Reform der gesetzlichen Unfallversicherung

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Transkript:

Reform der gesetzlichen Unfallversicherung Positionspapier zu den Eckpunkten der Bund- Länder Arbeitsgruppe zu einer Reform der gesetzlichen Unfallversicherung 2006 - Kritik und Reformoptionen aus Unternehmersicht Die Familienunternehmer ASU nehmen zwar erfreut zur Kenntnis, dass sich die politisch Verantwortlichen nunmehr endlich einer Reform dieses wichtigen Sozialversicherungszweiges annehmen wollen. Die vorgelegten Eckpunkte zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung lassen jedoch aus Sicht der Familienunternehmen keinen Paradigmenwechsel in der gesetzlichen Unfallversicherung erkennen. Auch ein Durchbruch beim Versicherungsproblem der sog. Wegeunfälle als einem Risiko, auf das die Unternehmer keinen präventiven Einfluss nehmen können, bleibt aus. Schließlich würde nach den Eckpunkten das gesetzliche Monopol der Berufsgenossenschaften als Träger der GUV zementiert. Damit spricht sich die Bund-Länder- Arbeitsgruppe für die Beibehaltung eines staatlichen Monopols aus, das einer Wettbewerbswirtschaft wesensfremd ist. Bislang sind die Eckpunkte nicht mehr als eine Verständigung des Bundes und der Länder auf Ebene der Exekutive ohne angemessene Beteiligung des Parlaments. Die Familienunternehmer - ASU als Interessenvertretung der Familienunternehmen in Deutschland setzen darauf, dass sich der Bundesgesetzgeber dieses bedeutenden Themas annimmt und aus einem halbherzigen Ansatz eine mutige Reform macht. 1 Systemwechsel in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) vorantreiben Ein Marktversagen, das ein derartiges Monopol begründen könnte, liegt in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vor. Ein gesellschaftlich erwünschtes Umverteilungsziel ist nicht erkennbar. Vielmehr wird das staatliche Monopol heute mit der notwendigen Verknüpfung und der organischen Verbindung von Prävention, Leistungserbringung und Rehabilitation begründet. Diese Verknüpfung würde bei der Versicherung durch private Versicherer so die Befürworter des staatlichen Monopols aufgebrochen und damit ein bewährtes System der branchenbezogenen Prävention in Kombination mit einer erfolgreichen Selbstverwaltung zerstören. Andere Länder machen uns hingegen vor, dass sich die GUV auch wettbewerblich organisieren lässt und sind dabei ebenfalls erfolgreich sinkende Unfallraten gibt es auch dort. Was aber Prävention mit allen geeigneten Mitteln bedeutet, entscheiden die Träger der GUV und dies mit deutlich steigender Tendenz bei der Höhe der Aufwendungen für Prävention. Die Steuerungskosten der Berufsgenossenschaften für Prävention sind von 66 Mio. im Jahr 1960 auf 733 Mio. im Jahr 2005 gestiegen. Dabei wird das wünschenswerte Maß an Prävention produziert. Dies umfasst häufig auch allgemeine Gesundheitsgefahren statt sich auf betriebliche Gefährdungen zu beschränken. Die daraus resultierenden August 06.08.

