Mobiles Tagging: Konzeption und Implementierung eines mobilen Informationssystems mit 2D-Tags



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Transkript:

Mobiles Tagging: Konzeption und Implementierung eines mobilen Informationssystems mit 2D-Tags Elena Shpilka 1, Ralph Koelle 2, Wolfgang Semar 3 1 Universität Hildesheim Marienburger Platz 22 31141 Hildesheim elena.shpilka@gmx.de 2 Universität Hildesheim Marienburger Platz 22 31141 Hildesheim koelle@unihildesheim.de 3 HTWChur Ringstrasse 34 CH-7004 Chur Wolfgang.Semar@fhhtwchur.ch Zusammenfassung Der Beitrag beschreibt das Konzept, die Implementierung sowie die Evaluierung eines mobilen Informationssystems unter Verwendung mobilen Taggings in einer universitären Umgebung. Abstract This paper describes the concept and implementation of a mobile information system, which is used in a university environment and based on the mobile tagging technology, and presents the findings from an evaluation. Dieses Werk bzw. Inhalt steht unter folgender Creative Commons Lizenz: Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 3.0 Deutschland http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/

Einleitung Die letzten Jahre waren stark geprägt von einer rasanten Entwicklung auf dem Gebiet der mobilen Informations- und Kommunikationstechnologien. Die letzten Hürden fallen: die Rechenleistung der mobilen Endgeräte erreicht PC-Niveau, Breitbandnetze stehen zu moderaten Flatrates zur Verfügung und mobil verfügbare Daten finden mittels Cloud-Computing Verwendung. Schätzungen zufolge werden bis 2014 Mobilfunkgeräte den PC als das gängigste Gerät für den Internetzugang überholt haben (Morgan Stanley Research 2009). Mobile Internetfunktionen haben den Durchbruch im Massenmarkt geschafft, 13% der Mobilfunknutzer, damit ca. 10 Mio. Deutsche, verwenden mittlerweile das mobile Internet (Bitkom 2010). Laut Bitkom verwenden sogar 48% der Nutzer ihre Handykamera 1. Mobiles Tagging verbindet beide Technologien und schafft neue Möglichkeiten, die reale Umgebung mit Diensten des mobilen Internets anzureichern. Im Folgenden werden das Konzept, die prototypische Implementierung sowie die Evaluierung eines mobilen Informationssystems unter Verwendung mobilen Taggings in einer universitären Umgebung vorgestellt. Mobilität Mit Mobilität wird in Anlehnung an Lehner (2003b) die physische Bewegung von Geräten, Objekten, Diensten, Informationen und Personen in Bezug auf die Kommunikationsnetze bezeichnet. In Bezug auf die Informationsgesellschaft kann man von einer Mobilität der Information sprechen (vgl. Steimer et al. 2001: 16ff). Die Daten werden am Ort des Geschehens erfasst. Mobile Anwender können alle möglichen Informationen rund um die Uhr und an nahezu beliebigen Orten empfangen und weiterverarbeiten. Die Ergebnisse dieser Verarbeitungsprozesse können je nach Bedarf an beliebige andere Orte transferiert werden. 1 Die Begriffe Handy, Mobiltelefon und Smartphone werden synonym verwendet.

