31.05.2012 Deutscher Industrie- und Handelskammertag 3 Stellungnahme zur EU-Konsultation zu Bankkonten vom 20.03.2012 Registriernummer des DIHK im Register der Europäischen Kommission: 22400601191-42 Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist die Dachorganisation der 80 Industrieund Handelskammern (IHKs), die 3,6 Millionen Unternehmen als Mitglied haben. Der DIHK vertritt die Interessen der deutschen Wirtschaft gegenüber der Bundespolitik und den europäischen Institutionen und betreut und koordiniert darüber hinaus das Netzwerk der Deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) mit 120 Standorten in 80 Ländern weltweit. Allgemeine Anmerkungen Insgesamt werden die bereits bestehenden Maßnahmen und Vorschriften für ausreichend gehalten; weiterer Handlungsbedarf wird nicht gesehen. Hinzu kommen ökonomische und juristische Bedenken bezüglich möglichen weiteren Tätigwerdens der EU-Organe. Anmerkungen im Detail Frage 1: Denken Sie, dass die Informationen der Banken über Bankgebühren den Verbrauchern hinreichend erläutert werden und einen einfachen Vergleich zwischen ihnen gestatten? Welche bewährten Praktiken könnten Sie nennen? Welche Mängel bestehen nach wie vor? Sind Sie der Auffassung, dass diese Mängel durch Änderungen bei den Transparenzverpflichtungen in der Richtlinie über Zahlungsdienste (2007/64/EG) - 1 -
behoben werden könnten? Die Markttransparenz ist in Deutschland bereits jetzt sehr hoch. Die Institute halten sowohl schriftlich als auch im Internet detaillierte Preisverzeichnisse vor. Insoweit besteht für Verbraucher schon aktuell die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren. Über das Angebot der Banken selbst (Websites, Printbroschüren, etc.) hinaus informieren auch Verbraucherinstitutionen (Verbraucherzentralen, Zeitschrift Finanztest, Fernsehsendungen u. a.) über Kontoführungspreise mit entsprechenden Vergleichen. Über die Ergebnisse wird dann in den entsprechenden Medien unterrichtet. Hinzu kommen unabhängige Portale im Internet, in denen Verbraucher umfassende Vergleiche durchführen können. Dabei sind teilweise auch auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Recherchen mit Berechnungstools möglich (vgl. z. B. www.fmh.de). Die Ergebnisse werden ansprechend und nutzergerecht aufbereitet. Außerdem bestehen bereits heute auf europäischer Ebene sowie - zumindest in Deutschland - auch auf nationaler Ebene umfangreiche Vorgaben, die Kunden über die erhobenen Entgelte zu informieren, so dass wir keine Notwendigkeit für darüber hinausgehende Maßnahmen sehen. Frage 2: Könnte eine standardisierte Terminologie für Bankgebühren dazu beitragen, dass die Gebühreninformationen transparenter und vergleichbarer werden? Sollte die Terminologie standardisiert werden, sollte diese Standardisierung dann sämtliche oder nur einige bestimmte Gebühren betreffen? Wenn es nur einige sein sollten, nach welchen Kriterien sollten sie ausgewählt werden? Sollte die Terminologie auf nationaler oder auf europäischer Ebene standardisiert werden? Auf europäischer Ebene besteht bereits in gewissem Umfang eine einheitliche, gesetzlich vorgegebene Terminologie (vgl. z.b. Art. 3 der Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG), Art. 4 der Zahlungsdiensterichtlinie (RL 2007/64/EG)). Darüber hinausgehende EU-Regeln sind nicht das richtige Mittel. Zwar ist zutreffend, dass eine standardisierte Terminologie grundsätzlich geeignet wäre, die Transparenz und Vergleichbarkeit von Bankentgelten zu erhöhen. Den Möglichkeiten der Standardisierung sind im Bereich der Finanzdienstleistungen jedoch deutliche Grenzen gesetzt. Auf Grund des intensiven Wettbewerbs im Privatkundengeschäft müssen Banken und Sparkassen ihre Leistungen mit Alleinstellungsmerkmalen ausstatten, um sie von anderen Finanzprodukten abzuheben. Frage 3: Würden Glossare und standardisierte Gebührenlisten die Vergleichbarkeit erleichtern? Wenn ja, welches Format und welchen Inhalt sollten diese Informationen haben? Welche Einrichtung/welches Forum sollte ein derartiges Glossar/eine solche - 2 -
