B. VIERSTIMMIG 1. FOUR WAY CLOSE (vierstimmig, enge Lage, {}) Jedes Voicing besteht aus 4 Tönen (ohne Verdoppelung) aus den Kategorien 1, 7, 5, 3 - in enger Lage gesetzt, also innerhalb einer Oktave. Kategorie 1 3 5 7 Major 7 9 - #11 6 Moll 7 9-11 - Moll 7(b5) 9-11 b13 Dom. 7 9, b9, #9 4 (sus4) #11, 13, b13 - Wenn die Melodienote eine Tension ist, wird der darunterliegende Akkordton meist ausgelassen. Dies gilt nicht unbedingt für T11 und T#11, da die darunterliegende Terz für das Verständnis des Akkords wichtig ist. In diesen Fall kann die Quint des Akkords ausgelassen werden. (Dies gilt auch für die nachfolgend behandelten Voicings Drop Two, Drop Three, Drop Two and Four.) Im wird in den Unterstimmen fast ausschließlich die Tension 9 anstelle der 1 verwendet. In Voicings des Dominantseptakkordes sollte unbedingt eine T9 (Tb9, T#9) anstelle des Grundtones verwendet werden. Wenn der Grundton in der Melodie ist, sollte möglichst eine andere Tension im Voicing sein (siehe unten). T9 T9 statt 1 T9 statt 1 keine k2 zw. 1.u.2. Stimme!! 6 statt 7 T9 > keine 1 C7 möglichst T9 statt 1 C7 keine T9 für 1 möglich, da 1 in Melodie mögliche Lösungen: Tb9 statt b7 Tb13 statt 5 Drop 2 mit T(b)13 (siehe unten) 33
Arrangement 1/2 2. DROP TWO { 2} Die zweite Stimme (aus dem ) wird um eine Oktave nach unten versetzt. Es ergeben sich dadurch mehr Möglichkeiten, in der neuen 2. Stimme Tensions zu verwenden. Drop 2 ( 2) 2 C7 2 T13 statt 5 2 C 7 G7[alt] 2 T9 nicht möglich k9!!! 2 2 DOUBLE LEAD (DL) Unter Double Lead versteht man die Verdoppelung des Melodietones eine Oktave tiefer. Dies stellt die einfachste Form eines 5-stimmigen Voicings dar und wird häufig für den Saxophonsatz in der Bigband verwendet (2 Altsaxophone, 2 Tenorsaxophone, 1 Baritonsax). + DL (DL in der untersten Stimme) 2 + DL (DL in der 4. Stimme) Bb^ Bb^ C 7(b5) C 7(b5 9) T9 in 2. St. 3. DROP THREE { 3} Die dritte Stimme (aus dem 4 WC) wird um eine Oktave nach unten versetzt. 3 wird nicht als durchgehende Harmonisationstechnik verwendet. D7(b9) Drop 3 ( 3) 3 34
4. DROP TWO AND FOUR { 2+4} Die zweite und vierte Stimme (aus dem ) werden um eine Oktave nach unten versetzt. Dieses sehr weite Voicing kommt vor allem bei gemischter Instrumentierung mit Instrumenten sehr unterschiedlichen Tonumfanges zur Anwendung. Drop 2+4 ( 2+4) D7(b9) 2+4 D7(b9) 2+4 plus Double Lead... 5. SPREADS (4-STIMMIG) Das englische Wort Spread bedeutet unter anderem Ausbreitung, Ausdehnung, Streuung, deutet also in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein meist weiteres Voicing Verwendung findet. Spreads sind nicht geeignet zur Harmonisation von bewegten Melodien, sehr wohl aber für Backgrounds (Pads und Punches) und rhythmisch markante Passagen. In der untersten Stimme steht der Grundton (in Ausnahmefällen die Quint) oder ein im Akkordsymbol angegebener Bass-Ton (Slash-Chords), üblicherweise gespielt von Baritonsaxophon oder Bassposaune. In der zweiten und dritten Stimme stehen möglichst die Guide-Tones - Terz und Septime. Der Abstand zwischen den oberen Stimmen soll kleiner als eine Oktave sein, zur tiefsten Stimme soll er eine Dezime nicht überschreiten. möglicher Background für 4 Posaunen oder Saxophone: Pad (Klangteppich) 5 b3 b7 G(b9) b9 3 b7 5 7 3 (#11) B 7(b5) #11 b7 b7 b3 3 b5 E7(b5) 3 b5 b7 9 b3 b7 SPREADS (5-STIMMIG) Für die 5-stimmigen Spreads gelten sinngemäß die gleichen Regeln. Die 5. Stimme kann für die Quinte oder eine weitere Tension genutzt werden. möglicher Background für z.b. 5 Saxophone: Punches (akzentuiert) 5 G(b9) b13 9 (#11) B 7(b5) 13 11 E7(b5) #9 5 35
