Sucht im Alter neue Herausforderungen für die Altenpflege Aachen, 28.06.2012
Wer suchtfrei älter geworden ist, ist im Alter auch vor Sucht geschützt! Der Konsum von berauschenden Mitteln ist eher ein Thema bei jungen Menschen! Ältere Menschen wissen schon, was sie tun! Bei älteren Menschen, die suchtkrank sind lohnt sich eine Behandlung eh nicht mehr! Gönnen wir doch den alten Menschen noch ein bisschen Spaß mit Alkohol o.ä. in ihrem Leben!
Inhalt 1. Begriffsbestimmung 2. Ausgangslage: Sucht im Alter 3. Tabakkonsum 4. Alkoholkonsum 5. Konsum illegaler Drogen 6. Medikamentenkonsum 7. Konsequenzen aus Sicht der Suchthilfe
1. Begriffsbestimmung Definition Sucht : Zwang zu konsumieren (Abstinenzverlust) Verlust, Menge, Zeitpunkt, Dauer des Konsums zu kontrollieren (Kontrollverlust) Toleranzentwicklung, Dosissteigerung erfolglose Aufhörversuche Entzugssymptome Einengung auf den Substanzgebrauch anhaltender Konsum trotz Schaden (gesundheitlich, finanziell, sozial )
Ab wann ist man alt?
ab dem 50. Lebensjahr senile Degenerationserscheinungen Mediziner vor wenigen Jahrzehnten Wenn man zum Pflegefall wird! 50% der Deutschen Man ist alt, wenn die Leute anfangen zu sagen, dass man jung aussähe. bekannter Talkmaster Mit 35 bricht im Geschlecht des Weibes die letzte vollkommene Zeit an, die etwa drei Jahre dauere, dann werde die Frau ältlich. Pierer s Universal Lexicon, 1840 Kant wurde als er 50 Jahre alt wurde, mit ehrwürdiger Greis angesprochen. 1774
Biographisches Alter: gerechnet nach dem Geburtsdatum Biologisches Alter: Zustand des Körpers Gradmesser für den individuellen körperlichen Zustand und die Gesundheit des Menschen Nach der Definition der WHO gilt als alt, der das 65. Lebensjahr vollendet hat. In der Suchthilfe: ab/um das 60. Lebensjahr und älter
2. Ausgangslage: Sucht im Alter Mehr als 2 Mio. ältere Menschen rauchen. (1) Bis zu 400.000 sind von einem Alkoholproblem betroffen (2 3% der Männer, 0,5 1% der Frauen). (2) Bei 1-2 Mio. Menschen weist der Gebrauch psychoaktiver Medikamente zumindest Gewohnheitscharakter auf. (3) Menschen, die abhängig von illegalen Drogen sind, werden aufgrund guter medizinischer Versorgung immer älter. Schätzungen zu Folge wird sich die Anzahl Älterer mit Drogenproblemen von 2001 auf 2020 mehr als verdoppeln. (4) Keine/kaum Daten zu weiteren Süchten vorhanden.
6,3% der Pflegebedürftigen in Heimen werden als süchtig bezeichnet (Medikamente, Alkohol, Drogen). (5) Davon sind 11,4% im Alter von 60 79 Jahren, (6) 3,4% im Alter von 80 89 Jahren. (7) 19,3% der Männer und 3,8% der Frauen sind bei Eintritt ins Pflegeheim alkoholabhängig. (8)
Exkurs: 3 Typen von Abhängigen im Alter Early-onset: Menschen, die schon früh begonnen haben zu konsumieren und abhängig wurden. Trotz der Abhängigkeit werden sie alt. Late-onset: Menschen, die erst spät abhängig werden, z.b. durch Einsamkeit, Beendigung des Beruflebens, Tod des Partners, schmerzen... Rezidiv-Alkoholiker: Trockene/cleane Abhängige, die im Alter rückfällig werden.
Aufgrund des demografischen Wandels ist davon auszugehen, dass die Anzahl der älteren, suchtkranken Patienten steigt. Gesellschaftliche Vorurteile: Das lohnt sich ja doch nicht mehr! bis zu Gönn` dem Opa doch sein Schnäpschen, sonst hat er ja nichts mehr vom Leben. Fazit: Sucht im Alter ist eine neue Herausforderung sowohl für die Altenhilfe als auch für das Suchthilfesystem
Daraus resultierende Fragen: Wie stehe ich eigentlich persönlich zu dem Thema Sucht im Alter? Wie gehen Pflegeheime bisher mit den Herausforderungen um? Wie würden diese gerne damit umgehen? Was fehlt dazu? Wo liegen die Möglichkeiten der Altenhilfe und des Suchthilfesystems? Wo aber auch Grenzen? Wie können bestehende Suchthilfeangebote besser genutzt werden? Wird zukünftig Suchtprävention im Alter notwendig und wenn ja, wie?
