Fehlbildungen im II./III. Trimenon und deren Konsequenzen Dietmar Schlembach Universitätsfrauenklinik Jena Abteilung für Geburtshilfe Uta Primavera (Graz)
Fehlbildungsausschluss II. Trimenon Kalache KD. Fehlbildungsdiagnostik im 2. Trimenon (in Schneider/Husslei/Schneider: Die Geburtshilfe) Mit der Ultraschalltechnik kann heute die Mehrzahl der schweren kongenitalen Fehlbildungen pränatal diagnostiziert werden. Diagnostische Wertigkeit des Ultraschallscreenings: niedergelassene Ärzte (STUFE I) 22 % Krankenhausärzte (STUFE I-II) 40 % Perinatalzentrumsärzte (STUFE I-III) 90 %
Fehlbildungsausschluss I. Trimenon Enzephalozele (13+5) Holoprosenzephalie (14+2) CDH (14+0) Omphalozele (12+6) Gastroschisis (12+0)
Syngelaki A. et al., Prenat Diagn 2011 n = 45191 & Metaanalyse von 15 vergleichbaren Studien 1997-2008 (MA) 488 Fehlbildungen (= 1.1 %) / MA 437 (= 1.6 %) Detektionsrate gesamt 43.65 % (MA 26.09 %) schwere Herzfehler 26.4 % (MA 6.6 %) Zwerchfelldefekte, letale Skelettdysplasie 50 % (MA 0-75 %) Anencephalus, Holoprosencephalie, Omphalozele/Laparoschisis, Bodystalk-Anomalie, Megazystis und Kloakendefekt, multiple Fehlbildungen 100 % (MA 86-100 %)
Dilemma - späte fetale Anomalie
späte fetale Anomalie späte Entwicklung späte Vorstellung späte Diagnose
späte fetale Anomalie späte Entwicklung späte Vorstellung späte Diagnose
Barel O. et al., Prenat Diagn 2009 73,33% 26,67%
Fetale Fehlbildung - späte Diagnose Vorstellung 20 +4 SSW: V.a. Anencephalie Ersttrimesterscreening (nuchal translucency) durchgeführt!!!
Fetale Fehlbildung - späte Diagnose keine Ausflüchte eine Entschuldigung ist kein Zugeständnis eines Fehlers
Fetale Fehlbildung - späte Diagnose keine Ausflüchte Gespräch mit einem Ehemann eine Entschuldigung ist kein Zugeständnis eines Fehlers (späte Diagnose: große MMC/Hydrocephalus 37. SSW und Fetozid)...ich war gestern beim Frauenarzt...ich wollte ihm keine Vorwürfe machen, nur mit ihm sprechen... Ein tut mir leid hätte genügt......er (der Facharzt) sagte: da kann man nichts machen, das sei eben gottgegeben......ich antwortete ihm: Wissen Sie, Herr Doktor, wenn es gottgegeben wäre, würden wir zum Priester zu Vorsorge gehen...
Fehlbildungsausschluss II. Trimenon 20 +3 SSW unauffälliger, zeitgerecht entwickelter Fetus
Fetale Fehlbildung - späte Entwicklung 32 +1 SSW fetale Fehlbildung (Mikrohydrocephalus, Klumpfuß bds.) 450 400 350 300 250 mm 200 150 100 50 Kopfumfang 95% Pat.ID 5% 120771 (in beiden Fällen) neonatal verstorben 0 16 20 24 28 32 36 40 Woche
späte fetale Fehlbildung - was nun? Mitteilung der Diagnose & Beratung!!! ggf. weitere Diagnostik Beratung!!! perinatologisches Konsil - Festlegung Management & Betreuung ( ganzheitlich!!!) Beratung!!!
Beratung Mitteilung der Diagnose mögliche Ursachen weitere Diagnostik (MRI, Genetik) Prognose Management Fortführung der Schwangerschaft Geburtsmanagement postpartales Management Schwangerschaftsabbruch gesetzliche Grundlagen Spätabbruch / Fetozid psychosoziale & konsiliarische Beratung Bedenkzeit
Askelsdottir B. et al., Adv Neonat Care 2008 A diagnosis of congenital anomaly comes as a traumatic shock to most families, regardless of when the diagnosis is made, how it is made, and the specific diagnosis. Parents desperately need additional information but have difficulty understanding and believing what they are told. Some do not have clear recollections of getting a diagnosis, whereas others cannot absorb the information at first. Uncertainty predominates during the rest of the pregnancy.
Akselsdottir B. et al., Adv Neonat Care 2008
Akselsdottir B. et al., Adv Neonat Care 2008
Akselsdottir B. et al., Adv Neonat Care 2008
Beratung & Management Generell Fortführung der Schwangerschaft zus. Diagnostik (MRI/Genetik) Geburtsmanagement postpartales Management (interdisziplinär) Letale oder schwere Fehlbildung: Schwangerschaftsabbruch Begleitung
Fetale Fehlbildung - späte Diagnose Pränatalmedizin München Vorstellung 35 +0 SSW: V.a. Zwerchfellhernie (CDH)
Fetale Fehlbildung - späte Diagnose CDH Pränatalmedizin München Beratung Prognose weitere Diagnostik Konsil Kinderchirurgie Neonatologie Psychologie
Fortführung der Schwangerschaft interdisziplinäre Beratung: perinatol. Konsil (Psychologie, Genetik, Neonatologie, Kinderchirurg...) Bezugsperson / einheitliche Darstellung Telefonnummer(n) ggf. Vermittlung von Selbsthilfegruppen/Betroffenen NICU Tour (Vorstellung der Räumlichkeiten/Personal) psychosoziale Beratung Festlegung Geburtsmanagement (maternale Ängste berücksichtigen) (Modus, Zeitpunkt) Schilderung postpartales Management
Fetale Fehlbildung - späte Diagnose CDH Kinderklinik III. Orden, München Sectio caesarea 38 +0 SSW: 2970 g (7. Perzentile) operative Versorgung
Letale oder schwere Fehlbildung
Spätabbruch - Krieg der Ideologien (USA) vs.
