Evakuierung von Pflegeheimintensivstationen

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Transkript:

ingenieure für Brandschutz Schutzzielorientierte Brandschutzkonzepte für Intensivpflegeeinrichtungen m.eng. mathias herenz hhpberlin Ingenieure für Brandschutz gmbh fassung september 2012

Autor Inhalt M.Eng. Mathias Herenz Als Ingenieur bei hhpberlin widmet sich Mathias Herenz im Besonderen der Brandschutzkonzipierung sowie der Umsetzung vorbeugender Brandschutzmaßnahmen. Im Zuge einer wissenschaftlichen Arbeit analysierte Herr Herenz die Problematik der und regte darin Veränderungen zur Erzielung einer optimierten Brandschutzplanung an. 1 Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen 2 Simulation der Entfluchtung und der Rauchentwicklung 3 Abschließende Betrachtung

Evakuierung von Pflegeheimintensivstationen Schutzzielorientierte Brandschutzkonzepte für Intensivpflegeeinrichtungen Die Lebenserwartung der Menschen steigt stetig und damit auch deren Pflegebedürftigkeit. Schätzungsweise 28 % der über 80-Jährigen werden in Zukunft auf Pflege angewiesen sein. Insbesondere aus ökonomischen Gründen wird eine Verlagerung der intensivmedizinisch zu betreuenden Pflegepatienten in entsprechend eingerichtete Heime immer stärker vorangetrieben. Diese Auslagerung aus den Krankenhäusern hat zur Folge, dass auch die entsprechende Apparatemedizin in den Pflegeheimbereich verlegt werden muss. Dafür müssen die vorhandenen sicherheitstechnischen Rahmenbedingungen der Krankenhäuser auf die Pflegeeinrichtungen übertragen werden. Während in den meisten Pflegeheimen von einer geringfügigen Mobilitätseinschränkung ausgegangen werden kann, muss man in Intensivbereichen mit vollkommen selbstrettungsunfähigen Personen rechnen. Zur brandschutztechnischen Sicherung von Pflegeheimen mit Intensivbereichen gibt es spezielle bauliche Regelungen, die über die Anforderungen an Pflegeheime hinausgehen. 1 rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen Grundlage der brandschutztechnischen Betrachtungen waren Richtlinien zur Klärung der Schutzziele sowie Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele. Zusätzlich wurden die Erfordernisse der Medizintechnik aufgenommen, um darauf aufbauend die unterstützenden Möglichkeiten des abwehrenden Brandschutzes festzustellen. Unter Nutzung der vorhandenen Geometrie einer bestehenden Einrichtung sowie der dort vorherrschenden organisatorischen Rahmenbedingungen (Personalund Patientenzahlen) wurde eine Berechnung der Räumungszeit nach dem Modell von Torsten Wolf durchgeführt. Auf der Grundlage der von Wolf aufgeführten Zeiten und unter empirischer Ermittlung der noch fehlenden Zeiten wurde die Räumungszeit einer gesamten Station ermittelt. Auf Basis der so ermittelten erforderlichen Evakuierungszeit wurde ein Brandszenario mittels des Fire Dynamics Simulator (FDS) in der betrachteten Geometrie eingearbeitet. Der simulierte Brand orientierte sich in Bezug auf die Ausbruchszeit auf statistisch wahrscheinliche Zeiten. Das Szenario wurde entsprechend eines Matratzenbrandversuches des Building and Fire Research Laboratory angelegt. Die Wärmefreisetzungsrate und die Brandverlaufskurve wurden aus dem Versuch auf die Computersimulation übertragen. Die Entwicklung und die Ausbreitung des Rauches innerhalb der Station wurden dreimalig berechnet. Einerseits wurde die an dem Muster einer Verordnung über den Betrieb und Bau von Krankenhäusern angelehnte Bestandssituation betrachtet. Andererseits wurden Vorkehrungen der Brandenburgischen Krankenhaus- und Pflegeheimbauverordnung, wie Türen, die lokal über Rauchmelder angesteuert werden und rauchdicht sind, beachtet. Die letzte und dritte Variante stellt die Berechnung der Rauchentwicklung unter Einbeziehung einer Rauchableitungsöffnung im Flur dar. Auf Grundlage dieser Berechnungen und unter Berücksichtigung der starken Mobilitätseinschränkungen der Patienten müssen die derzeit gültigen deutschen Ansätze zur Bildung von Rauchabschnitten, wie beispielsweise die nach Muster-Bauordnung zulässigen 30 Meter, als zu großzügig angesehen werden. Es gilt diese bei der Ausbildung von Intensivbereichen zu überdenken. Die österreichischen Richtlinie TRVB N 132 bietet alternativ maximal 20 Meter Abstand in Krankenhausbereichen zwischen den Rauchabschnittstrennungen an. Der größtmögliche Abstand zwischen einer Patientenzimmertür und der Rauchabschnittstrennung wird dort mit zehn Meter beziffert. Die Auswirkung zu großer Rauchabschnittsbildungen oder gar Brandabschnittstrennungen sowie die Verbesserung der Situation bei geringeren Abschnittsgrößen lässt sich bereits bei der Verwendung der Berechnung der Gehgeschwindigkeit nach den anerkannten Handrechenverfahren von Predteteschenski und Milinski ableiten. Daraus ist zu schließen, dass die bauordnungsrechtlich akzeptierte Zeit bis zum Verlassen des Brandabschnittes bei maximal möglicher Personendichte rund viereinhalb Minuten beträgt. Beachtet man nun die Einschränkung der Gehgeschwindigkeiten sowie das verminderte oder nicht mehr vorhandene Vermögen sich selbst zu retten, so wird der zurücklegbare Weg in diesem Zeitfenster immens verkürzt. Dies bedeutet, 4 5

