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Transkript:

Warum Stichproben? Vollerhebungen sind teuer Nehmen (zu)viel Zeit in Anspruch Sind evtl. destruktiv Voraussetzung für die Anwendung von Stichproben: Stichproben müssen repräsentativ sein, d.h. ein verkleinertes Abbild der Grundgesamtheit darstellen 1

Definitionen Grundgesamtheit: Menge derjenigen Objekte, über die mit Hilfe der Stichprobe Aussagen gemacht werden sollen, z.b. Alle volljährigen Deutschen in Privathaushalten Auswahlgesamtheit: Menge der Objekte, aus denen die Angehörigen der Stichprobe tatsächlich ausgewählt werden Undercoverage: Objekte gehören zur Grundgesamtheit, aber nicht zur Auswahlgesamtheit Overcoverage: Objekte gehören zur Auswahlgesamtheit, aber nicht zur Grundgesamtheit Untersuchungseinheit vs. Auswahleinheit 2

Stichprobenausfälle Unsystematische (stichprobenneutrale) Ausfälle sind weitgehend unproblematisch Systematische Ausfälle stellen die Repräsentativität in Frage Item-Nonresponse Unit-Nonresponse Aufteilung nach: Nicht-Befragbaren ( Unable-to-answers ) Schwer-Erreichbaren ( Not-at-homes ) Verweigerern ( Refusals ) 3

Auswahlverfahren Grundsätzlich wird zwischen willkürlichen (=bewußten) und Zufallsauswahlverfahren unterschieden Nur Zufallsauswahlen führen zu wirklich repräsentativen Stichproben Repräsentativität bedeutet in diesem Zusammenhang: Jedes Element der Grundgesamtheit hat eine gleiche oder zumindest eine angebbare Wahrscheinlichkeit (=Chance), in die Stichprobe zu gelangen 4

Zufallsexperimente Die Ziehung einer Zufallsstichprobe entspricht von der Struktur her einem Zufallsexperiment Beim Zufallsexperiment weiß man nicht, ob ein bestimmtes Ereignis (z.b. beim Würfeln fällt eine Drei, Herr Müller gerät in die Stichprobe, ich bestehe die Statistik-Klausur ) eintreten wird Zu jedem dieser Ereignisse gehört aber eine bestimmte Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit bedeutet: Wenn ich das Experiment sehr oft wiederhole, entspricht die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses der relativen Häufigkeit, mit der es bei diesen Wiederholungen auftritt 5

Zufallsstichproben Bei Zufallsstichproben nähert sich die Verteilung Variablen in der Stichprobe der Verteilung in der Grundgesamtheit an Je größer die Stichprobe und je homogener die Grundgesamtheit, desto besser die Annäherung Der Stichprobenfehler kann bei Zufallsstichproben berechnet werden D.h., es können Intervalle angegeben werden, innerhalb derer der gesuchte Wert der Grundgesamtheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu finden ist 6

Einfache Zufallsstichproben Reine Zufallsstichprobe: Alle Stichprobenelemente werden unabhängig voneinander ermittelt (Beispiel Lostrommel) Systematische Zufallsstichprobe: Nur das erste Stichprobenelement wird zufällig ermittelt Die übrigen Elemente werden bestimmt, indem man bspw. in einer Kartei von diesem Element ausgehend jedes 20. Element auswählt 7

Komplexe Zufallsstichproben Geschichtete Stichprobe Klumpenstichprobe Mehrstufige Zufallsauswahl 8

Geschichtete Stichprobe Die Grundgesamtheit wird in (theoretisch relevante) Schichten, z.b. Männer/Frauen, Ostdeutsche/Westdeutsche, Arbeitslose/Erwerbstätige eingeteilt Aus diesen Schichten werden getrennte Zufallsstichproben gezogen. Dadurch kann der Stichprobenfehler reduziert werden Proportionale vs. disproportionale Schichtung 9

Klumpenstichproben Ausgewählt werden nicht Einzelpersonen, sondern Klumpen, d.h. definierte Gruppen von Personen (z.b. Schulklassen). Innerhalb der Klumpen wird jede Person untersucht Vor allem dann angemessen, wenn Kontexteffekte (Gruppeneffekte) in die Untersuchung einbezogen werden solllen Ungeeignet, wenn die Klumpen sich stark voneinander unterscheiden, aber in sich homogen sind, weil dann der Stichprobenfehler stark ansteigt 10

Mehrstufige Zufallsauswahl Wird benötigt, wenn es kein Verzeichnis der Untersuchungseinheiten gibt, aus dem die Stichprobe gezogen werden kann Besteht aus zwei oder mehr nacheinander durchgeführten einfachen Zufallsauswahlen (z.b. Schulen! Schulklassen! Schüler) Problem: Auf jeder Ebene der Auswahl treten voneinander unabhängige Stichprobenfehler auf.! Verlust an Genauigkeit Je heterogener die Einheiten auf einer Auswahlebene sind, desto größer sollte die Stichprobe auf dieser Ebene sein Auswahleinheiten sind unterschiedlich groß Unterschiedliche Auswahlwahrscheinlichkeit für Untersuchungseinheiten PPS (Probablity Proportional to Size)-Design 11

Beispiel für mehrstufige Auswahl: ADM-Mastersample Aus allen Stimmbezirken wurden ca. 25.000 ausgewählt Diese Stimmbezirke sind in ca. 100 Netze eingeteilt. Für eine konkrete Untersuchung werden ein oder zwei Netze ausgewählt. Die in ihnen enthaltenen Stimmbezirke (sample points) bilden für die Untersuchung die erste Auswahlebene Innerhalb der Stimmbezirke werden Haushalte per random route zufällig ausgewählt (zweite Auswahlebene) Innerhalb der Haushalte werden Personen zufällig ausgewählt Schwedenschlüssel bzw. Kish-Selection-Grid Geburtstagsmethode Bei der Auswertung muß entsprechend der Größe der Untersuchungseinheiten gewichtet werden (PPS) 12

Quotenauswahl Willkürliches, nicht zufälliges Verfahren Auswahl der Befragten nach Quoten, die erfüllt werden müssen einfache Quoten kombinierte Quoten Vorteil: Kosten (bei einfachen Quoten) Nachteile: Inferenzstatistik nicht anwendbar Verteilung der Quotierungsmerkmale muß bekannt sein Merkmale müssen leicht erfaßbar sein Auswahl der Quotierungsmerkmale Professionelle Befragte / Betrugsmöglichkeiten Ausfälle werden verdeckt Hoher Aufwand bei kombinierten Quoten 13