Sicherheit von Radwegen und Radwegebenutzungspflicht

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Transkript:

Sicherheit von Radwegen und Radwegebenutzungspflicht ERA/StVO-Seminar 12.10.2013, Frankfurt Jan Fleischhauer Vorstandsbeauftragter für Verkehrspolitik des ADFC Hessen

Gliederung Die Sicherheit von Radwegen Vorgaben für die Anordnung von Radwegebenutzungspflichten (RWBP) Zuständigkeit der Behörden Mögliche Strategien zur Aufhebung der RWBP StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 2

Die Sicherheit von Radwegen

Radweg oder Fahrbahn? Regelfall: Fahrbahn 2 StVO Straßenbenutzung durch Fahrzeuge (1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen, (2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, Warum dennoch Radwege? Autos/Radfahrer sollen freie Fahrt haben (Verkehrsfluss).? Radwege dienen der Sicherheit.? Radwege fördern, dass Rad gefahren wird. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 4

Zum Einstieg: Michael Meschik Radwegproblem: Rechtsabbieger StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 5

Radwege und Sicherheit? UDV 2013: Jeder fünfte Kfz- Fahrer macht keinen Schulterblick, obwohl ein Radfahrer zugegen war. Radwegproblem: Rechtsabbieger StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 6 Näheres zur Unfallforschung der Versicherer von 2013: http://www.udv.de/de/strasse/wege-fuer-radfahrer/mensch/radfahrer http://udv.de/download/file/fid/6918

Radwege und Sicherheit? Radwegproblem: Fußgänger ADFC Hamburg StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 7

Radwege und Sicherheit? Dietzenbach, Elisabeth-Seibert-Straße Radwegproblem: Radwegende StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 8

Radwege und Sicherheit? Gießen, Fußweg am Uferweg Gießen, Rodheimer Straße Radwegproblem: Hindernisse ADFC Norderstedt StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 9

Radwege und Sicherheit? Friedberg, Frankfurter Straße Radwegproblem: Sicht & Kurven StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 10

Radwege und Sicherheit? Fertiggestellt in 2012. Geplant von Hessen Mobil. ERA 95 & ERA 10 ignoriert. Lich, B488 Radwegproblem: Sicht und Kurven StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 11

Radwege und Sicherheit? VCD / Bernd Sluka legal oder illegal ist nahezu egal Radwegproblem: Linksseitiges Radfahren StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 12

Sicherheit an Knotenpunkten I Quelle: Linderholm, Leif: Signalreglerade korsningars funktion och olycksrisk för oskyddade trafikanter - Delrapport 1: Cyklister. Institutionen för trafikteknik, LTH: Bulletin 55, Lund 1984 StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 13

Sicherheit an Knotenpunkten II Radweg am Knotenpunkt unfallträchtiger! StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 14

Verletzungsschwere bei Unfällen Kein Sicherheitsgewinn durch Radwege! StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 15

Sicherheit auf der Strecke Quelle: BASt-Bericht V184: Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern (2009) Leider wurde 2009 nicht untersucht, wie viel sicherer das Fahren auf der Fahrbahn im reinen Mischverkehr ist. Kein Sicherheitsgewinn durch Benutzungspflicht. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 16

Strecken-Unfälle auf der Fahrbahn? BAST-Studie V9: 46%:Unfälle mit ruhendem Verkehr (davon 78% Türunfälle) 21%: Überholunfälle 14%: Alleinunfälle (50% aller Schwerverletzten) Lösung: Abstand, Abstand, Abstand! 60-80cm Das Thema Abstand kommt jedoch in der Verkehrssicherheitsarbeit der hessischen Polizei bisher nicht vor. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 17

Fazit: Radwege und Sicherheit Radfahren auf Radwegen ist gefährlicher als Radfahren auf der Fahrbahn Innerorts mehrfaches Unfallrisiko an Knotenpunkten. Innerorts kein vermindertes Risiko auf der Strecke. Linksseitige Radwege nochmals gefährlicher! Außerorts? Mir ist keine Studien bekannt Aus Sicherheitsgründen spricht Innerorts alles für das Radfahren auf der Fahrbahn! StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 18

Nicht nur Sicherheit auch komfort! Bisher wurde von mir nur die schlechte Sicherheitsbilanz von Radwegen betont. Diese ist rechtlich vor allem relevant. Es sprechen aber auch Komfortgründe gegen die Benutzung von Radwegen: Fahrzeitverluste durch Fahrbahnquerungen Fahrtzeitverlust durch Hindernisse und Vorfahrtnahme Fahrzeitverluste an Ampeln Schlechter Radwegbelag Keine Überholmöglichkeiten Außerorts Berg- und Talfahrt StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 19

