Mönchspfeffer in der Frauenheilkunde

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Mönchspfeffer in der Frauenheilkunde Vitex agnus-castus speziell beim prämenstruellen Syndrom B EATRIX FALCH In den industrialisierten Ländern ist das traditionelle phytotherapeutische Wissen lange in den Hintergrund gedrängt worden. Erst in jüngster Zeit ist eine Trendwende zu beobachten: Viele Frauen sind nicht länger bereit, ihren Körper mit «chemischen» Substanzen zu belasten, und suchen nach «natürlichen» Alternativen. Unabhängig von der persönlichen Einstellung sollte heutzutage eine Ärztin/ein Arzt diesem Bedürfnis der Patientinnen nachkommen können und für geeignete Indikationen Naturheilmittel als Alternative kennen. Ein Beispiel hierfür ist der Mönchspfeffer. Der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus), auch Keuschlamm genannt, spielt in der gynäkologischen Alltagspraxis eine wichtige Rolle. Mit Hilfe moderner analytischer und pharmakologischer Untersuchungen konnte der Hauptwirkmechanismus von Mönchspfeffer aufgeklärt und seine therapeutische Wirksamkeit bestätigt werden. Die Forschung ist aber längst nicht abgeschlossen, und es ist in Zukunft mit weiteren interessanten Erkenntnissen und Anwendungsmöglichkeiten für Mönchspfeffer zu rechnen. Mönchspfeffer traditionell Der Mönchspfeffer wurde bereits in der Antike medizinisch gebraucht: Er ist beispielsweise in den Schriften von Hippokrates, Dioskurides, Plinius, Galenos und Theophrast als Mittel bei Verletzungen und Entzündungen und auch gegen «Blutfluss» sowie zur «Beförderung des Abgangs der Nachgeburt» beschrieben worden. Auch bei Albertus Magnus, Hildegard von Bingen wurde Vitex agnuscastus für Sitzbäder bei Gebärmuttererkrankungen und bei Dysregulationen des weiblichen Zyklus eingesetzt. Später kamen die Anwendungen als Anaphrodisiakum und Laktagogum hinzu. All diese Anwendungsgebiete haben sich in der Volksmedizin erhalten. Verwendet wurden damals übrigens nicht nur die Früchte (wie heutzutage fast ausnahmslos), sondern auch die Blätter, das Kraut und die Samen (1). Mönchspfeffer botanisch Mönchspfeffer ist ein aromatisch duftender, etwa 2 bis 4 Meter hoher Strauch (Abbildung 1). Er besitzt braune, vierkantige Zweige mit kreuzweise gegenständigen, langgestielten, fingerförmig geteilten, lanzettlichen Fiederblättchen und M e r k - sätze 30 bis 40 Prozent der geschlechtsreifen Frauen leiden unter PMS. Rund 5 bis 10 Prozent haben sehr starke Beschwerden und erfahren eine massive Beeinträchtigung des Wohlbefindens. Da die Ursachen des PMS letztlich nicht bekannt sind, ist die Therapie rein symptomatisch. Bei leichteren Beschwerden sind u.a. diätetische Massnahmen, Stressbewältigung, Entspannungsübungen und körperliche Bewegung hilfreich. In schweren Fällen werden oft Hormonpräparate eingesetzt. Wichtig ist aber immer auch die Berücksichtigung der psychischen Situation der Frau. Mit Mönchspfeffer lassen sich vor allem Symptome wie Stimmungstiefs, Aggressivität, Reizbarkeit, Übersensibilität, Mastodynie, Kopfschmerzen, Ödeme und Völlegefühl gut behandeln. kleine violett bis blau, teilweise auch rosarot oder weiss gefärbte Blüten in dichten endständigen Blütenständen. Die pfefferkorngrossen Früchte sind rötlichschwarze oder dunkelbraune Steinbeeren. Der Mönchspfeffer wächst in den Mittelmeerländern und im Balkan an Flussufern und in Küstengebieten. Da er sehr viel Wärme benötigt, ist dieser Strauch in unserem 698 ARS MEDICI 15 2005

