Ruhr-Universität Bochum PD Dr. med. A Hedtmann Dienstort: Klinik Fleetinsel Hamburg Abt. Orthopädie

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Transkript:

RuhrUniversität Bochum PD Dr. med. A Hedtmann Dienstort: Klinik Fleetinsel Hamburg Abt. Orthopädie Funktionelle Ergebnisse nach offener Operation von Patienten mit und ohne konstitutioneller Hyperlaxizität bei posttraumatischrezidivierenden, vorderen Schulterluxationen. InauguralDissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der RuhrUniversität Bochum vorgelegt von Hartwig Müller aus Hamburg 2009

Dekan: Referent: Koreferent: Prof. Dr. med. G. Muhr PD Dr. med. A. Hedtmann Jun.Prof. Dr. med. S. Esenwein Tag der mündlichen Prüfung: 20.01.2009

Annette Isolde MüllerTrephan und Walter Müller sowie Marianne und Franz Kraft gewidmet

1 Inhaltsverzeichnis... Abkürzungsverzeichnis... Tabellenverzeichnis... Abbildungsverzeichnis... 1 3 4 7 1. 1.1. 1.2. 1.3. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 3. 3.1. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.4.1. 4.4.2. 4.4.3. 4.5. 4.6. 4.6.1. 4.6.2. 4.6.3. 4.6.4. Einleitung... Definition und Inzidenz der traumatischen Schulterluxation... Historischer Rückblick... Fragestellung... Pathomechanik, Diagnose und Therapie der traumatischen Schulterluxation... Anatomie und Pathomechanik des Schultergelenkes... Klassifikation der Schulterinstabilitäten... Unfallmechanismen und Pathomechanik... Verletzungsmuster und Begleitschäden... Anamnese, Klinik und Diagnose... Behandlungs und Operationsmethoden... Patienten und Methoden... Statistische Methoden... Ergebnisse... Allgemeine Patientencharakteristika... Präoperative Verhältnisse der Schulterluxation... Charakteristika des operativen Eingriffs... Nachuntersuchung... Isometrische Muskelkraftprüfung im Vergleich der luxierten und gesunden Schulter... Constant Score... ROWEScore... Patienten mit postoperativem Luxationsrezidiv... Zusätzliche Ergebnisse... Korrelation zwischen der Ausdehnung der Labrumläsion (in Grad) und der Anzahl verwandter Anker sowie der Luxationshäufigkeit... Zusammenhang zwischen Luxationshäufigkeit und Auftreten knöcherner Pfannenrandschäden... Zusammenhang zwischen Luxationshäufigkeit und aktiven sowie passiven Bewegungsausmaßen... Zusammenhang zwischen der Anzahl eingebrachter Anker und Luxationshäufigkeit... 8 8 9 11 13 13 15 16 17 20 25 33 40 41 41 43 50 52 53 59 70 75 77 77 78 79 82

2 5. 6. 7. 8. Diskussion... Zusammenfassung... Literaturverzeichnis... Anhang (Erhebungsbogen)... 83 105 108 119

3 Abkürzungsverzeichnis Abb. Abd. Add. AMBRII a.p. Außenr. cm CT E. et al. F g Innenr. kg kp M M. Max. Med. Min. mm MRT MW n N. OP p Pkt. PF PS s. SD SLAP sog. SP Tab. TGHI Abbildung Abduktion Adduktion atraumatische, multidirektionale, bilaterale Instabilitäten der Schulter anteriorposterior Außenrotation Zentimeter Computertomographie Einschränkung und Mitarbeiter Frauen Gramm Innenrotation Kilogramm Kilopond Männer Musculus Maximum Median Minimum Millimeter Magnetresonanztomographie Mittelwert Anzahl der Fälle Nervus Objektiver Parameter pwert (Signifikanzniveau; Irrtumswahrscheinlichkeit) Punkt(e) Pfannenrandläsion/fraktur Pfannenrandschaden siehe Standardabweichung Superior Labrum Anterior to Posterior sogenanntes Subjektiver Parameter Tabelle transversaler, glenohumeraler Index

4 Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16: Tabellenverzeichnis Kriterien für die Bandlaxizität nach Labs (2003)... Kriterien für die Hypermobilitätsbewertung der Schulter nach Labs (2003)... Altersabhängige Abstufung der Normalpunktzahlen für Bewegungsumfang (Punkt 3.1.3.3.) und Kraft (Punkt 4) der Schulter im ConstantScore (Casser und Paus, 1996; Constant, 1987)... Maximaler, "normgerechter" ConstantScorewert nach Alter und Geschlecht... Beurteilung der Schulterfunktionseinschränkung in Abhängigkeit von der Aktivität des Untersuchten (Constant, 1987)... Alter bei Operation in Jahren (60 Patienten)... Anzahl von durch Läsionen betroffene Sektoren im rechten und linken Schultergelenk (einschließlich eines Patienten mit SLAP IVLäsion); Gesamtkollektiv von 60 Patienten... Anzahl von Läsionen betroffenen Sektoren im rechten und linken Schultergelenk im Vergleich zur Anzahl gesetzter Anker... Isometrische Muskelkraftprüfung mittels IsobexSystem (in kp) des Schultergelenks (linke und rechte Seite) in Abhängigkeit von der Art der Pfannenrandfraktur... Isometrische Muskelkraftprüfung (in kp) des Schultergelenks (linke und rechte Seite) mittels IsobexSystem in Abhängigkeit vom Vorliegen/Fehlen einer Pfannenrandläsion (PF)... Isometrische Muskelkraftprüfung (in kp) der luxierten und operierten versus der gesunden Schulter mittels IsobexSystem bei Patienten mit traumatischer Luxation (traumat.) sowie Patienten mit traumatischer Luxation sowie zusätzlicher Hypermobilität (mit H.)... Isometrische Muskelkraftprüfung (in kp) der luxierten und operierten versus der gesunden Schulter mittels IsobexSystem bei Patienten mit niedrigem (< 3 Punkte) oder hohem (34 Punkte) HawkinsScore... Vergleich der vor dem aktuellen Ereignis aufgetretenen Anzahl von Schulterrezidivluxationen mit dem HawkinsScore... Isometrische Muskelkraftprüfung (in kp) der luxierten und operierten versus der gesunden Schulter mittels IsobexSystem bei Patienten mit geringer (02 Anker) oder hoher (34 Anker) Zahl applizierter Anker... Isometrische Muskelkraftprüfung (in kp) der luxierten und operierten versus der gesunden Schulter mittels IsobexSystem bei Patienten mit lateralem, medialen oder äquatorialem Shift... Einschränkung der Schulterfunktion gemäß der alters und geschlechtskorrigierten ConstantScoreEinschätzung für Durchschnittsbürger (leichte E. = 020 Pkt.; mäßige E. = 2130 Pkt.; schwere E. = 3140 Pkt; vollständige E. = 41 und mehr Punkte)... 26 26 29 30 30 37 40 40 46 47 48 49 50 50 50 52

