CHIRURGISCHE BEHANDLUNG DER ADIPOSITAS

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Transkript:

CHIRURGISCHE BEHANDLUNG DER ADIPOSITAS (= ÜBERGEWICHT) ADIPOSITAS-CHIRURGIE Dr. A. Scheiwiller Dr. M. Sykora

Einführung Die Zahl der übergewichtigen Menschen hat in den letzten Jahren in den westlichen Industrienationen ausserordentlich zugenommen. Neben der oft schweren psychischen Belastung führt Übergewicht auch zu einer Reihe von teils schwerwiegenden körperlichen Folgeerkrankungen: Der Bluthochdruck, die Hypertonie, steigt mit dem Ausmass und der Dauer der Adipositas. Bei vielen Übergewichtigen sind das Cholesterin und die Fette im Blut erhöht. Ausserdem wird die erworbene Zuckerkrankheit, der Diabetes mellitus Typ II, ebenfalls meist durch Übergewicht ausgelöst. Dies wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass über 80% der Typ II Diabetiker übergewichtig sind. Zusammen mit der Hypertonie und den erhöhten Blutfetten kommt es dadurch häufig zu Blutgefässerkrankungen wie beispielsweise die Atheromatose. Die Erkrankung der Herzkranzgefässe und die direkte Belastung durch die vermehrt zu leistende Pumpfunktion schädigen das Herz und führen gehäuft zu Herzinfarkt und Rhythmusstörungen. Auch die Lunge wird durch Übergewicht in Mitleidenschaft gezogen: Der vermehrte Druck im Bauch führt zu ungenügenden Atembewegungen und damit zu Atemnot bei Anstrengung. Bei massivem Übergewicht kommt es dadurch zu wiederholten nächtlichen Atempausen, der Schlafapnoe, welche gar lebensbedrohlich werden kann. Die Bildung von Gallensteinen in der Gallenblase mit entsprechenden Folgekrankheiten wird vor allem bei übergewichtigen Frauen beobachtet. Weitere Stoffwechselstörungen, wie beispielsweise die Gicht, und eine ganze Reihe hormoneller Störungen werden durch die Adipositas ausgelöst. Durch das Übergewicht kommt es auch zu einer Überlastung des Bewegungsapparates, was sich in chronischen Rücken- oder Gelenkbeschwerden, oder in einer verfrühten Arthrosebildung äussert. Bei Menschen mit einer Adipositas ist auch das Risiko, an einem Krebs zu erkranken, erhöht (z.b. Krebs der Gebärmutter oder des Dickdarmes) Durch diese Folgeerkrankungen ist die Lebenserwartung vermindert. Ausserdem verursachen sie im Schweizerischen Gesundheits-wesen Kosten von ca. 2 Milliarden Schweizer Franken pro Jahr. In der Gesellschaft wächst deshalb allmählich die Erkenntnis, dass Menschen mit schwerem Übergewicht ein ernsthaftes gesundheitliches Problem haben. Begriffsbestimmungen Der Begriff Adipositas stammt vom lateinischen Wort "adeps" (= Fett) und wird im medizinischen Jargon als Bezeichnung für das krankhafte Übergewicht gebraucht. Unter dem Normalgewicht wird jenes Gewicht verstanden, welches für den einzelnen Menschen gemäss der Broca-Formel errechnet wird: Grösse in Zentimeter minus 100 entspricht dem Normalgewicht.