Tabelle: Typische PMS-Symptome Physische Beschwerden Psychische Beschwerden Verhaltensänderungen Mastodynie Reizbarkeit Heisshunger auf Süsses Kopfschmerzen, Migräne Übersensibilität Erhöhter Appetit Ödembildung, Aufgedunsenheit Stimmungslabilität, Stimmungsschwankungen Erhöhter Alkoholgenuss Gewichtszunahme innere Anspannung Verminderte Effizienz Abdominalbeschwerden depressive Verstimmungen, Ängstlichkeit, Hysterie Verminderte Motivation Unterleibskrämpfe Aggressivität, Wut Schlafveränderungen Müdigkeit Trägheit Libidoveränderungen Hautprobleme, Akne Traurigkeit Soziale Isolation Allgemeine Schmerzen Weinerlichkeit Interessensverlust Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen Nervosität, Ungeduld, Intoleranz Schlechte Konzentration Schwindel Vergesslichkeit Herzjagen Verwirrtheit Hitzewallungen Klima nicht winterhart, und man trifft ihn daher vor allem in botanischen Gärten an (2). Mönchspfeffer analytisch Welche Inhaltsstoffe im Einzelnen für diese Wirkungen verantwortlich sind, ist noch nicht abschliessend geklärt. Vor allem die Iridoidglykoside wie das Agnusid (0,6%) und Aucubin (0,3%), die Flavonoide (0,01 0,05%) mit Casticin, Chrysosplenol-D, Orientin, Penduletin, Vitexin und Isovitexin sowie die Diterpene (Rotundifuran) werden als Wirkprinzipien diskutiert. Daneben sind noch ätherisches Öl (ca. 0,8 1,6%), fette Öle und organische Säuren in Mönchspfefferfrüchten enthalten (2, 3, 4). Mönchspfeffer pharmakologisch Mönchspfefferfrüchte-Extrakte bewirken durch Bindung am Subtyp 2 des Dopaminrezeptors eine vermehrte Dopaminausschüttung (3). Durch diesen dopaminergen Wirkmechanismus führt der Mönchspfeffer zu einer Senkung des Prolaktinspiegels, ohne dass dabei die FSHund LH-Spiegel direkt beeinflusst werden (5). Ausserdem wurde eine Bindung an µ- und κ-opioidrezeptoren nachgewiesen, was eine Beeinflussung der β-endorphinkonzentration zur Folge hat (6). Neuroaktive Flavonoide in den Mönchspfefferfrüchten scheinen darüber hinaus mit dem GABA-Rezeptorsystem zu interagieren. Auch wird diskutiert, dass Mönchspfeffer einen zu geringen Progesteronspiegel anheben kann (7). Anwendungsmöglichkeiten von Mönchspfeffer beim PMS Das prämenstruelle Syndrom (PMS) wurde erstmals 1931 als Krankheitsbild beschrieben und ist von einer Vielfalt an physischen, psychisch-emotionalen und das Verhalten betreffenden Störungen gekennzeichnet (Tabelle). Das PMS tritt in der zweiten Zyklushälfte, meist in den letzten 7 bis 12 Tagen des Menstruationszyklus, auf und verschwindet oft schlagartig mit dem Einsetzen der Regelblutung. Bei einem Teil der Patientinnen können die prämenstruellen in dysmenorrhoische Beschwerden übergehen, so dass die Betroffenen pro Zyklus etwa nur 7 bis 10 Tage beschwerdefrei sind. Diese jahrelang, teilweise sogar jahrzehntelang regelmässig wiederkehrenden Beschwerden können für die betroffenen Frauen einen deutlichen Verlust an Lebensqualität, physischer und psychischer Leistungsfähigkeit und Selbstvertrauen bedeuten und den normalen Lebensrhythmus, die Partnerschaft und das Familienleben erheblich stören (8). Symptome und Häufigkeit des PMS Mehr als 150 Einzelsymptome (Tabelle) sind bekannt, die in unterschiedlicher Anzahl und Intensität bei den einzelnen Frauen auftreten können. Neuere Untersuchungen zeigten, dass 58 Prozent aller PMS-Patientinnen sowohl physische wie psychische Symptome, 37 Prozent vor allem psychische und der Rest (5%) vorwiegend physische Symptome zeigen (9). Ausserdem können sich chronische Leiden wie Asthma, Allergien, Epilepsie oder Migräne PMS-bedingt vor der Menstruation verschlechtern. Die epidemiologische Datenlage zur Häufigkeit des PMS ist sehr inhomogen. Die meisten Untersuchungen geben an, dass etwa 30 bis 40 Prozent der geschlechtsreifen Frauen vom PMS betroffen sind. Rund 5 bis 10 Prozent leiden unter sehr starken Beschwerden und einer massiven Beeinträchtigung des Wohlbefindens (8). Zu bedenken ist, dass eine grosse Dunkelziffer an Frauen besteht, die aus Minder- ARS MEDICI 15 2005 699