5 Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28: Ergebnisse des absoluten Constant Scores (max. Punktzahl 100) in Abhängigkeit von der Art des knöchernen Pfannenrandschadens (PS)... Ergebnisse des alters und geschlechtsbezogenen relativen Constant Scores (%) in Abhängigkeit von der Art des knöchernen Pfannenrandschadens (PS)... Einschätzung der alters und geschlechtskorrigierten Schulterfunktionseinschränkung der luxierten und operierten Schulter sowie der gesunden Schulter nach Constant in Abhängigkeit von der Art der Pfannenrandfraktur (PF)... Ergebnisse des absoluten Constant Scores (max. 100 Pkt.) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit traumatisch bedingter oder traumatisch bedingter und zusätzlich anlagebedingter Hypermobilität... Ergebnisse des relativen Constant Scores (% des alters und geschlechtsbezogenen Normwertes) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit traumatisch bedingter Luxation oder traumatisch bedingter und Luxation und zusätzlich anlagebedingter Hypermobilität... Einschätzung der alters und geschlechtskorrigierten Schulterfunktionseinschränkung der luxierten und operierten Schulter sowie der gesunden Schulter nach Constant in Abhängigkeit des Vorliegens oder Fehlens einer zusätzlich anlagebedingten Hypermobilität... Ergebnisse des absoluten Constant Scores (max. 100 Pkt.) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit niedrigem (< 3 Punkte) oder hohem (34 Punkte) HawkinsScore.. Ergebnisse des relativen Constant Scores (% des alters und geschlechtsbezogenen Normwertes) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit niedrigem (< 3 Punkte) oder hohem (34 Punkte) HawkinsScore... Einschätzung der alters und geschlechtskorrigierten Schulterfunktionseinschränkung der luxierten und operierten Schulter sowie der gesunden Schulter nach Constant in Abhängigkeit eines niedrigen (< 3 Punkte) oder hohen (34 Punkte) HawkinsScores... Ergebnisse des absoluten Constant Scores (max. 100 Punkte) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit geringer (< 3 Anker) oder hoher (34 Anker) Zahl applizierter Anker... Ergebnisse des relativen Constant Scores (% des alters und geschlechtsbezogenen Normwertes) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit geringer (< 3 Anker) oder hoher (34 Anker) Zahl applizierter Anker... Einschätzung der alters und geschlechtskorrigierten Schulterfunktionseinschränkung der luxierten und operierten Schulter sowie der gesunden Schulter nach Constant in Abhängigkeit einer niedrigen (< 3 Punkte) oder hohen (34 Punkte) Ankerzahl... 54 55 56 56 57 58 58 59 59 60 60 68

6 Tabelle 29: Tabelle 30: Tabelle 31: Tabelle 32: Tabelle 33: Tabelle 34: Tabelle 35: Tabelle 36: Tabelle 37: Tabelle 38: Tabelle 39: Tabelle 40: Tabelle 41: Tabelle 42: Tabelle 43: Tabelle 44: Tabelle 45: Ergebnisse des absoluten Constant Scores (max. 100 Punkte) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit lateraler, medialer oder äquatorialer Kapselverschiebeplastik... Ergebnisse des relativen Constant Scores (% des alters und geschlechtsbezogenen Normwertes) der luxierten/operierten versus der gesunden Schulter bei Patienten mit lateraler, medialer oder äquatorialer Kapselverschiebeplastik... Einschätzung der alters und geschlechtskorrigierten Schulterfunktionseinschränkung der luxierten und operierten Schulter sowie der gesunden Schulter nach Constant in Abhängigkeit von der Technik der Kapselverschiebeplastik... Vergleich des absoluten Constant Scores (max. 100 Punkte) bei den Patienten mit unterschiedlichem RoweTherapieErgebnis (sehr gut, gut, befriedigend)... Vergleich des relativen Constant Scores (% des alters und geschlechtsbezogenen Normwertes) bei den Patienten mit unterschiedlichem RoweTherapieErgebnis (sehr gut, gut, befriedigend)... Ergebnisse des Rowe Scores (max. Punktzahl 100) in Abhängigkeit von der Art der Pfannenrandfraktur (PF)... Rowe Score (max. 100 Pkte.) bei Patienten mit traumatischer Luxation sowie anlagebedingter Hypermobilität... Rowe Score (max. 100 Pkte.) bei Patienten mit und ohne Pfannenrandschaden (PRS) bzw. mit und ohne Hypermobilität... Rowe Score (max. 100 Pkte.) bei Patienten mit niedrigem (< 3 Punkte) oder hohem (34 Punkte) HawkinsScore... Rowe Score (max. 100 Punkte) bei Patienten mit geringer (02 Anker) oder hoher (34 Anker) Zahl applizierter Anker... Rowe Score (max. 100 Punkte) bei Patienten mit lateraler, medialer oder äquatorialer Kapselverschiebeplastik... Umfang der Labrumläsion in Grad bei Patienten mit geringer (02 Anker) oder hoher (34 Anker) Zahl applizierter Anker... Rezidivluxationshäufigkeit im Vergleich von Patienten mit oder ohne knöchernem Pfannenrandschaden... Aktive und passive Bewegungsausmaße (in Grad) im Vergleich der luxierten/operierten mit der gesunden Schulter... Häufigkeit von Patienten mit normaler oder eingeschränkter Innenrotation der luxierten und operierten Schulter bei adduziertem Arm bzw. bei 90 Grad abduziertem Arm... Veränderung der Außenrotation der luxierten und operierten Schulter bei adduziertem Arm bzw. bei 90 Grad abduziertem Arm in Abhängigkeit der Verschiebeplastik (äquatorial, medial, lateral) Rezidivluxationshäufigkeit im Vergleich von Patienten mit niedriger (02) oder hoher (34) Anzahl applizierter Anker... 68 69 69 71 71 72 72 73 73 74 74 77 78 79 80 81 82

7 Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildungsverzeichnis Wandhalterung des ISOBEXGerätes... Messung mittels ISOBEXGerät... Geschlechtsverteilung im Gesamtkollektiv... Altersverteilung der 60 Patienten zum Zeitpunkt der Operation; die Altersdaten der vier postoperativ ausgeschlossenen Patienten sind zusätzlich aufgeführt und grau unterlegt... Verteilung der Geschlechter in den Gruppen mit rein traumatisch bedingter, rezidivierender Luxationen und jener mit zusätzlich anlagebedingter Hypermobilität... Anzahl bisheriger Schulterrezidivluxationen bei 60 Patienten... Verteilung der Häufigkeit der Labrumläsionen in den betroffenen ventralen bzw. dorsalen SchulterSektoren (S 1 bis S 8) der linken Schulter (111 Sektoren bei 30 Patienten betroffen, bei zwei weiteren Patienten lagen linksseitig keine Läsionen vor)... Verteilung der Häufigkeit der Labrumläsionen in den betroffenen SchulterSektoren der rechten Schulter (85 Sektoren bei 28 Patienten betroffen, darunter hatte ein Patient eine SLAP IV Läsion). Die Darstellung der Labrumläsionen der rechten Schulter erfolgte aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit analog zu derjenigen der linken Schulter, also spiegelverkehrt... Instabilitätsgrad nach Hawkins im Gesamtkollektiv (n=60)... Verstrichene Zeit (Jahre) zwischen Operation der Schulterluxation und Nachuntersuchung... Constant Scorewert im Vergleich der erkrankten und gesunden Schulter der untersuchten Patienten... Ergebnis der Therapie zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung gemäß der Rowe ScoreEinteilung... 32 32 34 35 36 37 38 39 41 45 52 63

