1 GRUNDSTÜCKSVERKAUF ALS BEIHILFE? Checkliste für die Schnellprüfung (Stand: 02/2004) von Staatsminister a.d. Georg Brüggen, Dipl. Betriebswirt (VWA) und Rechtsanwalt, Dresden
2 Inhalt: 1. Gegenstand der Checkliste 3 1.1. Grundsätzlich 3 1.2. Ausnahme Wohnungsbau 3 2. Wer ist Beihilfegeber 3 2.1. Öffentliche Hand 3 2.1. Private 3 3. Bedingungsfreier Verkauf 3 3.1. Wird ein Marktpreis erzielt? 3 3.1.1. Ausschreibung 3 3.1.1.1. Ausschreibungszeitraum 4 3.1.1.2. Ausschreibungsort (normal) 4 3.1.1.2. Ausschreibungsort (bei hohem Wert) 4 3.1.1.3. Ausschreibungshäufigkeit 4 3.1.2. Bedingungsfrei 4 3.1.2.1. Definition 4 3.1.2.2. Zulässige Einschränkungen 4 3.2. Verkauf ohne bedingungsfreies Bietverfahren (Gutachterverfahren) 5 3.2.1. Sachverständiger 5 3.2.2. Unabhängig 5 3.3.2. Marktwert 5 3.3.3. Preistoleranz 6 3.3.4. Besondere Verpflichtungen für die Preisbildung 6 3.3.5. Eigene Gestehungskosten der öffentlichen Hand und Preisbildung 6 4. Notifizierungspflicht des Verkaufs (Anmeldung bei der EU- Kommission) 6 5. Achtung: Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes 7
3 Anhand der Checkliste ist eine Schnellprüfung von Verkäufen von Bauten oder Grundstücken der öffentlichen Hand darauf zu überprüfen, ob sie staatliche Beihilfen enthalten. 1. Gegenstand der Checkliste 1.1. Grundsätzlich Der Leitfaden betrifft nur Verkäufe von Bauten oder Grundstücken der öffentlichen Hand. Der Erwerb von Grundstücken oder die Abtretung oder Vermietung von Grundbesitz durch die öffentliche Verwaltung ist nicht Gegenstand dieser Checkliste. Derartige Geschäfte können zwar ebenfalls Elemente staatlicher Beihilfe enthalten, sind aber nicht Gegenstand dieser Checkliste. 1.2. Ausnahme Wohnungsbau Deutsche Vorschriften und Maßnahmen, die die Qualität des privaten Wohnungswesens und den Zugang dazu fördern, sind von dieser Vorschrift ausgenommen. 2. Wer ist Beihilfegeber 2.1. Öffentliche Hand Zur Öffentlichen Hand i.s.d. Beihilferechts gehören u.a.: der Bund, die Länder öffentliche Körperschaften wie z.b. Kreise, Gemeinden, Zweckverbände, 2.1. Private öffentliche Stiftungen, Sparkassen, Landesbanken und Unternehmen, auf die öffentliche Stellen einen beherrschenden Einfluss ausüben. Private Unternehmen oder Privatpersonen können in der Regel keine Beihilfegeber sein. 3. Bedingungsfreier Verkauf Der Verkauf von Bauten oder Grundstücken nach einem hinreichend veröffentlichten, allgemeinen und bedingungsfreien Bietverfahren (ähnlich einer Versteigerung) und die darauf folgende Veräußerung an den meistbietenden oder den einzigen Bieter stellt grundsätzlich einen Verkauf zum Marktwert dar und enthält damit keine staatliche Beihilfe. 3.1. Wird ein Marktpreis erzielt? Ein Marktpreis wird nur erzielt, wenn Grundstück und/oder Gebäude bedingungsfrei ausgeschrieben werden. An eine bedingungsfreie Ausschreibung stellt die EU-Kommission die nachstehend beschriebenen Anforderungen. 3.1.1. Ausschreibung Die Ausschreibung muss ausreichend veröffentlicht werden.