Mobile Informationssysteme Bei mobilen Informationssystemen handelt es sich um Systeme, die durch die Nutzung der mobilen Endgeräte für Kommunikation und Informationstransfer zu betrieblichen und privaten Zwecken zur Verfügung stehen. Die mobilen Informationssysteme unterscheiden sich von den traditionellen Informationssystemen hinsichtlich der technischen Umsetzung in folgenden Punkten: - Die Gestaltung der Benutzeroberfläche ist durch die Hardware bestimmt und im Vergleich zu den Desktop-Anwendungen sehr beschränkt. - Die Verbindung erfolgt drahtlos. Die Speicherkapazität der mobilen Endgeräte ist kleiner, Verbindungsqualität und -geschwindigkeit sind in der Regel schlechter. - Die Sicherheitsmechanismen der mobilen Endgeräte haben momentan noch nicht das Niveau der Desktop-Systeme erreicht (vgl. Krogstie 2005). Diesen eher als nachteilig einzustufenden Eigenschaften stehen aber auch positive gegenüber (Lehner 2003a: 11-13): - Ortsunabhängigkeit: Gemeint ist hier der Vorteil der Mobilität, dass man mit einem mobilen Endgerät unabhängig von seinem Aufenthaltsort zu jeder Zeit in der Lage ist, mit einer Client-Anwendung auf lokale oder entfernte Dienste zuzugreifen, Daten abzurufen und zu bearbeiten. - Kostengünstigkeit : Im Vergleich zu den traditionellen PCs sind mobile Geräte weniger komplex, viel kompakter und dadurch auch günstiger. - Convenience: Mobile Geräte sind leicht und kompakt gebaut und meistens so konzipiert, dass sie einfach und schnell bedienbar sind. Nach Lehner findet das Mobiltelefon im Hinblick auf das Surfen im Internet mehr Akzeptanz unter Nutzern als ein stationärer PC zum Telefonieren. Als weitere Vorteile werden die Lokalisierbarkeit, Personalisierung sowie Identifizierbarkeit der Teilnehmer genannt. Zusammengefasst führt der Zugriff auf mobile Informationssysteme zu mehr zeitlichem und räumlichem Freiraum. Die Möglichkeit, auf Informationen zu

jeder Zeit und überall zuzugreifen, kann somit zu einer Rationalisierung des Informationsmanagements und zur Gewinnung zusätzlicher und aktuellerer Informationen führen (vgl. Biland & Saager 2004: 20ff). Mobile Tagging Der Begriff Mobile Tagging kommt aus dem Englischen: das Wort tag bedeutet Kennzeichen und beschreibt das Hinterlassen von Informationen. Mobile weist darauf hin, dass diese Tags für mobile Endgeräte und mobile Informationssysteme konzipiert sind (vgl. Hartz 2009). Es handelt sich also zum einen um die Auszeichnung eines Gegenstandes mit einem Tag, zum anderen um einen Prozess des Auslesens, Auswertens und ggf. Bearbeitens der im Tag codierten Daten. Somit stellt Mobile Tagging eine Schnittstelle zwischen der realen, anfassbaren Welt und dem mobilen Internet zur Verfügung (Hutter et al. 2008: 1). Abbildung 1: Link zu http://www.isi2011.de Abbildung 1 zeigt einen Quick Response (QR) -Tag 2, der von der japanischen Firma Denso Wave im Jahr 1994 entwickelt wurde, und in seiner Pixel-Struktur einen Link zur ISI 2011 Website beinhaltet. Zur Nutzung des QR-Tags braucht man ein (idealerweise mobiles) Endgerät, das eine Kamera und einen Internetzugang hat. Mithilfe einer speziellen Software (Reader), die für jedes aktuelle Mobiltelefon kostenlos erhältlich ist, wird der Code mit der Kamera eingescannt und intern weiterverarbeitet. 2 Neben den im Online-Bereich verbreiteten QR-Tags werden Aztec-Codes bei der Bahn für Online-Tickets verwendet, Datamatrix ist überwiegend von Briefmarken bekannt.

