Rechtliche Rahmenbedingungen bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte



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Transkript:

1 Rechtsanwalt Dr. Carsten Jennert, LL.M. Rechtliche Rahmenbedingungen bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte

2 Überblick I. Einführung II. Rechtliche Rahmenbedingungen III. Fazit und Ausblick Praktische Bedeutung Vorgaben des EG-Rechts und des Haushaltsrechts Fazit für die Praxis Zweiteilung des Vergaberechts Subjektive Rechte & Rechtsschutz? BVerfG-Entscheidung Beschluss des OVG Koblenz vom Mai 2005 Vorabinformation? Handlungsbedarf für den Gesetzgeber

3 I. Einführung: Praktische Bedeutung unterschwelliger Auftragsvergaben Gesamtvolumen öffentlicher Aufträge in Deutschland: Ca. 200 Milliarden p. a. Gesamtvolumen öffentlicher Aufträge in Deutschland: Ca. 200 Milliarden p. a. Im Im Jahr Jahr 2004 2004 über über 12 12000 Aufträge Aufträge oberhalb oberhalb der der Schwellenwerte, Schwellenwerte, bei bei ca. ca. 1500 1500 Verzögerung Verzögerung durch durch vergaberechtliches vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren ca. ca. 90% 90% aller aller öffentlichen öffentlichen Aufträge Aufträge liegen liegen unterhalb unterhalb der der Schwellenwerte: Schwellenwerte: In In 2004 2004 ca. ca. 110 110000 Einzelaufträge, Einzelaufträge, davon davon ca. ca. 60 60000 durch durch Kommunen Kommunen Ausschreibungspflicht und und gerichtliche Überprüfung von von Auftragsvergaben unterhalb der der Schwellenwerte?

4 I. Einführung: Zweiteilung des Vergaberechts Europäische Vergaberichtlinien Europäische Vergaberichtlinien Kartellvergaberecht ( ( 97 97 129 129 GWB) GWB) Vergabeverordnung (VgV) (VgV) VOB/A, VOB/A, VOL/A VOL/A (jeweils (jeweils Abschnitte Abschnitte 2-4) 2-4) und und VOF VOF Schwellenwerte: Liefer- und Dienstleistungsaufträge 211 000 im Sektorenbereich 422 000 Bauaufträge 5,278 Mio. Nationales Vergaberecht = Haushaltsrecht ( 25 GemHVO) Nationales Vergaberecht = Haushaltsrecht ( 25 GemHVO) VOB/A, VOL/A, VOF = interne Verwaltungsvorschriften Keine subjektiven klagbaren Rechte der Bieter (Rspr. & h. M.) Öffentliche Aufträge = zivilrechtliche Verträge

5 I. Einführung: Der Beschluss des OVG Koblenz vom Mai 2005 Auftragsvergaben unterhalb der der Schwellenwerte sind sind im im Verwaltungsrechtsweg gerichtlich überprüfbar!! Zwei-Stufen-Theorie: Öffentlich-rechtliches Vergabeverfahren Vergabeverfahren Zivilrechtlicher Zivilrechtlicher Vertrag Vertrag & Abwicklung Abwicklung Öffentlich-rechtliche Öffentlich-rechtliche Streitigkeit Streitigkeit Verwaltungsrechtsweg eröffnet eröffnet Art. 19 IV GG gebietet Primärrechtsschutz und damit Stufenverhältnis Art. 19 IV GG gebietet Primärrechtsschutz und damit Stufenverhältnis Verdingungsordnungen gewähren gewähren ihrem ihrem Wortlaut Wortlaut nach nach sowie sowie über über Art. Art. 3 I I GG GG subjektive subjektive Rechte Rechte zugunsten zugunsten der der Bieter Bieter

