Chronologie der Gewalt in Tibet März 2011 - März 2012 Seit März 2011 wurden: - über 420 Tibeter festgenommen - 50 Tibeter durch chinesische Sicherheitskräfte getötet - mindestens 73 Tibeter durch Sicherheitskräfte schwer verletzt - 18 Tibeter durch Selbstverbrennung getötet März 2011 April Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Jan 2012 Feb März Festnahmen 7 301 1 66 14 4 1 10+ 12 4 Erschießungen/ Sonstige Todesursachen - 3 1 9 2 Schwere Verletzungen durch Polizei 1 2 70 Verbrennungen 1 1 2 6 1 1 4 6 3
März 2011: Tibet wird kurz vor dem Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes für ausländische Besucher abgeriegelt. 14. März: Am dritten Jahrestag der Aufstände von 2008 erhöhen die chinesischen Behörden das Polizeiaufgebot auf dem gesamten tibetischen Plateau. Ein Mönch wird nach einer Protestaktion in Kardze (Osttibet) festgenommen. 16. März: Der 21-jährige Mönch Phuntsok aus dem Kloster Kirti in Ngaba (Osttibet) verbrennt sich selbst. Am nächsten Morgen erliegt er seinen Verletzungen. 18. März: Mehr als 2.000 Menschen geben Phuntsok das letzte Geleit. 19. März: Ein Hirte und neun Mönche werden festgenommen. Die Behörden bezichtigen sie der Weitergabe von Informationen an das Ausland. 20. März: Während Exil-Tibeter weltweit dazu aufgerufen sind, eine neue Regierung zu wählen, werden in Tibet die Entzündung von Feuerwerk verboten und Satellitenschüsseln beschlagnahmt. 22. März: Drei tibetische Jugendliche (Lobsang Jamyang, Sonam, Wangchuk) werden im Zusammenhang mit der Selbstverbrennung vom 16. verhaftet. Auch Phuntsoks Onkel und sein jüngerer Bruder werden zusammen mit einem Mönch des Klosters Kirti in Gewahrsam genommen. 23. März: In Nadha, im Bezirk Dzamthang, organisieren Oberschüler eine Demonstration und einen Hungerstreik. 12 Tibeter werden festgenommen. Im Kloster Kirti in Ngaba (Osstibet) wird derweil die patriotische Umerziehungskampagne intensiviert. 24. März: Die beiden Kirti-Mönche Lobsang Choephel (24) und Lobsang Ngodup (32) werden festgenommen. 25. März: Ein weiterer Kirti-Mönch wird in Pekingverhaftet: Lobsang Tsepak (27). Anfang April: In Yushu, das 2010 von einem schlimmen Erdbeben getroffen wurde, protestieren Tibeter gegen die Beschlagnahmung ihres Grundbesitzes. 8. April: In der Gemeinde Warma im Bezirk Dzamthang demonstrieren rund 30 Tibeter vor einer Polizeistation. Ein junger Tibeter wird erschossen. Als Reaktion darauf gehen mehrere hundert Tibeter auf die Straße. 9. April: Das Kloster Kirti wird militärisch abgeriegelt. Den 2.500 Mönchen innerhalb des Klosters fehlt es an Wasser und Nahrungsmitteln. 16. April: Jampa Tso, eine Nonne aus Kardze (Osttibet), verteilt Flugblätter und ruft "Freiheit für Tibet. Sie wird geschlagen und festgenommen.