dass die Längen bis zu den sicheren Bereichen beispielsweise Rauchabschnittstrennungen geringer gewählt werden müssen als in Bauten mit anderen Mobilitätsvermögen der Nutzer. Das Unvermögen der Pflegepatienten zur eigenen Rettung stellt ein zu berücksichtigendes Problem für die Personenrettung und die Brandschutzkonzipierung dar. Hinzu kommt die Notwendigkeit medizinische Geräte mitzunehmen, was oftmals den sofortigen Transport des Patienten ausschließt und weitere Zeitverzögerungen mit sich zieht. Darüber hinaus sind auch zeitliche Verluste aufgrund elektrischer Absenksysteme für Betten zu erwarten. Nach Wolf vermindert sich die Geschwindigkeit beim geradlinigen Transport von Patienten in Betten von 1,4 bis 1,6 m/s entsprechend der RiMEA-Richtlinie auf rund 1,1 m/s, bei rechtwinkligen Richtungswechseln sogar auf ein Drittel. Unter Beachtung der notwendigen Hilfe durch Pfleger bei der Herstellung der Transportfähigkeit, der Durchführung der Fremdrettungsmaßnahme und der damit verbundenen längeren Zeiten muss zur sicheren Entfluchtung ein geringerer Weg bis in den sicheren Bereich angesetzt werden. Je nach Personal- Patienten-Verhältnis muss hier eine weitere Verminderung der Rauchabschnittslängen in Betracht gezogen werden. Die brandenburgischen Krankenhaus- und Pflegeheim-Bauverordnung (BbgK- PBauV) ist nach ihrer Aktualisierung 2006 neben den Hinweisen des Baden Württembergischen Wirtschaftsministeriums für Krankenhäuser die wohl aktuellste Krankenhausverordnung in Deutschland. Sie beinhaltet auch Angaben zu anlagentechnischen Brandschutzmaßnahmen gemäß dem Stand der Technik anders als zum Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Krankenhäusern von 1976. Die Diskussion über den Verzicht auf die Rauchableitung zur Sicherung der Rettungswege im Bereich der Standardbauten ist auf Intensivpflege-Einrichtungen ohne differenzierte Betrachtung nicht zu übertragen. Im Gegenteil: Simulationen zeigen auf, dass die Abführung von Rauchgasen im Bereich der Rettungswege zu einer Verbesserung der Fremdrettung führen kann. 2 simulation der Entfluchtung und der Rauchentwicklung Insbesondere das Verfahren der Räumungsberechnung nach Wolf stellte sich als praktikables Verfahren dar. Es führte zu einer erforderlichen Räumungsdauer der betrachteten Station. Darauf basierend konnten Aussagen darüber getroffen werden, wie lange Trennwände zwischen den Zimmern und zu den Fluren dem Feuer und dem Rauch standhalten müssen, um eine Rettung der Personen nicht zu gefährden. Im Praxisbeispiel konnte gezeigt werden, dass nach der Detektion eines Brandes rund 12,5 Minuten für die Räumung der Referenzstation erforderlich sind. Dabei ist es für Wolfs Modell unerheblich, wodurch die Feststellung des Brandes erfolgt hier können automatische oder auch manuelle Brandmelder dienen. Die Berechnung basiert auf den Laufstrecken und der von Wolf zusammengestellten Bewegungsgeschwindigkeiten. Diese beachten beispielsweise Drehungen mit Betten im 90 Winkel, das Durchlaufen von Türen in oder auch entgegen der Fluchtrichtung sowie die Verwendung unterschiedlicher Hilfsmittel und Helferzahlen. In Abbildung 1 wird deutlich, dass die unterschiedlichen Wegstrecken genau zu erfassen sind. Bei der Berechnung werden den Strecken Geschwindigkeiten zugeordnet. Während der aktuellen Betrachtungen wurden den Übergangsbereichen zwischen zwei unterschiedlichen Bereichen die jeweils langsameren Bewegungs- Abbildung 1 Aufnahme der Wegführung 6 7

