Germanistik Sandra Müller Ergänzende "wenn-sätze" - ein Problemaufriss Studienarbeit
Ergänzende "wenn-sätze" - ein Problemaufriss Inhaltsverzeichnis I. Vorbemerkungen S.2 II. Syntaktische Besonderheiten ergänzender-wenn Sätze S.3 II.I Die Valenz des Matrixprädikats S.3 II.II Nominalisierungstransformation S.4 II.III Die Ersetzbarkeit eines ergänzenden wenn-satzes durch einen dass-satz S.5 II.IV Das Korrelat im Matrixsatz eines ergänzenden wenn Satzes S.11 III. Das Problem der Bezeichnung S.14 IV. Ein Versuch der Einordnung ergänzender wenn-sätze in den Prozess der Grammatikalisierung S.16 V. Zusammenfassung S.19 Literaturverzeichnis S.21
I. Vorbemerkungen 1. Ich freue mich, wenn er lacht. 2. Ich freue mich, dass er lacht. 3. Es genügt, wenn ich die Blumen gieße. 4. Es genügt, dass ich die Blumen gieße. 5. Wenn ich die Blumen gieße, verwelken sie nicht. 6. *Dass ich die Blumen gieße, verwelken sie nicht. Adverbialsätze wie in Beispiel 5 sind bis auf einige Ausnahmen freie Angaben und demnach unabhängig von den Valenzbeziehungen des Matrixprädikats. Der Adverbialsatz in 5 könnte demnach zu jedem beliebigen Matrixprädikat hinzutreten und dieses in konditionaler oder temporaler Weise determinieren. Subjekt- bzw. Objektsätze hingegen stehen in einer engen Valenzbeziehung zum jeweiligen Matrixprädikat und können die von diesem geforderten obligatorischen oder fakultativen Leerstellen füllen. Wie geht man aber mit Sätzen wie in Beispiel 1 oder 3 um, die einerseits adverbialen Charakter tragen, gleichzeitig aber die vom Matrixprädikat eröffneten Leerstellen füllen? Betrachtet man Satz 3 so antwortet der Nebensatz auf die Frage. Wer oder was genügt? und füllt folglich die Subjektstelle des Matrixsatzes aus. Ebenso stellt der Nebensatz in Beispiel 1 eine Antwort auf die Frage: Worüber freue ich mich? dar und demnach als Objektsatz, der die Leerstelle eines präpositionalen Objekts füllt, klassifizierbar. Gleichzeitig jedoch antwortet er auch auf die Fragen: Unter welcher Bedingung freue ich mich bzw. wann freue ich mich?, wodurch dessen konditionaler bzw. temporaler Charakter in Erscheinung tritt. Dieser herkömmliche Fragetest verdeutlicht lediglich das Problem bzw. die Sonderstellung ergänzender wenn-sätze hinsichtlich ihrer syntaktischen Funktion und bietet aber keine Lösung im Hinblick auf deren die Klassifizierung. Ausgehend von v.a. syntaktischen Kriterien sollen in dieser Arbeit die Besonderheiten jener wenn-sätze gegenüber Subjekt-/Objektsätzen bzw. Adverbialsätzen beleuchtet, die daraus resultierenden Probleme bei deren 2
Klassifizierung aufgezeigt und der Versuch einer Einordnung dieses Phänomens unternommen werden. II. Syntaktische Besonderheiten ergänzender wenn-sätze II.I Die Valenz des Matrixprädikats Derartige wenn-sätze stehen häufig nach verbalen oder nominalen Matrixprädikaten, die auf einen tatsächlichen/wirklichen Umstand verweisen. Auf diese Weise wird der sie einleitenden Konjunktion ihr konditionaler bzw. temporaler Charakter weitestgehend genommen, so dass jene wenn-sätze die vom Verb ausgewiesene Stelle in der Funktion eines Subjekts bzw. Objekts füllen können. Matrixprädikate wie stören, leid tun, angehen, auffallen, Bedeutung haben, einen Zweck haben, einer Erklärung bedürfen, bedrücken, schaden, genügen, verändern, ausreichen, beitragen referieren beispielsweise auf die Subjektfunktion des anschließenden Ergänzungssatzes. Bedauern, begreifen, ertragen, verzeihen, lieben, merken, sehen, ausstehen, sowie sich darüber aufregen, damit begnügen, sich darüber wundern, nichts dafür können, Notiz davon nehmen, Verständnis dafür haben beziehen sich wiederum auf dessen Objektfunktion. 1 Je nach der Valenz des Verbs können diese wenn-sätze die Leerstellen einer obligatorischen oder einer fakultativen Ergänzung besetzen, was dazu führt, derartige Sätze als valenzgebundene bzw. ergänzende wenn- Sätze zu bezeichnen. Wenn-Sätze, die die Leerstelle einer obligatorischen Ergänzung füllen, lassen sich weitestgehend als Komplementsätze interpretieren. Aus der Besetzung der fakultativen Leerstellen durch wenn-sätze resultieren jedoch Schwierigkeiten bei der Klassifizierung jener Sätze als Adverbialoder Subjekt-/Objektsätze, auf die in den folgenden Kapiteln näher eingegangen werden wird. 1 Fabricius-Hansen, Cathrine: Sogenannte ergänzende wenn-sätze. Ein Beispiel semantisch-syntaktischer Argumentation. In: Dyhr, Mogens; Hyldegaard-Jensen, Karl (Hg.): Kopenhagener Beiträge zur Germanistischen Linguistik. Festschrift für Gunnar Bech zum 60. Geburtstag. Sonderband 1. Kopenhagen 1980. S.164. 3