Kointegration. Kapitel 19. Angewandte Ökonometrie / Ökonometrie III Michael Hauser

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Transkript:

1 / 28 Kointegration Kapitel 19 Angewandte Ökonometrie / Ökonometrie III Michael Hauser

2 / 28 Inhalt I(d), Trends, Beispiele Spurious Regression Kointegration, common trends Fehlerkorrektur-Modell Test auf Kointegration Engle-Granger Verfahren

I(d) 3 / 28

4 / 28 Trends: Deterministischer Trend Ein deterministischer Trend hat z.b. die Form Linearer Trend: t = 1, 2,..., n, Y t = β 0 + β 1 t + u t Exponentieller Trend: Y t = β 0 exp(β 1 t) u t Durch Logarithmierung erhält man eine lineare Funktion γ = log(β 0 ), v t = log(u t ). log(y t ) = γ + β 1 t + v t Das Mittel von Y gehorcht einer deterministischen Funktion.

5 / 28 Trends: Deterministischer Trend, trend-stationär Die Fehler schwanken mit konstanter Varianz um die lineare Regressionsgleichung. Y ist nicht-stationär, aber auch nicht integriert. Die Y nach Korrektur um den linearen Trend stationär ist, wird der Prozess als trend-stationär bezeichnet. Y t (β 0 + β 1 t) = u t

6 / 28 Trends: Stochastischer Trend, I(1) Der Random Walk (ohne Drift) ist ein stochastischer Trend Der Random Walk mit Drift ebenfalls Y t = Y t 1 + u t Y t = c + Y t 1 + u t Es treten permanente, nicht-deterministische Verschiebungen im Mittel auf. Die Varianz um das Mittel in t (ist nicht konstant) wächst mit der Zeit. Y t ist integriert der Ordnung 1.

7 / 28 Trends: Stochastischer Trend, I(1) Y t ist stationär. Y t = (Y t Y t 1 ) = c + u t Die ACF (Autokorrelationsfunktion) eines I(1) fällt (empirisch) langsam bzw. linear ab. I(0) fällt geometrisch ab. Im Fall eines WN ist sie null.

8 / 28 I(d), Beispiele Allgemeiner: Ein Prozess heißt integriert der Ordnung d, wenn (d die kleinste Zahl mit) d Y t stationär ist. Man schreibt: I(d) Y t Tabelle: Beobachtete Integrationsordnungen von Variablen Variable d BIP real, Privater Konsum real 0.8-1 (log) Aktienkurse 1 Preise 1-2 Arbeitslosenrate < 1 Zinssätze 0.9-1 Geldmenge 1-1.5

9 / 28 I(d) Die Ordnung der Integration wird durch 1 Inspektion der Reihe 2 Inspektion des zugehörigen Korrelogramms 3 Inspektion der differenzierten Reihe und deren Korrelogramm, und 4 Dickey-Fuller Test festgestellt.

Kointegration 10 / 28

11 / 28 Definition: Kointegration für I(1) Prozesse Zwei Prozesse X und Y sind kointegriert, wenn sie dieselbe Integrationsordnung d = 1 besitzen und eine Linearkombination Y t µ 1 X t = µ 0 + u t existiert, die eine Integrationsordnung von null aufweist, u I(0), u stationär. Man schreibt X, Y CI(1, 1) Allgemein für I(d) Prozesse, wenn die Reduktion der Integrationsordnung b (> 0) beträgt X, Y I(d), u I(d b) : X, Y CI(d, b)

12 / 28 Definition: Kointegration für I(1) Prozesse Beispiel: X, Y CI(1, 1) Y I(1) und X I(1), Y t 2X t = 1 + u t I(0) bzw. Y t = 1 + 2X t + u t u stationär [Y t 2X t ] heißt kointegrierende bzw. GGW-Beziehung. Man sagt auch, X und Y besitzen einen gemeinsamen stochstischen Trend.

13 / 28 Der gemeinsame stochastische Trend Gilt z.b. mit Z I(1), und v, w stationär Y t = 3 + 2Z t + v t X t = 2 + Z t + w t und wir multiplizieren die 2-te Gl mit ( 2) und addieren sie zur ersten, erhalten wir die stationäre Beziehung Y t 2X t = 1 + u t Man sagt daher, X und Y besitzen einen gemeinsamen stochstischen Trend.

14 / 28 Idee der Kointegration Gehen wir von einem fiktiven Markt mit einer Nachfragefunktion und einem von der Nachfragefunktion unabhängigen Angebotsfunktion aus. Bei gegebenem Preis stimmen Nf- und Ag-Menge zwar nicht überein, aber die initiierte Preisänderung gewährleistet eine Konvergenz zum GGW. Ag- und Nf-Mengen können nicht-stationären Pfaden folgen, durch die Preisänderungen können sie aber nicht beliebig weit auseinanderdriften. Emprisch werden viele Reihen beobachtet, die (nicht stationär) integriert I(1) zu sein scheinen, und möglicherweise in einer stabilen Beziehung zueinander stehen. Die Kombination aus Nicht-Stationarität und parellelem Verlauf beschreibt das Konzept der Kointegration.

15 / 28 Regression zweier I(1) Variabler Y t = µ 0 + µ 1 X t + u t X, Y I(1) Sind die Variablen nicht kointegriert, so erhalten wir I(1) Residuen. Das R 2 ist in der Regel viel zu hoch, die Schätzung der Standardfehler ist erheblich nach unten verzerrt. Vgl. spurious regression. kointegriert, so erhalten wir I(0) Residuen. Beispiel: In der Theorie gilt die purchasing power parity, PPP, - P US = P DK X US/DK, logarithmiert log(p US ) = log(p DK ) + log(x US/DK ) + u t Empirisch stellt sich aber oft u I(1) heraus.