21. April: Eine Spezialeinheit stürmt das Kloster Kirti. 300 Mönche werden festgenommen und abtransportiert. Mehrere hundert Tibeter versuchen, die Polizei an den Festnahmen zu hindern. Zwei Tibeter sterben durch Schläge der Sicherheitskräfte. 22. April: Die Polizei durchsucht eine Oberschule in Barkham in der Präfektur Ngaba. Nicht-autorisiertes Lehrmaterial wird von den Beamten verbrannt. Schülern aus der Region Ngaba wird verboten, nach Hause zu fahren. 19. Mai: Der Kirti-Mönch Gatsetsang Lobsang Choephel weigert sich, an der patriotischen Umerziehung teilzunehmen, und wird festgenommen. Ende Mai: Die Behörden verbieten dem Kloster Drepung in Lhasa bestimmte buddhistische Zeremonien abzuhalten. 2. Juni: Der tibetische Autor Tashi Rabten wird zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. 9. und 10. Juni: In Kardze werden drei Nonnen und zwei Mönche festgenommen, weil sie vor einer Polizeistation demonstriert haben. 17., 18. und 19. Juni: In Kardze kommt es wiederholt zu Protestaktionen einzelner Nonnen und Mönche. Bis zu 60 Tibeter werden festgenommen. 5. Juli: Der tibetische Schriftsteller Pema Rinchen wird verhaftet und durch Schläge der Polizei schwer verletzt. Das Volksgericht in Kardze verurteilt 13 Tibeter wegen politischer Vergehen. Zwei werden zu jeweils drei Jahren Haft verurteilt. 10. Juli: In Kardze werden drei Jugendliche (Lobsang Phuntsok, Samphel Dhondup, Lobsang Lhundup) festgenommen, weil sie auf dem Marktplatz demonstriert haben. 12. Juli: In Yushu (Osttibet) werden acht Mönche festgenommen, weil sie sich geweigert haben, an den Feierlichkeiten zum 90. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei teilzunehmen. 19. Juli: Die Mönche Lobsang Khedup und Lobsang Gyatso werden zu jeweils drei Jahren Haft verurteilt. Sie hatten gegen den Abtransport der 300 Kirti-Mönche protestiert. 15. August: In Tawu, in der osttibetischen Region Kham, zündet sich der Mönch Tsewang Norbu selbst an und stirbt an seinen Verletzungen. 16. August: Der Parteisekretär für Kardze ordnet an, dass alle Schulen, Restaurants und Cafés in der Gegend geschlossen werden. Es sollen keine religiösen Riten für den verstorbenen Tsewang Norbu durchgeführt werden. 20. August: Der durch seine Videobotschaft an die Welt berühmt gewordene Mönch Jigme Guri wird zum dritten Mal festgenommen.
21. August: Drei Tibeter werden aus unbekannten Gründen festgenommen. 30. August: Drei Mönche des Klosters Kirti werden im Zusammenhang mit Phuntsoks Selbstverbrennung wegen "vorsätzlicher Tötung" zu jeweils 10, 11 und 13 Jahren Haft verurteilt. 10. September: Drei Mönche des Klosters Kirti werden zu zwei bis drei Jahren Umerziehung durch Arbeit verurteilt. 25. September: Der 19-jährige Sänger Choegon wird während eines Wettbewerbes in Lhasa verhaftet. 26. September: Die zwei Kirti-Mönche Lobsang Kunchok und Lobsang Kelsang zünden sich selbst an. Lobsang Kunchok werden Arme und Beine amputiert, über den Zustand von Lobsang Kelsang ist nichts bekannt. 1. Oktober: Am chinesischen Nationalfeiertag demonstrieren über 200 Mönche in Serthar in der Präfektur Kardze. Auf dem Dach eines öffentlichen Gebäudes hissen sie die tibetische Flagge und entrollen ein Porträt des Dalai Lama. 3. Oktober: Der 17-jährige Kirti-Mönch Kelsang Wangchuk verbrennt sich selbst. 7. Oktober: Khaying und Choepel, zwei ehemalige Mönche des Klosters Kirti, verbrennen sich selbst. 14. Oktober: Geshe Tsultrim Gyatso, aus dem Bezirk Chabcha, wird während eines Vortrages in einer Schule festgenommen. 15. Oktober: Norbu Damdrul zündet sich selbst an. Über seinen aktuellen Zustand ist nichts bekannt. 16. und 17. Oktober: In Serthar, in der Präfektur Kardze, werden Tibeter festgenommen, weil sie Flugblätter verteilt haben. Am nächsten Tag kommt es zu Protesten, und die Polizei eröffnet das Feuer. Zwei Tibeter werden verletzt. 17. Oktober: Die 20-jährige Nonne Tenzin Wangmo aus dem Bezirk Ngaba verbrennt sich selbst. 19. Oktober: Das Sicherheitsaufgebot in der tibetischen Hauptstadt Lhasa wird verstärkt. Der tibetische Schriftsteller Meycheh wird festgenommen. Der Schriftsteller Jolep Dawa aus Ngaba wird zu drei Jahren Haft verurteilt. 25. Oktober: Der Mönch Dawa Tsering (38) aus Kardze zündet sich während einer religiösen Zeremonie selbst an.