6 I. Einführung: Der Beschluss des OVG Koblenz ein Einzelfall? Rechtsprechung zu staatlichen Auswahlentscheidungen BVerfG BVerfG18.06.1986 Notarbewerber Notarbewerber BVerwG BVerwG02.07.2003 ÖPNV-Linienkonzession BVerfG BVerfG04.03.2004 Aufnahme Aufnahme in in den den Krankenhausplan Krankenhausplan Verwaltungsgerichte und Zivilgerichte zu unterschwelligen Vergaben LG LG Konstanz Konstanz 18.09.2003 18.09.2003 Zivilrechtsweg Zivilrechtsweg (+) (+) Subj. Subj. Rechte Rechte Art. Art. 3 I I GG GG OVG OVG NRW NRW u. u. a. a. 22.02.2005 22.02.2005 Verwaltungsrechtsweg (+) (+) Bieterrechte Bieterrechte Art.3 Art.3 I I GG/VOB/A GG/VOB/A VG VG Karlsruhe Karlsruhe 14.06.2006 14.06.2006 Zivilrechtsweg Zivilrechtsweg (+) (+) Keine Keine subjektiven subjektiven Rechte Rechte

7 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Vorgaben des EG-Rechts Europäischer Gerichtshof Europäischer Gerichtshof Rs. Rs. C-59/00 C-59/00 Vestergaard Vestergaard Rs. Rs. C-324/98 C-324/98 Telaustria Telaustria Rs. Rs. C-231/03 C-231/03 Co.Na.Me. Co.Na.Me. Unterschwellige Unterschwellige Aufträge Aufträge sind sind nur nur den den Vergaberichtlinien, Vergaberichtlinien, nicht nicht dem dem EG-Recht EG-Recht insgesamt insgesamt entzogen entzogen Grundregeln Grundregeln des des EG-Vertrags EG-Vertrags sind sind zu zu beachten: beachten: Transparenzgebot Transparenzgebot = Bekanntmachung Bekanntmachung & gerichtliche gerichtliche Überprüfbarkeit Überprüfbarkeit Gleichbehandlung Gleichbehandlung = faires faires Verfahren Verfahren Ausnahme: Ausnahme: z. z. B. B. wegen wegen geringfügiger geringfügiger wirtschaftlicher wirtschaftlicher Bedeutung Bedeutung kein kein Interesse Interesse von von EU-Unternehmen EU-Unternehmen zu zu erwarten erwarten (Bagatellschwelle) (Bagatellschwelle)

8 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Vorgaben des EG-Rechts Europäische Kommission: Mitteilung vom 23. Juni 2006 Angemessene Angemessene Bekanntmachung Bekanntmachung des des Auftrags Auftrags in in Internet, Internet, Zeitung Zeitung oder oder EU-Amtsblatt EU-Amtsblatt Ausreichender Ausreichender Wettbewerb Wettbewerb bei bei Vorauswahl Vorauswahl (~ (~ Eignungsprüfung) Eignungsprüfung) Wesentliche Wesentliche Entscheidungen Entscheidungen müssen müssen gerichtlich gerichtlich überprüfbar überprüfbar sein; sein; Begründung Begründung nötig nötig Die Die oberschwelligen oberschwelligen Ausnahmetatbestände (Dringlichkeit, (Dringlichkeit, In-house) In-house) gelten gelten entsprechend entsprechend Gegenseitige Gegenseitige Anerkennung Anerkennung von von Nachweisen Nachweisen Bagatellgrenze Bagatellgrenze ist ist im im Einzelfall Einzelfall zu zu bestimmen bestimmen (inoffiziell: (inoffiziell: 10% 10% des des jeweiligen jeweiligen Schwellenwerts) Schwellenwerts) Selbstbindung im Hinblick auf Vertragsverletzungsverfahren Faktische Wirkung Vollzugsmöglichkeit Praxisbedeutung?

9 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Vorgaben des EG-Rechts Kritik an der Mitteilung der Kommission vom 23. Juni 2006 Kritik an der Mitteilung der Kommission vom 23. Juni 2006 (Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin zu Richtlinienvorschlägen aus Brüssel, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. August 2006)

10 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Vorgaben des EG-Rechts Kritik an der Mitteilung der Kommission vom 23. Juni 2006 Kritik an der Mitteilung der Kommission vom 23. Juni 2006 PRESSEMITTEILUNG 14.9.2006 Bundesregierung klagt gegen Mitteilung der Kommission Die Bundesregierung hat heute Klage erhoben gegen die Mitteilung der Europäischen Kommission zu Auftragsvergaben, die nicht von den europäischen Vergaberichtlinien erfasst werden. Mit der Mitteilung errichtet die Europäische Kommission faktisch ein eigenes Vergaberegime insbesondere für die Vielzahl von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte der Vergaberichtlinien. Bundesminister Glos: [ ] Nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers sind [ ] für kleine Aufträge alleine die Mitgliedstaaten zuständig. Stattdessen erlässt hier die Europäische Kommission faktisch zusätzlich zu den bestehenden Vergaberichtlinien neue Vorschriften. Europäische Gesetzgebung ist aber Sache des europäischen Gesetzgebers, des Ministerrates und des Europäischen Parlaments. Gesetzgebung ohne den Gesetzgeber können wir nicht akzeptieren."