8 1. Einleitung 1.1. Definition und Inzidenz der traumatischen Schulterluxation Die Schulterluxation ist definiert als ein kompletter und permanenter Kontaktverlust zwischen den artikulierenden Gelenkflächen, der zu seiner Wiederherstellung der Reposition bedarf (Walch und Molé, 1991). Für die traumatische Schulterluxation ist nach Neer (1990) ein signifikantes Trauma notwendig, welches zur Dislokation führt und nur durch Reposition wieder eingerichtet werden kann. Die traumatische, vordere Schulterluxation ist mit einer Inzidenz von 1,7% eine häufige Verletzung, wobei das männliche Geschlecht etwa dreimal häufiger als das weibliche betroffen ist (Hovelius, 1982). Ihr Häufigkeitsgipfel liegt im 2.3. Lebensjahrzehnt mit Abnahme im höheren Lebensalter (Rowe, 1956; Loew et al., 2001). Während es beim 20jährigen Patienten nach traumatischer Erstluxation in 90% der Fälle zu einer rezidivierenden Instabilität kommt, ist die posttraumatischrezidivierende Schulterluxation nach Erstluxation jenseits des 40. Lebensjahres eher selten (Loew et al., 2001). Nach Hovelius et al. (1996) liegt die Prävalenz für eine Schulterluxation in Schweden bei 2% und davon betrifft nur ein Zehntel das weibliche Geschlecht. In Dänemark fanden Kroner et al. (1989) eine jährliche Inzidenzrate von 17 Fällen pro 100.000 Einwohnern, wobei der Anteil des männlichen Geschlechts bei 53% lag. Für Patienten im Alter zwischen 1520 Jahren zeigte sich in einer schwedischen Studie von Norlin (1993) eine sogar noch höhere Inzidenz von 20 Fällen pro 100.000 Einwohner. Allerdings nimmt die Inzidenzrate kontinuierlich mit steigendem Alter ab (Habermeyer et al., 1998). Für die Bundesrepublik Deutschland dürfte bei etwa 80 Mio. Einwohnern die jährliche Luxationsrate etwa 13.600 Fälle betragen (Habermeyer et al., 1998). Gumina und Postacchini (1997) berichteten in Italien bei 443 Schulterluxation über einen Anteil von 4,5% im Kindes und Adoleszentenalter. Dabei waren Kinder im Alter unter 14 Jahren nur zu 0,5% und im Alter der Adoleszenz (1417 Jahre) zu 4% betroffen. Rowe (1956) berichtete über eine Rezidivrate von 24% im 5., von 14% im 6. und von 16% im 7. Lebensjahrzehnt der Patienten. Thomsen et al. (1995) beschrieben ein gehäuftes Vorkommen der Rezidive nach dem 65. Lebensjahr. Andere Autoren berich

9 teten über über relativ kleine Patientengruppen mit posttraumatisch rezidivierender Instabilität bei älteren Personen (Craig, 1984; Levy et al., 1999; Neviaser et al., 1988). Lediglich Hawkins und Koppert (1982) sowie Hawkins et al. (1986) stellten ein größeres Kollektiv von Patienten im Alter nach dem 40. Lebensjahr vor, bei dem eine operative Schulterstabilisierung durchgeführt worden war. Ursache für die altersabhängig unterschiedliche Häufigkeit von Sekundärluxationen sind verschiedene primäre Verletzungsmuster (Loew et al., 2001). Während bei jugendlichen Patienten Schäden am Labrum glenoidale mit oder ohne knöcherne Bankart Läsion sowie eine Elongation der glenohumeralen Bänder im Vordergrund stehen, werden bei älteren Patienten nach traumatischer Schulterluxation häufiger knöcherne Verletzungen am Humeruskopf und Schulterpfanne sowie Läsionen der Rotatorenmanschette beobachtet. 1.2. Historischer Rückblick Das älteste überlieferte, orthopädische Krankheitsbild ist die Beschreibung einer Schulterluxation eines Epileptikers im Edwin Smith Papyrus 30003500 v. Chr. (De Palma, 1983 ; Rockwood, 1984). Die frühesten detaillierten Beschreibungen der Schulterluxation findet man in den Arbeiten von Hippokrates. In seinem von Adams (1886) übersetzten Texten "On the articulation" beschreibt Hippokrates die Anatomie der Schulterluxation, diskutiert Probleme der rezidivierenden Luxation und erklärt das auch heute noch oft angewandte Repositionsmanöver. Zwar wurden seit der Zeit des Hippokrates viele pathomorphologische, pathoätiologische und biomechanische Erkenntnisse gewonnen, dennoch gibt es auch heute noch keine optimale Therapie. Schon vor vielen Jahrzehnten wurden pathomorphologische Veränderungen nach der Schulterluxation erkannt und auch publiziert. Die meisten Berichte gerieten zu Unrecht wieder in Vergessenheit und wurden erst viele Jahre später wieder aufgegriffen. Beispielsweise wurde die HillSachsLäsion, die 1940 publiziert wurde (Hill und Sachs, 1940) bereits 1880 von Joessel, 1882 von Cramer und Küster sowie 1887 von Caird beschrieben.

10 Auch heute noch wird die Therapie der Schulterluxation kontrovers diskutiert. Dies zeigt auch die Vielzahl der publizierten Operationsverfahren. Die von Bankart (1938) berichtete und auch heute noch angewendete, operative Technik entsprach weitgehend der von Perthes (1906) angewendeten Technik. Er behandelte die rezidivierende Schulterluxation durch operative Rekonstruktion der pathologisch veränderten Strukturen. Für ihn war die Hauptläsion entweder die Ablösung der Kapsel vom Skapulahals und der Rotatorensehne vom Tuberculum majus oder die Ablösung des Labrums vom Glenoidrand (Perthes, 1906). Die Ablösung von Labrum, Periost und Kapsel vom vorderen Skapulahals wurde schon von Broca und Hartmann (1890) beschrieben. Die von Clairmont und Ehrlich (1909) sowie von Finsterer (1917) empfohlenen myoplastischen Operationen konnten sich aufgrund hoher Rezidivraten in der Therapie der rezidivierenden Schulterluxation nicht durchsetzen. 1927 wurden sog. Suspensionsoperationen erfolgreich durchgeführt, bei denen Gallie und Le Mesurier (1948) versuchten, das instabile Schultergelenk durch Rekonstruktion neuerer vorderer Ligamente aus autologer Fascia lata zu stabilisieren. Bis heute wird diese Operationstechnik mit geringer Rezidivrate in der modifizierten Ausführung von Batemann (1963) angewandt (Rockwood, 1984). Die technisch schwierigen und mit hoher Rezidivrate durchgeführten Tenosuspensionsoperationen von Nicola (1929) und von Henderson (1949) wurden nach kurzer Zeit wieder aufgegeben. Eine besonders wichtige Rolle kommt Bankart zu, der den Konzepten von Broca, Hartmann und Perthes folgend stets auf die Bedeutung der Rekonstruktion des vorderen kapsuloligamentolabralen Komplexes (der sog. BankartLäsion) hinwies. Eine Vielzahl von Modifikationen seiner Operationstechnik fidnet bis heute noch Anwendung. Mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen wurde 1895 der posterolateralen Humeruskopfimpressionsfraktur als Ursache rezidivierender Dislokationen von einigen Autoren der sog. BankartLäsion gegenübergestellt. Eden (1918), Hybbinette (1932), Lange (1944) und Palmer und Widen (1948) bezeichneten den nach Hill und Sachs benannten Defekt als die "essential lesion". Noch heute ist im deutschen und skandinavischen Sprachraum die Knochenblockoperation nach den Methoden von EdenHybbinette Lange weit verbreitet, die durch ventrale Vergrößerung der Pfanne ein Einhaken des hinteren Kopfdefektes am Pfannenrand verhindern sollte.

