Analysis II (FS 2015): ZUSAMMENHÄNGENDE METRISCHE RÄUME

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Analysis II (FS 2015): ZUSAMMENHÄNGENDE METRISCHE RÄUME Dietmar A. Salamon ETH-Zürich 23. Februar 2015 1 Topologische Grundbegriffe Sei (X, d) ein metrischer Raum, d.h. X ist eine Menge und d : X X R ist eine Funktion mit folgenden Eigenschaften (d1) Für alle x, y X gilt d(x, y) 0 und d(x, y) = 0 x = y. (d2) Für alle x, y X gilt d(x, y) = d(y, x). (d3) Für alle x, y, z X gilt d(x, z) d(x, y) + d(y, z). Die Ungleichung in (d3) heisst Dreiecksungleichung. Die Funktion d heisst Abstandsfunktion. Eine Teilmenge U X heisst offen wenn es für jedes x U ein ε > 0 gibt so dass B ε (x) := {y X d(x, y) < ε} U. Insbesondere ist die Menge B r (x) für jedes x X und jedes r > 0 offen (siehe [2, Kapitel V]). Offene Mengen haben folgende Eigenschaften. (O1) X und sind offene Teilmengen von X. (O2) Sind U 1,..., U n offene Teilmengen von X so ist auch n i=1 U i offen. (O3) Ist I eine Menge und U i X eine offene Teilmenge für jedes i I so ist auch i I U i offen. 1

Eine Folge (x n ) n N in X konvergiert gegen x X wenn für jedes ε > 0 ein n 0 N existiert, so dass für alle n N folgendes gilt n n 0 = d(x n, x) < ε. Eine Teilmenge A X heisst abgeschlossen wenn für jede Folge (x n ) n N in A, die gegen ein Element x X konvergiert, ihr Grenzwert x ebenfalls ein Element von A ist. Eine Teilmenge A X ist genau dann abgeschlossen wenn ihr Komplement U := X \ A offen ist (siehe [2, Kapitel V, Satz 16]). Abgeschlossene Mengen haben folgende Eigenschaften. (A1) Die leere Menge und der ganze Raum X sind abgeschlossene Teilmengen von X. (A2) Sind A 1,..., A n abgeschlossene Teilmengen von X so ist auch n i=1 A i abgeschlossen. (A3) Ist I eine Menge und A i X eine abgeschlossene Teilmenge für jedes i I so ist auch i I A i abgeschlossen. Seien (X, d X ) und (Y, d Y ) zwei metrische Räume. Eine Abbildung f : X Y heisst stetig wenn für jedes x 0 X und jedes ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass für alle x X folgendes gilt d X (x, x 0 ) < δ = d Y (f(x), f(x 0 )) < ε. Für jede Abbildung f : X Y sind folgende Aussagen äquivalent. (S1) f ist stetig. (S2) Ist (x n ) n N eine Folge in X die gegen x X konvergiert, so konvergiert auch f(x n ) gegen gegen f(x) Y. (S3) Ist V eine offene Teilmenge von Y so ist f 1 (V ) := {x X f(x) V } eine offene Teilmenge von X. (Siehe [2, Kapitel V, Lemma 2 und Satz 17].) Eine Abbildung f : X Y heisst Homöomorphismus wenn sie bijektiv ist und f und f 1 stetig sind. 2