Das ldealgewicht ist jenes Gewicht, welches gemäss Tabellen der Versicherungs-gesellschaften mit der höchsten Lebenserwartung korreliert. Bei Frauen wird es errechnet durch Abzug von 15%, bei Männern durch Abzug von 10% von der Broca-Zahl. Da die Gewichtsgrenze zum Übergewicht natürlich je nach Körpergrösse schwankt, wird zur besseren Charakterisierung des Übergewichtes der Körpermasseindex oder Body Mass Index BMI herangezogen. Er berechnet sich folgendermassen: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergrösse in Meter im Quadrat. Beispielsweise hat ein Mensch mit einem Gewicht von 110kg und einer Körpergrösse von 170cm einen BMI von 38kg/m 2. Die Klassifikation des Übergewichtes wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO folgendermassen aufgestellt: Klassifikation BMI (kg/m2) Untergewicht < 20 Normalgewicht 20 25 Übergewicht (Adipositas Grad I) 25 30 Adipositas Grad II 30 39 Adipositas Grad III > 40 Etwa 30% der erwachsenen Bevölkerung der Schweiz sind übergewichtig, ca 5% gehören zur Kategorie der Adipösen, respektive krankhaft Adipösen. Ein weiterer wichtiger Begriff ist der Excess Weight Loss EWL. Er dient zur Kontrolle und Erfolgsmessung während und nach einer Behandlung der Adipositas. Er wird errechnet indem der seit Beginn der Behandlung erreichte Gewichtsverlust durch das Übergewicht (= Gewicht vor der Behandlung minus Idealgewicht) geteilt und in Prozenten angegeben wird. Ursachen der Adipositas Die eigentliche Ursache der Anlage von übermässigen Fettdepots im Körper liegt in einem Missverhältnis zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch. Der Grund, dass das Übergewicht in den lndustrienationen in den letzten Jahren zugenommen hat, liegt einerseits an den veränderten Essgewohnheiten mit übermässigem Angebot von hochkalorischen, fetthaltigen Nahrungsmitteln und andererseits in der verminderten körperlichen Aktivität. Die Forschung hat in den letzten Jahren zu Tage gefördert, dass Erbfaktoren für die Ausbildung der Adipositas grosse Bedeutung haben. So wurden mittlerweile über 20 Gene (Erbanlagen auf den Chromosomen) nachgewiesen, welche die Entstehung von Übergewicht massgeblich beeinflussen. Dies vor allem via Überträgerstoffe im Hirn, welche Nahrungsaufnahme, Essverhalten und Sättigungsgefühl steuern. Übergewicht dürfte also durch teilweise vererbte Störungen der Regulationsmechanismen verursacht werden, welche zu übermässiger Nahrungsaufnahme trotz geringer körperlicher Aktivität führen. Es kommt in der Folge zu einem Teufelskreis mit zunehmender körperlicher Schonung wegen sinkender Leistungsfähigkeit und trotzdem zu weiterer Zunahme der Nahrungsaufnahme.

Nicht-operative Therapiemöglichkeiten Wegen der geschilderten Folgeerkrankungen ist eine Behandlung eines signifikanten Übergewichtes in jedem Fall angezeigt. Als Basismassnahme muss durch eine geschulte Ernährungsberaterin die Nahrungszusammensetzung, sowie das Essverhalten des Patienten analysiert und die entsprechenden Ernährungsfehler aufgedeckt werden. Aufgrund dieser Analyse kann dann eine individuelle Diät geplant und in die Tat umgesetzt werden. Daneben ist die sportliche Aktivität mittels eines individuell angepassten Trainingsprogrammes zu fördern. Derzeit werden auch eine Reihe von Medikamenten mit unterschiedlichem Angriffspunkt eingesetzt. Bei den Appettitzüglern handelt es sich um Medikamente, welche zentral im Hirn das Hungergefühl unterdrücken. Sie sind nur unter ärztlicher Aufsicht und zeitlich begrenzt einzusetzen. Auch gibt es mit Xenical auch ein Medikament, welches die Aufnahme des Fettes im Darm vermindert. Xenical wird selber nicht in den Körper aufgenommen und hat deshalb keine systemischen Nebenwirkungen. Die erzielbare Gewichtsabnahme ist mit höchstens 10% des èbergewichtes allerdings relativ bescheiden. Mit den genannten diätetischen und medikamentösen Behandlungen kann in den meisten Fällen eine rasche Gewichtsabnahme erzielt werden. Bei vielen Patienten kommt es aber leider nach Wochen bis Monaten zu einem Wiederanstieg des Gewichts oft auf einen Wert gleich oder sogar höher als der Ausgangswert. Bei wiederholten Therapieversuchen spricht man deshalb vom sogenannten Jo-Jo- Effekt. Eine bleibende Gewichtsreduktion ist mit nicht-operativen Methoden leider nur bei einem Teil der Patienten zu erreichen. Bei krankhaft übergewichtigen Patienten muss deshalb nach fehlgeschlagener konservativer Therapie eine chirurgische Behandlung in Betracht gezogen werden. Die chirurgische Behandlung stellt aber den letzten Ausweg dar und soll erst nach Versagen aller anderer Therapieansätze erwogen werden. Operationsmethoden zur chirurgischen Behandlung Der Zweck einer Operation zur Behandlung des Übergewichtes besteht darin, die Energiezufuhr zu drosseln. Um die Kalorienzufuhr mit der aufgenommenen Nahrung zu reduzieren wurden eine Reihe von Operationsverfahren entwickelt, welche auf zwei verschiedenen Grundprinzipien beruhen: - das restriktive Prinzip, bei welchem die Nahrungsaufnahme reduziert wird durch Bildung eines sehr kleinen Magens mit engem Ausgang und damit langsamer Entleerung dieses kleinen Magens - das malabsorptive Prinzip, bei welchem durch eine Umgehung eines Teils des Dünndarmes die Aufnahme der Nährstoffe in den Körper gestört wird