11 Putti (1923) und Platt (1925) benutzten den in siener Sehne gedoppelten M. subscapularis zur Konstruktion einer anatomischen Barriere gegen eine etwaige vordere Luxation. Doch wurde diese Operationsmethode erst im Jahre 1948 von Clarke als PuttiPlattOperation bezeichnet. Das Prinzip der Kapselverschiebeplastik nach Neer (1990), Warren (1986) oder Jobe und Glausman (1989) besteht darin, dass das durch die traumatisch bedingte oder atraumatisch verursachte Aufweitung der Gelenkkapsel vergrößerte Kapselvolumen mittels einer ventralen, konzentrischen Kapselraffung reduziert wird. Bei traumatischer Instabilität werden gleichzeitig die glenohumeralen Bänder rekonstruiert. Beim Verfahren nach Neer (1990) erfolgt der vertikale Schnitt am Humerus, beim Verfahren nach Warren (1986) am Glenoid. Unabhängig davon wird der inferiore Kapsellappen nach kranial geschlagen und es wird kaudal begonnen, am verbliebenen Kapselsaum zu vernähen oder transossär zu fixieren. Beim Verfahren nach Jobe und Glausman (1989) erfolgt die Kapselinzision in horizontaler Richtung, so dann die Kapselablösung mit dem Periost entlang des Glenoidrandes und eine Anfrischung des Glenoidrandes. Der inferiore Kapsellappen wird nach kranial gezogen und fixiert. 1.3. Fragestellung Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollte ein Patientenkollektiv mit traumatischer Schulterluxation bezüglich verschiedener Operationsverfahren verglichen werden. Dabei sollten Ergebnisse von Patienten mit und ohne vorbestehender Hypermobilitätskomponente der Schulterluxation gegenübergestellt werden. Ferner interessierte, ob sich Patienten mit knöchernem Pfannenrandschaden von jenen ohne knöchernen Pfannenrandschaden bezüglich ihrer Ergebnisse unterscheiden. Es sollte festgestellt werden, ob ein Zusammenhang zwischen Luxationsanzahl und dem Auftreten knöcherner Pfannenrandschäden besteht. Die Ergebnisse der Patienten mit lateraler Verschiebeplastik sollten denen mit medialer Verschiebeplastik und solchen mit äquatorialer Kapselverschiebung nach Jobe gegenübergestellt werden. Es sollte festgestellt werden, ob die Operationsart einen Einfluss auf das Ausmaß der Außenrotationsfähigkeit sowie das Behandlungsergebnis hat.

12 Weiterhin interessierte, ob die Zahl der eingebrachten Anker von der Ausdehnung der Labrumläsion oder der Anzahl der Luxationen abhängig war. Schließlich war von Wichtigkeit, ob eine Korrelation zwischen präoperativer Luxationshäufigkeit und postoperativen Rezidivereignis feststellbar war.

13 2. Pathomechanik, Diagnose und Therapie der traumatischen Schulterluxation 2.1. Anatomie und Pathomechanik des Schultergelenkes Die Stabilität des Glenohumeralgelenkes wird zum einem durch statistische, passive und zum anderen durch dynamische, aktive Mechanismen erzeugt. Die per se instabile, knöcherne Konfiguration bestehend aus Fornix humeri, Glenoid und Humeruskopf wird durch das formschlüssige Labrum glenoidale, die Kapsel, ligamentäre Verstärkungen und durch die unterschiedlichen Bewegungsradien bzw. Translatierbarkeiten des Humeruskopfes ergänzt (Gohlke und Janßen, 2002). Diese anatomisch angelegte Forminstabilität erhält aus der Muskulatur ihre Kraftschlüssigkeit. Passive Elemente der glenohumeralen Stabilität Die Vielzahl an stabilisierenden Faktoren ist aufgrund der im Verhältnis zur Größe des Humeruskopfes flachen und kleinen Gelenkfläche nötig. Das Missverhältnis zwischen Kopf und Pfanne wird mit 1:3 bis 1:4 angegeben (Putz, 1996; Tilman und Töndury, 1998). Der mittlere Durchmesser des Humeruskopfes beträgt im Mittel ca. 44 mm, derjenige der Pfanne 2535 mm. Von Resch (1989) wurde zur Beurteilung des Verhältnisses zwischen Kopf und Pfanne ein transversaler, glenohumeraler Index (TGHI) beschrieben. Dieser beträgt im Mittel 25/44 = 0,57. Eine Disposition zur Instabilität besteht seinen Angaben nach nur bei niedrigem TGHI. Humerus: Die Gelenkfläche des Humeruskopfes, deren Radius im Mittel mit 23 mm angegeben wird, ist gegenüber der Epicondylenachse des Ellenbogengelenkes um 20 30 Grad nach hinten gedreht. Angeborene Anomalien wie eine verminderte Retrotorsion des Humerus, wird als begünstigender Faktor für die atraumatische, anteriore Instabilität beschrieben (Krahl, 1947; Debevoise, 1971; Pieper, 1985). Ein Beweis der Protektion oder Disposition des oben genannten Faktors für die posttraumatische Schulterinstabilität steht noch aus.

14 Die Pfanne des Schultergelenkes: Die Cavitas glenoidale ist oval und durch eine nach zentral abnehmende Dicke des Gelenkknorpels muldenförmig. Der kaudale Anteil hat einen größeren anterioposterioren Durchmesser als der kraniale, wodurch sich in der Aufsicht eine birnenartige Form ergibt. Am knöchernen Rand der Pfanne setzt das Labrum genoidale an. Der Querdurchmesser der Gelenkpfanne weist eine physiologische Retroversion von ca. 5 Grad zur Senkrechten auf die Schulterblattebene auf (Resch, 1989). Der Beweis dafür, dass ein veränderter Retroversionswinkel des Glenoids eine atraumatische posteriore Instabilität begünstigt, steht noch aus (Hirschfelder, 1985; Hurley et al., 1992). Fornix humeri: Der Einfluss der Fornix humeri, bestehend aus Acromion und Processus coracoideus als össäre Eckpfeiler einereseits und dem Ligamentum coracoacromiale als ligamentäres Dach andererseits auf die Stabilität des Schultergelenks ist noch weitgehend ungeklärt (Gohlke et al., 1994). Ihr wird jedoch eine Sicherungsfunktion gegen die Verschiebung des Humeruskopfes nach kranial, ventral und dorsal zugeschrieben (Fick, 1904; Lanz und Wachsmuth, 1959; Gohlke et al., 1994). Labrum glenoidale: Das aus vorwiegend zirkulär angeordnetem Faserknorpel bestehende Labrum glenoidale verbessert die Stabilität des glenohumeralen Gelenks durch die Erhöhung des Pfannenrandes, den es ringförmig umfasst. Zudem wirkt es hierbei wie ein Dichtungsring (Habermeyer et al., 1992) und ermöglicht auf diese Weise einen gelenkstabilisierenden Vakuumeffekt. In das im Querschnitt dreiecksförmige Labrum strahlt die ligamentverstärkte Gelenkkapsel ein (Hertz, 1984; Moseley und Övergaard, 1962). Die scherengitterartigen Kapselfasern setzen sich über das Labrum und die fibrocartilaginäre Übergangszone in den hyalinen Knorpel der Cavitas glenoidale fort und verankern auf diese Weise das Labrum an der Gelenkfläche. In der im Aufbau viele Varianten aufweisenden fibrocartilaginären Übergangszone des anterosuperioren Labrums glenoidale findet sich häufig ein sog. sublabrales Foramen bzw. ein kleiner Recessus (Cooper et al., 1993) oder zumindest eine lose Verbindung. Glenohumerale Gelenkkapsel und deren ligamentäre Verstärkungen: Zwischen Labrum glenoidale und Collum anatomicum spannt sich die aus einem äußeren Stratum fibrosum und einem inneren Stratum synoviale bestehende, kollagenfaserige Gelenk