Je nach Pixelstruktur kann dann auf eine Website verlinkt, ein Text (zum Lesen und Speichern), ein Termin (zur Integration in den persönlichen Kalender) oder eine elektronische Visitenkarte (für das eigene Adressbuch) dargestellt werden. Aktueller Entwicklungsstand von QR-Tags Einer Studie der Fachhochschule Schmalkalden zufolge ist für den QR- Code [ ] der kritische Massepunkt fu r eine weitere Verbreitung in Deutschland erreicht (Urban & Leisen 2010). Die Autoren schließen dies aus den Ergebnissen ihrer Befragung von 516 Personen im November und Dezember 2009. Die Ergebnisse im Einzelnen: 83,8% gaben an, eine Zugangsmo glichkeit zum mobilen Internet zu haben, 89,1% der verwendeten Geraẗe hätten eine Kamera integriert. Damit wären die grundlegenden Funktionen des mobilen Taggings vorhanden. 25% (der Anwender mit technologisch entsprechend ausgestatteten Geräten) gaben an, bereits QR- Codes gescannt zu haben, weitere 25,4 % kennen die QR-Codes, haben diese aber bislang noch nicht genutzt. Bisherige Hemmschwellen seien hauptsächlich in mangelnden Anwendungsmöglichkeiten (17%) und geringen Mehrwerten (54%) zu sehen. Primär genutzte Anwendungsfelder seien weiterführende Informationen in Zeitungsartikeln (66%) und zusätzliche Nähr- und Inhaltsstoffe auf Lebensmittelverpackungen (Extended Packaging, 65%) 3. Eine Online-Befragung der Universität Hildesheim mit 129 Teilnehmern bestätigt die Ergebnisse weitgehend. Neben dem generellen Interesse an der Technologie selbst sowie ihren vielfältigen Anwendungsfeldern werden mobile Tags bereits von vielen Befragten aktiv genutzt (Shpilka 2010:79). So haben etwa 40% der Befragten angegeben, mobile Tags schon verwendet zu haben. QR-Tags fanden dabei die häufigste Anwendung (vgl. Abbildung 2). 3 Allerdings kann bei einem Anteil von 84,7% männlichen Teilnehmern und einem hohen Anteil junger Befragter (44,8% zwischen 19 und 25 Jahre alt) wahrscheinlich nicht von einem repräsentativen Ergebnis gesprochen werden.

Abbildung 2: Verwendete 2D-Tags Unter Nutzungsszenarien wurden primär Tags auf Verpackungen, die Nutzung von Online-Fahrplänen, und Tags zu Werbezwecken genannt (vgl. Abbildung 3). Abbildung 3: Verwendung von 2D-Tags Die Frage nach weiteren sinnvollen Anwendungsfällen für mobile Tags wurde mit Informationen zu Produkten, Abfrage aktueller Fahrpläne, ortsbezogene Dienste, schnelle Kontaktaufnahme, Authentifizierung sowie Produkte online erwerben beantwortet, wobei jedoch 69 Befragte fehlende Standardisierung bei Tag-Readern bzw. Scannern bemängelten, 46 mögliche Verbindungskosten und 47 Datenschutz als Problem nannten (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: Probleme beim Einsatz von mobilen Tags Im weiteren Verlauf der Umfrage wurden die Befragten mittels einer Filterfrage in zwei Gruppen eingeteilt und nur diejenigen befragt, die im universitären Kontext arbeiten oder studieren (77 von 129). Favorisiert wurden von der universitären Gruppe das Abrufen von Klausurergebnissen, das Herunterladen des Mensaplans sowie von Aufgaben und Unterlagen, die Kontaktdaten und Termine als Tags enthalten (Shpilka 2010:82). Obwohl über 30% der Befragten der Technologie eine ähnliche Verbreitung wie in Japan, wo über 70% der Mobilfunknutzer mobile Tags verwenden, absprechen, wurde die Technologie des Mobile Tagging insgesamt positiv bewertet (Shpilka 2010:82). Die positiven Rückmeldungen, das offensichtlich große Entwicklungspotenzial sowie der steigende Trend der Verwendung von 2D- Tags brachte die Idee hervor, ein auf mobilem Tagging basierendes Informationssystem zu entwickeln und zu evaluieren. Konzept eines universitären Informationssystems Dank der relativ hohen Speicherkapazität (bis ca. 7 KByte) und einem hohen Datensicherheitslevel von QR-Codes ist es grundsätzlich möglich, diese für Speicherung und Veröffentlichung von umfangreichen Informationen zu benutzen, beispielsweise für digitale Visitenkarten, SMS- oder Kontaktformulare. Dem steht allerdings eine heterogene Sammlung von Tag-