Dr. med. Regina Widmer Abbildung 1: Mönchspfefferblätter wertigkeitsgefühl, Scham, Resignation oder Angst, nicht ernst genommen zu werden, einen Arztbesuch ablehnen und über ihre Beschwerden nicht sprechen. Nach bisherigem Kenntnisstand sind Frauen unabhängig von Rasse, Kulturkreis oder sozioökonomischem Status vom PMS betroffen. Es ist aber eine familiäre Häufung festzustellen, was hier aber mehr auf ein anerzogenes Verhalten als auf eine mögliche genetische Komponente hindeutet. Während Mädchen und junge Frauen insbesondere über eine schmerzhafte Periode klagen, leiden meist Frauen jenseits des 30. Lebensjahrs an prämenstruellen Symptomen. Das PMS kann sich mit zunehmendem Alter, mit der Zahl von Schwangerschaften sowie nach Eileiterunterbindungen verstärken und klingt erst im Klimakterium ab. Ursachen des PMS Nach wie vor ist die Ursache des PMS nicht geklärt, und so existiert eine Vielzahl an Theorien. So wird unter anderem eine Dysregulation verschiedener Hormone (z.b. Östradiol, Progesteron, Prolaktin) oder Neurotransmitter (z.b. Serotonin, Dopamin) diskutiert. Auch Medikamente, Ernährung und Lebensweise (Stress, Bewegungsmangel) können einen Einfluss auf die Stärke des PMS haben (8, 10). Es wird oft zu wenig bedacht, dass die Einstellung der Patientin zu ihrem Frausein einen grossen Einfluss auf das prämenstruelle Geschehen haben kann. Eine psychosomatische Betrachtung des PMS hilft eine individuell zugeschnittene Therapie einzuleiten und das PMS weniger als eine Krankheit zu betrachten, sondern mehr als eine gesunde Reaktion des weiblichen Körpers auf bestimmte Lebensumstände der betroffenen Frau. Therapiemöglichkeiten Aufgrund der ungeklärten Ursachen wird das PMS vornehmlich symptomatisch behandelt, dabei sollte je nach Art und Ausmass der Beschwerden individuell therapiert werden. Häufig stellt sich ein Behandlungserfolg erst nach mehreren Menstruationszyklen ein. Die Wahl der zwangsläufig über längere Zeit verlaufenden Therapie muss deshalb gerade im Hinblick auf Nebenwirkungen sorgfältig getroffen werden. Bei leichten PMS-Beschwerden kann meist auf Medikamente verzichtet werden. In vielen Fällen reichen Aufklärung, diätetische Massnahmen (γ-linolensäure-, Magnesium-, Vitamin E- und Vitamin B6- reiche Ernährung oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel, kochsalz- und koffeinarme Ernährung), Stressbewältigung, kognitive Therapien und Entspannungsübungen sowie regelmässige körperliche Bewegung aus, um die prämenstruellen Beschwerden zu lindern. Bei leichten bis mittleren Beschwerden wurden mit Vitamin-E (300 600 I.E./d)- und Vitamin-B6 (100 mg/d)-gaben deutliche Verbesserungen des Allgemeinbefindens wie auch der Brustschmerzen beim PMS beschrieben. Oft werden auch Schmerzmittel eingesetzt. In mittelschweren bis schweren Fällen finden Hormone Anwendung, die den Menstruationszyklus beeinflussen oder unterdrücken und vor allem bei Mastodynie eingesetzt werden. Dazu zählen Progesteron und andere Gestagene, orale Kontrazeptiva, Östrogenpflaster und -implantate, Gonadotropin-Releasinghormon-Analoga sowie Gonadotropinhemmer. Zur Linderung und Therapie der Mastodynie werden auch Dopaminagonisten (z.b. Bromocriptinpräparate) oder Antiöstrogene eingesetzt sowie Diuretika zur Behandlung von Ödemen. Generell gilt zu bedenken, dass beim PMS die psychisch-emotionale Komponente eine grosse Bedeutung hat und dass die individuelle psychische Situation der Patientin in der Therapie berücksichtigt werden muss. Vielfach kann es auch schon ausreichen, dass die betroffene Frau das PMS als Körpersignal versteht und lernt, ihr Frausein mit all seinen Facetten zu akzeptieren (oder wo nötig und machbar vielleicht auch zu verändern), mehr für sich selbst zu schauen und in der PMS-Zeit sich genügend Erholungsinseln zu schaffen, indem sie zum Beispiel weniger Termine abmacht. Stehen vor allem starke psychische Beschwerden im Vordergrund (so genanntes PMDD = Premenstruel disphoric disorder oder PMDS = prämenstruelle dysphorische Störung), werden auch Antidepressiva 700 ARS MEDICI 15 2005