11 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Vorgaben des EG-Rechts Kritikpunkte zur Mitteilung der Kommission vom 23.06.2006 Kritikpunkte zur Mitteilung der Kommission vom 23.06.2006 Kaum Auftragsvergaben an EU-Unternehmen oberhalb der Schwellenwerte Handlungsbedarf / Binnenmarktrelevanz unterhalb? Bürokratischer Aufwand Verhältnismäßigkeit? Subsidiaritätsprinzip Art. 5 II EG-Vertrag? Rechtssicherheit bei Bestimmung der Bagatellgrenze im Einzelfall? Keine Regelung in novellierten Rechtsmittel-RL Umgehung von Rat und Parlament?

12 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Haushaltsrechtliche Vorgaben in NRW 25 25 GemHVO i. i. V. V. m. m. Runderlass vom vom 22.03.2006 Kommunale Kommunale GmbH, GmbH, AG, AG, GmbH GmbH & Co. Co. KG, KG, Zweck- Zweck- Verbände Verbände & Eigenbetriebe: Eigenbetriebe: Keine Keine Geltung Geltung soweit soweit wirtschaftlicher wirtschaftlicher Zweck Zweck Empfehlung: Anwendung VOB/A, VOL/A, 1.Abschnitt Grundsatz: Öffentliche Ausschreibung Ausnahme: Beschränkte Ausschreibung 330 000 Tiefbau 150 000 Rohbau- Arbeiten im Hochbau 75 000 sonstige Gewerke Bagatellgrenze: Freihändige Vergabe bis Auftragswert max. 30 000 AöR: AöR: Geltung Geltung nur nur soweit soweit Erfüllung Erfüllung hoheitlicher hoheitlicher Aufgaben Aufgaben ( ( 8 KUV) KUV)

13 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Haushaltsrechtliche Vorgaben in NRW 25 GemHVO i. V. m. Runderlass vom 22.03.2006 25 GemHVO i. V. m. Runderlass vom 22.03.2006 Ausnahmetatbestände für für freihändige freihändige Vergaben Vergaben finden finden Anwendung Anwendung ( ( 3 VOL/A, VOL/A, VOB/A): VOB/A): Dringlichkeit Dringlichkeit Unbeschreibbarkeit Unbeschreibbarkeit der der Leistung Leistung Freiberufliche Freiberufliche Leistungen: Leistungen: Anwendung Anwendung der der VOF VOF nicht nicht vorgeschrieben vorgeschrieben -- freihändige freihändige Vergabe Vergabe möglich möglich Keine Keine Pflicht Pflicht zur zur Vorabinformation: Vorabinformation: Mitteilung Mitteilung gemäß gemäß 27 27 VOL/A, VOL/A, VOB/A VOB/A erst erst nach nachzuschlag

14 II. Exkurs: Rückforderung von Zuwendungen und GF-Haftung wegen Vergabeverstoß Bewilligungsbehörde (i. (i. d. d. R. R. Bezirks- Bezirks- Regierung) Regierung) Zuwendungsbescheid & ANBest-P: - Fördermittel - Anwendung VOL/VOB Kommune // kommunale GmbH GmbH Vergabe Schwerer Verstoß i. S. d. RdErl. vom 18.12.2003, SMBl. NRW 631 Auftrag Auftrag zur zur Projektrealisierung Bewilligungsbehörde (i. (i. d. d. R. R. Bezirks- Bezirks- Regierung) Regierung) Rückforderung OVG NRW vom 22.02.2005 Kommune // kommunale GmbH GmbH Regress / Haftung nach 43 II GmbHG LG Münster 18.05.2006 Geschäftsführeführer Geschäfts- kommunale kommunale GmbH GmbH