QUASI SPREADS Four Way Close Voicing mit Spread-Bass G(b9) DROP TWO SPREADS Drop Two Voicing mit Spread-Bass G(b9) 36
LOW INTERVAL LIMITS Um zu vermeiden, dass Voicings der oben angeführten Harmonisationstechniken diffus und schlammig klingen müssen die Low Interval Limits (LIL) eingehalten werden: unisono unbegrenzt k2 g2 k3 g3 r4 v5 r5 k6 g6 Intervalle innerhalb der Voicings unterhalb der angegebenen Grenzen klingen nicht gut. Die Grenzen sind allerdings nicht scharf, sie können vor allem im p und pp geringfügig nach unten überschritten werden. Als Faustregel kann gelten: Unter dem kleinen D sollte man nur Grundtöne oder Quinten der jeweiligen Akkorde schreiben. k7 g7 Oktave unbegrenzt Wenn der unterste Ton eines Voicings nicht der Grundton des Akkords ist, muss dieser dennoch in die Berechnung der LIL einbezogen werden: F6 5 OK LIL verletzt k7 - zu tief 37
HARMONISATION VON APPROACHNOTEN Die Approachnoten werden durch die Melodieanalyse festgelegt. Durch die Verwendung von Approaches erreicht man eine bessere Stimmführung in den Unterstimmen, verhindert ein Liegenbleiben von Unterstimmen wenn sich die Melodie bewegt, es entsteht ein möglichst homogenes Klangband unter der Melodie. 1. Dominant-Approach () Der Dominant-Approach basiert auf der Tatsache, dass jeder Akkord (mit Ausnahme von m7(b5) und dim7) als temporäre Tonika betrachtet werden kann. Die Harmonie der Zielnote wird also zur momentanen Tonika erhoben und die Approachnote mit dem entsprechenden Dominantseptakkord harmonisiert, wobei 5 und T9 aus Stimmführungsgründen alteriert werden können. : F6 3 (s4) 5 C7(b9) 5 (sb3) A7(b9) T9 Drop2: Bb7 T9 (b9) T13 2. Diatonischer Approach () Die Approachnote wird mit einem diatonischen Durchgangs- oder Nebenakkord harmonisiert. Der Diatonische Approach eignet sich besonders, wenn Melodie und harmonie diatonisch sind. Vorteilhaft ist die Verwendung von Akkorden der Tonika- oder Subdominant-Gruppe, weil dadurch der Tritonus vermieden wird. F^ 3 (s4) 5 F^ 5 (s6) 7 F^ 5 (s6) 7 : G 7 klingt nicht bes. gut, da gleichzeitig besser: G 7 G 7 1 (s4) 5 5 (sb6) 5 A7 C7 Drop2: 5 (s1) F6 9 T9 38
3. Chromatischer Approach (CHR) Alle Unterstimmen erreichen (wie die Melodie) ihre jeweilige Zielnote durch Halbtonschritt in die gleiche Richtung (Chromatische Rückung). : 5 (s7) 1 CHR B6 5 (s6) 7 2 CHR Drop2: Bb6 1 5 CHR einzige Möglichk. 4. Parallel-Approach (PAR) Alle Unterstimmen erreichen (wie die Melodie) ihre jeweilige Zielnote durch Ganztonschritt in die gleiche Richtung (Ganzton-Rückung). : Gm7(b5) b3 (sb6) PAR Am7(b5) b5 5 (s6) 7 2 PAR Eb7 Drop2: Bbo7 App. 1 PAR Co7 b5 Der in Gary Lindsay s Buch JAZZ ARRANGING TECHNIQUES angeführte Diminished Approach entspricht nach seiner Definition dem Dominant-Approach mit der b9 - was jeweils einen verminderten Septakkord ergibt. HARMONISATION VON ZUSAMMENGESETZTEN APPROACHNOTENFIGUREN 1. Double-Chromatic Approach Alle Unterstimmen bewegen sich mittels zweier Halbtonschritte in die jeweiligen Noten des Zielakkordes. 3 Drop2: CHR CHR T13 3 CHR 5 CHR 39