(z.b. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) eingesetzt, dies sollte aber nie ohne eine psychotherapeutische Unterstützung geschehen (8). Mönchspfeffer beim PMS Da ein Teil der vorausgehend genannten medikamentösen Therapiemöglichkeiten aufgrund ihrer Nebenwirkungen nur schweren PMS-Fällen vorbehalten sein sollte oder aufgrund der noch unbefriedigenden Datenlage eher vermieden werden sollte, bietet gerade der Einsatz von nebenwirkungsarmen pflanzlichen Präparaten eine wirksame Alternative (Kasten 1). Kasten 1: Therapieschemata für die PMS- Therapie mit Mönchspfeffer a) 1 x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt 240 mg Droge) über einen Zeitraum von drei Monaten verabreichen, absetzen und schauen, wie sich Beschwerden weiterentwickeln. Bei Bedarf neuer Therapiezyklus, Medikation dann nur in der 2. Zyklushälfte oder eine Woche prämenstruell oder sogar nur in den Tagen, in denen Beschwerden auftreten. Dosierung kann individuell angepasst werden. b) 1 x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt 240 mg Droge) verabreichen, dann bei Erfolg im 2. Zyklus nur in der 2. Zyklushälfte, bei Erfolg nur noch eine Woche prämenstruell und dann ab 4. Zyklus nur in den Tagen, in denen Beschwerden auftreten. c) 1 x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt 240 mg Droge) für einen Monat verabreichen, dann nur in der 2. Zyklushälfte oder sogar nur in den Tagen, in denen Beschwerden auftreten, spätestens nach sechs Monaten eine Pause machen und Beschwerdeentwicklung beobachten. Dosierung kann individuell angepasst werden. Interessant in diesem Zusammenhang ist ausserdem, dass es derzeit (noch) keinen synthetischen Arzneistoff gibt, der von der Swissmedic die Zulassung zur Behandlung von PMS-Beschwerden erhalten hat. Präparate mit Mönchspfefferextrakten schliessen nun diese Lücke. Neuere plazebokontrollierte Studien haben nämlich gezeigt, dass Mönchspfeffer (Vitex agnuscastus) die prämenstruellen Beschwerden signifikant lindert (11). Mit Mönchspfeffer lassen sich vor allem Symptome wie Stimmungstiefs, Aggressivität, Reizbarkeit, Übersensibilität, Mastodynie, Kopfschmerzen, Ödeme und Völlegefühl gut behandeln. Mögliche Wirkmechanismen sind in Abbildung 2 dargestellt. Mönchspfeffer in der Prämenopause Die Beschwerden zu Beginn der Wechseljahre bis zur Menopause also wenn es noch zu Monatsblutungen (wenn auch unregelmässig) kommt ähneln sehr stark den PMS-Beschwerden. Und tatsächlich ist es auch so, dass in den Wechseljahren zuerst die Progesteronspiegel absinken und erst später dann die Östradiolkonzentrationen abnehmen. Daher bietet sich bei psychischen (z.b. Unausgeglichenheit, Gereizheit) und physischen Beschwerden (z.b. Mastodynie), die denen des PMS gleichen, eine Mönchspfeffertherapie an (Kasten 2). Kasten 2: Therapieschema Prämenopause 1 2 x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt Droge), unter Umständen muss individuell angepasst werden, auch können geringer dosierte Präparate (z.b. in Tropfenform) ausreichend sein. Therapiezyklen entsprechend den obigen Angaben bei der PMS-Therapie. Mönchspfeffer zum sekundären Abstillen Entgegen der traditionellen Anwendung von Mönchspfeffer als Laktagogum muss aufgrund der pharmakologischen Untersuchungsergebnisse diese Indikation als obsolet betrachtet werden. Mönchspfeffer als Prolaktinhemmer ist nicht nur pharmakologisch betrachtet eine sinnvolle Alternative zu den synthetischen Prolaktinhemmern, er ist auch deutlich kostengünstiger. Leider fehlen hierzu aber noch ausreichende Erfahrungsberichte, so dass man als Gynäkologin oder Gynäkologe selber Erfahrungen sammeln muss (Kasten 3). Kasten 3: Therapieschema