15 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Subjektive Rechte und Rechtsschutz? Nachprüfungsverfahren 1999-2005 1600 1.493 1400 1200 1.275 1.348 1000 1.092 800 953 600 728 400 395 200 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Im Jahr 2004 ca. 12 000 Aufträge oberhalb der Schwellenwerte mit rund 1500 Nachprüfungsverfahren Dauer der Verfahren je nach Kammer, Sachverhalt und Sofortiger Beschwerde 3 7 Monate Bei 110 000 Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte? Überlastung der Gerichte (Bsp: Kammer am LG entscheidet 600-700 Fälle/Jahr Verzögerungsbedingte Mehrkosten infolge Nachprüfung trägt der Auftraggeber (OLG Jena vom 22.03.2005)

16 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Subjektive Rechte und Rechtsschutz? Subjektive Rechte und Rechtsschutz der Bieter bei unterschwelligen Vergaben? Subjektive Rechte und Rechtsschutz der Bieter bei unterschwelligen Vergaben? Verdingungsordnungeordnungen Verdingungs- sind sind nach nach Wortlaut Wortlaut drittschützend drittschützend (vgl. (vgl. 2 VOL/A) VOL/A) + Außenwirkung Außenwirkung über über Art. Art. 3 I I GG GG Wille Wille des des Gesetzgebers Gesetzgebers Keine Keine subjektiven subjektiven Rechte Rechte unterhalb unterhalb der der Schwellenwertwerte vom vom Schwellen- EG-Recht EG-Recht überholt überholt Fiskalisches Fiskalisches Handeln Handeln des des Staates Staates ist ist kein kein rechtsfreier rechtsfreier Raum Raum mehr mehr (VOB (VOB ist ist von von 1926, 1926, VOL VOL von von 1932) 1932) Wesentlichkeits- Wesentlichkeits- Theorie: Theorie: Gesetzliche Gesetzliche Grundlage Grundlage erforderlich, erforderlich, wenn wenn die die Beteiligung Beteiligung an an staatlichen staatlichen Leistungen Leistungen Voraussetzunaussetzungfür für Vor- Verwirklichung Verwirklichung von von Grundrechten Grundrechten ist ist Den Den Bietern stehen stehen auch auch unterhalb der der Schwellenwerte subjektive Rechte zu zu!!

17 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Subjektive Rechte und Rechtsschutz? Umfang der subjektive Rechte aus Art. 3 I GG i. V. m. VOB/A, VOL/A, VOF? Umfang der subjektive Rechte aus Art. 3 I GG i. V. m. VOB/A, VOL/A, VOF? OVG OVG NRW NRW vom vom 04.05.2006 04.05.2006 u. u. a.: a.: Anders Anders als als bei bei 97 97 VII VII GWB GWB nur nur Verstöße Verstöße gegen gegen Willkürverbot und Aber: Willkürverbot und gleichheitswidrige gleichheitswidrige Wettbewerbsverzerrungeverzerrungenrelevant: relevant: Wettbewerbs- reduzierter reduzierter Rechtsschutz Rechtsschutz!! Sämtliche Gerichte prüfen sodann die Regelungen der VOB/A im Detail Drittschützende Regelungen der VOB/A, VOL/A, VOF beruhen auf Art. 3 I GG Verdingungsordnungen sehen keine Bagatellgrenze vor Gesetzliche Gesetzliche Regelung Regelung erforderlich: erforderlich: reduzierte reduzierte subjektive subjektive Rechte Rechte Rügepflicht/-frist Rügepflicht/-frist Bagatellschwelle: Bagatellschwelle: 50 50000 bei bei Lieferaufträgen Lieferaufträgen & Dienstleistungen Dienstleistungen 100 100000 bei bei Bauaufträgen Bauaufträgen

18 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Rechtsweg bei unterschwelligen Vergaben? Auftragsvergabe wird durch spezifisch öffentlich-rechtliche Regelungen und Ziele geprägt (GemHVO, TariftreueG NRW) Zwei-Stufen-Theorie: Vergabeentscheidung öffentlich-rechtlich, Vertragsschluss-/Abwicklung zivilrechtlich Auftragsvergabe = fiskalisches Handeln Einheit von Zuschlag und Vertragsschluss Öffentlich-rechtliche Streitigkeit: Verwaltungsrechtsweg 40 VwGO eröffnet Zivilrecht - Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte Gefestigte Gefestigte Rechtsprechung Rechtsprechung OVG OVG NRW, NRW, VGe VGeDüsseldorf & Münster Münster u. u. a. a. LG LG Konstanz, Konstanz, OVG OVG Niedersachsen Niedersachsen