Kosten inklusive der Durchführungskosten, die noch um ein Vielfaches höher liegen, tragen allein die Arbeitgeber. Die Lösung für die Zukunft der gesetzlichen Unfallversicherung liegt nicht in einem politisch organisierten internen Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitswettbewerb, sondern in der Öffnung der gesetzlichen Unfallversicherung für den Wettbewerb. Dabei können die unterschiedlichen Risiken Arbeitsunfall und Berufskrankheit getrennt versichert werden. Arbeitsunfälle werden in Europa beispielsweise in Belgien, Dänemark, Norwegen, Finnland und Portugal bei privaten Versicherern versichert, ebenso in 45 Bundesstaaten der USA und in vier Staaten Australiens. Berufskrankheiten können entweder bei privaten Versicherern oder aber wie in der Mehrzahl der europäischen Länder bei einem staatlichen Fonds versichert werden. Der internationale Vergleich zeigt ebenfalls, dass private Versicherer, wie z.b. in New South Wales oder Victoria in Australien, im Rahmen eines Kontraktmanagements die Entschädigungsleistung übernehmen können. Eine Vielzahl privater Versicherer ist als sog. Agenten für die Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zuständig. Dafür bekommen sie vom staatlichen Monopolisten Prämienanteile zur Finanzierung. Die gesetzliche Unfallversicherung ist aber weiterhin umlagefinanziert trotz Beteiligung privater Versicherer. Die Familienunternehmer - ASU fordern deshalb: 1. Ablösung der Zwangsversicherung durch eine Pflicht zur Versicherung für den Arbeitgeber und die Öffnung des Wettbewerbs der Berufsgenossenschaften untereinander sowie Wettbewerb der Berufsgenossenschaften mit der allgemeinen Versicherungswirtschaft. 2. Die getrennte Versicherung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Der Unternehmer soll zwischen verschiedenen Versicherern bei gesetzlicher Mindestdeckung wählen können. Berufskrankheiten werden weiterhin separat bei einem staatlichen Fonds für Berufskrankheiten versichert. 3. Herausnehmen der Wegeunfälle, da diese in der Verantwortung des Arbeitnehmers liegen und von Unternehmern präventiv nicht zu beeinflussen sind. 4. Systemwechsel von der Umlagefinanzierung zur Kapitaldeckung. 5. Die Trennung der Unfall- von der Rentenversicherung. 6. Das Insolvenzgeld soll künftig statt von den Berufsgenossenschaften von der Bundesagentur für Arbeit eingezogen werden. 2 Die Eckpunkte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Ende Juni 2006 stellte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Eckpunkte zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung vor. Es wird erwartet, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis Ende des Jahres 2006 basierend auf diesen Eckpunkten einen Arbeitsentwurf für ein Gesetz zur Reform der GUV vorlegt. Diese Reform soll die Effektivität und Effizienz des bestehenden Systems verbessern. Die vorliegende Bewertung betrachtet die Eckpunkte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe aus Unternehmerperspektive. Die entscheidende Frage lautet: Sind die Maßnahmen geeignet, eine nachhaltige Neuorganisation, sowie eine Verbesserung der Effizienz und Effektivität der gesetzlichen Unfallversicherung zu erreichen? August 06.08.

2.1 Die Finanzierung der GUV Übergang zu Kapitaldeckung antreten Die Ablösung der Unternehmerhaftpflicht für betriebliche Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten steht auch aus Sicht der Familienunternehmer nicht zur politischen Debatte und muss erhalten bleiben. Die Prämien für diese Versicherung werden in Deutschland, wie in anderen Ländern auch, vom Arbeitgeber gezahlt. Diese Grundprinzipien für die Versicherung betrieblicher Unfälle und Berufskrankheiten sind sinnvoll. 2.1.1 Übergang zur Kapitaldeckung Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe verwirft Forderungen nach einer Steuerfinanzierung als ungeeignet. Dieser Haltung stimmen Die Familienunternehmer ASU zu. Maximal eine partielle Steuerfinanzierung der DDR-Renten könnte eine mögliche Option darstellen. Leider springt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe bei der Reform der Finanzierung der GUV zu kurz. Denn dem System der Kapitaldeckung als Alternative zum Umlagesystem wird kaum Aufmerksamkeit geschenkt und damit die Chance vertan, durch Kapitaldeckung eine zukunftssichere Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung einzuleiten. Beim Übergang zur Kapitaldeckung erhöhen die Altlasten zwar kurz- bis mittelfristig die Beiträge der Arbeitgeber. Diese könnten aber durch begleitende weiterreichende Reformen in der Organisation, im Leistungsbereich und der Effizienzverbesserung bei einer Versicherung von Arbeitsunfällen durch private Versicherer weitgehend aufgefangen werden. Langfristig sinken die Beiträge für die Arbeitgeber. Die vollständige Umstellung auf Kapitaldeckung bedarf eines längeren Zeitraums. Deshalb sollte mit der Umstellung sofort begonnen werden. Im Zuge dieser Umstellung muss der Umgang mit den bereits bestehenden Verpflichtungen geregelt werden. Dabei ist denkbar, den Anteil kapitalgedeckter Elemente im Laufe der Zeit zu erhöhen. Das Eckpunktepapier sieht unter Beibehaltung des Umlageverfahrens vor, zukünftig Entschädigungsleistungen möglichst früh und zeitnah zum Unfallgeschehen zu erbringen, um die Lasten nicht auf spätere Generationen zu verlagern. Die damit verbundenen Reformvorschläge wie Abfindungen bei Erwerbsunfähigkeitsgraden unter 50 Prozent oder Einmalzahlungen bei kleineren Erwerbsminderungsrenten - die in wettbewerblich organisierten Ländern im Rahmen von sog. lump-sum-payments schon lange existieren - sind daher zu begrüßen. Der Anteil der kapitalgedeckten Elemente muss aber mittelfristig zulasten der Umlagefinanzierung erhöht werden und längerfristig in eine vollständige Kapitalisierung münden. Die Finanzierung der Altlasten könnte über einen Altlastenfond abgewickelt werden. In diesen Fonds zahlen die Arbeitgeber bis alle Ansprüche aus dem Umlageverfahren abgegolten sind einen Prämienaufschlag ein. Erst von diesem Zeitpunkt an wird auch die durchschnittliche Prämie, die die Unternehmer in Deutschland in die GUV einzahlen, vergleichbar mit den kapitalisierten Prämien der wettbewerblichen Länder. Nahziel: Schrittweiser Umstieg von Umlage- auf Kapitaldeckung, Fernziel: Vollständige Kapitaldeckung. August 06.08.

