ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG. Begleitunterlage zum. Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES



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Transkript:

EUROPÄISCHE KOMMISSION Brüssel, den 14.2.2013 SWD(2013) 29 final ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES zur Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer {COM(2013) 71 final} {SWD(2013) 28 final} DE DE

1. EINLEITUNG Die Kommission nahm am 28. September 2011 einen Vorschlag 1 für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem und zur Änderung der Richtlinie 2008/7/EG 2 an. In den sieben Sitzungen der Arbeitsgruppe des Rates Steuerfragen indirekte Besteuerung (Finanztransaktionssteuer) (nachstehend Arbeitsgruppe des Rates ) erst unter polnischem, dann unter dänischem Ratsvorsitz, in denen auch zahlreiche alternative Ausgestaltungen einer Finanztransaktionssteuer (FTS) auf Basis des Kommissionsvorschlags vorgelegt, geprüft und erörtert wurden, ist deutlich geworden, dass auf der Ebene aller Mitgliedstaaten keine einstimmige Unterstützung für ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem erreicht werden kann, das sich am Kommissionsvorschlag oder einer Variante davon orientiert. Auf der Ratstagung vom 22. Juni 2012 bekräftigen die Mitgliedstaaten, die sich bereits zuvor gegen ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem ausgesprochen hatten, ihren Standpunkt nochmals. In Anbetracht dieser Lage bekundeten mehrere andere Mitgliedstaaten ihre Absicht, eine Ermächtigung für die Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit gemäß Artikel 20 EUV und Artikel 329 AEUV zu beantragen. Elf Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei) richteten förmliche Anträge an die Kommission, in denen sie den Wunsch äußerten, im Bereich der Schaffung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems eine Verstärkte Zusammenarbeit zu begründen, und die Kommission ersuchten, dem Rat diesbezüglich einen Vorschlag vorzulegen. Am 23. Oktober 2012 legte die Kommission ihre Schlussfolgerungen zu diesen Anträgen vor. Sie stellte fest, dass die Anträge in vollem Umfang mit den Bestimmungen der Verträge im Einklang stehen, prüfte, ob es politisch zweckmäßig ist, dieses Dossier weiterzuverfolgen, und legte einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer vor. Nach der Zustimmung des Europäischen Parlaments am 12. Dezember 2012 erteilte der Rat am 22. Januar 2013 die Ermächtigung zum Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit. 2. VERFAHRENSFRAGEN UND KONSULTATION INTERESSIERTER KREISE Gemäß den Leitlinien für Folgenabschätzungen wurden alle interessierten Kreise konsultiert. Diese Analyse der politischen Optionen und Auswirkungen der Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer (FTS) stützt sich auf die Folgenabschätzung 3 zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag, für die eine umfassende Konsultation durchgeführt wurde, auf die Anhänge dieser Folgenabschätzung sowie auf eine weitere von der Europäischen Kommission durchgeführte und veröffentlichte Analyse 4. 1 2 3 4 KOM(2011) 594 vom 28. September 2011. Richtlinie 2008/7/EG des Rates vom 12. Februar 2008 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, ABl. L 46 vom 21.2.2008, S. 11-22. SEC(2011) 1102 final. Siehe z. B. die Website der Europäischen Kommission zur Finanztransaktionssteuer: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/other_taxes/financial_sector/index_de.htm oder die 2