19 II. Rechtliche Rahmenbedingungen: Pflicht zur Vorabinformation aus Art. 19 IV GG? Keine Keine analoge analoge Anwendbarkeit Anwendbarkeit 13 13 VgV VgVmangels planwidriger planwidriger Regelungslücke Regelungslücke 13 13 VgV VgVgeht geht auf auf BVerfG-Entscheidung zu zu vergleichbarer vergleichbarer Situation Situation bei bei Beamtenbeförderung zurück zurück -- Verfassungsunmittelbarer Anspruch Anspruch? OLG OLG Dresden Dresden vom vom 25.04.2006: 25.04.2006: Primärrechtschutz Primärrechtschutz auch auch bei bei unterschwelligen unterschwelligen Vergaben Vergaben führt führt jedenfalls jedenfalls weder weder zu zu Vorabinformationspflicht noch noch zum zum Zuschlagsverbot Zuschlagsverbot Arg: Arg: Wille Wille des des Gesetzgebers Gesetzgebers Arg1: Arg1: Arg2: Arg2: Art. Art. 19 19 IV IV GG GG verbietet verbietet irreparable irreparable Entscheidungen Entscheidungen Effektivität Effektivität des des Rechtsschutzes Rechtsschutzes darf darf nicht nicht durch durch Gestaltung Gestaltung des des vorangehenden vorangehenden Verfahrens Verfahrens verhindert verhindert werden werden Nach derzeitiger Rechtslage keine Vorabinformation vorgeschrieben! Ausnahme: 9 I SächsVergabeDVO

20 III. Fazit für die Praxis Ausschreibungspflicht und und Rechtsschutz Rechtsschutz der der Bieter Bieter bei bei Vergabe Vergabe öffentlicher öffentlicher Aufträge Aufträge unterhalb unterhalb der der Schwellenwerte Schwellenwerte ist ist Realität Realität Bei Bei Aufträgen Aufträgen mit mit Fördermitteln Fördermitteln kann kann schwerer schwerer Vergabeverstoß Vergabeverstoß zur zur Rückforderung Rückforderung der der Zuwendung Zuwendung und und zur zur Haftung Haftung des des Geschäftsführers Geschäftsführers einer einer kommunalen kommunalen Gesellschaft Gesellschaft führen führen Nach Nach Rechtsprechung Rechtsprechung und und Ministerialerlass Ministerialerlass besteht besteht keine keine Vorabinformationspflicht Ausnahme: Ausnahme: 9 I I SächsVergabeDVO SächsVergabeDVO Nach Nach geltendem geltendem Ministerialerlass Ministerialerlass freihändige freihändige Vergabe Vergabe von von VOF-Aufträgen VOF-Aufträgenund und bei bei VOL/VOB VOL/VOB unterhalb unterhalb von von 30 30000 zulässig, zulässig, nach nach EG-Recht EG-Recht wohl wohl bis bis 10% 10% der der Schwellenwerte Schwellenwerte

21 III. Ausblick: BVerfG-Urteil - Handlungsbedarf für den Gesetzgeber Vorlage des OLG Saarbrücken zur Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Primärrechtsschutzes auf oberschwellige Auftragsvergaben ist derzeit in Karlsruhe anhängig (1 BvR 1160/03); Entscheidung für dieses Jahr vorgesehen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber: Einheitliche Rechtswegzuweisung zu den Vergabekammern bzw. -senaten Gesetzliche Regelung der Vorabinformation und der Rügepflicht Reduzierung der Bieterrechte auf das verfassungsrechtlich gebotene Minimum Festschreibung einer Bagatellgrenze

22 III. Fazit Der Der Vergaberechtsschutz unterhalb der der Schwellenwerte ist ist Realität. Ziel Ziel muss muss jetzt jetzt sein, sein, durch durch eine eine gesetzliche Regelung schneller und und effizienter Verfahren eine eine weitere Bürokratisierung der der Auftragsvergaben zu zu verhindern.

23 IV. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Carsten Jennert LL.M. AULINGER Rechtsanwälte Frankenstraße 348 45 133 Essen Tel: 0201 95 98 6 20 Mobil: 0163 276 49 72 email: carsten.jennert@ra-aulinger.de