Readern und Anwendungen entgegen, die die Nutzung von mobilen Tags erschwert. Basierend auf der Idee, die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von QR- Tags in einem System zu bündeln und so der Heterogenität der Systeme und Reader entgegen zu wirken, wurde der Prototyp eines Informationssystems entworfen, das mobiles Tagging und sein Anwendungspotenzial für einen universitären Kontext nutzbar macht (Shpilka 2010:64). Das Informationssystem Tagging University besteht aus einer Server und einer mobilen Client-Anwendung. Die Server-Anwendung ermöglicht es, mobile Tags mit verschiedenen Informationstypen zu erstellen: Kalendertermine, Aufgaben, Internetadressen, Telefonnummern, digitale Visitenkarten, E-Mail- und SMS-Formulare. Während vorhandene Systeme ähnliche Funktionalitäten bieten (Mobile Barcoder 4, QR Code Tag 5 ), soll die Server-Anwendung ihre Informationen zukünftig direkt aus den universitätsinternen Informationssystemen wie Vorlesungsverzeichnis und Lernmanagementsystem beziehen. Für die Evaluation des Prototyps war diese Funktion noch nicht notwendig. Die mobile (Client-) Anwendung bietet die Möglichkeit, QR-Tags zu scannen sowie die erkannten Daten zu speichern, zu organisieren und weiterzuverarbeiten. So können stundenplan- und prüfungsbezogene Termine in den Terminplaner eingetragen werden und stehen ggf. nach einer Synchronisation auch auf stationären Computern oder Laptops zur Verfügung. Digitale Visitenkarten können um weitere Informationen ergänzt werden, Internetadressen (URLs), z.b. auf aktuelle Institutsmeldungen bzgl. Verlegung oder Ausfall von Veranstaltungen oder Sprechstunden, können in einer internen Datenbank im Mobiltelefon gespeichert und jederzeit wieder aufgerufen werden. Durch die zentrale Datenhaltung auf dem mobilen Gerät ist somit der orts- und zeitunabhängige Zugriff auf universitätsrelevante Daten möglich, was einer Verbesserung bzw. Vereinfachung von Kommunikations- und Organisationsprozessen dienen soll. QR-Tags stellen 4 Als Firefox-AddOn: https://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/2780/ 5 Als Google Chrome Erweiterung: http://www.chromeextensions.org/utilities/qr-codetag/

darüber hinaus die Funktion zur einfachen Aktualisierung und Erweiterung der gespeicherten Daten zur Verfügung. Evaluation Die erwähnte Online-Umfrage der Universität Hildesheim hat gezeigt, dass grundsätzlich Interesse an universitären Funktionen auf Basis mobiler Tags besteht (Shpilka 2010:78). Die größte Akzeptanz haben folgende Vorschläge gefunden: Klausurergebnisse per Tag abrufen (48 von 77), Mensaplan anschauen (49), Aufgaben bzw. Lernunterlagen herunterladen (38) und Kontaktdaten und Termine aus Vorlesungsskripten übernehmen (37) 6. In Rahmen einer empirischen Evaluation wurden Benutzertests durchgeführt, um die technische Umsetzung des entwickelten Prototyps in der Praxis zu testen. 10 Probanden mussten die mobile Anwendung auf dem eigenen mobilen Gerät installieren und anhand der vorgegebenen Aufgaben die Funktionen des Einscannens, der Tag-Erkennung und Weiterverarbeitung der gewonnenen Informationen durchführen. Die Funktionsfähigkeit der Applikation wurde insgesamt bestätigt. Die durchschnittliche Rate der erkannten Tags lag bei ca. 75%. Die meisten Probanden (80%) haben angegeben, dass die Anwendung intuitiv zu bedienen sei. Eine Testperson hat es als umständlich empfunden, weil zu viele Tasten gedrückt werden mussten. Die Angaben zu den Antwortzeiten waren unterschiedlich, in den meisten Fällen (ca. 80%) dauerte der Scan- bzw. Entschlüsselungsprozess zu lange. Die anderen Reaktionszeiten wie bei den Speicherfunktionen oder dem Anzeigewechsel wurden von ca. 80% positiv bewertet (Shpilka 2010:85). Obwohl QR-Tags prinzipiell schon seit über 15 Jahren insbesondere in Japan genutzt werden, zeigt der Benutzertest, dass es nach wie vor Probleme bei der Erkennung und Verarbeitung der Tags gibt. Daher wurde zur Optimierung der Erkennungsrate in Rahmen der Benutzertests versucht, eine optimale Größe der mobilen Tags zu ermitteln. Die Ergebnisse haben 6 Auf einer Skala von 1 (gut bewertet) bis 5 (negativ bewertet) wurden jeweils die Bewertungen 1 und 2 summiert.