4 3.1.1.1. Ausschreibungszeitraum Der Zeitraum ist ausreichend, wenn zwei Monate und längerausgeschrieben wurde. 3.1.1.2. Ausschreibungsort (normal) Für den Ausschreibungsort gilt: Bekanntmachung durch: nationale Presse, Immobilienanzeiger oder sonstige geeignete Veröffentlichungen oder durch Makler, die für eine große Anzahl potentieller Käufer tätig sind. Der entscheidende Maßstab ist, dass die Ausschreibung allen potentiellen Käufern zur Kenntnis gelangen kann/ konnte. 3.1.1.2. Ausschreibungsort (bei hohem Wert) Für den Ausschreibungsort gilt in diesen Fällen: Bauten oder Areale mit großem Wert oder wegen anderer Merkmale typischerweise für europaweit oder sogar international tätige Investoren von Interesse sein können sollen in Publikationen bekanntgemacht werden, die regelmäßig international beachtet werden und derartige Angebote sollen durch europaweit oder international tätige Makler verbreitet werden. Der entscheidende Maßstab ist, dass die Ausschreibung allen potentiellen Käufern zur Kenntnis gelangen kann/ konnte. 3.1.1.3. Ausschreibungshäufigkeit Die Ausschreibung muss mehrfach erfolgen. 3.1.2. Bedingungsfrei 3.1.2.1. Definition Bedingungsfrei ist eine Ausschreibung, wenn grundsätzlich jeder Käufer unabhängig davon, ob und in welcher Branche er gewerblich tätig ist, das Gebäude oder Grundstück erwerben und für seinen wirtschaftlichen Zweck nutzen kann und darf. 3.1.2.2. Zulässige Einschränkungen Einschränkungen sind Bedingungen und führen zum Verlust der Bedingungsfreiheit. Dies gilt aber unter bestimmten Voraussetzungen nicht für Einschränkungen aus Rechtsgründen und sog. gewillkürte Einschränkungen. 3.1.2.2.1. Einschränkungen aus Rechtsgründen Einschränkungen aus Gründen des Nachbarschutzes des Umweltschutze Vermeidung rein spekulativer Gebote sowie raumordnungsrechtliche Einschränkungen beeinträchtigen die Bedingungsfreiheit nicht, wenn sie sic aus europäischem oder deutschem Recht ergeben. 3.1.2.2.2. Gewillkürte Einschränkungen Gewillkürte Einschränkungen des Angebots in der Ausschreibung sind Verpflichtungen, die der potentielle Erwerber erfüllen soll, die sich nicht aus dem allgemeinen nationalen Recht der Entscheidungen der Planungsbehörden ergeben, oder
5 Verpflichtungen für den allgemeinen Schutz und die Erhaltung der Umwelt sind oder Verpflichtungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit sind oder Verpflichtungen zugunsten der öffentlichen Hand sind oder Verpflichtungen zugunsten der Allgemeinheit sind. Bei gewillkürten Einschränkungen ist das Angebot bedingungsfrei, wenn alle potentiellen Erwerber nicht in der Lage wären, diese Verpflichtung zu erfüllen, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder ob sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder nicht. 3.2. Verkauf ohne bedingungsfreies Bietverfahren (Gutachterverfahren) Wenn keine Ausschreibung realisiert werden soll, die öffentliche Hand also nicht beabsichtigt, das zuvor dargelegte Verfahren anzuwenden, dann muss vor den Verkaufsverhandlungen eine unabhängige Bewertung durch (einen) unabhängige(n) Sachverständige(n) für Wertermittlung erfolgen. Dieses Gutachten muss auf der Grundlage allgemein anerkannter Marktindikatoren und Bewertungsstandards den Marktwert ausweisen. Der so festgestellte Marktpreis ist der Mindestkaufpreis, der vereinbart werden kann, ohne dass eine staatliche Beihilfe gewährt wird. 3.2.1. Sachverständiger Ein Sachverständiger für Wertermittlung ist eine Person mit einwandfreiem Leumund, die einen geeigneten Abschluss an einer anerkannten Ausbildungsstätte oder eine gleichwertige akademische Qualifikation erworben hat und die in der Ermittlung von Anlagevermögenswerten nach Standort und Kategorie des Vermögenswerts sachkundig und erfahren ist. 3.2.2. Unabhängig Der Sachverständige für Wertermittlung muss seine Aufgaben unabhängig ausüben. D.h öffentliche Stellen sind nicht berechtigt, hinsichtlich des Ermittlungsergebnisses Anweisungen zu erteilen. Staatliche Bewertungsbüros, Beamte oder Angestellte gelten solange als unabhängig, wie eine unzulässige Einflussnahme auf ihre Feststellungen ausgeschlossen ist. 3.3.2. Marktwert Unter Marktwert ist der Preis zu verstehen, der zum Zeitpunkt der Bewertung aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages über Bauten oder Grundstücke zwischen einem verkaufswilligen Verkäufer und einem ihm nicht durch persönliche Beziehungen verbundenen Käufer unter den Voraussetzungen zu erzielen ist, wenn das Grundstück offen am Markt angeboten würde, wenn die Marktverhältnisse einer ordnungsgemäßen Veräußerung nicht im Wege stehen und eine der Bedeutung des Objektes angemessene Verhandlungszeit zur Verfügung stünde.