2 Die Relativtopologie Sei (X, d) ein metrischer Raum und Y X eine beliebige Teilmenge. Dann ist die Restriktion der Abstandsfunktion d : X X R auf Y Y wieder eine Abstandsfunktion, und wir bezeichnen sie mit d Y := d Y Y : Y Y R. Die durch d Y induzierte Topologie auf Y wird auch die Relativtopologie auf Y genannt. Eine Teilmenge V Y heisst Y -offen wenn sie bezüglich der Relativopologie offen ist. Eine Teilmenge B Y heisst Y -abgeschlossen wenn sie bezüglich der Relativtopologie abgeschlossen ist. Das folgende Lemma charakterisiert die Y -offenen und Y -abgeschlossenen Teilmengen von Y mit Hilfe der offenen und abgeschlossenen Teilmengen von X. Lemma 2.1. Sei (X, d) ein metrischer Raum und Y X eine Teilmenge. (i) Eine Teilmenge V Y ist genau dann Y -offen wenn es eine offenen Teilmenge U X gibt so dass V = U Y ist. (ii) Eine Teilmenge B Y ist genau dann Y -abgeschlossen wenn es eine abgeschlossene Teilmenge A X gibt so dass B = A Y ist. Proof. Wir beweisen (i). Ist V Y offen bezüglich d Y y V ein ε > 0 su dass so gibt es für jedes B ε (y; Y ) := {x Y d(x, y) < ε} V. Für y V sei ε(y) := sup{ε (0, 1] B ε (y; Y ) V } Dann ist B ε(y) (y; Y ) V für jedes y V. Damit ist die Menge U := y V B ε(y) (y; X) offen in X und es gilt U Y = ( Bε(y) (y; X) Y ) = B ε(y) (y; Y ) = V. y V y V Gibt es andererseits eine offene Teilmenge U X mit U Y = V und ist y V, so ist auch y U, also existiert ein ε > 0 mit B ε (y; X) U, und daher gilt B ε (y; Y ) = B ε (y; X) Y U Y = V. Also ist V offen bezüglich d Y. Damit ist Teil (i) bewiesen. 3

Um (ii) zu zeigen, nehmen wir zunächst an, dass B Y abgeschlossen ist bezüglich d Y. Dann ist V := Y \ B offen bezüglich d Y. Nach (i) gibt es also eine offene Menge U X so dass U Y = V. Damit ist A := X \ U eine abgeschlossen Teilmenge von X und es gilt A Y = (X \ U) Y = Y \ (U Y ) = Y \ V = B. Ist andererseits A X abgeschlossen und B = A Y, so ist U := X \ A eine offene Teilmenge von X und es gilt U Y = (X \ A) Y = Y \ (A Y ) = Y \ B. Nach (i) is daher die Menge Y \ B offen bezüglich d Y, und folglich ist B abgeschlossen bezüglich d Y. Damit ist Lemma 2.1 bewiesen. Beispiel 2.2. Sei X = R mit der Standardmetrik d(x, y) := x y für x, y R. (i) Ist Y := [0, 1] so ist [0, b) für 0 < b 1 eine Y -offene Teilmenge von Y. Hingegen ist eine Teilmenge B Y genau dann Y -abgeschlossen wenn sie abgeschlossen ist (da Y selbst eine abgeschlossene Teilmenge von X ist). (ii) Ist Y := (0, 1) so ist (0, b] für 0 < b < 1 eine Y -abgeschlossene Teilmenge von Y. Hingegen ist eine Teilmenge V Y genau dann Y -offen wenn sie offen ist (da Y selbst eine offene Teilmenge von X ist). 4

3 Der Zusammenhangsbegriff Ein metrischer Raum (X, d) heisst zusammenhängend wenn er sich nicht als disjunkte Vereinigung zweier nichtleerer offener Teilmengen darstellen lässt, d.h. wenn für je zwei offene Teilmengen U, V X folgendes gilt: U V = X, U V = = U = oder V = ; das heisst, dass die leere Menge und der ganze Raum die einzigen Teilmengen von X sind, die sowohl offen als auch abgeschlossen sind. Eine Teilmenge Y X eines metrischen Raumes (X, d) heisst zusammenhängend, wenn sie bezüglich der induzierten Metrik d Y zusammenhängend ist. Nach Lemma 2.1 heisst das, dass für je zwei offene Teilmengen U, V X folgendes gilt: A U V, A U V = = A U = oder A V =. Satz 3.1. Sei X = R mit der Standardmetrik d(x, y) := x y. Eine Teilmenge I R ist genau dann zusammenhängend wenn sie ein Intervall ist. Beweis. Ist I R kein Intervall, so gibt es drei reelle Zahlen a, b, c R mit a, b I, c / I, a < c < b. Definieren wir U := {x R x < c} und V := {x R x > c} so sind dies offene Mengen mit I U V, I U, I V. Also ist I nicht zusammenhängend. Nehmen wir andererseits an, I sei ein Intervall und A I sei eine Teilmenge die sowohl offen als auch abgeschlossen ist (bezüglich der Metrik d I ) und die weder leer noch gleich dem gesamten Intervall I ist. Dann ist auch B := I \ A nicht leer und wir wählen a A und b B. Wir können ohne Einschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass a < b ist. Sei c := sup(a [a, b]). Dann gilt c [a, b] I und es gibt eine Folge a k A mit a k c die gegen c konvergiert. Da A abgeschlossen bezüglich d I ist, folgt hieraus dass c A und damit c < b ist. Damit ist das halboffene Intervall (c, b] in B enthalten. Also gilt c + 1/n B für jede hinreichend grosse natürliche Zahl n und damit c = lim n (c + 1/n) B, da auch B abgeschlossen bezüglich d I ist. Wir haben daher gezeigt, dass c sowohl ein Element von A als auch ein Element von B ist, im Widerspruch zu A B =. Damit ist Satz 3.1 bewiesen. 5