29. Oktober: Zwei Äbte und sieben Mönche des Klosters Karma in Chamdo werden festgenommen. 3. November: Die Nonne Palden Choetso (35) setzt sich in Kardze in Brand. Zehntausende Tibeter strömen zu der Kerzenmahnwache für die Verstorbene. Das Video von ihrer Selbstverbrennung geht um die Welt. 4. und 6. November: Zwei junge Mönche aus Ngaba werden aus unbekannten Gründen verhaftet. 30. November: Zehn tibetische Hirten werden nach einem Streit mit dem chinesischen Besitzer eines Schlachthauses festgenommen. 1. Dezember: Der ehemalige Mönch Tenzin Phuntsok (43) zündet sich selbst an und stirbt fünf Tage später. 9. Dezember: Ein junger Tibeter aus Labrang wird bei einer Verkehrskontrolle angehalten. Später stirbt er im Gewahrsam der Polizei. 14. und 15. Dezember: In der Schule für angehende Ingenieure in Chengdu kommt es zu Übergriffen von chinesischen Studenten auf ihre tibetischen Kommilitonen. 30. Dezember: Die Familie des tibetischen Schriftstellers Kelsang Tsultrim erfährt erstmals von seiner Verurteilung zu vier Jahren Haft. 6. Januar 2012: Die zwei ehemaligen Kirti-Mönche Tsultrim und Tennyi verbrennen sich selbst. 8. Januar: Der reinkarnierte Lama Sonam Wangyal verbrennt sich selbst. 9. Januar: Tausende Tibeter versammeln sich in Darlag, um für den verstorbenen Lama zu beten. In Labrang kommt es zu Unruhen, nachdem am Vortag ein Tibeter von der Polizei erschossen wurde. 14. Januar: Der ehemalige Mönch Lobsang Jamyang verbrennt sich selbst in Ngaba. Es kommt zu Unruhen, bei denen eine Tibeterin erschossen wird. 23. Januar: In Drango, in der Präfektur Kardze, eröffnen Beamte der bewaffneten Volkspolizei das Feuer auf friedliche Demonstranten. Ein Tibeter wird getötet, ungefähr dreißig werden verletzt. Zum chinesischen Neujahr werden über eine Million chinesische Flaggen und Wandbilder mit Portraits der vier chinesischen Führungsgenerationen an Klöster, Schulen, Büros und Haushalte verteilt. 24. Januar: In Serthar, in der Präfektur Kardze, schießen Sicherheitskräfte auf eine Gruppe von etwa 300 Demonstranten. Fünf Tibeter werden erschossen, vierzig weitere verletzt.