standardisierte Gebührenliste Ihrer Meinung nach erstellen? Glossare, die Erläuterungen der verwendeten Begriffe enthalten, führen nicht zu einer Erhöhung der Vergleichbarkeit. Sie können allenfalls das Verständnis des Kunden für die verwendeten Begriffe und so die finanzielle Allgemeinbildung des Kunden verbessern. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass für viele Bankdienstleistungen bereits Legaldefinitionen, also Erläuterungen der gesetzlich verwendeten Begrifflichkeiten, bestehen (vgl. die Begriffsbestimmungen in Art. 3 der Verbraucherkreditrichtlinie bzw. Art. 4 der Zahlungsdiensterichtlinie). Frage 4: Welches der nachfolgend genannten Instrumente sollte in Betracht gezogen werden, um die Transparenz und die Vergleichbarkeit der Bankgebühren weiter zu erhöhen: i) von öffentlichen Behörden verwaltete Websites zum Vergleich ii) von den Banken vorgenommene standardisierte Kostensimulationen iii) von den Banken beigebrachte standardisierte repräsentative Beispiele iv) Umfragen von Verbraucherverbänden/ dem Finanzombudsmann v) sonstige Instrumente, die Sie für relevant halten? Sollten bestimmte Instrumente obligatorisch sein? Welche Kosten wären damit voraussichtlich verbunden? Staatlicher Maßnahmen bedarf es nicht. Es gibt bereits eine Vielzahl von privaten Anbietern, die sich auf einen Vergleich der Konditionen spezialisiert haben und kostenlose - sogar individualisierbare - Vergleiche im Internet anbieten. Standardisierte Kostensimulationen und standardisierte repräsentative Beispiele werfen die Frage auf, welche Standardannahmen diesen Simulationen oder diesen Beispielen zugrunde-gelegt werden sollen. Im Ergebnis werden auch diese Angaben nur in einem zufälligen Einzelfall die Individualverhältnisse eines Kunden genau treffen, so dass derartige Simulationen oder repräsentative Beispiele für den Einzelkunden nur eine geringe Aussagekraft besitzen. Im Übrigen sind wettbewerbsrechtliche Vorschriften zu beachten. Es sollten keine Maßnahmen obligatorisch sein. Der Vorstoß der EU-Kommission zielt auch darauf ab, im Bereich der Zahlungsverkehrskonten die (weitere) Integration des Binnenmarktes voranzubringen. Grundsätzlich ist dies zu befürworten. Nach unserer Auffassung liegt die - 3 -
Zuständigkeit der EU-Kommission aber darin, regulatorisch bedingte Zugangsschranken zu beseitigen. Darüber hinausgehende Initiativen scheinen nicht erforderlich und damit als zweifelhafter Eingriff in die Gewerbefreiheit bzw. die unternehmerische Freiheit. Es darf zudem nicht übersehen werden, dass insbesondere Sprachbarrieren oder national unterschiedliche Zahlungsverkehrsgewohnheiten bestehen und damit auch die Nachfrage nach bestimmten Produkten in der EU unterschiedlich ist. Für die Nutzung verschiedener Zahlungsverkehrsprodukte ist nicht zuletzt der ökonomische Entwicklungsstand in den EU-Ländern eine Ursache. Frage 5: Wie detailliert sollten die Informationen über die tatsächlich entrichteten Gebühren sein und wie häufig sollten sie dem Kontoinhaber übermittelt werden? Würden vergleichbare Informationen über die tatsächlich entrichteten Gebühren die Verbrauchermobilität auch grenzübergreifend erhöhen? Die bestehenden europarechtlichen Vorschriften sehen auch die Verpflichtung vor, den Kunden um-fassend über alle angefallenen Kosten des Kontomodells zu informieren (vgl. z.b. zu Zahlungsdiens-ten Art. 42 Nr. 3 lit. a Zahlungsdiensterichtlinie). Auf Grund der Umsetzung der europarechtlichen Normen in das nationale Recht ist sichergestellt, dass die Kreditinstitute die Kunden über alle im Zusammenhang mit der Kontoführung angefallenen Kosten in regelmäßigen Abständen (bei Verbrauchern i. d. R. monatliche oder vierteljährliche Abstände) informieren. Der Turnus der Information richtet sich daher nach der Vereinbarung zwischen Kontoinhaber und kontoführendem Institut. In aller Regel informieren die Kreditinstitute im Kontoauszug über die in Anspruch genommenen Dienstleistungen und deren Kosten. Es sollte zudem darauf verzichtet werden, Kreditinstitute bei einer Bündelung von Leistungen zu verpflichten, den Preis der Einzelleistung offenzulegen, da dies zu einer Offenlegung von Betriebsgeheimnissen und internen Kalkulationen führen würde, was wiederum mit einem funktionierenden Wettbewerb nicht vereinbar wäre. Angesichts der bestehenden Pflicht, die Kunden umfassend über alle angefallenen Kosten zu informieren, sehen wir keinen Bedarf für weitergehende Maßnahmen. Den geäußerten Verdacht einer mangelnden Mobilität wegen unzureichender Information halten wir (mit Blick auf Deutschland) auch aus diesen Gründen für unbegründet. - 4 -