Im Kantonsspital Luzern führen im wesentlichen folgende Operationsmethoden durch: - den laparoskopischen Roux-Y Magen-Bypass, welcher beide Prinzipien vereint - das laparoskopische Gastric Banding, welches ein rein restriktives Verfahren darstellt - Entfernung des Magenbandes und Bildung eines Roux-Y-Magen Bypass Die extremen Malabsorptionsverfahren, wie beispielsweise der biliopankreatische Bypass nach Scopinaro, führen wir nur in wenigen Fällen durch. Diese Operationsverfahren müssen besonders überlegt angewendet werden, da sie schwere Langzeitschäden (Mangelernährung, Leberzirrhose) verursachen können. Bedingungen vor einer Operation: Eine Operation wird im Kantonsspital nur zugestimmt nach einem Gespräch in der so genannten Interdisziplinären Adipositassprechstunde. Vertreten sind: - ein Endokrinologe (Facharzt für Hormone) - Psychiater - ein Chirurg Falls diese mit dem Patienten einer Operation zustimmen, muss ein Antrag auf eine Kostengutsprache bei der Krankenkasse gestellt werden. Hierzu gibt es eine gesetzliche Regelung welche Faktoren erfüllt sein müssen: - Rücksprache mit dem Vertrauensarzt oder Vertrauensärztin. - Der Patient oder die Patientin darf nicht älter sein als 60 Jahre. - Der Patient oder die Patientin hat einen Bodymass Index (BMI) von mehr als 40. - Eine zweijährige adäquate Therapie zur Gewichtsreduktion war erfolglos. Nach Erhalt der Kostengutsprache erfolgt vor der Operation eine Ausführliches Gespräch mit einer Ernährungsberaterin über den Kostaufbau nach Operation und den folgenden Wochen. An Voruntersuchungen erfolgt mindestens: - Magenspiegelung mit Ausschluss einer bakteriellen Besiedelung des Magens - Ultraschall mit der Frage nach Gallensteinen - Kontrastmittelschluck zur Darstellung der Speiseröhre und des Magens - Lungenfunktionstest - Laboruntersuchung - EKG - Röntgen des Brustkorbes

Roux-Y Magen-Bypass Der Roux-Y-Magen-Bypass gilt allgemein als Standardeingriff bei Morbider Adipositas. Hierzu liegen bereits über viele Jahre Erfahrungen vor. Diese Operation führen wir im Kantonsspital Luzern normalerweise laparoskopisch durch, das heisst mit Hilfe einer Kamera und mehreren kleinen Schnitten für die Arbeitsgeräte. Durch eine Klammernaht am obersten Anteil des Magens wird eine kleine Magentasche gebildet. Anschliessend wird der Dünndarm an einer definierten Stelle durchtrennt. Das eine Ende wird an eine Öffnung der kleinen Magentasche genäht, das andere Ende mit dem restlichen Dünndarm verbunden (nach 1,5 bis 2,5m), so dass eine Y-förmige Schlinge entsteht (daher der Name, siehe Abbildung 1). Abbildung 1: Roux-Y Magen-Bypass Das Volumen der Magentasche ist auf 15 bis 30ml reduziert, der Ausgang der Magentasche hat einen Durchmesser von ca. 1 cm. Die eingenommene Nahrung gelangt zuerst in die kleine Magentasche, welche gedehnt wird und bereits nach einer kleinen Portion ein Sättigungs-Gefühl signalisiert. Durch die enge Durchtrittsöffnung kann die Nahrung nur langsam in den Dünndarm weitertransportiert werden. Durch das rasche Sättigungsgefühl kommt es zur Einnahme nur kleiner Essensportionen und damit zu einer insgesamt verminderten Nahrungsaufnahme. Zusätzlich zum Effekt der kleinen Magentasche wird die Verdauung durch Umgehung eines Teils des Dünndarmes reduziert. Dies trägt ebenfalls zur Gewichtsreduktion bei. Ausserdem tritt bei vielen der Patienten ein so genanntes Dumping auf: Bei Einnahme von Süssigkeiten kommt es durch die Entleerung direkt in den Dünndarm zu einem Gefühl des Unwohlseins und Schwäche. Die betroffenen Patienten schränken deshalb meist die Aufnahme von Süssigkeiten von selbst ein.

