülen mit Perforationsschutz und ausreichendem Kanülenlumen (z.b. Portex Crico Kit ) Laryngoskopgriff mit Spateln Größe 3-4 (Macintosh), Kinderspatel Größe 1-2 Macintosh, alternativ entsprechende gerade Spatel (Miller) auf RTW und NEF Führungsstäbe und Materialien zur Tubusfixierung Hinweis: Die Verwendung von Thomas-Holdern zur Tubusfixierung birgt die Gefahr der Kompression des Tubuslumens sowie des Abknicken des Tubus an der Fixierungsstelle und ist daher untersagt entsprechende Materialien dürfen auf den Fahrzeugen der Notfallrettung nicht mitgeführt werden. Stand: 09/2010 Version 4.2 Kapitel 4-4 Seite 1
3. Vorgehen bei Patienten mit Apnoe ALS gemäß den aktuellen Richtlinien (ILCOR, ERC, AHA) Atemwegsmanagement gemäß Algorithmus in Anlage 1 (RS / RA) und Anlage 2 (NA) 4. Vorgehen bei Patienten mit erhaltener Spontanatmung (NA) Präoxygenierung wenn möglich (z.b. parallel zum Richten der Medikamente), dazu gfs. bereits Analgetikum Monitoring (Pulsoximetrie und EKG) Ausrüstung zur Intubation bereitstellen und prüfen keine Narkoseeinleitung ohne suffiziente Absaugung! (hohes Aspirationsrisiko) Narkoseeinleitung nach der Methode der rapid sequence induction (Hypnotikum und Relaxans unmittelbar nacheinander injizieren) Analgetikum: Hypnotikum: Muskelrelaxans: Fentanyl 2-3 µg/kg KG i.v. oder Ketamin 2-3 mg/kg KG i.v. Etomidat 0,2-0,3 mg/kg KG i.v. oder Thiopental 4-5 mg/kg KG i.v. oder Dormicum 0,1 mg/kgkg Succinylcholin (1) -2 mg/kg KG i.v. Keine Maskenbeatmung vor dem ersten Intubationsversuch (Aspirationsrisiko!) Atemwegsmanagement gemäß Algorithmus in Anlage 1 5. Überprüfung der korrekten Tubuslage Nachweis von exspiratorischem CO 2 mittels Kapnometrie (capno-check des RTW oder Kapnographiegerät des NEF) Hinweis: Kapnographiegerät ist im Notfallrucksack mitzuführen, weil es bei unerwarteter Intubationspflichtigkeit des Patienten sofort verfügbar sein sollte. Auskultation im Bereich des Epigastriums (Ausschluss einer versehentlich oesophagealen Tubuslage), danach im direkten Seitenvergleich thorakal möglichst lateral (Ausschluss einer einseitig endobronchialen Tubuslage) Ausschluss einer versehentlich oesophagealen Tubusfehllage Ausschluss einer versehentlich einseitig endobronchialen Tubusfehllage Stand: 09/2010 Version 4.2 Kapitel 4-4 Seite 2
6. Intubationsprobleme - Alternativen zur endotrachealen Intubation Verbesserung der Intubationsbedingungen Optimierung der Kopflage - Schnüffelstellung : Kopf angehoben (Fuß eines Helfers unter dem Kopf) und leicht rekliniert Verwendung eines größeren/kleineren Spatels oder eines überlangen Führungsstabes BURP-Manöver (backward upward rightward pressure Verschieben des Larynx durch Druck von außen nach hinten, oben und rechts) Plazierung eines Larynxtubus Bei beatmungspflichtigen Patienten, bei denen weder Maskenbeatmung noch Intubation zu einer suffizienten Beatmung führen Hinweis: Die Verwendung von Larynxtuben ist bei nicht nüchternen Patienten kontraindiziert. In der Notfallsituation (Patient beatmungspflichtig, Maskenbeatmung und Intubation unmöglich) ist ihre Verwendung im Sinne einer Güterabwägung (Asphyxie versus Aspirationsrisiko) indiziert. Notfallkoniotomie Als letzte Maßnahme (ultima ratio) bei beatmungspflichtigen Patienten, bei denen weder Maskenbeatmung, noch Intubation, noch alternative Atemwegssicherungsverfahren (Larynxmaske/Larynxtubus) zu einer suffizienten Beatmung führen (cannot ventilate, cannot intubate). Vorgehen - Unterpolsterung der Schultern und Reklination des Kopfes - Aufsuchen der Membrana cricothyroidea zwischen Ring- und Schildknorpel (1) - Mediane Längsinzision der Haut (2) - stumpfes Präparieren des Weichteilgewebes mit der Klemme (3) evtl. quere Stichinzision der Membrana cricothyroidea mit senkrecht aufgesetztem Skalpell - Einführen eines Endotrachealtubus (6-7,5 mmid) Cave: Intubationstiefe! (4) 1 2 3 4 7. Dokumentation / Qualitätssicherung Dokumentation aller Maßnahmen auf dem Notarztprotokoll Regelmäßige Übung der Narkoseeinleitung, der endotrachealen Intubation und der Platzierung von Larynxmasken unter kontrollierten Bedingungen im OP Teilnahme am Kursus Airway-Management (incl. Übung der Koniotomie) z.b. der agswn (Uniklinik Homburg, jeweils im Oktober einen jeden Jahres) Stand: 09/2010 Version 4.2 Kapitel 4-4 Seite 3