gezeigt, dass die Maße von ca. 4x4 cm eine optimale Größe für die Erkennung darstellen, da solche Tags von allen Geräten schnell erkannt wurden. Bei den kleineren Tags mussten mehrere Versuche durchgeführt werden. Da der Prozess des Einscannens und der Erkennung durch viele Faktoren wie Beleuchtung oder Verwackeln beeinflusst wird, bietet die oben genannte Größe mehr Sicherheit der Erkennung und dient daher der Usability des Systems. Abbildung 5: Durchführung eines Benutzertests Bei der Durchführung der Benutzertests wurde darüber hinaus festgestellt, dass die ausgewählte Java-Technologie trotz der Plattformunabhängigkeit, die als ein wesentlicher Vorteil dieser Technologie gilt, nicht optimale Ergebnisse lieferte. Es zeigt sich, dass Hersteller der mobilen Geräte oft nur die Kern-Module von Java ME implementieren, was dazu führt, dass nicht alle für das entwickelte Informationssystem notwendige Java-Pakete (wie z.b. das Multimedia-Paket) auf den Geräten vorhanden waren, was die Nutzung des Systems beeinträchtigte oder gar verhinderte (bei 3 von 10 Geräten). Leider lassen sich solche Pakete bei der überwiegenden Zahl der Geräte nicht einfach nachinstallieren, da sie in die Firmware integriert sind. Somit stellt die Java-Technologie zwar eine gute Basis für die Entwicklung von mobilen Applikationen dar, eine einheitliche Unterstützung der Java- Konfigurationen durch die Hersteller wäre allerdings dringend notwendig. Für die Nutzung von Tagging University sind weitere Tests auf Geräten verschiedener Plattformen nötig. Dazu bieten sich Geräte mit Android- Betriebssystem an, da die Applikationen dieser Plattform auf Java basieren.