26. Januar: Der tibetische Oberschüler Tharpa verteilt Flugblätter in Barma, im Bezirk Dzamthang und wird festgenommen. Als eine Gruppe von Tibetern versucht, die Polizei daran zu hindern, wird ein Schulkamerad Tharpas erschossen. 4. Februar: In der Ortschaft Wonpo, in der Präfektur Kardze, entfernen tibetische Demonstranten die chinesische Flagge von einem Schulgebäude und hissen die tibetische Flagge. 8. Februar: Der 19-jährige Rinzin Dorjee zündet sich auf dem Gelände einer Schule in Ngaba selbst an. Über seinen gesundheitlichen Zustand ist nichts bekannt. 9. Februar: Sonam Rabyang zündet sich in Tridu in der Gegend von Kyegudo an. Zuvor hatten etwa 400 Mönche seines Klosters und 1.000 Dorfbewohner demonstriert. Zwei der Tibeter, die an den Demonstrationen in Drango beteiligt waren, werden von der Polizei aufgespürt und erschossen. 11. Februar: Die 19-jährige Nonne Tenzin Choedon aus Ngaba verbrennt sich selbst. 13. Februar: Der 19-jährige Kirti-Mönch Lobsang Gyatso zündet sich selbst an. Sein derzeitiger Zustand ist nicht bekannt. 15. Februar: Etwa 20 Polizeibeamte dringen in das Haus des Schriftstellers Gangkye Drubpa Kyab, im Bezirk Serthar, ein und nehmen ihn fest. 16. Februar: Drei Mönche aus dem Bezirk Kyegudo (Sonam Gyewa, Lobsang Samten und Lobsang Nyima) werden in Zusammenhang mit den Protesten in der Region verhaftet. 17. Februar: Der 43-jährige Damchoe Sangpo, Lehrer im Kloster Bongthak in Tsongon, verbrennt sich aus Protest selbst. 19. Februar: Der 18-jährige Mönch Nangdrol verbrennt sich selbst im Bezirk Dzamthang, Präfektur Ngaba. 21. Februar: Rinzin Dorjee (19), der sich am 8. Februar in Ngaba selbst angezündet hat, stirbt in einem Militärkrankenhaus. 22. Februar: In der Stadt Kikor, im Bezirk Serthar, demonstrieren etwa 60 Tibeter gegen die chinesische Regierung. 28. Februar: Ein 32-jähriger Tibeter verübt in der Nacht einen Sprengstoffanschlag auf ein neu gebautes Regierungsgebäude in Rekpa, im Bezirk Derge. Er zieht sich dabei tödliche Kopfverletzungen zu und stirbt. 29. Februar: Die tibetische Schriftstellerin Woeser wird unter Hausarrest gestellt und daran gehindert, einen niederländischen Kulturpreis entgegenzunehmen.
Ende Februar: Tibet wird im fünften Jahr in Folge während des tibetischen Neujahrsfestes und des Jahrestages des tibetischen Volksaufstandes gesperrt. 1. März: Eine neue Richtlinie zwingt die Tibeter, jederzeit Ausweisdokumente mit sich zu führen. 3. März: Die 19-jährige Schülerin Tsering Kyi verbrennt sich auf dem Gemüsemarkt in Machu, in der Provinz Gansu, selbst. Ihre Familie wird später gezwungen, eine Erklärung zu unterzeichnen, die besagt, dass Tserings Selbstverbrennung nicht politisch motiviert gewesen sei. 4. März: Die vierfache Mutter und Witwe Rinchen (33) verbrennt sich vor dem von Sicherheitskräften belagerten Kloster Kirti in Ngaba (Osttibet) selbst. Sie verstirbt noch vor Ort an ihren schweren Verletzungen. 5. März: Im Zusammenhang mit den schweren Unruhen in der chinesischen Provinz Sichuan Ende Januar sind bislang mehr als 400 Tibeter verhaftet worden. Der 18-jährige Dorjee aus Cha Sang in Ngaba verbrennt sich selbst. Auch er stirbt. 6. März: In Amdo Golok versucht ein Tibeter eine Verhaftung zu verhindern und wird erschossen. Bei den darauf folgenden Ausschreitungen werden viele Tibeter verletzt.