Reizdarmsyndrom bei Kindern
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- Carl Raske
- vor 7 Jahren
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1 Reizdarmsyndrom bei Kindern Dr. med. D. Pilic Fachärztin für Kinderheilkunde Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie Klinik für Kinder- und Jugendmedizin St. Josef Hospital, Bochum
2 Häufigkeit Ca. 10% der Kinder und Jugendlichen leiden an wiederkehrenden Bauchschmerzen Bei 80% lassen sich trotz umfassender Untersuchungen keine körperlichen Ursachen feststellen funktionelle Bauchbeschwerden Ca. die Hälfte davon leidet an einem Reizdarmsyndrom
3 Definition Reizdarmsyndrom (RDS) Bauchschmerzen begleitet von verändertem Stuhlverhalten sowohl Durchfälle als auch Verstopfungen können auftreten, Stuhldrang Schmerzen bestehen schon über 2 Monate Andere (Darm-)Erkrankungen wurden ausgeschlossen Die Ursache ist bisher nicht geklärt!
4 Ursachen: Genetik u. Umwelt? Genetische Faktoren: Familiäre Häufung (gemeinsame Umgebungsfaktoren?); gehäuftes gleichzeitiges Vorkommen bei eineiigen gegenüber zweieiigen Zwillingen. Ernährung: Zusammenhang bisher nicht bewiesen. Wichtig: Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Fruchtzucker, Milchzucker) und allergien gehören nicht zum Reizdarmsyndrom!
5 Ursachen: : Entzündung? ndung? Nachweis einer leichtgradigen chronischen Entzündung der Darmwand bei Erwachsenen aber auch Kindern Gehäuftes Auftreten nach bakteriellen Magen-Darm-Infektionen Wichtig: Dieser leichte Entzündungsprozess hat KEINE negativen Langzeitfolgen wie z.b. erhöhtes Krebsrisiko (im Gegensatz zur chronisch entzündlichen Darmerkrankung)
6 Ursachen: Schmerzwahrnehmung? Der Darm hat seinen eigenen Kopf im ganzen Darmtrakt finden sich Nervenfasern, die unterschiedliche Reize wahrnehmen können und an das Gehirn weiterleiten. Hypothese: Im Gegensatz zum Gesunden werden diese Reize nicht ausgeblendet sondern vermehrt wahrgenommen. Hinweis: Darmdehnung wird bei RDS- Patienten eher als Schmerz wahrgenommen als bei Patienten mit anderen Darmerkrankungen und Gesunden
7 Ursachen: Schmerzwahrnehmung? WICHTIG: Auch wenn körperliche Ursachen fehlen, die Schmerzen sind nicht eingebildet und werden reell wahrgenommen!!! Aussagen wie Ihrem Kind fehlt nichts sind nicht hilfreich!
8 Ursachen: : Psyche? Vorsicht: Fehlen körperlicher Ursachen bedeutet nicht gleich psychische Erkrankung Aber psychische und soziale Faktoren können den Krankheitsverlauf jedoch beeinflussen veränderte Selbstwahrnehmung und vermehrte Besorgnis um eigene Gesundheit (übrigens auch bei organischen Erkrankungen!)
9 Ursachen: : Psyche? Häufigeres Vorkommen von Depressionen und Angststörungen bei RDS als bei Gesunden, ABER nicht im Vergleich zu Patienten mit chronischen organischen Krankheiten Negative psychische Langzeitfolgen: psychosoziale Probleme, geringer soziale und akademische Kompetenz
10 Welche Untersuchungen sollten erfolgen? Krankengeschichte: Gibt es Warnhinweise für organische Ursachen (Gewichtsverlust, Blut im Stuhl etc.) Körperliche Untersuchung (komplette Untersuchung, auch eine Inspektion des Anus und eine rektale Untersuchung) Basisblutuntersuchung: Gibt Hinweise für chronische Entzündungen, Leber-, Gallenwegs-, Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, Glutenunverträglichkeit, Schilddrüsenfunktion
11 Welche Untersuchungen sollten erfolgen? Stuhluntersuchungen auf Würmer und Lamblien Entzündungsmarker im Stuhl als Hinweis für eine Entzündung im Darm Ultraschall vom Bauch Atemteste auf Fruchtzucker- und Milchzuckerunverträglichkeiten (weisen ähnliche Symptome wie RDS auf)