2. Indirect Resolution Man verwendet für die Harmonisation der beiden Approachnoten die Harmonisationsart, welche die beste Stimmführung ergibt. Es kann klanglich von Vorteil sein, wenn beide Noten mit der selben Art harmonisiert werden. Drop2: 1 (s2) G7(b9) (s7) 1 5 (s6) C7 CHR E7 5 MÖGLICHKEITEN zur VERHINDERUNG LIEGENBLEIBENDER UNTERSTIMMEN Im allgemeinen kann durch richtige Wahl der Harmonisationsart Verwendung bzw. nichtverwendung von Tensions im Zielakkord eventuelle Änderung der Melodieanalyse ein Liegenbleiben von Unterstimmen (während sich die Melodie bewegt) verhindert werden. 1 (s2) 3 Verwendung des -Approaches ungünstig, da die 3. Stimme liegen bleibt und der Akkord der Dominant-Gruppe angehört (ist gleichzeitig - Approach - klingt nicht besonders gut) 1 (s2) 3 Durch Verwendung von T9 und 7 im Zielakkord bleibt trotz -Approaches keine Stimme liegen. Außerdem gehört dieser -Approach der Subdominant-Gruppe an - klingt besser. 1 (s2) 3 G7(b9) Durch Verwendung eines -Approaches mit Tb9 wird ebenso ein Liegenbleiben von Unterstimmen vermieden. 40
1 (s2) 3 PAR Die Verwendung eines PAR-Approaches verhindert ebenfalls ein Liegenbleiben von Unterstimmen. 41
INDEPENDENT LEAD ist eine Alternative zur Harmonisation von Approachnoten. Die Unterstimmen pausieren oder werden gehalten während sich die Melodie bewegt. Nur die wichtigsten Töne werden harmonisiert, meist mit Four-Way-Close oder Drop Two. Vergleiche FOUR-WAY-CLOSE mit DROP 2 mit Independent Lead (IL) T9 (s1) b7 5 G7(b9) 1 G7(b9) Independent Lead wird verwendet a. auf unbetonten Teilen einer melodischen Phrase G7(b9) (sb7) G7(b9) b. bei einem Auftakt C7 c. bei unbetonten Achtelnoten (Ghost Notes) G7sus 42
TUTTI WRITING ist eine Kombination aus Independent Lead und Spreads: C 7 (b9 b13) Bb6 Independent Lead harmonisiert mit Drop 2, darunter Spread-Basslinie Richtlinien zum Kombinieren von Satztechniken G. Lindsay, Jazz Arranging Techniques, S. 97 Melodien unterhalb C funktionieren meist am besten im Unisono/Oktav-Unisono Unisono - in jedem Register - stellt einen guten Kontrast zu harmonisierten passagen dar. Melodien über dem C funktionieren gut im (oft auch Drop 2) Drop 2-Voicings auf tieferen Noten bewirken oft eine Verletzung der Low-Interval- Limits. Melodien über dem C funktionieren gut in Drop-Voicings (auch im ) Wichtig: Alle verwendeten Instrumente müssen sich innerhalb ihres Tonumfangs bewegen. Bei abrupten Sprüngen der Melodie kann sich die Satz-Technik entsprechend ändern, auch von Unisono in Voicing und umgekehrt. Wenn die Melodie nach oben springt empfiehlt sich (z.b.) ein Wechsel von nach Drop 2. Wenn die Melodie nach unten springt empfiehlt sich (z.b.) ein Wechsel von Drop 2 nach. 43
C. DREISTIMMIG - Bei Dreistimmigkeit - drei Bläser - sollte das Außenintervall nicht größer als eine Dezime sein. - Dreistimmige Bläser klingen wenn die Melodie über dem g liegt dünn, man kann dann in ein Oktavunisono gehen, wobei die untere Oktave verdoppelt wird. - Keine kleine Sekund zwischen 1. und 2. Stimme! - Es gelten die Low Interval Limits. Mögliche Techniken: 1. Unvollständige Four Way Close Voicings - Man schreibt (oder denkt) in, inclusive Melodieanalyse und den daraus resultierenden Approachharmonisationen. - Dann lässt man eine der Innenstimmen weg. Der Akkord wird dadurch nicht vollständig dargestellt. Es ist kein Problem, wenn Guidetones fehlen, wichtiger ist die Stimmführung. Die verbleibende Innenstimme kann noch