Mehr als nur ein Hautproblem: Schuppenflechte betrifft auch Gelenke und Organe welche neuen Therapien helfen? Professor Dr. med. Jens Gert Kuipers, Tagungspräsident DGRh, Chefarzt der Klinik für internistische Rheumatologie am Roten Kreuz Krankenhaus Bremen Schuppenflechte = Psoriasis vulgaris Definition: chronisch entzündliche Hauterkrankung, gekennzeichnet durch Vermehrung von Keratinocyten, die eine verdickte Epidermis (oberste Hautschicht) mit Infiltration mononukleärer Zellen (Entzündungszellen). Epidemiologie: Zirka 2 bis 4 Prozent der Bevölkerung sind von Psoriasis vulgaris betroffen. Raychaudhuri. J Eur Acad Dermatol Venerol 2001, 15:16 Assoziierte Krankheiten: u. a. cardiometabolische und rheumatologische Komorbidität, reduzierte Lebensqualität (Armstrong et al., PlosOne 2012, 7:e52935. Lee et al. Annals of Dermatology 2010, 22:389) Psoriasisarthritis (PsA) = Schuppenflechten-Rheuma Die entzündliche Hauterkrankung betrifft jedoch oft nicht nur die Haut. Es können auch die Nägel, Gelenke und andere Organe befallen sein, wie etwa Gefäße, Herz, Leber und Stoffwechselvorgänge. Prävalenz: Zirka 0,3 bis 1 Prozent der erwachsenen Bevölkerung haben eine Psoriasisarthritis. In mehr als 80 Prozent gehen die Hautsymptome den Gelenksymptomen voraus (zumeist um zehn Jahre oder mehr), bei 15 Prozent zeitgleicher Beginn, bei 5 Prozent geht die Arthritis der Hautmanifestation voraus. Mease. Ann. Rheum. Dis. 2002; 61: 298 304 Torre et al. Br J Rheumatol 1991; 30: 809 812 Zirka 20 bis 30 Prozent der Patienten mit Hautpsoriasis entwickeln eine Gelenkentzündung (Arthritis) infolge der Psoriasis (chronische Gelenk- und Hautentzündung). Leiden Patienten mit Schuppenflechte daher an Gelenkschmerzen, kann das ein erstes Zeichen für PsA sein und die Betroffenen sollten umgehend einen Rheumatologen aufsuchen, um eine Gelenkzerstörung zu verhindern. PsA ist für die meisten Patienten schmerzhaft und gelenkzerstörend. Symptome sind u. a. Morgensteifigkeit der Gelenke, Schmerzen, Kraftlosigkeit, Funktionsstörungen, nächtliche Rückenschmerzen. Dies schränkt die Betroffenen zunächst häufig beim Sport und bei anderen Hobbys ein, schließlich auch in ihrem täglichen Leben und bei der Arbeit. Die Körperhygiene ist schwer durchführbar, bei einem ausgeprägten polyartikulären Befall sind die Patienten nahezu völlig bewegungsunfähig.
Patienten mit PsA haben ein höheres Risiko als die gesunde Bevölkerung für kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebs, Osteoporose und Depressionen. Diese Begleiterkrankungen werden jedoch laut einer aktuellen Studie noch zu häufig übersehen bei Patienten mit PsA oder Psoriasis (PsO), aber auch bei rheumatoider Arthritis (RA). Dommasch ED et al. Risk of Depression in Women with Psoriasis: A Cohort Study. Br J Dermatol. 2015 Jul 17. doi: 10.1111/bjd.14032. [Epub ahead of print] R!"#$%&'($ R&))%$%( *or the Management of Comorbidities % Ri)$ +,i,(-.(,((- %$.(,& +rthritis: Expert Opinion of the Canadian D,)/0'Ri)/0 ),$0 1%#2-3 Rheumatol. 2015 Jul 15. pii: j,i) 454446 7"8 i$ * 8,%9 Es verwundert daher nicht, dass Patienten mit Schuppenflechte oder PsA unter einer stark reduzierten Lebensqualität leiden und auch eine geringere Lebenserwartung haben (Mease Drugs 2014, 74: 423 441; Gladman et al. Ann Rheum Dis 2005, 64, ii14-17).