Eine Gewichtsreduktion von durchschnittlich 60 bis 70% des Übergewichtes ist langfristig zu erwarten. Mit dem Gewichtsverlust bessern sich auch die Begleiterkrankungen. Besonders günstig ist der Verlauf bei bestehendem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Hier konnte bei bis zu 80% der Patienten eine Heilung erzielt werden. Gastric Banding 1983 wurde in den USA durch Lubomyr Kuzmak das anpasspare Magenband entwickelt. Es handelt sich dabei um ein Silikonband mit integriertem schlauchartigem Ballon (siehe Abbildung 2), welches um den obersten Magenanteil geführt und konnektiert wird. Das aufblasbare Band ist via einen Schlauch mit einem unter die Haut implantierbaren Reservoir verbunden, in welches Flüssigkeit gefüllt und das Band damit weiter oder enger gestellt werden kann. Abbildung 2: Prinzip des adjustierbaren Magenbandes Das Prinzip erscheint simpel und hat zunächst eine weite Verbreitung in Europa erfahren. Es gibt sehr vielen gute Einzelergebnisse, jedoch führte das Magenband zu sehr viele Komplikationen. Diese machten oft erneute Operationen notwendig, die dann bei Verwachsungen am Magen deutlich schwieriger sind. Diese Technik wird am Kantonsspital Luzern nur noch selten eingesetzt.

Wahl der Operationsmethode Vorteile der laparoskopischen Technik sind die deutlich geringeren Schmerzen nach der Operation, was eine schnellere Erholung des Patienten und geringere Komplikationsmöglichkeiten (Wundheilungsstörungen, Infektionen, Lungenprobleme, Narbenbrüche) mit sich bringt. Der laparoskopische Magen-Bypass stellt eine grössere und anspruchsvollere Operation dar als das laparoskopische Gastric Banding. Der Spitalaufenthalt beträgt in der Regel 8 Tage. Nachdem Spitalaufenthalt sind die Ergebnisse des Magen-Bypasses jedoch deutlich besser. Unsere Patienten nehmen konstanter und langfristiger an Gewicht ab, ohne wesentliche Lebensqualitätseinschränkung. Die Operation mit dem Magenband hat weniger Komplikationen während des Spitalaufenthaltes. Jedoch können schwerwiegende Komplikationen auch Jahre nach Operation auftreten, welche in 20% eine erneute Operation notwendig machen. Das Band kann verrutschen, es kann mit der Zeit lecken und Flüssigkeit verlieren oder es kann die Magenwand derart schädigen, dass es sogar in den Magen hinein penetriert. Der kleine Restmagen kann sich mit der Zeit ausdehnen und kann sogar im Band eingeklemmt werden Durch Überdehnung wird auch der Verschlussmechanismus zwischen Magen und Speiseröhre geschädigt, so dass die Magensäure die Speiseröhre reizt oder in die Lunge fliesen kann. Das Magenband erfordert vermehrte Nachkontrollen und hat teilweise deutliche Einschränkungen in der Nahrungsaufnahme und damit auch in der Lebensqualität. In den letzten Jahren mussten wir zunehmend Magenbänder entfernen und einen Magen-Bypass bilden. Diese Operation ist mit deutlich mehr Komplikationen behaftet, da der Magen vernarbt ist und die Nähte schlechter heilen. Von einem Magenband als "Versuch" zum Abnehmen und einem späteren Magen-Bypass raten wir daher dringend ab. Langfristige Vor- und Nachteile Bei einer adäquaten Gewichtsabnahme, wie oben beschrieben, kommt es in den meisten Fällen auch zu einer Rückbildung der durch das Übergewicht bedingten Begleit-Erkrankung. In der Regel verschwindet der Diabetes, der Bluthochdruck wird besser behandelbar oder normalisiert sich, die Blutfette sinken, und Atem- und Gelenk-beschwerden gehen zurück. Eine bereits ausgebildete Arthrose wird sich allerdings nicht zurückbilden. Die Gewichtsabnahme hat aber auch Nachteile: Häufig kommt es zu kosmetisch störenden Hautfalten an Oberarmen, am Bauch und an den Oberschenkeln, da nach Rückbildung des Unterhautfettgewebes überschüssige Haut vorhanden ist. Die Bildung solcher Fettschürzen wird durch eine sehr rasche Gewichtsabnahme und durch mangelnde körperliche Bewegung unterstützt. Eine langsame aber stetige Gewichtsabnahme und regelmässige sportliche Betätigung, insbesondere ein gut konzipiertes Fitnessprogramm, können die Fettschürzenbildung verhindern. Sind sie einmal vorhanden, hilft meist nur ein plastisch chirurgischer Eingriff. Wir arbeiten diesbezüglich eng mit unseren Kollegen der plastischen Chirurgie zusammen. Ob die Krankenkasse einen solchen Eingriff bezahlt, muss im Einzelfall geprüft werden. Eine Chance auf Bezahlung durch die Krankenkasse besteht nur, wenn nachweislich durch die überschüssige Haut ein krankhafter Zustand hervorgerufen wird. Ausserdem muss die Gewichtsabnahme zu