editiert werden, indem z.b. Tensions anstelle von Akkordtönen verwendet werden. - Diese Methode kann sinngemäß auch auf Drop Two angewandt werden. Als Beispiel der Anfang von Anthropology in vollständigem (vierstimmigem) und unvollständigem (dreistimmigem) : B 6 & bb j b n bn # n # bn n b 1 1 Tb13 3 (s2) G7 CHR n 5 T11 C 7 b7 Œ J J (s1) b7 B ² 3 (s4) G 7 j b n n# # n bn 3 T11 (s2) CHR b3 (s2) 1 C 7 (s4) 3 bn b Ó B 6 & bb j 1 b G7 3 (s2) 1 Tb13 CHR 5 T11 C 7 b7 (s1) b7 B ² G 7 b n # n n b Œ J J j n b # 3 (s4) 3 T11 (s2) b3(s2) CHR C 7 # n n b 1 (s4) 3 Ó 44
2. Konstantes Aussenintervall Quart mit innenliegender Sekund - Man schreibt eine reine Quart unter die Melodie, solange es mit den Harmonien verträglich ist. Ein Ausweichen in den Tritonus sollte vermieden werden. Reharmonisation ist möglich! - Dann schreibt man innenliegend eine Sekund zu einer der Aussenstimmen (zur Melodie ist nur eine große Sekund zulässig), wie es am besten zu den Harmonien passt. Als Beispiel auch hier wieder der Anfang von Anthropology, leicht reharmonisiert. Es werden sinngemäß Approaches (, CHR) verwendet, Melodienanalyse ist allerdings nicht notwendig. B 6 G7 C 7 & bb j b # # n Œ J J ( 4) B ² G 7 C 7 reharmonisiert J n# n nb b n Ó hier geht nur der Tritonus :-( 3. Zwei Quarten untereinander - Man schreibt möglichst zwei reine Quarten untereinander - Anstelle einer Quart kann ausnahmsweise der Tritonus verwendet werden - Diese Technik ist natürlich harmonisch nicht überall anwendbar, ev. muss reharmonisiert werden. Als Beispiel wieder der Anfang von Anthropology. Es versteht sich, dass diese und die oben stehende Technik in konventionellem Zusammenhang eher nicht zu verwenden sind! B 6(#11) G7 C 7 ( 4) B Œ Š7(#11) G 7 C 7 & bb j n # n # n n Œ J J j n n n n n nn Ó b b ( 4) hier geht nur Tritonus + Quart Harmonie: sus4/add3 45
PROJEKT 2: Arrangement für 5 Bläser (Trompete, Altsax, Tenorsax, Posaune, Baritonsax) und Rhythmusgruppe (Klavier, Bass, Schlagzeug) 1. Suche ein Jazz-Standard-Tune: Medium/Up Tempo Swing oder Latin 32-taktige Form, wenn Blues dann muss die Wiederholung des Themas unterschiedlich sein. keine Eigenkomposition, keine Ballade, kein Rock-Funk-Fusion-Avantgarde...Arrangement. Das Thema soll für die Verwendung von Four-Way-Close, Drop-Voicings, ev. Spreads geeignet sein. Fertige einen Entwurf der Bläserstimmen in Form eines Sketches (Particell) 2. Musikalische FORM des Arrangements: Intro 4-8 Takte (verwende Material aus dem Tune) A-A-B-A Thema gespielt von den Bläsern unter Verwendung geeigneter Techniken, Instrumente der Rhythmusgruppe entsprechend notiert, mit Chord-Symbols, Slashes, aber wo notwendig auch ausgeschrieben A-A-B-A Solo-Chorus offen, d.h. rep. ad. lib. Backgrounds on cue (Kicks, Pads, Spreads, Guidetone-Lines...) Da Capo oder Dal Segno al Coda Für ganz Fleissige: 2 A-Teile Shout-Chorus (neue Melodie...) Ansonsten das Thema in der Anfangsversion nochmal. CODA kurze Schlußsequenz 4. Schriftliche Form des Arrangements: Partitur - klingend Einzelstimmen für jedes Instrument - natürlich transponiert Partitur und Einzelstimmen müssen die gleiche Form haben, keine abweichenden Wiederholungen, 1.- und 2.- Kasten, die gleichen Taktzahlen und Studierbuchstaben (wichtig!). Akkordsymbole: im Klavier und im Bass auch dann, wenn die Stimme ausgeschrieben ist für die Bläser nur im Solo-Teil!!! 46