Theobroma cacao Kakao (Sterculiaceae), die Speise der Götter

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Theobroma cacao Kakao (Sterculiaceae), die Speise der Götter VEIT MARTIN DÖRKEN & ANNETTE HÖGGEMEIER 1 Einleitung Sollte uns mal wieder der Heißhunger auf Schokolade packen, ist der Gang in den Supermarkt selbstverständlich und nichts Besonderes. Dort hat man dann die Qual der Wahl. Kakao in den unterschiedlichsten Verarbeitungsformen, ganze Regalgänge füllend, wird bereits für kleinstes Geld angeboten, insbesondere als Schokolade. Das war allerdings nicht immer so. Die Samen des Kakaobaums (Theobroma cacao) waren in seiner südamerikanischen Heimat zu Zeiten der präkolumbianischen Hochkulturen hochgeschätzt und dienten nicht nur zur Herstellung von aromatischen Getränken, sondern waren auch ein wichtiges Zahlungsmittel, teilweise noch bis ins 16. Jh. hinein. So stellte die Kakaobohne (Abb. 2) die Basis des mexikanischen Münzsystems dar, in dem 1000 Samen 3 Golddukaten entsprachen (BRÜCHER 1977). Daher war der Konsum von Kakao in Südamerika auch nur den Maja-, Inka- und Azteken-Aristokraten vorbehalten, die in den Genuss eines mit Vanille und Pfeffer verfeinerten Kakaogetränkes kamen. Der Überlieferung nach soll Montezuma angeblich täglich 50 Tassen dieses Göttertrunks "chokolatl" zu sich genommen haben (BRÜCHER 1977). Das einfache Volk jedoch musste sich mit dem Verzehr des Fruchtfleisches begnügen. Kakao wurde daher als Speise der Götter bezeichnet, worauf auch die botanische Bezeichnung Theobroma (aus dem Griechischen von Götterspeise abgeleitet) Bezug nimmt. Abb. 1: Kakaofrucht und Kakaoblüten am Baum (BG Bonn, A. JAGEL). Abb. 2: Kakaosamen (BG Bochum, A. HÖGGEMEIER). Nachdem die ersten Kakaosamen durch die spanischen Eroberer nach Europa gelangt waren, waren die daraus hergestellten Produkte auch hier zunächst nur der Oberschicht vorbehalten. Doch das hat sich besonders seit dem letzten Jahrhundert gewandelt. Kakaoprodukte gehören heute zum Standardsortiment eines jeden Supermarkts und zur Oster- und Weihnachtszeit steigt der Konsum massiv an. Dem Genuss von Schokolade wird eine wohltuende, stimulierende, ja sogar euphorisierende Wirkung zugeschrieben, die auf den über 700 verschiedenen Inhaltsstoffen in den Kakaosamen beruht (MABBERLEY 2008). Die Biologie des Kakaobaums und die Verwendungsaspekte der Kakaosamen werden nachfolgend dargestellt. 263

2 Systematik und Verbreitung Die Gattung Theobroma umfasst 20 Arten, von denen nur Theobroma cacao mit seinen Unterarten von weltwirtschaftlicher Bedeutung ist (MABBERLEY 2008). Der Großteil der übrigen Arten spielt nur lokal eine Rolle. Theobroma stammt aus der überwiegend tropisch verbreiteten Familie der Sterculiaceae (HEYWOOD 1982, LIEBEREI & REISDORFF 2007). Andere Autoren führen die Sterculiaceae heute nicht mehr als eigenständige Familie, sondern überführen sie in die Malvengewächse (Malvaceae, z. B. MABBERLEY 2008). Theobroma cacao stammt aus den Regenwäldern des Amazonasgebietes, in denen die jährlichen Durchschnittstemperaturen zwischen 24-28 C liegen und mindestens 1500-2000 mm Niederschlag gleichmäßig verteilt über das Jahr fallen (LIEBEREI & REISDORFF 2007). Er wächst hier meist auf sehr feuchten Überschwemmungsböden im schattigen Unterwuchs. Heute werden Kakao-Bäume in geeigneten Klimaten weltweit kultiviert, so z. B. neben Mittel- und Süd-Amerika auch in Südost-Asien (z. B. Ceylon, Neuguinea oder den Philippinen). Die größten Produzenten liegen in Westafrika, allen voran die Elfenbeinküste und Ghana. In Deutschland findet man Kakaobäume zur Anschauung regelmäßig in den Tropenhäusern der Botanischen Gärten. 3 Morphologie Habitus Der Kakaobaum ist ein kleiner, immergrüner, nur etwa 10 m hoher Baum mit einem eigentümlich etagenartigen Verzweigungssystem. Hierbei stellt der eigentlich aufrecht (orthotrop) wachsende Sprossscheitel nach einer gewissen Zeit sein Wachstum ein und bildet 3-5 waagerechte (plagiotrope) Seitenäste aus (Abb. 1). Nachfolgend wird durch eine Seitenknospe erneut eine aufrechte Sprossachse gebildet, an der sich dann dieses Verzweigungsmuster wiederholt. In Kultur werden durch Erziehungsschnitte Pflanzen erzeugt, die nur eine solche Verzweigungsetage aufweisen und somit kleiner bleiben. Entsprechend leichter sind die Früchte zu ernten. Blatt Der Kakaobaum zeigt ein typisches Merkmal, das auch bei vielen anderen tropischen Bäumen auftritt. Der junge Austrieb entwickelt sich so rasch, dass in den jungen Blättern zunächst kaum Festigungselemente und Chlorophyll vorhanden sind. Die jungen Blätter sind daher im Austrieb erst kupfer- bis bronzefarben und hängen schlaff an den Trieben herab, ein Phänomen, das in der Botanik als "Laubschütte" bezeichnet wird (Abb. 3). Voll entwickelte Blätter sind 20-40 cm lang, dunkelgrün, derb-ledrig und haben eine kurze Spitze (Abb. 4). Abb. 3: Laubschütte, Blätter am frischen Austrieb (Züricher Zoo, V. M. DÖRKEN). Abb. 4: Ältere Blätter (Züricher Zoo, V. M. DÖRKEN). 264

Blüte Die Blüten des Kakaobaums erscheinen oft schon im fünften Lebensjahr und sind mit Durchmessern von etwa 1 cm recht klein (Abb. 5). Sie müssen rasch nach dem Aufblühen bestäubt werden. Die Bestäubung wird von kleinen Fliegen der Gattung Forcipomya übernommen (BRÜCHER 1977). Im Unterschied zu unseren heimischen Gehölzen werden die Blüten nicht im gesamten Kronenraum gebildet, sondern entspringen zu Tausenden unmittelbar am Stamm (Abb. 6). Dabei werden die Blüten entweder direkt am Hauptstamm hervorgebracht, ein Phänomen, das man als Kauliflorie bezeichnet, oder sie werden an den blattlosen stärksten Seitenästen ausgebildet, Ramiflorie genannt). Diese sog. Stammblütigkeit ist ein weiteres typisches Phänomen zahlreicher tropischer Bäume. Abb. 5: Einzelne Kakaoblüte (BG Bochum, A. HÖGGEMEIER). Abb. 6: Kakaoblüten an starkwüchsigen Seitenästen (BG Konstanz, V. M. DÖRKEN). Die Kauliflorie tropischer Bäume resultiert wahrscheinlich daraus, dass bei vielen Arten riesige Früchte gebildet werden, für die dünne Seitenäste nicht ausreichend stabil genug wären. Zum anderen werden kauliflore Blüten im blattlosen Stammbereich von Bestäubern besser gefunden, als wenn sie im dichten immergrünen Laub im Kronenbereich gebildet würden. Abb. 7: Kakaoblüte, Übersicht (BG Konstanz, V. M. DÖRKEN). Abb. 8: Kakaoblüte, Kronblattdetail (BG Konstanz, V. M. Dörken). Die fünf weißen bis grünlich weißen Blüten haben fünf Kelchblätter, die an der Basis etwas miteinander verwachsen sind. Die fünf Kronblätter sind kapuzenartig eingestülpt und enden in einer verbreiterten zungen- bis spatelförmigen, zurückgebogenen Spitze. Die Staubblätter sind an der Basis miteinander zu einer Röhre verwachsen. Nur fünf der zehn Staubblätter 265