kennzahlen zugeordnet. Das Ergebnis wurde erzielt, indem die real mögliche Maximalbelegung sowie die mögliche Mindestpersonalzahl zugrunde gelegt wurden. Zur Räumung der Station war somit eine längere Zeit notwendig als die oben angeführten maximalen viereinhalb Minuten. Um diese Zeitverlängerung zu kompensieren und die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Räumung der Station herzustellen, stehen nur wenige Möglichkeiten zur Verfügung. Eine wichtige und hilfreiche Maßnahme zur Unterstützung der Räumungsaktion könnte die Bereitstellung einer automatisch öffnenden Rauchableitung sein, welche im Flur angebracht ist. Die Brandenburgische Krankenhaus- und Pflegeheimbauverordnung fordert in Patienten-Fluren Möglichkeiten für die Ableitung von Rauch. Somit ergibt sich bereits vor dem Eintreffen der Feuerwehr die Chance, unterstützende Maßnahmen zur Rettung der Personen zu ergreifen. Auch der Einsatz von Wänden mit Feuerwiderstandsqualitäten sowie Türen mit Ansprüchen an Dichtigkeit und Selbstschließsystemen, bzw. vollwandig dichte Türen mit Freilauftürschließer, kann zu einer Verbesserung der Entfluchtungssituation führen. In FDS-Simulationen untersuchte man die Auswirkung einer automatisch öffnenden Rauchableitungsöffnung im Flur sowie die Verwendung von rauchabhängigen Schließsystemen von Türen. Dabei wurde die gleiche Raumgeometrie und Brandquelle genutzt. Ebenfalls einbezogen wurden die jeweils unterschiedlichen Anforderungen der bauordnungsrechtlichen Richtlinien Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Krankenhäusern sowie der Brandenburgischen Krankenhaus- und Pflegeheimbauverordnung. Die Entwicklung der Sichtweite im Flur bei einem Brand in einem Bewohnerzimmer ist in Abbildung 2 für den Zeitpunkt 600 Sekunden nach dem Ausbruch eines Matratzenbrandes dargestellt. Der Brand wurde dreifach abgebildet, wobei der Brandherd den Realbrandversuchen des Building and Fire Research Laboratory nachempfunden wurde. Die Nachbildung der Bestandssituation ist in der obersten Simulation zu sehen. Entsprechend der realen Situation, sind keine selbstschließenden Türen vorhanden. Die Sichtweite gibt eine Skala von 0 bis 30 Metern wieder, wobei der Grenzwert für die Sichtweite auf 10 Meter festgelegt wurde. Dieser Grenzwert wird hierbei weit überschritten. Die mögliche Sichtweite liegt bei ca. fünf Metern. Die mittlere Darstellung der Sichtweite bezieht sich auf die Anforderungen der brandenburgischen Krankenhaus- und Pflegeheim-Bauverordnung (BbgKPBauV). Diese zurzeit aktuellste deutsche Krankenhausverordnung beachtet den momentanen Stand der Technik. In die Berechnung sind allerdings nur die mit Feststellanlagen versehenen Rauchschutztüren sowie die vollflächige Rauchdetektion eingeflossen. Auf die Installation von Sprinklern wurde bewusst verzichtet, da bereits so eine große Differenz zum Bestand ablesbar ist. Die schwarz dargestellte Grenzschicht ist in der Mitte des 2,75 Meter hohen Flures erkennbar. Sie zeigt, dass die Verschleppung des Rauches auch in den angeschlossenen Treppenraum erfolgt. Abbildung 2 Darstellung der Sichtweite (oben - Bestand, mitte - BbgKPBauV, unten - mit Rauchableitung) Darauf aufbauend zeigt die dritte Darstellung die Ergänzung um ein sich bei Branddetektion öffnendes Fenster mit einer Öffnungsfläche von rund einem Quadratmeter. Dabei wird deutlich, dass rund zehn Minuten nach Brandausbruch nur im oberen Viertel des Flures Sichtweiten unter zehn Meter vorkommen. Auch die Auswirkungen auf den Treppenraum sind geringer als in der Betrachtung zuvor. Somit wäre eine Rettung der Personen über diesen Flur als realistisch einzustufen. 8 9