15 kapsel aus. Diese wird zum einen durch die, in ihrer Anordnung sehr variablen, glenohumeralen Bänder und zum anderen in ihren dorsokranialen bzw. ventralen Anteilen durch einstrahlende Muskelfasern der Rotatorenmanschette verstärkt. Im dorsalen Bereich der Gelenkkapsel findet sich keine ligamentäre oder muskuläre Verstärkung (Schlemm, 1853). Das klassische Verteilungsmuster der glenohumeralen Bänder wurde von Morgan et al. (1992) beschrieben. 2.2. Klassifikation der Schulterinstabilitäten Die Klassifikation der Schulterinstabilitäten erfolgt nach verschiedenen Parametern (Gohkle und Janßen, 2002): Pathogenese: atraumatischhabituell (kongenitale Hypermobilität) traumatisch repetitive Mikrotraumen durch Fehl und Überbelastung Luxationsdauer: akut rezidivierend chronisch Luxationsrichtung: unidirektional (anterior/posterior) bidirektional (anteroinferior/posteroinferior) multidirektional Luxationssteuerung: unwillkürlich willkürlich

16 Luxationsgrad: Subluxation Luxation Eine weitere Einteilung der Schulterinstabilitäten wird in zwei Gruppen unter der Bezeichnung TUBS und AMBRII vorgenommen: TUBS: hierunter erfolgt die Subsummierung der Gruppe von traumatisch bedingten, unidirektionalen, mit einer BankartLäsion verbundenen, Luxationen, bei denen eine Indikation zur chirurgischen Intervention (surgical repair) gegeben ist (Matsen et al., 1994). AMBRII: hierunter werden die atraumatischen, multidirektionalen, bilateralen Instabilitäten zusammengefasst, die nur bei Fehlschlagen einer konservativen Therapie (Rehabilitation) einer operativen Behandlung (inferiore Kapselraffung, kombiniert mit einem Intervallverschluss) zugeführt werden müssen. Die traumatische Schulterluxation ist definiert als repositionspflichtiges, traumatisches Ereignis bei komplettem und permanentem Kontaktverlust zwischen den artikulierenden Gelenkflächen (Neer, 1990; Walch et al., 1997). 2.3. Unfallmechanismen und Pathomechanik Das Schultergelenk hat den größten Bewegungsradius von allen Gelenken des menschlichen Organismus (Sciaroni et al., 2002). Daher luxiert die Schulter von allen großen Gelenken auch am häufigsten (Wülker und Rühmann, 2001). Das glenohumerale Gelenk weist als integraler, funktioneller Bestandteil des Schultergürtels einen zur Pfanne übergroßen Kopf, eine minimale artikuläre Führung und damit passive Stabilisierung auf. Dies erklärt die Luxationstendenz vor allem nach ventrocaudal bei außenrotiertem, abduziertem Arm (Boss et al., 2000).

17 Die Literatur unterscheidet zwischen atraumatischen und traumatischen Schulterluxationen. In der Klinik kann diese eindeutige Unterscheidung allerdings schwierig sein. Aus diesem Grund werden Mischformen der traumatischen/atraumatischen Schulterluxation unterschieden (Tingart et al., 2001). 8595% aller Schulterluxationen sind vordere Luxationen (Hovelius et al., 1996; Liu und Henry, 1996). Nach Rowe (1956) erfolgen 98% aller akuten Luxationen nach ventral bzw. ventral und caudal, bei 2% ist die Luxationsrichtung dorsal. Der vorderen, unteren Schulterluxation liegt entweder ein direktes oder ein indirektes Trauma zugrunde, wobei die indirekte Gewalteinwirkung durch Hebelwirkungen den häufigsten Unfallmechanismus darstellt. Hierbei liegt entweder eine forcierte Außenrotation und Abduktion vor oder ein Sturz auf den abduzierten, retrovertierten Arm (Habermeyer et al., 1998). Aufgrund der ungünstigen Hebelwirkung kommt es zu einem überproportional hohen Drehmoment am Glenohumeralgelenk mit Ausriss des vorderen, unteren Labrumbandapparates vom Glenoid. Die Ausrissverletzung des anterioinferioren, glenohumeralen Ligamentes führt zu einem passiven Stabilitätsverlust des Humeruskopfes in der Endposition der Abduktions/Außenrotationsbewegung. Nach einer traumatischen Erstluxation kann es somit zu einer potentiell endgradigen Instabilität bei Insuffizienz des anterioinferioren, glenohumeralen Ligamentes kommen (Habermeyer et al., 1998). 2.4. Verletzungsmuster und Begleitschäden Im Rahmen der Luxation kommt es zu klassischen intraartikulären Verletzungsmustern des LabrumKapselKomplexes. BankartLäsion: Der klassischen BankartLäsion liegt eine Ablösung des Komplexes vom unteren Glenoidrand zu Grunde. Die Kavität der Pfanne wird hierdurch entscheidend gemindert (Matsen et al., 1994), wobei dies nicht allein als Ursache für die resultierende Instabilität anzusehen ist. Vielmehr ist die posttraumatische Instabilität die Folge eines komplexen Schadens an Glenoid, Labrum und KapselBandApparat, letzterer im Sinne

18 einer Überdehnung oder Zerreißung (sog. "laxity dilemma") (Adolfson und Lysholm, 1989; Bach et al., 1988; Baker et al., 1990; Boscotta und Helperstorfer, 1993; Harryman et al., 1992). NonBankartLäsion: Es handelt sich um einen Abriss der Kapsel und des medialen, glenohumeralen und ggf. auch des unteren glenohumoralen Ligamentes bei erhaltenem Labrum (Moseley und Övergaard, 1962). AlpsaLäsion: Neviaser (1993) beschrieb eine veraltete, nach medial retrahierte Ablösung des Labrums bzw. dessen Verwachsung mit dem Skapulahals als sog. 'AlpsaLäsion' (anterior labrum periostal sleeve avulsion). PerthesLäsion: Es handelt sich um ein Abreißen des medialen Kapselursprungs und des Periosts vom Skapulahals. HAGLLäsion: Man bezeichnet den Abriss der Kapsel bei der Luxation von ihrem Ansatz am Humeruskopf. Im Englischen wird es als 'Humeral Avulsion of Glenohumeral Ligaments' bezeichnet. SLAPLäsion: Es liegen Schäden am superioren Labrum vor, die auch die Bizepssehne einbeziehen können (superiorer Labrumschaden von anterior bis posterior). HillSachsLäsion: Dieser Schaden ist ein Sekundärphänomen der vorderen Schulterluxation, die beim Vorbeitritt des Humeruskopfes am vorderen, unteren Pfannenrand entsteht und als einfacher Knorpelschaden aber auch als ausgedehnte Impressionsfraktur imponieren

