SAPV im ländlichen Raum eine empirische Sondierung zur Versorgungssituation schwerkranker und sterbender Menschen Input Fachwissenschaftlicher Projektbeirat TP SAPV 23.01.2013, Fachhochschule Frankfurt
Fragestellungen Soziale Netzwerke und soziale Unterstützung im ländlichen Raum aus Sicht der Fachkräfte: 1. In welcher Weise erfahren Menschen mit schwerer Krankheit soziale Unterstützung? 2. Wie steht es um die Tragfähigkeit familiärer und außerfamiliärer Netzwerke? 3. Wer zeigt Initiative und übernimmt Steuerung?
Empirische Sondierung - Island: Frühjahr 2012 - Brandenburg: Sommer 2012 - Dänemark: Frühjahr 2013
Empirische Sondierung I in Island Fläche: 103.125 km² Einwohnerzahl: 318.236 (1. Dezember 2010) Bevölkerungsdichte: 3,1 Einwohner pro km² http://www.nationsonline.org/maps/iceland-map.jpg [Abruf am 03.10.2012].
Krankenhäuser und Gesundheitszentren in Island Gesundheitssystem Kliniken Gesundheitszentren Palliative Care (Halldorsson 2003)
Ländlicher Raum: Sondierung in Island Akureyri Snaefellsness Myvatn
These: Entwicklung SAPV - Die Versorgungssituation schwerkranker bzw. sterbender Menschen hat sich seit Einführung der SAPV gut entwickelt. - Belege: Quantitative Entwicklung der Palliativeinheiten, Hospize, PCT s Öffentliche Aufmerksamkeit und steigendes Engagement u.a. der Ehrenamtlichen
Vom DHPV erfasste Hospizein-richtungen in Deutschland (Erhebung 2011) Einrichtungen Gesamtzahl Ambulante Hospizdienste Ca. 1.500 Stationäre Hospize Ca. 230 Palliativstationen: Ca. 200 Ehrenamtliche in der Hospizbewegung ca. 80.000 Quelle: http://www.dhpv.de/themen_hospiz-palliativ_ehrenamt.html, Abruf 09.10.2012
Bundesland Anzahl Palliativstationen Betten Einwohner (Stand 31.12.2011) Betten p. 1 Mio. Einw. Brandenburg 5 50 2.495.635 20,03 Berlin 7 64 3.501.872 18,28 Hessen 11 90 6.092.126 14,77 NRW 49 320 17.841.956 17,94 Deutschland 239 1802 81.843.743 22,02 Quelle: http://www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/palliativstationen%20und%20hospize%20- %20Betten%20p%20Einw%208-2012.pdf.pdf, Abruf am 10.01.2013
SAPV- Einrichtungen Quelle: http://www.kbv.de/vl/38210.htm, Abruf 10.01.2013
Ein deutscher Flickenteppich SAPV-Teams: Vertrag nach 132d Abs. 1 SGB V Vergabe von Betriebsstättennummern Registrierte Teams: 241 (Stand 1/2013) Geschätzte erforderliche Mindestzahl: 320 Quelle: Dielmann-von Berg 2012
Verteilung der luftgebundenen Primärrettungsmittel in Deutschland (Einsatzradius 50 km) Diskrepanz zwischen der notfall- und palliativmedizinischen Versorgungsstruktur Quelle: Wiese u.a. 2010, S.168
Empirische Sondierung II in Brandenburg Fläche: 29.478,61 km² Einwohnerzahl: 2,493 Mio. (31. Mai 2012 Bevölkerungsdichte: 85 Einwohner pro km² Quelle: http://www.welt-atlas.de/karte_von_brandenburg_1, Abruf 05.10.2012 Quelle: www.brandenburg.de, Abruf 05.10.2012
Landkarte LAGO Uckermark Märkisch-Oderland/ Spreewald Cottbus und Spreewald Potsdam, Mittelmark, Havelland Prignitz und Ruppin
Palliativ-medizinische Einrichtungen in Brandenburg (7/2012) Ambulante Hospizinitiativen 2006 2009 2011 18 29 29 Hospize 6 7 7 Palliativstationen/ -einheiten 3 7 7 SAPV-Teams 0 6 7 Quelle: http://www.palliativakademie-brandenburg.de, Abruf 10.10.2012
InterviewpartnerInnen in Brandenburg Dr. Jäckel Koordinator SAPV Jedermann-Gruppe Brandenburg/Havel Herr Harms Ärztlicher Leiter Palliative Care Team Brandenburg/Havel
InterviewpartnerInnen in Brandenburg Frau Franke Abteilung QM und Verträge AOK Brandenburg Palliativteam Neuruppin Hospiz Wegwarte
InterviewpartnerInnen in Brandenburg Frau Borchardt Koordinatorin und Beraterin Potsdam Dr. Thielking-Wagner Geschäftsführerin LAGO-Brandenburg Potsdam
Interviews (n=14) - SAPV-Koordinator (n=2) - Sozial-Arbeiterin/Gesundheitsfürsorgerin (n=2) - Psycho-Onkologin (n=1) - Pflegefachkräfte (n=4) - Palliativmediziner (n=3) - Geschäftsführung LAGO Brandenburg (n=1) - Qualitätsmanagement/Verträge SAPV KV (n=1)
Zwischen Normalität und Professionalität In der Regel geht es um überbrückende Maßnahmen, auch um Normalität mit ins Leben hinein zu bringen, auch Dinge gemeinsam zu tun, die vielleicht nicht mehr alleine gehen, denn wir betreuen durchaus auch Menschen bis zum Schluss zuhause, die ganz alleine sind. Das ist gar nicht so sehr selten und das funktioniert auch ganz gut (BI 1, Z 360-364).