3. PROBLEMSTELLUNG Im Finanzsektor und in anderen Sektoren werden derzeit einige nichtharmonisierte nationale Steuern erhoben, die sowohl in den elf oder mehr teilnehmenden (EU-11) als auch in den nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten zu Problemen der Nicht- und Doppelbesteuerung und somit zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts führen. Eines der Hauptziele der jüngsten Initiativen zur Besteuerung des Finanzsektors bestand und besteht noch immer darin, den Finanzsektor angemessen und in beträchtlichem Umfang an der Finanzierung der Rettungsmaßnahmen zu beteiligen, die ihm direkt oder indirekt zugute kamen. Die wirtschaftliche Entwicklung seit dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise und die relativ erfolgreiche Stabilisierung der Finanzmärkte haben nichts an der Art der zu lösenden Probleme geändert, nämlich den enormen Kosten für die Rettung des Finanzsektors, die von den Steuerzahlern vorfinanziert wurden, der immer dringlicheren Notwendigkeit, zu nachhaltigen öffentlichen Finanzen zurückzukehren, und dem Fehlen eines angemessenen und umfangreichen Beitrags des Finanzsektors. 4. ZIELE Allgemein lassen sich die folgenden Ziele festlegen: Harmonisierung der bestehenden Rechtsvorschriften; Beschränkung unerwünschten Marktverhaltens und damit Stabilisierung der Märkte; Gewährleistung, dass die Finanzinstitute angemessen und in beträchtlichem Umfang an den Kosten der jüngsten Krise beteiligt werden. 5. POLITISCHE OPTIONEN Die verschiedenen politischen Optionen sollten an dem Ausgangsszenario gemessen werden, dass weder auf Ebene der EU-27 noch der EU-11 Einvernehmen über ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem erzielt werden kann. Kennzeichnend für dieses Ausgangsszenario ist eine Vielzahl sich ständig ändernder, unkoordinierter nationaler Regelungen (da einige Mitgliedstaaten beschlossen haben, ihre Systeme zu ändern oder neue Formen der Finanztransaktionssteuer einzuführen) 5, die im Allgemeinen folgende Merkmale aufweisen: Der Anwendungsbereich der Steuer ist in den meisten Ländern recht eng gefasst und deckt in der Regel den Handel mit Wertpapieren (insbesondere 5 ECFIN-Wirtschaftsinformation (Economic Paper) von Rafal Raciborski, Julia Lendvai, Lukas Vogel: Securities Transaction Taxes: Macroeconomic Implications in a General-Equilibrium Model, 2012, zu finden unter http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/economic_paper/2012/ecp450_en.htm. Innerhalb des Gebietes der Verstärkten Zusammenarbeit gibt es in drei Mitgliedstaaten verschiedene Formen der Finanztransaktionssteuer, während mindestens drei andere zum Zeitpunkt des Entwurfs dieser Analyse planten, in naher Zukunft eigene nationale Regelungen einzuführen. 3

Aktien) ausschließlich auf geregelten Märkten ab, wobei Derivate oder Geschäfte im Freiverkehr gar nicht oder kaum besteuert werden. Um Steuern zu vermeiden, werden Finanzinstrumente in großem Umfang substituiert. Für bestimmte Instrumente und Akteure (z. B. für Derivate, Anteile an OGAW, Market-Maker, Broker usw.) gelten Ausnahmen. Die Steuer wird in der Regel durch Vermittler/Makler und meist nicht auf beiden Seiten der Finanztransaktion erhoben. Daraus folgt, dass diese Steuern nur geringe Einnahmen generieren, der freiwilligen Einhaltung der Vorschriften nicht förderlich sind, und die bestehenden Steuersysteme gegen ein Grundprinzip der in erster Linie auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichteten Besteuerung verstoßen, nämlich dass vergleichbare Erscheinungen (Akteure, Finanzinstrumente, Märkte) gleich behandelt werden. Das führt wiederum zu Wettbewerbsverzerrungen sowohl innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten als auch im Binnenmarkt. Zur Beseitigung dieser Mängel des Ausgangsszenarios wären verschiedene Handlungsalternativen vorstellbar gewesen: Option A: eine Finanztransaktionssteuer auf globaler Ebene, Option B: eine Finanztransaktionssteuer auf Ebene der EU-27, Option C: eine Finanztransaktionssteuer auf Ebene der EU-11 durch Verstärkte Zusammenarbeit, Option D: eine Finanztransaktionssteuer, die außerhalb des Rahmens der EU- Verträge koordiniert wird. Die Optionen A und B sind wegen mangelnder politischer Durchführbarkeit für die absehbare Zukunft zu verwerfen. 6. VERGLEICH DER POLITISCHEN OPTIONEN Die Folgenabschätzung zum ursprünglichen Vorschlag von September 2011 hat deutlich gezeigt, dass ohne ein koordiniertes Vorgehen der EU keines der mit der Besteuerung des Finanzsektors verfolgten Ziele erreicht würde. Mit anderen Worten: Verließe man sich ausschließlich auf unkoordinierte nationale Maßnahmen, würde das zu einer Vielzahl unterschiedlicher nationaler Systeme zur Besteuerung des Finanzsektors führen. Diese Fragmentierung würde das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen und zahlreiche Fälle von Doppelbesteuerung und wichtiger noch von doppelter Nichtbesteuerung verursachen, was dem übergeordneten Ziel, einen angemessenen und beträchtlichen Beitrag des Finanzsektors zu den Kosten der Krise zu gewährleisten, entgegenliefe. Zwischen den verschiedenen Produkten, Märkten und Akteuren bestünde keine Steuerneutralität, und die Akteure könnten ihre Transaktionen, insbesondere die mobilen, leicht so gestalten, dass keine Steuer anfiele. Die potenziellen Einnahmen wären folglich gering bis sehr gering (möglicherweise mit Ausnahme der Länder, in denen sich wichtige 4