19 kann. Dieser posterolaterale Humeruskopfdefekt findet sich bei unter 32jährigen in 85% und bei älteren Personen in 67% der Luxationsfälle (Habermeyer et al., 1998). TUBS: Man bezeichnet damit eine Subsummierung der Gruppe von traumatisch bedingten, Unidirektionalen, mit einer BankertLäsion verbundenen Luxationen, bei denen eine Indikation zur chirurgischen Intervention (Surgical repair) besteht (Matsen et al., 1994). Läsionen der Rotatorenmanschette (posterior mechanism): Rotatorenmanschettenrupturen können durch das luxierende Trauma ausgelöst werden (Habermeyer et al., 1998). Die Häufigkeit dieser Komplikation liegt bei 30% in der Gruppe der 40jährigen und beträgt 80% bei Patienten im Alter über 60 Jahren (Matsen et al., 1990). Besondere Beachtung kommt der Ruptur der Subscapularissehne zu, da sie der wichtigste ventrale, dynamische Stabilisator ist und schon beim jüngeren Patienten auftreten kann (Habermeyer et al., 1998). Bei der anteroinferioren Luxation kann es neben den oben genannten Läsionen auch zu komplexen Schäden an den posterioren Anteilen des KapselBandApparates auch unter Einbeziehung der Rotatorenmanschette komen. Diese als "posterior mechanism" bezeichnete Unfallfolge (Craig, 1984) wird bei maximaler Abduktions/AußenrotationsPosition durch ein Aushebeln am Akromion verursacht (Ovesen und Sjoebjerg, 1986). Nach Petterson (1942) erfolgt bei der traumatischen, vorderen Erstluxation bei über 40 jährigen Patienten in 3080% der Fälle ein Einriss der kranialen Anteile der Rotatorenmanschette. Doch auch im jugendlichen Alter sind partielle bzw. komplette Defekte der Rotatorenmanschette als Folge einer Luxation zu beobachten (Itoi und Tabata, 1993; Basset und Cofield, 1983). Besondere Beachtung kommt hierbei der Subscapularissehne als dem wichtigsten ventralen, dynamischen Stabilisator zu. Bevorzugt treten Rupturen im anterosuperioren Kapselbereich (RotatorenIntervall) auf (Gohlke et al., 1997), was zu einer Verlagerung des inferioren Kapselbandapparates (IGHLKomplex) nach kaudal und somit zu seiner Insuffizienz führt. Die durch die Ruptur des anterio

20 superioren Kapselanteils hervorgerufene Insuffizenz der anterioinferioren Kapselanteile begünstigt die Luxation des Humeruskopfes in Retroversion. Terrible Triad: So bezeichnet man eine Kombination aus Luxation, Rotatorenmanschettenruptur und Axillarisparese. Es kommt zu Einrissen der anterosuperioren sowie der inferioren Kapsel unter Einbeziehung der posterioren Anteile der Rotatorenmanschette (Groh und Rockwood 1995). Insbesondere dieses Verletzungsmuster ist nicht selten mit einer Läsion des N. axillaris verbunden (514% der Fälle) (Walch et al., 1997). Die Angaben in der Literatur zur Begleitverletzung des N. axillaris bei der traumatischen, vorderen Schulterluxation liegt zwischen 514% (Walch und Molé, 1991). Besonders bei Vorliegen einer gleichzeitigen Rotatorenmanschettenruptur kann die N. axillarisläsion leicht übersehen werden. Zur Schädigung des Nerven kommt es bei Luxation durch Kompression durch den Humeruskopf oder durch Traktion im Bereich der hinteren Axillarlücke (Suder und Jakobsen, 1997). Begleitfrakturen Im Rahmen einer Erstluxation kann es zu Ein bis Mehrfragmentbrüchen des Humeruskopfes kommen. Isolierte Frakturen betreffen den vorderen Pfannenrand (BankartFraktur), das Tuberculum majus und in sehr seltenen Fällen das Tuberuculum minus und den Processus coracoideus (Habermeyer et al., 1998). 2.5. Anamnese, Klinik und Diagnose Anamnestisch ist insbesondere zu klären, inwieweit tatsächlich ein adäquates Trauma die Luxation der Schulter herbeigeführt hat. Das Vorliegen eines Bagatelltraumas, selbständiges Reponieren durch den Patienten, müheloses Reponieren durch einen Helfer oder vorausgegangene Subluxationsepisoden sprechen gegen eine traumatische Genese der Luxation und für eine vorbestehende Hypermobilität bzw. eine Ausweitung der Gelenkkapsel, wobei das Vorliegen einer vorbestehenden Hypermobilität der Gelenke

21 eine zusätzliche traumatische Genese der Luxation mit entsprechenden Begleitverletzungen nicht ausschließt. Eine standardisierte Röntgenuntersuchung im anteriorposterioren Strahlengang ist somit vor und nach einer Reposition als obligat anzusehen (Gohlke und Janßen, 2002). Zum sicheren Frakturausschluss, zur Festlegung der Luxationsrichtung oder zum Nachweis relevanter Begleitverletzungen sind andere bildgebende Verfahren bzw. röntgenologische Spezialuntersuchungen indiziert. Die klinische Symptomatik zeichnet sich durch das Vorliegen von Spontan und Bewegungsschmerz, federnder Fixation, leerer Gelenkpfanne, palpablem Humeruskopf außerhalb der Pfanne oder abgeflachter M. deltoideuskontur aus (Gohlke und Janßen, 2002). Bezüglich der klinischen Diagnostik dienen die meisten Testverfahren dazu, Symptome der Instabilität in bestimmten Positionen des Armes zu reproduzieren. Die subtile Prüfung der translatorischen Verschieblichkeit in unterschiedlichen Position der Abduktion und Rotation gibt Aufschluss über die Intaktheit der verschiedenen ligamentären Kapselverstärkungen und leistet damit Hilfestellung bei der exakten Diagnose und der Auswahl eines operativen Verfahrens. Folgende klinische Tests finden Anwendung (Gohlke und Janßen, 2002). Der ApprehensionTest wird am stehenden, sitzenden oder liegenden Patienten durchgeführt, wobei liegend eine größere muskuläre Entspannung möglich ist. Durch die Kombination von Außenrotation und Abduktion des Armes sowie dorsalem Druck auf das Caput humeri erzeugt der Untersucher eine nach ventral gerichtete Translation des Oberarmkopfes. Bei extremer Instabilität kann sogar eine Subluxation oder komplette Luxation eintreten. Bei einer pathologischen Erweiterung des Kapselvolumens tritt bei ventraler Luxation des Humeruskopfes die Kapselanspannung relativ plötzlich auf im Gegensatz zu eher kontinuierlichen, langsamen Verwringung. Demzufolge kommt es zur abrupten Rezeptoraktivierung und muskulären Anspannung, die vom Untersucher wahrgenommen werden kann und die die Positivität des Tests anzeigt. Als positiv gilt der Test auch, wenn durch Dehnung der dorsalen Kapselanteile, hervorgerufen durch die Translation des Oberarmkopfes nach ventral, eine Schmerzsymptomatik auftritt. Eine bevorstehende Luxation deutet sich durch Schmerzangabe, fühlbare, abrupte, mus