Satz 3.2. Seien (X, d X ) und (Y, d Y ) zwei metrische Räume und f : X Y eine stetige Abbildung; ist A X zusammenhängend so ist auch f(a) Y zusammenhängend. Beweis. Seien U, V Y zwei offene Mengen so dass f(a) U V, f(a) U V =. Zu zeigen ist, dass eine der Mengen f(a) U oder f(a) V leer ist. Da f stetig ist, sind f 1 (U) und f 1 (V ) offenen Teilmengen von X. Wir zeigen nun, dass diese Teilmengen folgende Eigenschaften haben: A f 1 (U) f 1 (V ), A f 1 (U) f 1 (V ) =. (1) Ist nämlich a A so is f(a) f(a) U V, und daher f(a) U oder f(a) V ; im ersten Fall gilt a f 1 (U) und im zweiten Fall gilt a f 1 (V ). Dies beweist die erste Aussage in (1). Die zweite Aussage in (1) zeigt man am besten indirekt. Gibt es ein Element a A f 1 (U) f 1 (V ) so gilt f(a) f(a) U V, im Widerspruch zu unserer Annahme über U und V. Damit sind beide Aussagen in (1) bewiesen. Da A zusammenhängend ist, folgt aus (1), dass mindestens eine der Mengen A f 1 (U) oder A f 1 (V ) leer ist. Wenn aber A f 1 (U) = ist, so heisst das, dass kein Element von A unter f auf U abgebildet wird, und damit ist auch f(a) U = is; ebenso mit V statt U. Damit ist mindestens eine der Mengen f(a) U oder f(a) V die leere Menge, wie behauptet. Damit ist Satz 3.2 bewiesen. Satz 3.3. (Zwischenwertsatz) Sei (X, d) ein zusammenhängender metrischer Raum und f : X R eine stetige Funktion. Seien x, y X und c R gegeben mit f(x) < c < f(y). Dann gibt es ein Element z X mit f(z) = c. Beweis. Da X zusammenhängend ist, folgt aus Satz 3.2 dass auch f(x) zusammenhängend ist. Nach Satz 3.1 ist also f(x) ein Intervall. Da f(x) und f(y) Elemente vom f(x) sind, folgt aus der Definition eines Intervalls dass c f(x) ist. Damit ist Satz 3.3 bewiesen. 6