Finanzzentren befinden), und die Besteuerung würde kaum zu einer wirksamen und regulierten Eindämmung von Tätigkeiten beitragen, die die Funktionsfähigkeit und Stabilität der Finanzmärkte nicht verbessern, während sie gleichzeitig zu kurzsichtigem und renditeorientiertem Verhalten einlädt. Vor diesem Hintergrund und in Ermangelung einer globalen Lösung würde sich ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem für die EU-27 wie von der Kommission im September 2011 vorgeschlagen (Option B) in jeder Hinsicht sehr positiv auswirken. Mit einem solchen System wäre es möglich, jede Art von Doppelbesteuerung oder doppelter Nichtbesteuerung innerhalb der EU-27 zu vermeiden und die Steuer so zu gestalten, dass die Steuerneutralität in Bezug auf alle Akteure, Märkte und Instrumente sichergestellt wäre. Ein gemeinsames System der EU-27 hätte es dank seiner breiten Basis und seiner leistungsfähigen Maßnahmen zur Vermeidung der Verlagerung von Transaktionen, von Steuerflucht und Steuervermeidung erlaubt, den Finanzsektor angemessen und in beträchtlichem Umfang an der Finanzierung der Kosten der Krise zu beteiligen und gleichzeitig einige der Tätigkeiten einzudämmen, die dem besseren Funktionieren und der Stabilität der Finanzmärkte abträglich sind. Die Einführung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems für die EU-27 war jedoch aus politischen Gründen nicht möglich und wird auch in absehbarer Zukunft nicht zu erreichen sein. Elf Mitgliedstaaten, die für etwa zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung der EU-27 stehen, haben daher die Ermächtigung beantragt, im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit (Option C) und auf der Grundlage der Ziele und des Anwendungsbereichs des ursprünglichen Kommissionsvorschlags tätig zu werden. Zwar wird ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem auf Ebene der EU-11 nicht genauso wirksam sein wie die gleichen Maßnahmen auf Ebene der EU-27 (denn solange nicht alle Mitgliedstaaten dem FTS-Gebiet beigetreten sind, lassen sich nicht alle Fälle von Doppelbesteuerung in der EU-27 vermeiden, und auch die Vorschriften zur Bekämpfung der Verlagerung von Transaktionen bzw. von Steuerflucht werden, wenngleich sehr wirkungsvoll, doch etwas weniger effektiv sein, als es eine Finanztransaktionssteuer im Rahmen der EU-27 wäre), aber gegenüber dem Ausgangsszenario wird dieses System dennoch eine deutliche Verbesserung darstellen. Unter dem dänischen Ratsvorsitz wurde in den sechs Sitzungen der Arbeitsgruppe des Rates über mehrere Unteroptionen der Finanztransaktionssteuer beraten. Diese Beratungen fanden damals in der Annahme statt, dass das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem auf Ebene der EU-27 und nicht nur innerhalb einer kleineren Gruppe von Mitgliedstaaten angewendet würde. Die gleichen Optionen könnten jedoch auch in den Beratungen der kleineren Gruppe von Mitgliedstaaten angesprochen werden. Die verschiedenen erörterten Varianten lassen sich zu den folgenden vier Unteroptionen zusammenfassen: dauerhafte Ausnahme bestimmter Finanzinstrumente (z. B. Ausgabe und Rücknahme von Anteilen an OGAW bzw. AIF, Handel mit Staatsanleihen, Abschluss und Änderung von Pensionsgeschäften und Derivatkontrakten) vom Anwendungsbereich der Richtlinie (Unteroption C.1); dauerhafte Ausnahme bestimmter Akteure (z. B. der Verwalter öffentlicher Schulden, regionaler Entwicklungsbanken, der Tätigkeiten von Pensionsfonds der zweiten und dritten Säule, sogenannter Internalisierer wie Market-Maker, Broker und Eigenhändler) vom Anwendungsbereich der Richtlinie (Unteroption C.2); 5