Spätabbruch - Bilder @ google
Letale oder schwere Fehlbildung
Spätabbruch - Deutschland Stat. Bundesamt 600 450 0.78 % 462 0.90 % 480 300 150 159 190 175 164 154 177 188 217 200 171 183 229 231 237 402 502 26 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 > 22 (23) SSW 19-22 SSW
Abtreibungstourismus Fiala C., profamilia Magazin 03/2011 voyage suisse take the boat to England
Spätabbruch (UK) - SSW und Diagnosen www.prochoiceforum.org.uk
Spätabbruch - Probleme fetale (Schmerz-)Empfindung anatomische Strukturen für Schmerz (und andere Empfindungen) ab 26. SSW danach Entwicklung des Schmerzempfindens Lebensfähigkeit des Feten
Spätabbruch in Deutschland - Fetozid Stat. Bundesamt 600 462 480 450 395 300 150 159 190 175 164 154 177 188 217 200 171 183 229 231 237 402 313 502 26 33 46 0 1995 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 > 22 (23) SSW 19-22 SSW Fetozid Fetozid bei Mehrlingen
Vaknin Z. et al., Prenat Diagn 2006
Barel O. et al., Prenat Diagn 2009 early/late TOP N = 725 (93.3%) 3 rd trimester TOP N = 777 < 28 wks 28 wks very late TOP N = 52 (6.7%) structural N = 387 (53.3%) structural N = 34 (65.3%) chrom./genetic N = 285 (39.3%) fetal infection N = 37 (5.2%) chrom./genetic N = 15 (28.8%) fetal infection N = 2 (3.8%) other N = 16 (2.2%) other N = 1 (1.9%)
RCOG 2010
RCOG 2010 Malformation chromosomal andere 22% 10% 50 37,5 69% 25 12,5 0 CNS CVS Renal
Spätabbruch Anomalie (EUR) - Prävalenz Garne E., BJOG 2010 < 24 SSW 24-25 SSW 26 SSW 7 5,25 Deutschland 3.4 / 0.16 / 0.06 3,5 1,75 0 A B DK UK F GER I NL NOR P CH UKR Gesamt
Spätabbruch (Kieler Modell) v. Kaisenberg C. Dt. Ärzteblatt 2005...grundsätzlich ist in erster Linie eine adäquate psychologische Betreuung der Schwangeren und ihres Umfeldes zu sichern... Im Mittelpunkt des ärztlichen Bemühens sollte vielmehr die Zuwendung zu der Schwangeren beziehungsweise zu den Eltern stehen.
v. Kaisenberg C. Dt. Ärzteblatt 2005 Spätabbruch (Kieler Modell) - Voraussetzungen Einwilligung der Schwangeren Indikationsstellung...nach ärztlicher Erkenntnis...unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren...beasteht eine konkrete Gefahr für das Leben oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen/seelischen Zustandes...und kann nicht auf eine andere zumutbare Weise abgewendet werden... Schriftliche Feststellung (Arzt, welcher nicht Abbruch vornimmt) Beratungsangebot (psychosozial, fachärztlich) Bedenkzeit 3 Tage Aufklärung über Procedere (ggf. Fetozid etc.)
perinatol. Konsil/Ethikkommission v. Kaisenberg C. Dt. Ärzteblatt 2005 Link KM. Dissertation FAU Erlangen 2011 v.a. bei zu erwartender Lebensfähigkeit, möglichst jedoch immer interdisziplinäre/-professionelle Besetzung ggf. mehrfache Beratungen (ZEIT!) alleinige Verantwortung bleibt dennoch bei durchführenden Arzt
BITTE!!! keine Zusage des Abbruchs vor Zuweisung! kein Misstrauen Ihrer Expertise neutrale Zuweisung Vermeidung des Erfüllungsstatus Paare zufriedener und nicht verärgert
ZEIT!!! Barel O. et al., Prenat Diagn 2009 Link KM. Dissertation FAU Erlangen 2011 time interval between conclusive diagnosis and VLTOP 3.4 ± 2.5 wks ca. 3 Wochen (Erstvorstellung 23. Woche, Fetozid 26. Woche) durchschnittlich 2,5 Ultraschalluntersuchungen
...und dann...??? Link KM. Dissertation FAU Erlangen 2011 Späte Schwangerschaftsabbrüche sind emotional traumatische und damit einschneidende Lebensereignisse. Sie führen häufig zu posttraumatischen Stress- und schweren Trauerreaktionen und sind in vielen Fällen auch noch nach Jahren nachweisbar.
George Harrison
DANKE