Frage 6: Welche anderen Maßnahmen/ Instrumente sollten ins Auge gefasst werden, um die Transparenz und die Vergleichbarkeit der Bankgebühren zu verbessern? Bitte geben Sie an, auf welcher Ebene (einzelstaatlich oder EU) sie Ihrer Meinung nach zu ergreifen sind. Wir halten keine weitergehenden Maßnahmen für erforderlich. Frage 7: Bieten Banken in dem Mitgliedstaat, in dem Sie ein Bankkonto haben, einen Dienst für einen Bankwechsel an? Wenn ja, entspricht er den oben beschriebenen Gemeinsamen Grundsätzen für einen Bankwechsel? Sind die Informationen über einen Bankwechsel verbraucherfreundlich aufbereitet? Grundsätzlich ist anzumerken, dass Girokontowechsel in Deutschland zu wenigen Kundenbeschwerden führen. Bereits seit Jahren bieten Banken und Sparkassen in Deutschland den Kunden im wettbewerblichen Umfeld Hilfestellungen beim gewünschten Wechsel des Girokontos an. Wechselinteressierte Kunden erhalten außerdem Informationen über den Kontowechsel bei Banken und Sparkassen in den Filialen vor Ort oder im Internet. Daten zur Anzahl von Girokonten und Bankkundenzahlen in Deutschland widerlegen nach unserer Auffassung den Verdacht einer mangelnden Verbrauchermobilität innerhalb Deutschlands. So nahm die Zahl der Girokonten im Zeitraum 2001 bis 2010 von rd. 87,1 Mio. auf 94,5 Mio. zu. Damit verfügt jeder Haushalt in Deutschland rein statistisch über mehr als 2 Konten. Die Zahl der Online-Konten erhöhte sich im gleichen Zeitraum sogar von 19,1 Mio. auf 45,1 Mio. Viele dieser doppelten Konten werden vermutlich bei unterschiedlichen Instituten geführt; aber auch wenn z. B. Online-Konto und traditionelles Konto bei einem Institut geführt werden, spricht das dafür, dass die Verbraucher in ihrer deutlichen Mehrheit mobil sind und die Angebote verschiedener Banken differenziert nutzen. In die gleiche Richtung weist auch die Zahl der Bankkundenkarten; diese hat sich im Zeitraum von 2000 bis 2011 von 49 Mio. auf 98 Mio. verdoppelt. Frage 8: Wenn Banken in dem Mitgliedstaat, in dem Sie Ihr Bankkonto haben, einen Dienst für einen Bankwechsel im Sinne der Gemeinsamen Grundsätze anbieten, beseitigt er dann alle Hindernisse für einen Bankwechsel? Wenn nein, welche Hindernisse bleiben bestehen? Nennen Sie Beispiele für bewährte Praktiken und weiter bestehende Hindernisse. Wir sehen derzeit keine Hindernisse, die ein Tätigwerden der EU erforderlich machen würden. Frage 9: Sollten die Gemeinsamen Grundsätze freiwillig bleiben? Welches sind Ihrer Auffassung nach die Vor- oder Nachteile. wenn sie auf EU-Ebene verbindlich vorgeschrieben würden? Welche Kosten wären voraussichtlich damit verbunden? - 5 -
Ordnungspolitisch bedenklich sind Überlegungen, die Gemeinsamen Grundsätze auf EU- Ebene verbindlich vorzuschreiben. Bereits die bestehenden freiwilligen Grundsätze sind kaum noch mit dem Verursacherprinzip zu vereinbaren. Es ist nicht einzusehen, warum die verbleibenden Kunden einer Bank die Kosten mittragen sollen, die der Bankwechsel eines anderen Kunden verursacht. Diese Kostennachteile für die verbleibenden Kunden würden sich weiter verstärken, wenn diese Pflichten für Kreditinstitute auf grenzüberschreitende Bankwechsel ausgedehnt würden (Kosten für Übersetzungen, Klärung von Rechtsfragen im fremden Recht u. a. m.). Frage 10: Sollten die Grundsätze/Maßnahmen für einen Bankwechsel auch einen grenzübergreifenden Bankwechsel abdecken? Siehe Antwort zu Frage neun. Frage 11: Wie hoch liegt Ihrer