Klinik und Diagnostik Diagnostische Kriterien: entzündliche Arthritis (periphere Arthritis und/oder Sakroiliitis/Spondylitis Nachweis einer Psoriasis (gewöhnlich) negativer Rheumafaktor 5 Subgruppen: DIP-Gelenke, Arthritis mutilans, symmetrische Polyarthritis, Oligoarthritis, Spondylitis Typische Klinische Zeichen sind: sehr variabel verlaufende Arthritis (mono, oligo oder polyartikulär), Achsenskelettbefall (bis zum Morbus Bechterew), Enthesitis (Knochen- Sehnen-Ansatzentzündung), Daktylitis, Augenbeteiligung (Iritis) Im Röntgenbild der Gelenke imponiert oft ein Nebeneinander von Minus (Erosionen) und Plus (Osteoproliferationen, Protuberanzen) an Knochen (= Proliferosionen), bei der Extremvariante werden die Knochen des Fingers oder Zehs so zerstört, dass ein Teleskopfinger resultiert. Klassifikation: CASPAR-Kriterien (Taylor et al. Ann Rheum Dis 2006, 64, 107 ff.) 19 Prozent mittlere bis schwere funktionelle Einschränkungen, 57 Prozent erosive Arthritis Torre et al. Br J Rheumatol 1991; 30: 809 812
Verlaufsparameter zur Therapiebeurteilung Mit diesen Messinstrumenten beurteilen Rheumatologen die Krankheitsaktivität: PASI (Psoriasis Area and Severity Index) Der PASI erfasst die Ausbreitung und den Schweregrad der psoriatischen Hautläsionen. Ein PASI-Wert von 100 entspricht 100 Prozent Verbesserung des Ausgangs-PASI. Ein PASI von 100 Prozent ist daher das Hauptziel, ein PASI von 75 bringt merkliche Verbesserung. Ein PASI von 10 gilt als mittelschwerer/schwerer Befall. Bei dieser Beurteilung spielt aber auch die betroffene Region eine sehr wichtige Rolle. Kleiner Körperoberflächenbefall im Genitalbereich oder an sichtbaren Hautstellen, zum Beispiel auch Nägel, wird als sehr belastend erlebt. Generell korreliert Besserung PASI mit mehr Lebensqualität. +R'+%(8,&i% A+),&% / * Ri)/0: D( +R'+%(8,&i% ;,- $ <i,8 $,,ieumatoiden Arthritis bei definierten K,,% = %, >((,%/ //%?, $) +(/%/(wert geführt hat. ACR 20, ACR 50, +R @B %(8,&i% j;( %, 6B'8,=%/%- CB-prozentigen oder 70-prozentigen >((,%/ $, (&i),=i*% %$ /(&i;%% E%ke gegenüber dem Ausgangswert. F(;%i% GH -!< (I% &,%&,(s in improvements in health-related quality * * %$,$&$ (0)8) (#,0 )%/ 8%( with moderate to severe psoriasis. J D,)/ <, 6B45 3 J4L4'C 7"8 i$ * 8rint] Therapie Eine Heilung ist bisher nicht möglich es gibt aber wirkungsvolle Therapien: Des Hautbefalls: Topische Therapie, Phototherapie, Balneotherapie, Retinoide, Fumarinsäurederivate, seit den letzten Jahren: TNF-Blocker, in den letzten Jahren: IL12- IL23-Blocker = Ustekinumab, Il17-Hemmer = Secukinumab und Apremilast Der Gelenke: NSAR, Coxibe, Glukokortikoide, Sulfasalazin, Methotrexat, Cyclosporin A, Leflunomid Seit zirka Mitte der 2000er-Jahre: TNF-alpha-Blocker (Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Golimumab, Certolizumab Pegol), Ustekinumab (Il12-IL23-)Hemmer (zugelassen in Europa seit 2013), Apremilast (Phosphodiesterase-4-Hemmer), zugelassen in Europa seit 2015, IL17-Antikörper Secukinumab: erwartete Zulassung für 2016 Üblicherweise beginnt die Behandlung der PsA mit Methotrexat oder Sulfasalazin oder Leflunomid. Falls diese Therapie nicht den gewünschten Erfolg bringt, kommen Biologika zum Einsatz. Weitere Medikamente in Prüfung sind unter anderem IL17-Antikörper Ixekizumab, IL17- Rezeptor, Antikörper Brodalumab, IL23-Inhibitor, Guselkumab und Tildrakizumab und Ixekizumab.
V r Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) Differenzierte Therapieempfehlungen werden u. a. durch GRAPPA (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis) (Ann Rheum Dis 2009, 68: 1387) erarbeitet und auf dem EULAR (Gossec 2012, 71: 4 12) werden die neuen EULAR-Empfehlungen vorbereitet. Diese neuen Therapien sind sehr wirksam bei Psoriasisarthritis bzw. Psoriasis vulgaris: Apremilast erreicht PASI50 bei 50,6 Prozent der Patienten und ACR20 bei 36,6 Prozent und ACR50 bei 19,9 Prozent der Patienten. (Abdulrahim et al. Expert Opin Pharmacother. 2015, 16: 1099 1108) TNF-Blocker erreichen PASI75 bei zirka 60 bis 70 Prozent der Patienten und ACR20 bei zirka 60 Prozent und ACR50 bei ca. 40 Prozent der Patienten. Ustekinumab erreicht PASI75 bei zirka 66 Prozent und ACR20 bei zirka 43 Prozent der Patienten. (Mease, Curr Opin Rheumatol 2015, 27:127 133) Secukinumab 300 mg s.c. erreicht PASI50 bei zirka 90 Prozent und PASI 75 bei zirka 80 Prozent der Patienten (s. Fachinfo Cosentyx) und ACR20 bei zirka 54 Prozent und ACR50 bei 35 Prozent der Patienten. (McInnes. The Lancet 2015, published online June 29, 2015) Vergleichende Studien liegen bisher kaum vor. (Es gilt das gesprochene Wort!) Berlin, August 2015 Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen Weitere Bilder können auf Anfrage bestellt werden.