22 kuläre Gegenspannung und ggf. die Äußerung des Patienten an, die Schulter drohe zu luxieren. RelokationsTest (nach Jobe): hier wird der Humeruskopf des wie beim Apprehension Test 90 Grad abduzierten, außenrotierten Armes durch ventrales Auflegen der Hand des Untersuchers stabilisiert. Wird nun eine zunehmende Außenrotation toleriert, spricht dies für eine an die Translation des Humeruskopfes gebundene Beschwerdesymptomatik und gegen ein auszuschließendes, subacromiales ImpingementSyndrom. HyperabduktionsTest (nach Gagey und Gagey 2000): hierbei wird das Schulterblatt zunächst manuell fixiert und anschließend der in Neutralstellung befindliche Arm passiv abduziert. Im Gegensatz zum Schultergesunden, bei dem eine Abduktion bis etwa 90 Grad möglich ist, kann der Arm bei Vorliegen einer Elongation des unteren glenohumeralen Bandes über 95 bis 110 Grad abduziert werden. Das untere glenohumerale Band und die Weite des unteren Recessus sind mit diesem Test spezifisch zu überprüfen. Bei bestehender Gelenkhypermobilität kann der Arm bis zu 110 Grad oder sogar noch weiter abduziert werden. Verwertbar ist dieser Test somit nicht bei Vorliegen einer Hypermobilität der Gelenke und bei Auslösung von Muskelanspannungen im Sinne eines ApprehensionsTests. Aber er ist relativ spezifisch zur Beurteilung des inferioren, glenohumeralen Ligamentes. Loadand ShiftTest nach Hawkins: Mit dieser Untersuchung wird die vordere und hintere Verschieblichkeit des Humeruskopfes untersucht. Sie eignet sich zur Beurteilbarkeit des Ausmaßes der Gelenkhypermobilität. Der Untersuchungsgang wird am sitzenden Patienten mit hängendem Arm durchgeführt. Durch manuellen Druck von lateral wird der Oberarm in die Gelenkpfanne gedrückt und somit stabilisiert. Durch manuellen ventralen und dorsalen Druck wird nun das Ausmaß der Translatierbarkeit beurteilt: Grad I: mäßige Translation um bis zu 25% des Kopfdurchmessers Grad II: Verschieblichkeit des Humeruskopfes bis auf den Glenoidrand um bis zu 50% des Kopfdurchmessers.

23 Grad III: Luxation mit spontaner Reposition des luxierten Humeruskopfes bei Nachlassen der lateralen Krafteinwirkung. Grad IV: komplette Luxation und Notwendigkeit anschließender Reposition durch den Arzt. Sulcuszeichen: es erfolgt die dosierte Traktion des sich in Neutralstellung befindlichen Armes nach kaudal. Bei sichtbarer Einziehung lateral des Acromions ist das Sulcuszeichen positiv und spricht für eine insuffiziente Funktion der superioren Kapselanteile (coracohumerales Band) und für eine Verminderung des negativen, intraartikulären Drucks. Da ein abrupter, nach kaudal gerichteter Zug eine Anspannung des M. deltoideus auslöst und es somit zu einer Verfälschung des Ergebnisses kommen kann, ist der Zug kontinuierlich mit dosierter Kraft durchzuführen. Bei Ausweitung des unteren Recessus liegt eine konstitutionelle Laxitätskomponente bzw. falls klinisch symptomatisch eine Mehrfachinstabilität vor. Wird selbiger Test bei einem 90 Grad abduzierten Arm durchgeführt, werden die inferioren Kapselanteile auf ihre Festigkeit hin geprüft. Nach Altchek et al. (1991) wird der klinische Befund folgendermaßen eingeteilt: Grad 0: keine inferiore Verschieblichkeit Grad I: Verschieblichkeit um bis zu 1 cm Grad II: Verschieblichkeit um bis zu 2 cm Grad III: Verschieblichkeit um bis zu 3 cm, etc. Die Beurteilbarkeit bzw. die Reproduzierbarkeit des Sulcuszeichens bzw. der translatorischen Verschieblichkeit ist durch individuelle Einflussgrößen (z.b. Stärke der Fettschicht) sowie muskuläre Gegenspannung mitunter erheblich eingeschränkt. O'BrienTest: Der 90 Grad flektierte, innenrotierte und im Unterarm 90 Grad pronierte Arm wird nach ventral gedreht und somit der Unterarm parallel zum Oberkörper in Vorhalte gebracht. Es erfolgt isometrischer Druck auf den Ellenbogen nach kranial durch den Untersucher. 15 Grad über der Mittellinie erfolgt der Test in Innen und Außenrotation mit Pro und Supination im Unterarm. Die Hauptkraft richtet sich hierbei auf den Ursprung der langen Bizepssehne. Treten Schmerzen auf, ist dies hinweisend auf das Vorliegen einer SlapLäsion.

24 Der Umfang der einzuleitenden bildgebenden Diagnostik ist abhängig von den möglichen Begleitläsionen, von der Genese der Instabilität und dem Alter des Patienten. Grundsätzlich reichen konventionelle Röntgenaufnahme und Sonographie zur Diagnostik einer traumatischen Erstluxation aus. Zum Einsatz können jedoch neben dem konventionellen Röntgen und der Sonographie auch CT und ArthroCT sowie MRT und ArthroMRT gelangen. Konventionelles Röntgenverfahren: hierdurch erfolgt die Feststellung der Luxationsrichtung und die Darstellung von ossären Begleitverletzungen. 1) echte a.p.aufnahme: Das Schulterblatt wird parallel zum Film gelagert. Die Aufnahme erfolgt üblicherweise in Neutralrotationsstellung, um einerseits die vertikale Gelenkzentrierung und andererseits das Tuberculum majus beurteilen zu können. Bei besonderen Fragestellungen erfolgt eine Innen bzw. Außenrotation. 2) transaxilläre Aufnahmen: Sie dienen der Darstellung des hinteren Pfannenrandes und des Tuberculum minus sowie der Darstellung der horizontalen Zentrierung des Humeruskopfes gegenüber der Pfanne und der Stellung der lateralen Clavicula gegen das Acromion. Die WestPoint Aufnahme dient zur Darstellung kleinerer, knöcherner BankartLäsionen. Die BernageauAufnahme erlaubt die Darstellung des Pfannenprofils. Die StrykerAufnahme ermöglicht die Darstellung des unteren Pfannenrandes und jene von HillSachs Läsionen. Die VelpeauAufnahme ist indiziert bei im Desault oder Gilchristverband immobilisierten Patienten. 3) axiale, laterale Skapula p.a.aufnahme (YAufnahme, outlet view): Es erfolgt die Darstellung der horizontalen Zentrierung von Humeruskopf und Pfanne sowie die Abbildung des Supraspinatusausgangskanals.