sind fertil, sie liegen in den Kapuzen der Kronblätter verborgen, während die fünf sterilen Staubblätter (Staminodien) straff aufrecht weit aus der Blüte herausragen und um den Fruchtknoten und den Griffel stehen (Abb. 7 & 8). Eine Selbstbestäubung kann somit verhindert werden (LIEBEREI & REISDORFF 2007). Frucht Von den tausenden von Blüten eines Kakaobaumes entwickelt sich nur etwa aus jeder 500sten eine Frucht (BRÜCHER 1977). Die fünf miteinander verwachsenen Fruchtblätter bilden einen gemeinsamen Fruchtknoten. In jedem Fruchtfach werden auf einer zentralen Plazenta die Samenanlagen in zwei Reihen ausgebildet, insgesamt sind es ca. 50 je Fruchtknoten (LIEBEREI & REISDORFF 2007). Abb. 9: Junge Kakaofrüchte am Baum (BG Bochum, A. HÖGGEMEIER). Abb. 10: Querschnitt durch eine junge Frucht, mit deutlich erkennbaren Septen (BG Konstanz, V. M. DÖRKEN). Abb. 11: Reife Kakaofrüchte am Baum (BG Bochum, V. M. DÖRKEN). Abb. 12: Kakaofrucht, die Fruchtwand wurde teilweise entfernt. Die Samen sind von einer weißlichen Pulpa umgeben (Palmengarten Frankfurt, V. M. DÖRKEN). Die Früchte sind nach 5-8 Monaten reif, 15-20 cm lang und gelb bis rotbraun gefärbt (Abb. 11). Da die Fruchtschale mit zunehmender Samenreife eintrocknet, spricht man in der Botanik auch von einer sog. Trockenbeere. Die Fruchtwand ist bei den sog. Criollo-Sorten (das sind Sorten des mittelamerikanischen Theobroma cacao subsp. cacao) glatt und glänzend, bei Forastero-Sorten (Sorten des aus dem Amazonasgebiet stammenden Theobroma cacao subsp. sphaerocarpum) stark runzelig und matt (NOWAK & SCHULZ 2009). Die Fruchtwand ist faserig und wird vom Exokarp und den äußeren Teilen des Mesokarps 266

gebildet. Das essbare, weiße Fruchtfleisch, das die braunroten, 2-3 cm langen Samen umgibt (Abb. 12), wird als "Pulpa" bezeichnet und geht aus dem Endo- und den inneren Teilen des Mesokarps hervor. Das Endokarp ist fest mit der Samenschale (= Testa) verwachsen. Die zunächst noch vorhandenen Septen im Fruchtknoten (Abb. 10) verschleimen mit zunehmender Fruchtentwicklung völlig und sind in der reifen Frucht nicht mehr vorhanden. 4 Verarbeitung und Verwendung Ähnlich wie beim Kaffee müssen auch die Kakaosamen einen aufwändigen Fermentierungsprozess durchlaufen, damit das typische Aroma gebildet wird. Kakaofrüchte haben, wie für tropische Früchte charakteristisch, nur eine kurze Haltbarkeit. Daher muss mit der Verarbeitung der Kakaobohnen unmittelbar nach der Ernte noch vor Ort begonnen werden. Frisch geerntete, nicht fermentierte Kakaosamen schmecken eher fade und schal. Nach der Ernte werden daher die Samen mit anhaftender Pulpa in Fermentierungskästen gebracht. Hier herrschen zunächst anaerobe Bedingungen, unter denen durch Gärungsprozesse bei Temperaturen um 50 C unter anderem Ethanol