4 Weg-zusammenhängende Mengen Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge A X heisst weg-zusammenhängend wenn für je zwei Elemente x 0, x 1 A eine stetige Abbildung existiert, welche die Punkte γ : [0, 1] A miteinander verbindet. γ(0) = x 0, γ(1) = x 1 Satz 4.1. (i) Jede weg-zusmmanhängende Teilmenge eines metrischen Raumes (X, d) ist zusammenhängend. (ii) Jede offene zusammenhängende Teilmenge eines normierten Vektorraumes (X, ) ist weg-zusmmanhängend. Beweis. Wir beweisen (i). Sei (X, d) ein metrischer Raum und A X eine weg-zusammenhängende Teilmenge. Es ist zu zeigen, dass A zusammenhängend ist. Wir nehmen an, dies sei nicht der Fall. Dann existieren offene Mengen U 0, U 1 X so dass A U 0 U 1, A U 0 U 1 =, A U 0, A U 1. Sei x 0 A U 0 und x 1 A U 1. Da A weg-zusammenhängend existiert eine stetige Abbildung γ : [0, 1] A mit γ(0) = x 0 und γ(1) = x 1. Das Intervall I := [0, 1] ist die disjunkte Vereinigung der beiden I-offenen Teilmengen I 0 := γ 1 (U 0 ) = {t I γ(t) U 0 } und I 1 := γ 1 (U 1 ) = {t I γ(t) U 1 }. Diese sind beide nichtleer da 0 I 0 und 1 I 1 ist. Dies steht aber im Widerspruch zu der Tatsache, dass das Intervall I = [0, 1] nach Satz 3.1 zusammenhängend ist. Dieser Widerspruch zeigt, dass die Menga A entgegen unserer ursprünglichen Annahme zusammenhängend sein muss, und damit ist Teil (i) bewiesen. 7

Wir beweisen (ii). Sei also (X, ) ein normierter reeller Vektorraum und sei U X eine zusammenhängende offene Teilmenge. Sei x 0 U und sei U 0 U die Menge aller Punkte x U, die sich mit x 0 durch einen stetigen Weg in U verbinden lassen, das heisst U 0 := { x U es existiert eine stetige Abbildung γ : [0, 1] U mit γ(0) = x 0 und γ(1) = x Diese Menge ist nichtleer, da x 0 U 0 ist. Wir zeigen, dass U 0 eine offene Teilmenge von X ist. Sei x U 0. Da U offen ist, gibt es ein ε > 0 so dass B ε (x) = {y X x y < ε} U ist. Da x U 0 ist, existiert eine stetige Abbildung β : [0, 1] U mit β(0) = x 0, β(1) = x. Sei y B ε (x) und definiere die Abbildung γ : [0, 1] X durch { β(2t), für 0 t 1/2, γ(t) := (2 2t)x + (2t 1)y, für 1/2 < t 1. Diese Abbildung ist stetig, da β(1) = x ist; sie nimmt Werte in U an, da B ε (x) U ist; und sie erfüllt γ(0) = x 0 und γ(1) = y. Damit ist y U 0 für jedes y B ε (x). Also haben wir gezeigt, dass für jedes x U 0 ein ε > 0 mit B ε (x) U 0 existiert. Also ist U 0 eine offene Teilmenge von X. Wir zeigen, dass U 0 eine abgeschlossene Teilmenge von U bezüglich der Relativtopologie ist. Sei also (x k ) k N eine Folge in U 0 die gegen ein Element x U konvergiert. Wähle ε > 0 so, dass B ε (x) U ist. Dann existiert ein k N mit x k x < ε. Da x k U 0 ist, existiert eine stetige Abbildung β : [0, 1] U mit β(0) = x 0, β(1) = x k. Definiere γ : [0, 1] X durch { β(2t), für 0 t 1/2, γ(t) := (2 2t)x k + (2t 1)x, für 1/2 < t 1. Diese Abbildung ist stetig, da β(1) = x k ist; sie nimmt Werte in U an, da B ε (x) U ist; und sie erfüllt γ(0) = x 0 und γ(1) = x. Daher ist x U 0. Damit ist gezeigt, dass U 0 eine nichtleere, U-offene, und U-abgeschlossene Teilmenge von U ist. Da U eine zusammenhängende Teilmenge von X ist folgt daraus, dass U 0 = U ist. Da x 0 U beliebig gewählt war, heisst das, dass U weg-zusammenhängend ist. Damit ist Satz 4.1 bewiesen. 8 }.