25 Sonographie: sie dient der Diagnostik von Weichteilverletzungen insbesondere an der Rotatorenmanschette und der langen Bizepssehne. Das vordere und hintere Labrum können eingeschränkt beurteilt werden. Auch eine Erfassung von Gelenkergüssen ist möglich. Schließlich ist die Darstellung von Kortikalisdefekten des Humeruskopfes (HillSachsLäsion) möglich. Computertomographie (CT): sie erlaubt die Darstellung von HillSachsDefekten und knöchernen Pfannenrandläsionen. Die Pfanne kann im Hinblick auf Größe, Krümmung und Version beurteilt werden. Mittels eines zusätzlichen Schnitts durch das Ellenbogengelenk lässt sich die Torsion des Humeruskopfes berechnen. Mittels ArthroCT erfolgt die Darstellung des KapselLabrumKomplexes. Magnetresonanztomographie (MRT): Ihre Durchführung ist vorzugsweise in Form einer ArthroMRT indiziert. 2.6. Behandlungs und Operationsmethoden Reposition Zur Vermeidung ausgedehnter Weichteil und Nervenschädigungen bei länger andauernder Luxation ist eine sofortige therapeutische Intervention im Sinne einer Reposition auch im präklinischen Bereich indiziert (Gohlke und Janßen, 2002). Vor der Reposition sind die klinische Untersuchung und deren Dokumentation, vor allem jene der Durchblutungssituation, der Sensibilität und der Motorik (N. axillarisbzw. Plexus brachialisschäden) durchzuführen. Zudem sind a.p. und YRöntgenuntersuchungen zum Ausschluss von Frakturen vor der Reposition als obligat anzusehen (Gohlke und Janßen, 2002). Die Reposition des regelhaft am vorderen unteren Pfannenrand durch HillSachs Läsion und Muskelzug fixierten, luxierten Humeruskopfes kann nach diversen Methoden erfolgen. Nach Hippokrates wird die Ferse des Arztes als Hypomochlion verwandt, nach Arlt hingegen eine Stuhllehne. Eine vermehrte Abduktion des Armes kann hierbei

26 hilfreich sein, um eine verhakte HillSachsLäsion frei zu bekommen. Nach Milch wird der Arm zunächst im Ellenbogengelenk um 90 Grad gebeugt, vorsichtig vor den Körper positioniert und schließlich schonend über den Kopf gehoben und dort für ca. 15 Minuten gepolstert gelagert. Die Reposition erfolgt hierbei meist spontan, kann aber auch durch sanften manuellen Druck auf den Humeruskopf herbeigeführt werden. Bei der Methode nach Stimpson liegt der Patient bäuchlings auf einer Liege oder einem Tisch, wobei der luxierte Arm über die Kante fallen gelassen wird. Mittels 23 kg schweren Gewichten oder durch manuell ausgeübten Zug wird innerhalb von etwa 15 Minuten die Reposision erreicht. Unterstützend kann der Arm vorsichtig rotiert werden. Auch die manuelle Manipulation der Scapula nach kranial kann erleichternd wirken. Postrepositionell erfolgt ein erneuter klinischer Untersuchungsgang und dessen Dokumentation (Durchblutung, Motorik, Sensibilität), eine neuerliche Röntgenuntersuchung in drei Ebenen (a.p., axial oder transthorakal) und die passagere Ruhigstellung im GilchristVerband. Die Art und Dauer der Nachbehandlung variiert in Abhängigkeit vom Alter des Patienten. Bei über 40jährigen Personen sollte aufgrund der Gefahr von Immobilitätsschäden eine Ruhigstellung nicht länger als über zwei Wochen erfolgen. Die Angaben zur Dauer der Ruhigstellung und zum Zusammenhang der Ruhigstellung mit der Rezidivrate sind sehr unterschiedliche. Im Gegensatz zu WatsonJones (1948), Yoneda (1982) und Kiviluoto (1980), die den Effekt einer länger dauernden Ruhigstellung über den Zeitraum von 46 Wochen positiv einschätzen, beurteilt Rowe (1980) diesen eher skeptisch. Im Anschluss an die Therapie sollte mittels Krankengymnastik die Funktion der Schulter wieder verbessert werden. Das Schulterblatt dient dabei als Fundament des Schultergelenkes. Die Rotatoren werden auftrainiert und es muss ein Koordinationstraining erfolgen. Operative Therapie Aus einer großen Anzahl von unterschiedlichen operativen Verfahren zur Behandlung der posttraumatischen, rezidivierenden Schulterluxation haben sich nach Gohlke und Eulert (1991) lediglich vier operative Konzepte mit diversen Modifikationen durchgesetzt. Es handelt sich um die Refixation des LabrumKapselKomplexes

27 (Operation nach Bankart) mittels eines offenen oder arthroskopischen Vorgehens, der Kapsuloraphie nach Neer, Warren oder Jobe, der Rotationsosteotomie nach Weber oder Saha sowie der Knochenblocktranspositionen mit autologem oder heterologem Knochen bzw. der Korakoidtransposition in verschiedenen Techniken. Eine Auswahl an Verfahren, die mittlerweile weitestgehend wieder verlassen wurden, sind die Muskeltransposition nach MagnussenStack, die extraartikuläre Knochenblockoperation nach EdenHybinette (heute erfolgt eine intraartikuläre Knochenspantransplantation) und die Subscapularis und kapselverkürzende Operation nach Putti Platt sowie die offene KapselRefixation mit einer Klammer bzw. Krampe nach DuToit und Roux (1956). Die Aufklärung über den operativen Eingriff umfasst neben den allgemeinen Operationsrisiken die Erläuterung von Nervenschäden: Läsionen insbesondere des N. axillaris, der am Unterrand des M. subscapularis verläuft, und des N. musculocutaneus, der hinter den kurzen Oberarmbeugern verluft. Funktionseinbußen: Gefahr einer Omarthrose durch operationsbedingte Veränderungen der anatomischen ossären Verhältnisse, Kraftminderung insbesondere in der Innenrotatation und Bewegungseinschränkung vor allem in der Außenrotation sowie Verlust mindestens einer Leistungsklasse bei Leistungssportlern. intraoperativen Veränderungen der Operationsstrategie bzw. des OPVerfahrens: diese erfolgen in Abhängigkeit von der in Narkose durchzuführenden Untersuchung und den intraoperativ erhobenen Befunden. Rezidivrisiko: das Risiko ist je nach Operationsverfahren mit 520%, bei bestimmten arthroskopischen Techniken auch höher, anzugeben. Die Zielsetzung der Behandlung ist die vollständige Beseitigung der pathologischen Veränderungen und somit die Wiederherstellung der Stabilität mit ungehinderter, schmerzfreier Funktion des Schultergelenkes. Der Eingriff wird in Allgemeinnarkose, die die Relaxation auch muskelstarker Patienten ermöglicht, durchgeführt. Dies wiederum schafft die Möglichkeit einer präoperativen Untersuchung der Schulter, bei der die vordere, hintere und untere Translatierbarkeit des Humeruskopfes in Innen und Außenrotation mit 90 Grad abduziertem