Anlage 1: Algorithmus Atemwegsmanagement RA / RS Ateminsuffizienter Patient Atemwege freimachen, O 2 -Zufuhr, Monitoring (Pulsoximetrie, EKG) gfs. assistierte Beatmung (mit 100 % Sauerstoff über Demand-Ventil) Atemstillstand Indikation für Larynxtubus ausschließlich kardiopulmonale Reanimation Notarzt nicht in kurzer Frist verfügbar Kein Bolusgeschehen Alter größer 6 Jahren ja nein Plazierung eines Larynxtubus Größe 3 (gelb) für Pat. < 155 cm Größe 4 (rot) für Pat. 155-180 cm Größe 5 (violett) für Pat. > 185 cm Kopf in Neutralposition (nicht überstreckt) Zungengrund anheben (Esmarch-Griff) Tubus (mit Gleitmittel) in der Mittellinie an der Rachenwand entlang einführen bis Markierung (Zahnreihe) erreicht ist Blocken der Oesophageale Cuffs (Füllvolumen Fehllage gemäß Farbkodierung auf der Blockerspritze); Tubus dabei nicht festhalten Lagekontrolle (Auskultation, Abblasgeräusch, CO 2 ) gfs. Optimierung der Tubuslage, Überprüfung der Blockung RA/NA: bei Tuben mit separatem Kanal für Magensonde Einführung einer Magensonde und Absaugung des Magens nicht Larynxtubus massiv undicht Thorax nicht belüftet Maskenbeatmung bis Eintreffen des Notarztes gfs. Optimierung (Reklination des Kopfes; Maskenposition; doppelter C-Griff ) Maskenbeatmung nicht möglich RS RA Überbrückende Maßnahmen Optimierung der Maskenbeatmung bis Eintreffen RA / NA Kontrollierte Beatmung RS: Tubus-Beutel-Beatmung RA: Einsatz Beatmungsgerät Intubation weiter analog Algorithmus NA (Vorgabe Bundesärztekammer und 34 1 ) 1 Warnhinweis Die Durchführung einer Maßnahme mit Bezug auf 34 StGB (Rechtfertigender Notstand) ist mit erheblichen Auflagen verbunden. Sie sollte damit zum Schutz des Patienten wie des Rettungsdienstfachpersonals nur in Extremsituationen (Patient in nicht anders abwendbarer akuter Lebensbedrohung, Unterstützung durch besser qualifizierten Mitarbeiter (RA/NA) nicht kurzfristig verfügbar) und in Abwägung des eigenen Ausbildungsstandes erfolgen. Stand: 09/2010 Version 4.2 Kapitel 4-4 Seite 4
Anlage 2: Algorithmus Atemwegsmanagement NA Ateminsuffizienter / apnoischer Patient oder Indikation zur Narkose Atemwege freimachen, O 2 -Zufuhr, Monitoring (Pulsoximetrie, EKG) bei Ateminsuffizienz gfs. assistierte Beatmung (mit Demand-Ventil) bei Apnoe Masken-Beutel-Beatmung (mit Demand-Ventil) bis zur Intubation bei bereits durch Rettungsdienstfachpersonal suffizient platziertem Larynxtubus im Regelfall keine Umintubation bis Übergabe in der Klinik bei Narkoseeinleitung, O 2 -Zufuhr über Maske, keine Beatmung Atemstillstand Erster Intubationsversuch bei Seitendifferenz: vorsichtiges Zurückziehen des Tubus Oesophageale Fehllage Optimierung der Intubationsbedingungen Überprüfen der Indikation zur Intubation Zweiter Intubationsversuch bei Seitendifferenz: vorsichtiges Zurückziehen des Tubus Oesophageale Fehllage Optimierung der Intubationsbedingungen Überprüfen der Indikation zur Intubation Erster Plazierungsversuch Larynxmaske / -tubus Maske undicht, Thorax nicht belüftet, kein CO 2 Zweiter Plazierungsversuch Larynxmaske / -tubus Maske undicht, Thorax nicht belüftet, kein CO 2 Notfall-Koniotomie Kontrollierte Beatmung Zuvor Fixierung von Tubus / Larynxtubus mit Band oder Pflaster Stand: 09/2010 Version 4.2 Kapitel 4-4 Seite 5