2.1.2 Keine Quersubventionierungen durch Risikoausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe strebt Reduktion der Beitragsspreizung an. Durch intelligente Fusionen und einen solidarischen Altlastenfonds soll eine Reduktion der Beitragsspreizung von gegenwärtig 5 Prozentpunkten (mit Bergbau-Berufs genossenschaft 7 Prozentpunkte) auf höchstens 2 Prozentpunkte erreicht werden. Im Zuge der angestrebten Reduzierung der Beitragsspreizung würde die Unfallversicherung für Unternehmen aus Branchen, die geringe Unfallzahlen zu verzeichnen haben, teurer werden. Betriebe mit höherem Risikoprofil, in denen es häufiger zu Unfällen kommt, würden entlastet. Dies führt im Ergebnis jedoch dazu, dass die Anreize zur Verbesserung der betrieblichen Prävention geringer werden. Hingegen sinken die Anreize für Unternehmer mit höheren Unfallrisiken, die betriebliche Prävention zu verbessern. Die für eine Versicherung sinnvolle Äquivalenz zwischen individuellem Risiko und Beitragsbelastung würde damit zu einem großen Teil verloren gehen. Die privatwirtschaftliche Versicherung von Arbeitsunfällen in anderen Ländern zeigt, dass eine Beitragsspreizung von z. B. 0,5-10 Prozent (Belgien) in Kombination mit einer Erfahrungstarifierung (dem sog. experience rating), also der Anpassung der Prämienhöhe an die Unfallhäufigkeiten und Unfallhöhe, in mittleren und größeren Unternehmen die Grundlage eines optimalen Anreizsystems sein könnte, bei dem die Verantwortung für Prävention an der Stelle belassen wird, wo die Gefahr entspringt. Unternehmen in allgemein gefährlicheren Branchen haben größere Anreize, die Anzahl und auch die Schwere der Unfälle zu verringern. Eine erfolgreiche betriebliche Prävention schlägt sich dann in niedrigeren Prämien wieder, so dass durchaus Betriebe in vorher gefährlicheren Branchen geringere Prämien zahlen als Unternehmer weniger gefährlicherer Branchen, die aber höhere Unfallzahlen aufweisen. Kombiniert mit einem flexibleren Schadensmanagement durch die Einführung von Selbstbeteiligungen und Prämienabschlägen bei besonderen Präventionsmaßnahmen, wird die Prävention Vertragsbestandteil. In Portugal können beispielsweise Unternehmer, sofern Präventionsexperten im Betrieb tätig sind, Prämienabschläge erhalten. Derartig flexible Vertragsgestaltungen sind in Vertragsverhältnissen mit privaten Versicherern zusätzlich zum gesetzlichen Leistungskatalog möglich. Risikogerechte Beiträge stärken die Präventionsanreize. Daher: Beibehaltung der Prämienspreizung und flexibleres Schadensmanagement. 2.2 Die Organisation Trennen und Ausgliedern von Leistungen Das Eckpunktepapier zeigt, dass keine differenzierte Betrachtung von Arbeitsunfällen, Berufkrankheiten und Wegeunfällen erfolgt. Aus Sicht der Familienunternehmer können die durchaus verschiedenen Risiken getrennt voneinander betrachtet werden. August 06.08.