12 Welche Behandlungsmöglichkeiten glichkeiten für f die Symptome gibt es?
13 Bio-Psycho Psycho-Soziales Modell Schmerz wird sehr unterschiedlich wahrgenommen! Schmerz ist ein psychologisches Problem... auch wenn er ursprünglich körperlichen Wahrnehmungen erwachsen ist. G.L. Engel (1959)
14 Bio-Psycho Psycho-Soziales Modell Biologische Faktoren: Geringe Entzündung ndung vermehrte Wahrnehmung von Reizen, Schmerzgefühl hl Psychische Faktoren: Lerngeschichte; Bedeutung und Bewertung der Symptome, Aufmerksamkeit; Stimmungslage (Depression) Soziale Faktoren: Verhalten von Eltern, Ärzten und Umwelt (z.b. in der Schule); sekundärer Krankheitsgewinn
15 Was können k Ärzte tun? Beschwerden ernst nehmen Aufklärung der Eltern und Kinder über die Erkrankung: führt häufig schon zu einer Besserung der Symptome Weitere Begleitung des Patienten, ggf. Entwicklung eines individuellen Behandlungplans Bei V.a. zusätzliche psychische Belastung kinderpsychologische Betreuung empfehlen
16 Was können k Eltern tun? Beschwerden ernst nehmen: Auch wenn organische Ursachen fehlen, werden die Schmerzen vom Kind wahrgenommen! Richtiger Umgang mit den Schmerzen: Ablenkung statt Verstärkung Führen eines Symptomtagebuchs mit dem Kind um eventuell auslösende Faktoren zu identifizieren und versuchsweise auszuschalten.
17 Bio-Psycho Psycho-Soziales Modell Biologische Faktoren: Geringe Entzündung ndung vermehrte Wahrnehmung von Reizen, Schmerzgefühl hl Psychische Faktoren: Lerngeschichte; Bedeutung und Bewertung der Symptome, Aufmerksamkeit; Stimmungslage (Depression) Soziale Faktoren: Verhalten von Eltern, Ärzten und Umwelt (z.b. in der Schule); sekundärer Krankheitsgewinn
18 Kognitive Verhaltenstherapie Kognitionen umfassen unsere Einstellungen und Bewertungen bestimmter Situationen. Bewertung einer Situation als erfreulich, schön Eigengefühl: froh, glücklich Bewertung einer Situation als schlimm, gefährlich, unerträglich Eigengefühl: Angst, Unruhe, Anspannung Bewertung als weder gut noch schlecht, neutral, normal, alles ist in Ordnung entspannt, zufrieden und ruhig.
19 Kognitive Verhaltenstherapie Therapeut als Anleiter neue Lösungswege zu finden Ziele: Problemlösungen durch z.b. Veränderungen im Verhalten, Entspannung, Aufbau einer positiven Lebenseinstellung
20 Weitere unterstützende tzende Maßnahmen Entspannungsverfahren (Yoga, progressive Muskelentspannung ) Führen eines Symptomtagebuchs um eventuell auslösende Faktoren zu identifizieren und versuchsweise auszuschalten.
21 Bio-Psycho Psycho-Soziales Modell Biologische Faktoren: Geringe Entzündung ndung vermehrte Wahrnehmung von Reizen, Schmerzgefühl hl Psychische Faktoren: Lerngeschichte; Bedeutung und Bewertung der Symptome, Aufmerksamkeit; Stimmungslage (Depression) Soziale Faktoren: Verhalten von Eltern, Ärzten und Umwelt (z.b. in der Schule); sekundärer Krankheitsgewinn
22 Medikamentöse Therapie Probiotika können bei Kindern mit Reizdarmsyndrom mit Durchfällen sinnvoll sein (positiver Nachweis für Lactobacillus GG), insbesondere nach Magen-Darm-Infektionen Verkapseltes Pfefferminzöl als Krampflöser könnte positiven Effekt haben Die Sicherheit und Wirkung anderer alternativer Therapieformen ist für Kinder nicht ausreichend belegt
23 Medikamentöse Therapie Eine spezielle Ernährungsumstellung wird für Kinder nicht empfohlen. Bei Verdacht auf ein auslösendes Nahrungsmittel: Rücksprache mit dem Arzt, ob ein Auslassversuch Sinn macht! Vorsicht: Patienten mit RDS zeigen ein gutes Ansprechen auf Placebo Regelmäßiger Einsatz von Schmerzmitteln und Krampflösern sollte vermieden werden.
24 Fazit: Unauffällige Untersuchungsergebnisse lassen einen Reizdarm vermuten. Weitere Untersuchungen sollten nicht erfolgen. Eine übertriebene Diagnostik ist für Kinder belastend und bestärkt ihre Angst. Ausnahme: Änderung der Krankheitszeichen. Neue Warnsymptome treten zu den bisherigen Symptomen dazu! Das Reizdarmsyndrom hat eine gute Prognose. Körperliche Langzeitfolgen wie Störung der Darmfunktion, Mangelerscheinungen oder erhöhtes Krebsrisiko treten nicht auf.
25 Eine optimale Behandlung muss für jeden Patienten individuell entwickelt werden. Suchen Sie hier die Unterstützung durch einen Arzt Ihres Vertrauens. Vielen Dank!
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