5 Zusammenhangskomponenten Lemma 5.1. Sei (X, d) ein metrischer Raum, sei I eine Menge, und sei A i X eine zusammenhängende Teilmenge für jedes i I. Ist A i so ist die Menge A := i I A i zusammenhängend. Beweis. Seien U, V X zwei offene Teilmengen so dass i I A U V, A U V =. Sei x 0 i I A i. Dann gilt entweder x 0 U oder x 0 V. Nehmen wir an x 0 U und sei i I. Da A i U V und A i U V = und A i zusammenhängend ist, gilt entweder A i U = oder A i V =. Da x 0 A i U folgt hieraus A i V = und damit A i U. Also gilt A i U für jedes i I und damit A U und A V =. Daher ist A zusammenhängend. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Wir definieren auf X folgende Äquivalenzrelation: zwei Elemente x, y X heissen äquivalent (Notation x y) wenn es eine zusammenhängende Teilmenge A X gibt mit x, y A. Nach Lemma 5.1 ist dies in der Tat eine Äquivalenzrelation. Darüber hinaus folgt aus Lemma 5.1, dass die Äquivalenzklassen dieser Äquivalenzrelation zusammenhängend sind; sie heissen Zusammenhangskomponenten von X. Ist x 0 X so heisst die Teilmenge A 0 := {x X x x 0 } die Zusammenhangskomponente von x 0 ; dies ist die grösste zusammenhängende Teilmenge von X die x 0 enthält. 6 Beispiele Beispiel 6.1. Sei X := R n mit der euklidischen Metrik und sei K R n eine konvexe Teilmenge. Diese Teilmenge ist weg-zusammenhängend, denn für x 0, x 1 K definiert die Formel γ(t) := (1 t)x 0 + tx 1 eine stetige Abbildung γ : [0, 1] K mit γ(0) = x 0 und γ(1) = x 1. Also ist K nach Satz 4.1 zusammenhängend. 9

Beispiel 6.2. Sei X := Q die Menge der rationalen Zahlen mit der Standardmetrik d(x, y) := x y. Dann besteht jede Zusammenhangskomponente nur aus einem einzigen Element. Einen solchen Raum nennt man auch total unzusammenhängend. Beispiel 6.3. Sei X = R n mit der euklidischen Metrik. Dieser Raum ist zuammenhängend. Das Komplement Y := R n \ {0} des Nullvektors is zusammenhängend für n 2 aber nicht für n = 1. Übung: Beweisen Sie diese Behauptungen. Schliessen Sie daraus, dass für n > 1 kein Homöomorphismus von R nach R n existieren kann. Beispiel 6.4. Sei X = R n mit der euklidischen Metrik wie in Beispiel 2. Die Einheitssphäre S n 1 := {x R n x 2 = 1} ist zusammenhängend. Ihr Komplement Y := R n \ S n 1 hat zwei Zusammenhangskomponenten für n > 1, und drei für n = 1. Übung: Beweisen Sie diese Behauptungen. Hinweis: Verwenden Sie den Begriff weg-zusammenhängend. Beispiel 6.5. Die Menge A := {(x, y) x > 0, y = sin(1/x)} {(0, y) 1 y 1} ist eine abgeschlossene und zusammenhängende Teilmenge von R 2, ist aber nicht weg-zusammenhängend. Übung: Beweisen Sie diese Behauptungen. Beispiel 6.6. Die Gruppe GL + (n, R) := { A R n n det(a) > 0 } für jede natürliche Zahl n zusammenhängend. (Ein eleganter Beweis dieser Aussage findet sich in [1, Seite 36/37]; siehe auch [3, Satz 4.1])) Hieraus folgt, dass die Menge der n n-matrizen mit negativer Determinante ebenfalls zusammenhängend ist. Daher hat die Gruppe GL(n, R) genau zwei Zusammenhangskomponenten. Literatur [1] K. Königsberger, Analysis 2, 5. Auflage, Springer Verlag, 2003. [2] D.A. Salamon, Analysis I, Vorlesung an der ETHZ im Herbstsemester 2014. http://www.math.ethz.ch/education/bachelor/lectures/hs2014/math/analysis1 Videolink: http://www.multimedia.ethz.ch/lectures/math/2014/autumn/401-1261-07l [3] D.A. Salamon, Die Determinante, ETHZ, Frühjahrssemester 2015. http://www.math.ethz.ch/~salamon/preprints/ana2-det.pdf 10