Wegeunfälle: Wegeunfälle sollten nach Meinung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe in der GUV belassen bleiben. Aus Sicht der Unternehmer sind sie jedoch aus dem Leitungskatalog auszugliedern und sofern gewünscht vom Arbeitnehmer abzusichern. Der Arbeitgeber hat keinen Einfluss auf die Sicherheit des Arbeitsweges, auch nicht durch die beste Prävention. Seine Verantwortung kann erst am Werkstor beginnen, der Rest ist Privatsache. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, warum im Steuerrecht der Weg zur Arbeit durch Wegfall eines Teils der Steuerprivilegien in der Pendlerpauschale deutlich als Privatangelegenheit angesehen wird, in der GUV jedoch der Arbeitgeber das Wegerisiko zu tragen hat. Arbeitsunfälle: Arbeitsunfälle können aufgrund ihres spezifischen Risikos durch private Versicherungsgesellschaften versichert werden, wie die genannten Länderbeispiele zeigen. Berufskrankheiten: Berufskrankheiten stellen schwieriger zu kalkulierende Risiken dar, die daher getrennt von den Arbeitsunfällen bei einem Staatsfonds versichert werden können. Dies erfolgt beispielsweise in Belgien, Dänemark oder Portugal. In Finnland und Norwegen werden die Berufskrankheiten ebenfalls durch private Versicherer abgesichert. Prävention: Eine Beibehaltung der Prämienspreizung trägt zur Prävention bei. Bei einer Absicherung durch private Versicherer würde die Prämienbemessung im Einzelfall noch genauer nach dem betrieblichen Risiko und nicht nach historischen Daten erfolgen. Die Prävention kann auch durch entsprechende Policengestaltungen gefördert werden. Darüber hinaus sind Fonds- oder Poollösungen denkbar. In Finnland fließen z. B. zusätzlich zu den mittelbaren Präventionsanreizen, die sich aus der Prämiengestaltung ergeben, 2 Prozent der Prämien der Unternehmer in den Finnish Work and Environment Fund, aus dem die gemeinsame angewandte Forschung der privaten Versicherer finanziert wird. In Kolumbien sind die privaten Versicherer gesetzlich verpflichtet, 2 Prozent der Prämien für Prävention zu verwenden. Die zusätzlichen Aufwendungen im Bereich der Prävention fallen jedoch in der Realität wesentlich höher aus. Generell sind die Präventionsaufwendungen auf betriebsbedingte Gefahren zu beschränken, die im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liegen. Diese Risiken finanziert er folgerichtig auch alleine. Arbeitsschutz: Die Entwicklung einer gemeinsamen Arbeitsschutzstrategie sollte wieder aufgegriffen werden. Die Mehrfachzuständigkeiten im Arbeitsschutz durch die Berufsgenossenschaften auf der einen und staatliche Arbeitsschutzinstitutionen auf der anderen Seite werden von den Unternehmern als zu bürokratisch kritisiert. Die Zuständigkeitsüberschneidungen im Arbeitsschutz werden mit den Eckpunkten ebenfalls nicht angegangen. Ausgliederung der Wegeunfälle. Option für die Arbeitnehmer eine Versicherung für Wegeunfälle bei privaten Versicherern abzuschließen. Ebenfalls Versicherung von Arbeitsunfällen bei privaten Versicherern. Absicherung von Berufskrankheiten durch einen staatlichen Fonds. August 06.08.

2.3 Die Leistungen Leistungen seitens der Unfallversicherungsträger, die im Zusammenhang mit einer illegalen Beschäftigung stehen, darf es nicht mehr geben, da Unternehmen dadurch für unrechtes Verhalten Dritter bestraft werden. Die Verbesserung der Zielgenauigkeit der Leistungen ist generell zu befürworten. Die zukünftige Entschädigung eines konkreten Erwerbsschadens statt eines abstrakten Erwerbsschadens im Bereich der Erwerbsminderungsrenten ist positiv zu bewerten. Die Berücksichtigung des konkreten Erwerbsschadens ist in vielen wettbewerblichen Systemen anderer Länder schon Praxis. Beim Ausgleich von Erwerbsschäden sollte man die Regelungen zum Mindestarbeitsverdienst streichen. Denn derzeit können damit geringfügig Beschäftigte jährliche Rentenansprüche erwerben, deren Höhe das Jahreseinkommen weit übersteigt. Dies verstößt gravierend gegen das Äquivalenzprinzip. Die Abgrenzung der gesetzlichen Unfall- von der Rentenversicherung ist zu begrüßen, da beim Zusammentreffen beider Renten die aus Beiträgen finanzierte Rente der Rentenversicherung ruht. Bereinigung der Leistungen zur Erhöhung der Zielgenauigkeit. 2.4 Die Effizienz In der GUV gibt es aufgrund der Branchengliederung der Berufsgenossenschaften weder einen Wettbewerb zwischen den Trägern der GUV und privaten Versicherern noch einen Binnenwettbewerb zwischen den Berufsgenossenschaften. Es reicht nicht aus, die Effizienz im derzeitigen Monopolsystem zu erhöhen. Es ist schwer vorstellbar, wie der Binnenwettbewerb durch ein internes Benchmarking organisiert werden soll, wenn die Unternehmen automatisch (nach Branche) einer Berufsgenossenschaft zugeordnet werden. Eine Kostensenkung ist nur durch Wettbewerb möglich. Zwischenziel: Ausgliederung der Wegeunfälle und Öffnung der Versicherung von Arbeitsunfällen für private Versicherer. Fernziel: Öffnung der GUV für den Wettbewerb mit dem Fernziel der vollständigen Kapitaldeckung und Privatisierung wie in anderen Ländern oder Bundesstaaten der USA und Australiens bereits Praxis. August 06.08.