16 / 28 Test auf Kointegration (einfach), Engle-Granger 1. Testen beider Variabler auf I(1), unit root test. 2. Regressieren von Y = µ 0 + µ 1 X + u. Test von u auf I(1), unit root test. H 0 : X, Y nicht koint bzw. u I(1) H 1 : X, Y kointegriert bzw. u I(0) Bem.: Für I(0) können die Residuen autokerreliert sein, müssen aber stationär sein. Unit root Tests haben i.a. eine geringe Macht, da I(1) wie auch Kointegration langfristige Eigenschaften sind.

17 / 28 Beispiel: 1. Tests auf unit root, 1976-2001 Wir testen Y d und C aus DATS_01.wf1 mit dem ADF auf unit roots: y t = c + (ϕ 1)y t 1 + α 1 y t 1 +... + u t H 0 : (ϕ 1) = 0 H 1 : (ϕ 1) < 0 Tabelle: Augmented Dickey-Fuller Tests für C, Y d, 1976-2001 Variable t ϕ 1 p C 1.100 0.996 Y d -0.512 0.873 Bem.: Die unit root Tests mit Interzept und Trend im Modell sind nicht so klar.

18 / 28 Beispiel: 1. Tests auf unit root, 1976-2001 Wir betrachten nun den Plot der beiden Reihen, schätzen die Gleichung C t = β 0 + β 1 Yt d betrachten die Residuen. + u t und

Beispiel: Plot der Reihen, 1976-2001 19 / 28

Beispiel: 2. Stationarität der Residuen, 1976-2001 20 / 28

21 / 28 Beispiel: Engle-Granger (Fs.) Die Residuen deuten auf Nicht-Stationarität hin. Sie steigen gegen Ende der Periode an. Die geschätzte Gleichung ist Ĉ t = 12.698 + 1.020Y d t R 2 = 0.979, DW = 0.484 Der niedrige DW -Wert weist auf hohe positive Autokorrelation in den Residuen hin und damit auf I(1). C und Y d sind nicht kointegriert. Zur Bestätigung wird der Test der Residuen auf I(1) mit einem ADF-Test durchgeführt.

22 / 28 Beispiel: Vergleich mit 1976-1992 Das selbe für die Periode 1976-1992 durchführt ergibt ebenfalls klare I(1) Testergebnisse für C, Y d (auch mit Trend und Interzept). Die geschätzte Gleichung ist Ĉ t = 1.069 + 0.852Y d t R 2 = 0.982, DW = 1.310 Der DW -Wert liegt im Unentscheidbarkeits-Bereich. Der Plot der Residuen deutet auf Stationarität und damit Kointegration. Zur Bestätigung wird der Test der Residuen auf I(1) mit einem ADF-Test durchgeführt.

Beispiel: 1976-1992 23 / 28

24 / 28 Schätzung als ECM Um des Problem der geringen Macht und der Gefahr der Wahl eines spurious Zusammenhangs zu vermeiden, wird das Modell i.a. in Differenzen geschätzt. In EC Form lautet Y = µ 0 + µ 1 X + u Y t = γ[y t 1 µ 0 µ 1 X t 1 ] + α X t 1 + u t Es kann auch mit verzögerten Y t i und X t j zur Erfassung kurzfristiger Dynamik ergänzt werden, z.b. Y t = γ[y t 1 µ 0 µ 1 X t 1 ] + α 1 X t 1 + α 2 X t 2 + β 1 Y t 1 + u t In [...] scheint die langfristige, kointegrierende Beziehung explizit auf.

25 / 28 Modellierung nicht-kointegierter Variabler Sind in den EC Gleichungen für Y t =... und für X t =... beide γ-parameter γ = 0 so gibt es keine kointegrierende Beziehung. (Vgl. Granger Kausalität) In diesem Fall beschreibt ein Modell der Form Y t = α 1 X t 1 + α 2 X t 2 + β 1 Y t 1 + u t den Zusammenhang (in den Differenzen) zweier nicht kointegrierter Variabler, wobei die Variablen im Niveau nicht aufscheinen.

26 / 28 Modellierung Nicht kointegrierte I(1) Variable modelliert man daher in Differenzen. Kointegrierte I(1) Variable kann man im Niveau (Engle-Granger) als auch in EC -Form (siehe Johansen) modellieren. Letzteres ist notwendig, wenn die Strukturen in multivariaten Problemen entdeckt werden sollen. Stationäre Variable modelliert man im Niveau, da durch die Differenzenbildung eine künstliche Dynamik eingeführt wird. Zur Interpretation ist die EC-Darstellung geeignet.

27 / 28 Beispiel: ECM für die Konsumgleichung Wir schätzen für 1976-2001 ein ECM, wobei wir von einer kointegrierenden Beziehung zwischen C, Y d und M/PC, des realen Vermögens, ausgehen. C t =.337[C t 1 0.846Y d t 1 0.072(M/PC) t 1] 0.351 C t 1 mit R 2 = 0.413 und DW = 1.517. Es besteht (voraussichtlich) eine kointegrierende Beziehung zwischen dem privaten Konsum, dem disponiblen Einkommen und dem Vermögensindikator. γ = 0.337 ist wie erwartet positiv. Die langfristige Beziehung lautet C = 0.846Y d + 0.072(M/PC)

28 / 28 Übungsbeispiele Hackl 19.A.1: 1, 2, 4. B19.1: Interpretieren sie den Output der EViews-Programms spurious_regression.prg und spurious_regression2.prg.