Auffassung nach das Risiko, dass eingehende Zahlungsbeträge, Rechnungen und Zahlungen bei einem Bankwechsel fehlgeleitet werden? Welche Maßnahmen könnten ins Auge gefasst werden, um den Bankwechsel sicherer zu gestalten? Banken und Sparkassen bieten ihren Kunden seit Jahren Hilfestellungen beim gewünschten Wechsel des Girokontos an, z. B. Musterschreiben mit Feldern für die alte und neue Kontoverbindung und Anschrift, um bei einem Girokontowechsel alle Zahlungspartner entsprechend informieren zu können. Dies ist als Hilfestellung der Kreditwirtschaft ausreichend. Frage 12: Mit welchen Hindernissen sind kleinere oder in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Kontoanbieter weiterhin konfrontiert, wenn sie ihre Kundenbasis ausdehnen oder sich Zugang zu neuen Märkten verschaffen wollen? Stehen diese im Zusammenhang mit Problemen beim Bankwechsel? Die größten Hürden für kleine Kontoanbieter beim Markteintritt in einem anderen EU- Mitgliedstaat umfassen u. a. die Notwendigkeit einer umfassenden fremdsprachlichen Kommunikation mit den Kunden und das Erfordernis, sämtliche Abläufe an eine andere Geschäftskultur anzupassen. Für die rein auf die Online-Banking-Nutzung fokussierten Kunden könnten Kontoeröffnungen im Ausland über das Internet mittels europaweit gültiger Legitimations- und Geldwäscheregelungen erleichtert werden. Hierzu könnten ggf. im Rahmen der Identifizierung nach der Geldwäscherichtlinie bei persönlicher und elektronischer Identifizierung EU-Leitlinien die EU-weit einheitliche Anerkennung aller europäischen Ausweisdokumente erleichtern. - 6 -
Frage 13: Welche sonstigen Maßnahmen sollten ins Auge gefasst werden, um einen Bankwechsel zu erleichtern? Bitte beschreiben Sie diese. Keine Angabe. Frage 14: Haben Sie Informationen über Verbraucher, die Schwierigkeiten beim Zugang zu einem Basiskonto haben? Welcher Art sind die von den Verbrauchern genannten Hindernisse beim Zugang zu einem solchen Konto? Mit dem von allen Bereichen der deutschen Kreditwirtschaft angebotenen Ombudsmannsystem besteht ein wirkungsvolles Instrument, unbegründeten Ablehnungen auf Kontoeröffnungsanträgen entgegenzuwirken. Die entsprechenden Berichte der Kreditwirtschaftlichen Verbände belegen im Übrigen, dass unbegründete Kontoablehnungen in der Praxis nur eine sehr geringe Rolle spielen. Frage 15: Sind Ihnen etwaige von den Banken oder anderen Instituten in dem Mitgliedstaat Ihres Wohnsitzes ergriffene Maßnahmen bekannt, die den Zugang zu einem Basiskonto erleichtern? Wurden diese Initiativen erfolgreich durchgesetzt? Mit der Vereinbarung der deutschen Kreditwirtschaft zum Girokonto für Jedermann aus dem Jahr 1995 gibt es auf freiwilliger Grundlage ein Basiskonto. Derzeit gibt es bei deutschen Banken und Sparkassen etwa 2,5 Mio. derartige Konten. Das Versorgungsniveau mit Konten in Deutschland ist mit 99 % - so das Ergebnis einer Studie der EU-Kommission - nicht schlechter als in Ländern mit einem gesetzlichen Kontrahierungszwang wie Frankreich oder Schweden. Dies zeigt die Wirksamkeit freiwilliger Vereinbarungen. Frage 16: Erleichtern diese Maßnahmen ebenfalls den Zugang von Gebietsfremden zu einem Basiskonto? Das Recht auf ein Basiskonto sollte sich auf das Wohnortland eines Verbrauchers beschränken. Spätestens nach der Etablierung des Einheitlichen Europäischen Zahlungsverkehrsraums (SEPA) wird ohnehin ein einziges Konto in der EU hinreichend sein. Frage 17: Wenn Verbraucher immer noch Schwierigkeiten bei der Eröffnung eines Bankkontos haben, welche Gründe liegen dafür vor? Siehe Antwort zu Frage 14. Frage 18: Welche zusätzlichen Maßnahmen sollten eventuell ergriffen werden? Sollte das Problem auf nationaler oder auf europäischer Ebene angegangen werden? - 7 -
Derzeit gibt es keinen Bedarf für weitere Maßnahmen weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene, da die in Deutschland geltende Selbstregulierung der Kreditwirtschaft erfolgreich funktioniert. Kontakt: Sebastian Schütz, schuetz.sebastian@dihk.de Verena Güßregen, guessregen.verena@dihk.de - 8 -