6 3.3.3. Preistoleranz Erweist es sich nach vernünftigen Bemühungen als unmöglich, das Gebäude oder Grundstück zu dem festgelegten Marktwert zu veräußern, lässt die EU-Kommission eine Abweichung bis zu 5 % gegenüber dem festgelegten Marktwert als marktkonform zu. Erweist es sich nach einer weiteren angemessenen Zeitspanne als unmöglich, das Gebäude oder Grundstück zum Marktwert abzüglich dieser Toleranzmarge zu veräußern, so kann eine Neubewertung vorgenommen werden, die die Erfahrungen und eingegangenen Angebote berücksichtigt. 3.3.4. Besondere Verpflichtungen für die Preisbildung Besondere Verpflichtungen, die mit dem Gebäude oder Grundstück und nicht mit dem Käufer oder seinen Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, können im öffentlichen Interesse an den Verkauf geknüpft werden, solange jeder potentielle Käufer sie unabhängig davon, ob und in welcher Branche er gewerblich tätig ist, zu erfüllen hätte und grundsätzlich erfüllen könnte. Der wirtschaftliche Nachteil solcher Verpflichtungen sollte getrennt bewertet und kann mit dem Kaufpreis verrechnet werden. Bei der Bewertung sind Verpflichtungen zu berücksichtigen, die ein Unternehmen auch im eigenen Interesse (Werbung, (Kultur- und Sport- )Sponsoring, Image, Verbesserung des eigenen Umfelds, Erholung der eigenen Mitarbeiter) übernimmt. Die wirtschaftliche Belastung, die an Verpflichtungen geknüpft ist, die nach allgemeinem Recht jeden Grundstückseigner treffen, sind nicht vom Kaufpreis abzuziehen (Pflege und Erhaltung des Geländes im Rahmen der allgemeinen Sozialbindung des Eigentums, Entrichtung von Steuern und sonstigen Abgaben). 3.3.5. Eigene Gestehungskosten der öffentlichen Hand und Preisbildung Die für die öffentliche Hand anfallenden primären Kosten des Gebäude- oder Grundstückserwerbs sind ein Indikator für den Marktwert, wenn zwischen dem Erwerb und dem Verkauf des von der öffentlichen Hand erworbenen Gebäudes oder Grundstücks nicht ein beträchtlicher Zeitraum lag. Deshalb gilt grundsätzlich, dass während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren vor dem Verkauf von der öffentlichen Hand erworbene Bauten oder Grundstücke grundsätzlich nicht unter den eigenen Gestehungskosten verkauft werden dürfen, wenn nicht der unabhängige Sachverständige allgemein zurückgehende Marktpreise für Bauten und Grundstücke im relevanten Markt ermittelt hat. 4. Notifizierungspflicht des Verkaufs (Anmeldung bei der EU-Kommission) Anmeldepflichtig sind alle Veräußerungen, die nicht aufgrund eines allgemeinen und bedingungsfreien Bietverfahrens an den meistbietenden oder einzigen Bieter erfolgen und Veräußerungen ohne ein solches Verfahren, die nicht mindestens zu dem von unabhängigen Sachverständigen festgelegten Marktwert getätigt wurden. Unbeschadet der de minimis - Regelung sind alle Verkäufe, die das vorgenannte Procedere nicht einhalten, anmeldepflichtig.
7 5. Achtung: Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes Wenn ein anmeldepflichtiges Grundstücksgeschäft beurkundet wird, ohne dass eine Genehmigung der EU-Kommission vorliegt, dann kann dieser Vertrag nach deutschem Recht nichtig sein. Staatsminister a.d. Georg Brüggen, Rechtsanwalt, Dresden Wenn Sie Fragen, Kritik oder Anregungen haben oder ergänzende Informationen benötigen, klicken Sie bitte hier, um dem Autor eine e-mail zu senden.