Das verdeckte Ehrenamt oder wie Profis ihre Freizeit verbringen Und was halt so hier auch Netzwerk ist, ist eigentlich, dass wir immer wieder Ehrenamtliche ausbilden, die dann so Multiplikatoren in ihren Einrichtungen sind. Also die sind halt Altenpflegerin, kommen und sagen, ich möchte hier Ehrenamt machen ich möchte nicht in meinem Pflegeheim begleiten, sondern bei euch hier, aber sie tragen natürlich den Gedanken ins Heim und sind dann ganz oft die Ansprechpartnerin für Zusammenarbeit mit Hospiz- Diensten, im Behindertenbereich genauso (BI 2, Z 377-383).
Finden neuer Kooperationen in der Außendarstellung. Das ist nicht ganz so einfach. Man sieht Unterschiede dahingehend, wer hat die Leitung in dem Palliative-Care-Team. Ist es mehr ein ärztlich gesteuertes oder ist der Schwerpunkt mehr auf Seiten der Akteure im Pflegebereich. Auch das spiegelt sich natürlich dann in der täglichen Arbeit wider Wenn ein Arzt durch die Lande reist und sucht Kooperationspartner, hat er eher offene Türen, als wenn eine Pflegefachkraft kommt. Ja, das ist leider Gottes immer noch so (BI 7, Z 123-130).
Die (Wieder-)Entdeckung von Normalität Also das, denke ich, ist das Wichtige auch an der Aufklärungsarbeit, dass man versucht, Krebs als was normales das ist es ja nicht aber als etwas hinzustellen, was dazu gehört einfach, ja Sie wollen ihren Krebs nicht zum Mittelpunkt werden lassen und sie sind dankbar, wenn andere mit ihnen normal umgehen. Also die thematisieren das auch. Aber ich glaube, das ist schwer in unserer Gesellschaft. Und dann kann das natürlich in solchen alten Netzwerken einen Einbruch geben, ja, dass sowohl derjenige, der dort immer war dann sagt, nein, die sind jetzt so komisch und die sagen, huch, der mit seinem Krebs, oh Gott, oh Gott, was soll ich denn dem, wie soll ich mit dem umgehen (BI 5, Z 260-269).
Schattenseiten Und ich finde schon, wir laufen sehr Gefahr, dass wir eben neue Ghettos letztendlich schaffen. Ganz wunderbare, liebevolle mit bunten Wänden und schöner Musik und sonstwas alles, aber das, was eigentlich unsere Aufgabe ist, eben Betreuung von Schwerstkranken und das Lebensende wieder mehr in die Gesellschaft zu bringen, da habe ich eine große Frage, ob wir das schaffen oder ob wir nicht dadurch, dass wir so gut sind, das eigentlich aus der Gesellschaft weiterhin raus halten (BI 4, Z 61-67).
Offene Fragen und Diskussion - Ausrichtung einer palliativen Versorgungsstruktur: Ballungszentren vs. Versorgung im ländlichen Raum? - Vertragspartner und Anbindung SAPV: klinisch oder ambulant? - Vergütung und Versorgungsdichte: Einzelfall, Einsatzpauschale, Wochenpauschale? - Kooperation: trägerbezogen, trägerübergreifend, sektorbezogen?
Schlusswort Lange saßen sie dort und hatten es schwer doch sie hatten es gemeinsam schwer und das war ein Trost. Leicht war es trotzdem nicht. Astrid Lindgren 1982 in Ronja Räubertochter, S. 119.