3. Tabakkonsum 10 % der Menschen ab 60 Jahren raucht. (9) Die meisten darunter rauchen schon seit vielen, vielen Jahren. Wer über 20 Jahre täglich ein Päckchen Zigaretten geraucht hat, hat 6 Kilo Rauchstaub zu sich genommen. Wer täglich ein Päckchen Zigaretten raucht, nimmt eine Tasse Teer pro Jahr auf. Es dauert zwar lange, bis sich der Körper vom jahrelangen Rauchen erholt, aber ein rauchfreies Leben lohnt zu jedem Zeitpunkt.
4. Alkoholkonsum Heutige 60-Jährigen sind Alkohol und dessen Wirkung meist schon mind. 40 Jahre vertraut. Betroffene glauben also alles im Griff zu haben. Das Alter bringt aber Veränderungen - auch in der Konsumverträglichkeit - mit sich. Im Alter sinkt der Wasseranteil im Körper. Die gleiche Menge Alkohol verteilt sich auf weniger Körperflüssigkeit, was zu einem höheren Alkoholpegel führt. Leber braucht außerdem länger zum Alkoholabbau.
Mengen, die früher problemlos vertragen wurden, können schneller zu Trunkenheit und deren Folgen (Stürze) führen. Aufgrund von altersbedingten Krankheiten müssen vermutlich regelmäßig Medikamente eingenommen werden. Die Kombination von Alkohol und Medikamenten kann gesundheitsschädigende bis hin zu gefährlichen Wechselwirkungen mit sich bringen.
Psychische Störungen, Ängste, Trauer, Einsamkeit etc. können durch Alkohol verstärkt werden. Alkohol belastet den Organismus und schwächt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit generell und im Alter insbesondere. 26,9% der Männer und 7,7% der Frauen über 60 Jahren trinken so viel Alkohol, dass ihr Risiko für zahlreiche Krankheiten deutlich höher ist!
5. Konsum illegaler Drogen Die Zahl der Drogenabhängigen 40+/50+ nimmt weiter zu. In Deutschland sind etwa 40.000 Personen im Alter von 40+ abhängig von Opiaten und Mischungen mit anderen Drogen. Diese Gruppe wird sich in den kommenden 10 Jahren verdoppeln! Kombination von alltäglichen Alterserkrankungen und schwere Krankheitsprozesse aufgrund der Drogen
6. Medikamentenkonsum 8 13% aller über 60-Jährigen weist einen problematischen Gebrauch psychoaktiver Medikamente auf oder sind sogar als abhängig zu bezeichnen. (9) Vor allem ältere Frauen konsumieren bis zu drei mal mehr Arzneimittel als die Durchschnittsbevölkerung. Senioren über 65 Jahre nehmen mehr als 70% aller verschriebenen Arzneimittel ein! Über 65-Jährigen werden zu rund 40% acht Wirkstoffe zugleich verordnet, rund 20% mehr als 13 Wirkstoffe. (10)
Medikamentenmix kann aber zu unberechenbaren Wechsel- und Nebenwirkungen führen (z.b. Stürze). Mit zunehmenden Alter wird die Toleranz gegen die Wirkstoffe geringer, der Körper gewöhnt sich schneller an die Wirkstoffe und erhöht die Dosis = Risiko eine Abhängigkeit zu entwickeln ist größer
7. Konsequenzen aus Sicht der Suchthilfe Gemeinsame Entwicklung von suchtpräventiven Maßnahmen im Tandem Suchthilfe - Altenhilfe Aufklärung älterer Menschen und deren Angehörigen (z.b. zum Medikamentenkonsum, Raucherentwöhnungsangebote, risikoarmen Alkholmengen ) Qualifizierung von Mitarbeitenden in der Altenhilfe zum Umgang mit Suchtkranken (Vorstellung des Hilfesystems, zum Umgang mit Suchtkranken, Förderung der Veränderungsbereitschaft, Regelwerke in den Einrichtungen ) Erweiterung der Beratungs- und Therapieangebote für Ältere (Wie können Betroffene erreicht werden?)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Quellen und nützliche Links (1) (4): Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen; www.unabhaengig-imalter.de (5) - (7): Schneeklotz, Müller 1998 in BMFSFJ, Heimbericht 2006) (8): Weyerer, 2008 (9): Epidemiolog. Suchtsurvey 2006 (10): Glaeske 2008)