beim sekundären Abstillen 2 x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt Droge) für ca. 3 6 Tage, eventuell könnte auch eine 3x tägliche Gabe geeignet sein. Wenn die Frau schon einen Zyklus hat, dann vorzugsweise in der 2. Zyklushälfte mit Mönchspfeffer abstillen. Nach dem Stillen sollte immer direkt eine Mönchspfeffergabe erfolgen. Mönchspfeffer bei Regeltempoanomalien Ein zu kurzer Zyklus wird in der Regel mit einer Corpus-luteum-Insuffizienz in Verbindung gebracht, so dass eine Mönchspfeffertherapie auch hier sinnvoll sein kann (Kasten 4). Kasten 4: Therapieschema bei Regeltempoanomalien 1 x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt Droge) kontinuierlich für 3 4 Monate. Bei Erfolg nach 3 4 Monaten Absetzversuch, und wenn Zyklus wieder kürzer wird, dann erneut mit der Mönchspfeffertherapie beginnen. Mönchspfeffer bei Prolaktinom und Kinderwunsch Eine Hyperprolaktinämie ist häufig mit einer ungewollten Kinderlosigkeit verbunden. Das Gleiche gilt vor allem bei einem Prolaktinom. Beide sind mit einer Amenorrhö und Anovulation verbunden. Auch hier bietet sich eine Mönchspfeffertherapie versuchsweise an (Kasten 5). Es gibt einige ältere Studien, die diese Indikation bestätigen (12). 702 ARS MEDICI 15 2005

Kasten 5: Therapieschema beim Prolaktinom Prämenstruelles Syndrom Behandlung mit Vitex agnus-castus 1x täglich 40 mg Mönchspfefferfrüchteextrakt Droge). Falls es dann unter der Therapie zu einer Schwangerschaft kommt, sollte spätestens in der 12. Schwangerschaftswoche die Mönchspfeffertherapie abgesetzt werden. Hypothalamus Prolactin- Inhibiting-Factor = Dopamin + Vitex agnus-castus = Dopaminagonist Mönchspfeffer bei Dysmenorrhö Eine schmerzhafte Monatsblutung wird meist mit Schmerzmitteln und Spasmolytika therapiert. Auch hier kann Mönchspfeffer alternativ eingesetzt werden (Kasten 6). D 2 -Rezeptoren Hyper-Prolaktinämie Hypophyse Prolaktin = Nichthormonaler Prolaktin-Hemmer Normo-Prolaktinämie Kasten 6: Therapieschema bei Dysmenorrhö Ca. 3 4 Tage vor oder mit Beginn der Menstruation 1x täglich 40 mg Extrakt Droge) so lange, bis Periode vorbei ist oder Beschwerden weg sind. Dosierung kann individuell angepasst werden. Normalerweise behandelt man intervallweise 2 3 Zyklen lang, dann wird abgesetzt und der Beschwerdenverlauf beobachtet und bei Bedarf mit einem neuen Therapiezyklus begonnen. Mönchspfeffer als Aphrodisiakum Entgegen der traditionellen Anwendung von Mönchspfeffer als Anaphrodisiakum muss aufgrund der pharmakologischen Untersuchungsergebnisse diese Indikation als obsolet betrachtet werden. Mönchspfeffer als Dopaminagonist könnte durchaus ein Potenzial als Therapeutikum bei erektiler Dysfunktion haben. Hierzu liegen noch keine Erfahrungen vor. Zielorgane Abbildung 2: Mögliche Wirkmechanismen von Vitex agnus-castus Mönchspfeffer bei anderen Dopaminmangel-Erkrankungen Bei Erkrankungen, die mit einem zentralen Dopaminmangel verbunden sind (Morbus Parkinson), hat die schulmedizinische Therapie sicherlich den Vorrang. Mönchspfeffer könnte aber als adjuvante Therapie mit dem Ziel, die Dosis der schulmedizinischen Präparate zu reduzieren und damit die Nebenwirkungsrate zu minimieren, durchaus eine Bedeutung erlangen. Hierzu gibt es bis jetzt nur unveröffentlichte Einzelfallberichte. Die Literaturliste ist beim Verlag erhältlich (unter info@rosenfluh.ch anfordern). Dr. sc. nat. Beatrix Falch Phytocura Hochstrasse 51 8044 Zürich E-Mail: bfalch@gmx.ch Interessenlage: Die Autorin hat früher regelmässig Vorträge zum Thema PMS und Mönchspfeffer auf Einladung der Firma Zeller gehalten. Dieses Manuskript wurde unabhängig von irgendeiner Firma oder Institution erstellt. Hinweis: Mein Dank gilt Frau Dr. med. Regina Widmer, Solothurn, für ihre Therapiehinweise und Dosierungsangaben. Zeller AG ARS MEDICI 15 2005 703