Radwege und gefühlte Sicherheit Anteil der RadfahrerInnen, die sich auf den jeweiligen Radverkehrsanlagen in Erlangen ziemlich oder sehr sicher fühlen. Die Mehrheit der Radfahrer will (noch?) Radwege und glaubt an ihre Sicherheit! StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 20 Quelle: http://www.erlangen.de/portaldata/1/resources/080_stadtverwaltung/dokumente/statistik/30s_b_2010_05.pdf

Radwege und gefühlte Sicherheit Radfahrende sehen Radwege etwas kritischer als Nicht-Radfahrende. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 21 Quelle: http://www.vorarlberg.at/pdf/2010-09-23vortragmeschik.pdf

Radwege und gefühlte Sicherheit Radfahrende sehen Mischverkehr etwas StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 22 unkritischer als Nicht-Radfahrende. Quelle: http://www.vorarlberg.at/pdf/2010-09-23vortragmeschik.pdf

Radwege und ihre Nutzung Das Argument Wir brauchen die Benutzungspflicht, um Radfahrer von der Fahrbahn zu bekommen ist unbegründet. Die Anordnung der Benutzungspflicht ist allein deshalb unnötig. Unnötige Verkehrszeichen sind rechtswidrig und zu entfernen ( 39, Abs. 1 StVO, 45, Abs. 9 StVO). Radwege werden unabhängig von der Benutzungspflicht StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen fast 12.10.2013 immer Frankfurt genutzt! 23 Eigentlich könnten wir das Thema nun abschließen.

Radverkehr im Dilemma Radverkehr auf der Fahrbahn ist sicherer als auf dem Radweg. Die meisten Radfahrer glauben dies nicht und nutzen unsichere Bordsteinradwege mit und ohne Benutzungspflicht. Schutzstreifen und Radfahrstreifen sind sicherer als Bordsteinradwege aber etwas unsicherer als die Fahrbahn. Schlechte Radwege sind besonders gefährlich. Folgerungen (müssten sein): Radfahren auf der Fahrbahn stets ermöglichen. Radfahren auf der Fahrbahn als sicherer bewerben. Linksseitiges Radfahren nie vorschreiben & selten erlauben. Ggf. bestehende Radwege sicherer gestalten. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 24 Straßenquerung erleichtern!

Radverkehr im Dilemma Radverkehr auf der Fahrbahn ist sicherer als auf dem Radweg. Die meisten Radfahrer glauben dies nicht und nutzen unsichere Bordsteinradwege mit und ohne Benutzungspflicht. Schutzstreifen aber und Radfahrstreifen auf eine flächendeckende sind sicherer als Bordsteinradwege aber etwas unsicherer als die Fahrbahn. Schlechte Radwege sind besonders gefährlich. Folgerungen (müssten sein): Schön und gut, Abschaffung der Benutzungspflicht hat sich der Verordnungsgeber leider direkt noch nicht eingelassen. Radfahren auf der Fahrbahn stets ermöglichen. Radfahren auf der Fahrbahn als sicherer bewerben. Linksseitiges Radfahren nie vorschreiben & selten erlauben. Ggf. bestehende Radwege sicherer gestalten. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 25

Vorgaben für die Anordnung von Benutzungspflichten

Vorab: Beschilderung Beschilderung bei Benutzungspflicht und Benutzungsrecht: Rechte Radverkehrsführungen: Linke Radverkehrsführungen:? abgesetzt ggf. auch:? abgesetzt ggf. auch: StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 27

Radwegebenutzungspflicht verbietet die Benutzung der Fahrbahn ist eine Beschränkung des fließenden (Rad-)Verkehrs darf nur bei einer besonderen örtlichen Gefahrenlage auf der Fahrbahn angeordnet werden und nur wenn diese durch die Radwegebenutzungspflicht am besten abgewehrt werden kann ( 45, Abs. 9 StVO) Möglicherweise sind diese grauen Stangen eine besondere örtliche Gefahrenlage*. Karlsruhe, Karl-Friedrich-Straße StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 28 *) Allerdings gibt es hier gar keine Fahrbahn und somit auch kein Fahrbahnverbot. Das blaue Schild kennzeichnet also nur eine Freigabe eines Teils der Fußgängerzone und ist begrüßenswert.