einem bleibenden (mindestens über ein Jahr konstant und nicht mehr ansteigend) Gewicht im Bereich des Normalgewichtes geführt haben. Durch die Gewichtsabnahme kann es auch zu Vitaminmangelerscheinungen kommen. Wir verschreiben deshalb jedem Patienten nach der Operation eine Vitaminsubstitution. Nachkontrolle: Die Betreuung nach der Operation beruht auf drei Säulen: - Adipositas-Chirurg - Hausarzt - Ernährungsberatung Nach der Operation muss ein Leben lang für Ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Mineralien gesorgt werden. Daher empfehlen wir die tägliche Einnahme von Multivitamintabletten. 1. Ernährun gsberatung Wie bereits vor der Operation besprochen wird der Patient gleich nach Operation beim Kostaufbau begleitet. Hierbei sollen typische Fehler vermieden werden, welche fast alle Patienten am Anfang machen. Auch im weitern Verlauf bleibt die Ernährungsberaterin ein wichtiger Partner, um bei der Umstellung der Nahrungsaufnahme zu helfen. 2. Adipositaschirurg Wir sehen alle unsere Patienten in regelmässigen Abständen, um den Verlauf zu kontrollieren. In der wöchentlich stattfinden Sprechstunde sehen wir viele Patienten und können daher aufgrund der vielen Erfahrungen bei typischen Problemen beraten und handeln. 3. Hausarzt Der Hausarzt ist in der ganzen Behandlung sehr wichtig, da er oder sie den Patienten/in bereits seit langem kennt. Hier erfolgen die regelmässigen Laborkontrollen (mehrmals im Jahr), um Mangelerscheinungen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Kontrolliert wird regelmässig: Calcium Eisen Ferritin Vit B12 Vit D Eiweiss Blutbild Prathormon

Sollten Sie weitere Fragen zur chirurgischen Behandlung des Übergewichtes haben, wenden Sie sich bitte an: Frau Pia Andermatt Sekretariat Chefarzt Viszeralchirurgie PD Dr. J. Metzger Chirurgische Klinik A Kantonsspital Luzern 6000 Luzern 16 Tel: 041/205 48 62 E-mail: pia.andermatt@ksl.ch Dr. med. Martin Sykora Oberarzt Chirurgie A Kantonsspital Luzern 6000 Luzern 16 Tel: 041/205 45 23 E-mail:martin.sykora@ksl.ch Dr. med. Andreas Scheiwiller Leitender Arzt Chirurgie A Kantonsspital Luzern 6000 Luzern 16 Tel: 041/205 4539 E-mail: andreas.scheiwiller@ksl.ch