Ärzte in Ausbildung ohne Ausbildung? Eckpunkte zur Studie der Ärzteausbildung in Wien und Österreich. Nach abgeschlossenem Studium der Medizin ist man noch kein Arzt. Um als Arzt praktizieren zu dürfen, muss man in Österreich einen mindestens dreijährigen Turnus (Ausbildung zum Allgemeinmediziner) oder bis zu sechsjährigen Turnus (Ausbildung zum Facharzt) absolvieren. In dieser Zeit ist man auf ein optimales Lernumfeld angewiesen. Allerdings zeigt die Realität, dass die weitere Ausbildung nicht immer direkt nach dem Studium angeschlossen werden kann. In Wien warten promovierte Mediziner im Durchschnitt 28 Monate auf einen Ausbildungsplatz. Diese Zeit kann man zwar mit medizinischen Tätigkeiten überbrücken, jedoch sind diese großteils unbezahlt und der weiteren Ausbildung oftmals nicht anrechenbar. Hat man das Warten überstanden und einen Ausbildungsplatz bekommen, scheint es in vielen Fällen eher ein reiner Arbeitsplatz zu sein. Übernahme nicht ärztlicher Tätigkeiten, Administration, Sekretariatsdienste, etc. Wie schon in einer Studie der European Junior Doctors evaluiert wurde, sind 76 Prozent der befragten Jungärzte burned-out oder zumindest stark burn-out gefährdet. Dies lässt sich auch darauf zurückführen, dass sie sich zu wenig auf den Spitalsbetrieb vorbereitet fühlen, nicht wissen, wer ihre Bezugsperson ist und bis zu 80 Stunden in der Woche Dienst haben. Hinter einer professionellen Ausbildung sollte sich ein Ausbildungskonzept vermuten lassen. Mediziner erwarten sich Klarheit, Sicherheit und vor allem Betreuung.
In der Burn-out Studie der European Junior Doctors wird angeführt, dass sich viele Jungmediziner mit der Arzt/Patient-Kommunikation überfordert fühlen, sie geben an, dass es ihnen an Sicherheit mangelt. Bestandteil einer umfassenden Grundausbildung zum Arzt ist das Kennenlernen unterschiedlicher Bereiche, umfassendes Grundwissen der Abläufe im Spitalsbetrieb, Wissen über die Zuständigkeit der einzelnen Stationen, Erkennen des eigenen Potenzials und permanente fachliche Weiterbildung. Dazu dient eine Rotationsregelung, um den Jungärzten eine breite Möglichkeitenpalette aufzuzeigen und sie nach persönlicher Valoranz ihre Zukunft entscheiden zu lassen. Die Umsetzung dieser Regelung ist suboptimal: 2
Wichtige Tools und Prozesse werden nicht optimal geschult. Es fehlt in der Ausbildung oft an Zeit sich auf Forschung und Lehre sowie praktische Weiterbildung zu konzentrieren. Die Arbeitsbelastung ist bei Jungärzten signifikant höher als beim Rest des ärztlichen Personals. Dies wurde schon 2009 im Zuge einer Studie seitens der Ärztekammer evaluiert. 3
Mit 1. Jänner 2008 trat die Rahmenleitlinie Medizin/Pflege in Kraft. Noch heute, vier Jahre später, bemängeln Assistenzärzte, vor allem in Wien, die Umsetzung dieser Rahmenleitlinie. Viele fordern eine klare Teilung der Verantwortung (Anordnungsverantwortung beim Arzt, Durchführungsverantwortung bei der Pflege), um die Rahmenleitlinie optimal umzusetzen ( Der Turnus, Ärzteverlag). 4
Es stellt sich heraus, dass besonders die Jungmediziner in Wien vielfach Arbeiten übernehmen, welche nicht ihren Qualifikationen entsprechen. Sie müssen, als Allrounder oft überbelastet, auch noch administrative oder organisatorische Tätigkeiten erledigen. 5
Den Auszubildenden bleibt oft zu wenig Zeit, um sich auf ihre Ausbildung konzentrieren zu können. Um im Spitalsbetrieb integriert zu sein, ist es unerlässlich, an Abteilungsbesprechungen teilzunehmen. Als Auszubildender ist man Neuling und erhofft sich auch, aktiv eingebunden zu werden. Auch das erfolgt viel zu selten. 6
Die Lernbereitschaft der Auszubildenden ist dennoch sehr hoch. Quellen: European Junior Doctors: Proposition for Transition in Medicine (2010). Shanafelt TD, Bradley KA, Wipf JE, Back AL, Burnout and self-reported patient care in an internal medicine residency program (2002). Ärztekammer: Burn-out-Studie (Fessel-GfK, 2009), Turnusevaluierung (Ärztliches Qualitätszentrum, ÄK Wien) 7
Charts Mediengespräch Turnusevaluierung 8
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Quelle: Turnusevaluierung, Ärztliches Qualitätszentrum, ÄK-Wien (seit August 2011) 10