Die Grundidee: Straßenverkehr ist immer mit Gefahren verbunden. Gefahren müssen in verträglichem Maße akzeptiert werden, damit Verkehr stattfinden kann. Was verträglich ist, legt die StVO fest. Die Behörde vor Ort muss sich daran orientieren. Die allgemeinen StVO-Vorschriften (z.b. Tempo 50, wenn innerorts, Überholverbot, wenn Fußgängerüberweg, ) sind grundsätzlich ausreichend, um die allgemeinen Gefahren in ausreichendem Maße zu reduzieren. Vor Ort soll und darf auf Gefahren nur dann reagiert werden, wenn es zu einer deutlich erhöhten Unfallhäufung kam oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kommen würde, wenn die Maßnahme nicht ergriffen wird. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 29

Weitere Aspekte: Die Maßnahme zur Gefahrenabwehr muss immer auch geeignet und verhältnismäßig sein. Die Sperrung einer Straße für den gesamten Verkehr ist z.b. in der Regel nicht verhältnismäßig, wenn ein Tempolimit ausreichen würde. Eine Benutzungspflicht ist in der Regel völlig ungeeignet, die Gefahren zu reduzieren, weil Radwegnutzung die Unfallgefahr oft erhöht oder zumindest nicht senkt. Es gibt die Idee, dass Gefahren dadurch abzuwehren sind, dass man diejenigen Sanktioniert, von denen die Gefahr ausgeht (Gefährder). Wenn also Autofahrer beim Rechtsabbiegen in 80% der Unfälle Schuld haben, darf man z.b. keine Umlaufsperre auf dem Radweg aufstellen, um die Unfallgefahr zu reduzieren. Wenn die Gefahren entstehen, weil Verkehrsregeln nicht eingehalten werden, sind Kontrollen nötig und nicht weitere Regeln. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 30

Die besondere Gefahrenlage muss sich aus besonderen örtlichen Situationen ergeben, die der aufmerksame Verkehrsteilnehmer nicht von sich aus erkennt. Das bedeutet, dass nur dort, wo das tatsächliche Unfallgeschehen erheblich über dem vergleichbarer Straßen liegt, die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen angezeigt sein kann. (Zitat aus einem Schreiben des HMWVL von 2012) Verkehrsbeschränkungen und -verbote unmittelbar bei Inbetriebnahme einer neu- oder umgebauten Verkehrsanlage sind nur anzuordnen [ ], wenn die VwV-StVO das vorsieht, z. B. Tempo 70 ab 200 m vor LSA. (HMWVL 2013) Folglich: Keine Radwegebenutzungspflicht, wenn an bestehenden Straßen erstmals ein Radwegen gebaut wird. Folglich: Keine Benutzungspflicht, wenn vergleichbare Straßen ohne Radweg ein durchschnittliches oder geringes Unfallgeschehen aufweisen. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 31

Exkurs: Unfallzahlen Im Leitfaden zur Überprüfung der Radwegebenutzungspflicht in Mainz heißt es: Bei geringer (bereinigter) Anzahl ähnlich gelagerter Unfälle an selber Stelle (i.d.r. weniger als 6/Jahr) ist die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht unbegründet. Wie viele Unfälle wo und wie passieren, analysiert die Polizei (Direktion Verkehrssicherheit) flächendeckend für ganz Hessen. Die Straßenverkehrsbehörden werden laut Erlass regelmäßig über Unfallhäufungsstellen informiert. Größere Städte haben oft Zugriff auf die digitale Unfallsteckkarte. In Hessen liegt eine Unfallhäufungsstelle vor, wenn sich innerhalb eines Jahres auf einem Streckenabschnitt von 300 Meter Länge oder an einem Knotenpunkt mindestens fünf Unfälle gleichen Typs bzw. mindestens drei Unfälle mit schwerem Personenschaden innerhalb von drei Jahren ereignet haben. (Mehr dazu im Unfallhäufungs-Erlass vom 16.Februar 2009) StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 32 Stadt/Polizei Freiburg