3 AbschlieSSende Betrachtung Es wird deutlich, dass eine stetige Verbesserung der Ergebnisse bei der Auswertung der optischen Dichte im Bereich des Flures festzustellen ist von der Bestandssituation, der am wenigsten effektiven Variante, über die Brandenburgische Verordnung bis hin zum Vorschlag der Nutzung des automatisch öffnenden Fensters im Flurbereich, welche die wirksamste Variante der Rauchabführung und somit der Verbesserung der Fremdrettungsmöglichkeit darstellt. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass die letzte Fassung der Verordnung über den Bau und Betrieb von Krankenhäusern aus dem Jahre 1976 nicht mehr zeitgemäß ist und einer Überarbeitung bedarf. Die brandenburgische Verordnung bietet hier viel nützliches Potential, auch wenn einige Aspekte, wie die engmaschigere Rauchabschnittsbildung in intensivmedizinischen Bereichen, unbetrachtet und ungeregelt bleiben. Die österreichische Richtlinie geht in diesem Punkt weiter und konkretisiert die Anforderungen. Ansätze für den Umgang mit Funktionsbereichen lassen sich in der Badenwürttembergischen Empfehlung für Krankenhäuser finden. Die Evakuierung von Pflegeheimintensivbereichen aber auch von normalen Pflegeheimbereichen wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Die bereits angeführten Richtlinien stellen keine ausreichende Bewertungsgrundlage für Bauten dar, die sowohl ökonomisch tragbar in der Erstellung und Unterhaltung sein sollen, als auch den Ansprüchen an Funktionalität, Wohnlichkeit und Ästhetik erfüllen sollen. Hierfür scheinen die aktuellen Richtlinien und Empfehlungen für Pflegewohngemeinschaften geeigneter zu sein. Die Möglichkeit der Übertragbarkeit auf Intensivbereiche ist dabei im Einzelfall zu prüfen. Die verwendeten Nachweisverfahren bieten gutes Potential, um mit den gewonnenen Ergebnissen in die alltägliche Brandschutzkonzipierung von Pflegeheim- und Krankenhausbauten eingearbeitet zu werden. Dabei ist bereits bei der Erstellung von Brandschutzkonzepten und folglich bei der Prüfung der Realisierbarkeit von Bauvorhaben dieser Art in Betracht zu ziehen, dass Evakuierungszeitenberechnungen sowie computergestützte Rauchsimulationen genutzt werden können. Die Methoden des ingenieurtechnischen Brandschutzes bieten die Möglichkeit kostengünstig Varianten der Ausführung auszuloten und somit effektive Lösungen zu entwickeln. In dem konkret beschriebenen Einzelfall konnte so die klare Tendenz herausgestellt werden, dass eine Rauchableitung im Flur mittels automatischen öffnenden Fenstern wesentlich zur Sicherung der Rettungswege beiträgt. 10

weitere InformAtIonEn www.hhpberlin.de hhpberlin ist das führende deutsche ingenieurbüro für Brandschutz mit Sitz in Berlin, München, hamburg, Frankfurt und Braunschweig. Die im Jahr 2000 aus dem Büro hosser, hass und Partner hervorgegangene Firma entwickelt weltweit Brandschutzkonzepte für nationale und internationale Bauprojekte. zu den referenzen gehören u. a. die Münchner allianz arena, das Bundeskanzleramt, die Color Line arena in hamburg, die Dalian twin towers, das Pudong Museum in China sowie der neue hauptstadt-airport Berlin-Brandenburg international. Die Kompetenz von hhpberlin reicht von der brandschutzgerechten Fachplanung über die ausführung bis hin zur Qualitätssicherung sowohl im neubau als auch bei der Bauerneuerung. hhpberlin ingenieure für Brandschutz gmbh hauptsitz: rotherstraße 19 10245 Berlin Phone +49 (30) 895955 0 Fax +49 (30) 895955 9 101 www.hhpberlin.de email@hhpberlin.de