Ausblick Die Technologie mobiler Tags hat trotz ihres jungen Alters bereits eine hohe Entwicklungsstufe erreicht. Die Vielzahl der Einsatzmöglichkeiten macht Mobile Tagging für viele Branchen und unterschiedliche Einsatzgebiete attraktiv. Zurzeit werden Tags in der Logistik (Hompel et al. 2008) zur Warenverfolgung oder als elektronische Tickets (Fahr- und Eintrittskarten) eingesetzt. Mobile Tags sind perfekte Werbemittel, weil sie wenig Platz brauchen und relativ viele Informationen enthalten können. Das Ziel der Entwicklung des Tagging University Systems an der Universität Hildesheim war die Bündelung möglichst vieler Funktionalitäten in einer Anwendung, um eine Unterstützung der Benutzer beim persönlichen Informationsmanagement bzgl. Termin-, Kontakt- oder Datenverwaltung zu erreichen. Befragungen und Benutzertests haben gezeigt, dass, wie die Technologie des Mobile Taggings selbst, das Tagging University System hohes Potenzial zur Weiterentwicklung hat. Dabei stehen die Usability, die Implementierung für weitere Plattformen sowie die Integration in universitäre Prozesse im Fokus. So ist eine direkte Anmeldung zu Prüfungen oder Sprechstunden über mobile Tags mit automatischer Sicherung der Daten in der internen Datenbank des Systems umzusetzen. Durch die Speicherung stände dem Benutzer jederzeit eine Übersicht über Anmeldungen und Termine zur Verfügung. Durch Integration interner Systeme wie dem Handy-Kalender ist eine Synchronisation sehr einfach möglich, darüber hinaus können Konflikte erkannt werden und das System den Nutzer warnen. Der verbreiteten Verwendung des Telefons bzw. des Smartphones als Termin-, Adress- und Wissensverwaltungssystem würde weiterer Vorschub geleistet. Eine weitere nützliche Anwendung ist die Verknüpfung von Online- und Offline-Medien der Lernmanagementsysteme. Mittels Tags können Termine, Hausaufgaben und Skripte einfach auf das mobile Gerät heruntergeladen werden. Das Potenzial an Weiterentwicklungen ist hoch. In jedem Fall sollte die Entwicklung durch die bewährte Nutzerbeteiligung mittels Befragung und Usability-Tests unterstützt werden.

Literaturverzeichnis Biland, Lars; Saager, Oliver (2004): Mobile Computing Business Models / I. Vertiefungsrichtung IT Management /E-Business. Seminararbeit. Fachhochschule Basel. http://www.ecademy.ch/ecademy/ecadpubli.nsf/id/323. Bitkom (2010): Drei Viertel der Handy-Nutzer versenden SMS. http://www.bitkom.org/files/documents/bitkom-presseinfo_handy- Funktionen_Ranking_23_08_2010%282%29.pdf. Hartz, Wilko (2009): Basiswissen QR Code. http://qrcode.wilkohartz.de/. Hompel, Michael; Büchter, Hubert; Franzke, Ulrich (2008): Identifikationssysteme und Automatisierung. Berlin: Springer. Krogstie, John (2005): IFIO TC8 Special Interest Group on Mobile information system (MOBIS). http://www.idi.ntnu.no/~krogstie/mobistc8web.htm. Lehner, Franz (2003a): Mobile und drahtlose Informationssysteme: Technologien, Anwendungen, Märkte. Berlin: Springer. Lehner, Franz (2003b): MobiLex : Lexikon und Abkürzungsverzeichnis für Mobile Computing und mobile Internetanwendungen. Herausgegeben von Universität Regensburg. (Schriftenreihe Wirtschaftsinformatik). Morgan Stanley Research (2009): The Mobile Internet Report: Ramping faster than Desktop Internet, the Mobile Internet Will Be Bigger than Most Think. http://www.morganstanley.com/institutional/techresearch/pdfs/mobile_intern et_report.pdf. Pascal Andres (August 2009): 2D-Codes: Überblick und Einsatzszenarien für Hochschulen. B.A. Abschlussarbeit. HTW Chur. Shpilka, Elena (2010): Mobiles Tagging: Konzeption und Implementierung eines mobilen Informationssystems mit 2D-Tags. Magisterarbeit. Universität Hildesheim Steimer, Fritz L.; Maier, Iris; Spinner, Mike (2001): mcommerce: Einsatz und Anwendung von portablen Geräten für mobilen ecommerce. München: Addison-Wesley. Urban, Thomas; Leisen, Christian (2010): Mobile Tagging. Eine empirische Studie zur Akzeptanz von QR-Codes. Fachhochschule Schmalkalden. http://www.multi-media-marketing.org/dateien/qr-summary-v1-00.pdf.