entsteh t. Nachdem sich die Fruchtfleischreste verflüssigt haben und aus den Fermentierungskästen entfernt wurden, stellen sich aerobe Bedingungen ein, unter denen auch Essigsäure gebildet wird. Die Essigsäure führt zu einer deutlichen Veränderung des chemischen Milieus in den nun abgestorbenen Keimblättern der Embryos. Diese Milieuveränderungen sind wichtige Vorstufen zur Aromabildung. Nach 2-6 Tagen wird dieser erste Schritt im Fermentationsprozess beendet und die Samen auf einen Restwassergehalt von 5-8 % getrocknet (LIEBEREI & REISDORFF 2007). Die so behandelten Samen werden als "Rohkakao" (Abb. 13) in den Handel gebracht. Damit es zur Entfaltung des typischen Kakaoaromas kommt, müssen die Samen noch geröstet werden. Beim Rösten lösen sich auch die Samenschalen ab und sie können leicht von der weiter zu verarbeitenden Masse entfernt werden. Kakaosamen sind sehr nährstoffreich und über die Hälfte aus Fett (53 %), enthalten aber auch 14 % Stärke und 7 % Eiweiß (BRÜCHER 1977). Die anregende oder stimulierende Wirkung des Kakaos ist auf das Vorhandensein des Alkaloides Theobromin (Dimethylxantin) zurückzuführen, das dem nahe verwandten Koffein (Trimethylxanthin) ähnlich ist. Außerdem enthalten sie auch einen geringen Gehalt an Koffein. Dem hohen Gehalt der Aminosäure Phenylalanin in fermentierten Kakaosamen, aus der sich ß-Phenylethylamin ableitet, wird eine euphorisierende Wirkung zugeschrieben (LIEBEREI & REISDORFF 2007). Mit bis zu 2 % ist der Koffeingehalt des Criollo-Kakaos (Theobroma cacao subsp. cacao) deutlich höher als der des Forastero-Kakaos, der nur 0,2 % Koffein aufweist (LIEBEREI & REISDORFF 2007). Abb. 13: Getrocknete Kakaosamen, der sog. "Rohkakao" (A. HÖGGEMEIER). Abb. 14: Kakaobruch, geröstet (A. HÖGGEMEIER). 267

Abb. 15: Kakaopresskuchen vor dem Zermahlen zu Kakaopulver (A. HÖGGEMEIER). Abb. 16: Zu Platten gepresste Kakaobutter (A. HÖGGEMEIER). Die gerösteten Kakaobohnen werden zu einer zähen Masse zermahlen. Diese wird auf 70-80 C erwärmt und gepresst, so dass etwa die Hälfte des Fettgehaltes abgetrennt wird. Der Pressrückstand (Abb. 15) wird zu Kakaopulver zermahlen. Das abgepresste Fett, die sog. Kakaobutter, ist eine weiße, formbare Masse, die zu Platten gepresst werden kann (Abb. 16). Kakaobutter findet in der pharmazeutisch-kosmetischen Industrie Verwendung, z. B. als Grundlage für Salben, in der Ummantelung von Zäpfchen, in Farblippenstiften und Pomaden. Aber Kakaobutter wird auch bei der Herstellung der bekannten Milch- und Schmelzschokoladen und auch der sog. weißen Schokolade verwendet, aber auch für Kuvertüren, die Kuchen und Plätzchen zieren und frisch halten. Literatur BRÜCHER, H. 1977: Tropische Nutzpflanzen. Berlin, Heidelberg, New York: Springer. FRANKE, W. 1997: Nutzpflanzenkunde, 6. Aufl. Stuttgart, New York: Thieme. HEYWOOD, V. H. 1982: Blütenpflanzen der Welt. Basel: Birkhäuser. LIEBEREI, R. & REISDORFF, C. 2007: Nutzpflanzenkunde, 7. Aufl. Stuttgart, New York: Thieme. MABBERLEY, D. J. 2008: MABBERLEY'S plant book, ed. 3. Cambridge: Univ. Press. NOVAK, B. & SCHULZ, B. 2009: Taschenlexikon tropischer Nutzpflanzen und ihrer Früchte. Wiebelsheim: Quelle & Meyer. 268