Stärkung der gegen die Verlagerung von Transaktionen gerichteten Merkmale des gemeinsamen Systems durch Ergänzung des Ansässigkeitsprinzips um Elemente des Ausgabeprinzips und Veränderung der regionalen Steuerlast durch die Änderung der Reihenfolge der Kriterien, mit denen u. a. die Verteilung der Besteuerungsbefugnisse der einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt wird (Unteroption C.3), und stufenweise Einführung des gemeinsamen Systems, d. h. befristete Ausnahme bestimmter Akteure, Märkte und Produkte sowie nur allmähliche Erweiterung der Bemessungsgrundlage (Unteroption C.4). Bis zur endgültigen Umsetzung des Anwendungsbereichs und der Ziele, die in dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission vorgesehenen waren, dürften daher einige Jahre vergehen. Die Analyse der Auswirkungen der verschiedenen politischen Optionen hat ergeben, dass Option C und die vier untersuchten Unteroptionen in jeder Hinsicht besser abschneiden würden (in der nachstehenden Tabelle mit gekennzeichnet) als das Ausgangsszenario des Nichthandelns; eine Ausnahme bildet das Kriterium der Bekämpfung der Steuerflucht, da sich in diesem Fall die Nichtbesteuerung der mobilsten Bemessungsgrundlagen als vorherrschendes Muster nationaler Steuersysteme erweisen könnte. Allerdings wäre nur die Option C.3 (in Bezug auf die Höhe der Einnahmen und die Bekämpfung der Verlagerung von Transaktionen) ebenso gut wie oder sogar besser als der für die EU-11 angepasste ursprüngliche Vorschlag der Kommission (Option C). Die Analyse lässt allerdings auch den Schluss zu, dass die Annahme einiger der speziell zugeschnittenen Maßnahmen der Unteroptionen C.1 bis C.3 in Erwägung gezogen werden sollte, während die Unteroption C.4 (schrittweise Einführung einer umfassenden Finanztransaktionssteuer) im Vergleich zur Einführung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems für alle Produkte, alle Akteure und alle Märkte in nur einem Schritt mit erheblichen Mängeln einhergehen würde. Angesichts der Tatsache, dass die Einrichtung eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems auf Ebene der EU-27 nicht möglich ist, und unter Berücksichtigung der vorliegenden Analyse der politischen Optionen und Auswirkungen, dürfte es am vielversprechendsten sein, das von der Europäischen Kommission im September 2011 vorgeschlagene gemeinsame System einzuführen, jedoch im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit innerhalb der kleineren Gruppe von elf Mitgliedstaaten, bei gleichzeitiger Anpassung und Ergänzung des Vorschlags um die folgenden Elemente der Unteroptionen C.1, C.2 und C.3: Ausschluss der Ausgabe von Anteilen und Aktien von OGAW und AIF aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie, damit jedes Risiko einer Besteuerung der Ansammlung von Kapital ausgeschlossen ist; Ausschluss der Verwalter öffentlicher Schulden aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie, um ihre marktglättende Tätigkeit nicht zu beeinträchtigen; Hinzufügen von Elementen des Ausgabeprinzips und Ergänzung des Genehmigungskriteriums, um eine potenzielle Lücke innerhalb der Verstärkten Zusammenarbeit zu schließen und damit die gegen die Verlagerung von Transaktionen gerichteten Merkmale des Vorschlags zu stärken. Die Entscheidung, in welchem Umfang die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des Ansässigkeitsmitgliedstaats sowie der regionalen Steuerinzidenz geändert werden soll, könnte bis zum Ergebnis der Verhandlungen zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten ausgesetzt 6

werden, insbesondere bis sie sich über ein faires System zur Aufteilung der Einnahmen geeinigt haben. Tabelle 1: Vergleich der verschiedenen politischen Optionen* Ausgangsszenario (keine Maßnahmen) Option C FTS innerhalb EU-11) Unteroption C.1 (EU-11, jedoch mit dauerhafter Ausnahme von Finanzinstrumenten) OGAW/AIF Öffentliche Schulden Pensionsgeschäfte Derivate Unteroption C.2 (EU-11, jedoch mit dauerhafter Ausnahme von Akteuren) Verwalter öffentlicher Schulden Entwicklungsbanken Internalisierer Pensionsfonds Unteroption C.3 EU-11, jedoch Änderung der Kriterien gemäß Artikel 4) Hinzufügen von Binnen markt Steuer neutra lität Bekämpfung der Verlagerung von Transaktionen Steuerflucht 7 Potenzielle zusätzliche Einnahmen Eindämmung übermäßiger Risikobereitschaft, renditeorientierten und kurzsichtigen Verhaltens 0 0 0 0 0 0 0 0 0

Elementen des Ausgabeprinzips Änderung der Reihenfolge der Kriterien Wiederherstellen der Wirksamkeit des Genehmigungskriter iums Unteroption C.4 (EU-11, jedoch schrittweise/ befristete Ausnahmen) 0 bis 0 * Die Auswirkungen betreffen die EU-11 im Vergleich zum Ausgangsszenario des Nichthandelns. 7. DURCHFÜHRUNG, ÜBERWACHUNG UND BEWERTUNG Die Bewertung der makroökonomischen und mikroökonomischen Folgen der Anwendung der legislativen Maßnahme könnte drei Jahre nach Inkrafttreten der legislativen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie stattfinden. Die Kommission könnte dann dem Rat einen Bericht über das Funktionieren der Richtlinie in der Praxis vorlegen. 8