Keine besondere Gefahrenlage Hohe Verkehrsstärke bei mehreren Fahrbahnen pro Richtung* (Müllerstraße mit 25.000 Kfz/Tag, VG Berlin, Urteil 27 A 241.01 vom 17.07.2003, Spandauer Damm mit 32.000 Kfz/Tag, VG Berlin, Urteil 11 A 606.03 vom 12.11.2003) Spitzwinkeligen Queren von Straßenbahngleisen mit ca. 30 Grad (VGH Baden-Württemberg, Urteil 5 S 2285/09 vom 10.02.2011) Öffentlicher Einrichtungen (u.a. Schule) in der Nähe (VGH Baden-Württemberg, Urteil 5 S 2285/09 vom 10.02.2011, VG Lüneburg, Urteil 1 A 4/12 vom 6.5.2013) Kreisverkehr (Gericht: VGH Mannheim, Urteil 5 S 575/09VGH vom 19.11.2009) Rückstau an Bahnübergang (VG Magdeburg, Urteil 1 A 285/06 vom 16.7.2007) Bundesstraße* (mit 3730 Kfz/Tag und Tempo 50) (VG Lüneburg, Urteil 1 A 4/12 vom 6.5.2013) Eine Verkehrsstärke von 1.700Kfz/Tag und Tempo 70 (und Kurven) (VG Oldenburg, Urteil 7 A 2094/11 vom 18.01.12, VGH Bayern, Urteil 11 B 08.186 vom 11.08.09, BVerwG, Urteil 3 C 42.09 vom 18.11.10) Eine Verkehrsstärke von ca. 4.700Kfz/Tag oder 500Kfz/h und Tempo 50 (VGH Baden-Württemberg, Urteil 5 S 2285/09 vom 10.02.2011, VG Aachen, Urteil vom 7. Mai 2013, Az. 2 K 2160/11, VG Stade, Urteil 1-A-854/11 vom 22.05.2013) *) Das VG Hamburg hat im Urteil 20 VG 1279/2001 vom 29.11.2001 offen gelassen, ob eine Verkehrsmenge von bis zu 50.000 Kfz/Tag auf der Bundesstraße 5 am Eppendorfer Markt eine besondere Gefahrenlage darstellt. Die Radwegebenutzungspflicht hat es aber trotzdem aufgehoben, weil durch sie die Unfallgefahr erhöht und nicht gesenkt wird. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 33

Das ERA-Diagramm Kfz/h zweistreifige Fahrbahnen 2.000 1.000 Bild 7, Seite 19 der ERA 2010 Mischverkehr 30 50 70 km/h StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 34

Das ERA-Diagramm Kfz/h zweistreifige Fahrbahnen 2.000 Bild 7, Seite 19 der ERA 2010 1.000 Teilseparation 30 50 70 km/h StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 35

Das ERA-Diagramm Kfz/h zweistreifige Fahrbahnen 2.000 Trennung 1.000 Bild 7, Seite 19 der ERA 2010 Mischverkehr Bis zu einer DTV von 2.500 Kfz/Tag bei Tempo 100 oder 4.000 Kfz/Tag km/h bei Tempo 70 hält die ERA die 30 50 70 Anlage von Radwegen für unnötig. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt (Ausnahmen: 36 Kinder/Tourismus)

Abweichungen von der ERA: Kfz/h zweistreifige Fahrbahnen 2.000 Trennung Bild 7, Seite 19 der ERA 2010 Darmstadt, B3 Teilseparation 1.000 Teilseparation Korbach, B252 Mischverkehr Mischverkehr 30 50 70 km/h Pohlheim, Dorf-Güller Straße Trennung Insbesondere StVO/ERA-Seminar wenn des ADFC die ERA Hessen Trennung 12.10.2013 Frankfurt empfiehlt 37 ist Teilseparation in der Regel kein Sicherheitsproblem.

Was das ERA-Diagramm leistet Eine hohe Verkehrsmenge und hohe Geschwindigkeit führen bei Mischverkehr oft dazu, dass Radfahrer die Fahrbahn meiden und ggf. andere Verkehrsmittel oder den Gehweg nutzen. Bild 7, Seite 19 der ERA 2010 Zum Schutz der Fußgänger und zur Radverkehrsförderung sind somit ggf. Radverkehrsanlagen sinnvoll. Radverkehrsanlagen werden aber auch empfohlen, damit Autofahrer freie Fahrt haben und nicht bei Gegenverkehr hinter Radfahrern langsamer fahren müssen (vgl. Ziele der RASt/ERA). Das Diagramm ist also ein Versuch, den Bedarf für den Bau von Radwegen und die empfundene Verträglichkeit in Abhängigkeit von Verkehrsmenge und Geschwindigkeit darzustellen. Hinweis: Die ERA betont, dass sich die gewünschte Verträglichkeit auch erreichen lässt, wenn die Geschwindigkeit auf Straßen StVO/ERA-Seminar abgesenkt wird. Allerdings des ist dies ADFC (außer Hessen bei Anordnung 12.10.2013 von Tempo-30-Zonen Frankfurt und Fahrradstraßen) 38 nur möglich, wenn eine besondere Gefahrenlage auf der Fahrbahn dies erforderlich macht. In der Regel ist dies also (leider) nicht zulässig. Der ADFC setzt sich daher für T-30 innerorts als Regelgeschwindigkeit ein, damit dies möglich ist.

Was das ERA-Diagramm nicht leistet Das Diagramm beruht nicht auf empirischen Untersuchungen zur Verkehrssicherheit. Es kann keine Prognose über vermehrte Unfälle machen. Es berücksichtigt nicht, dass Radwege generell nicht geeignet sind, die Unfallzahlen zu reduzieren. Die Empfehlungen zur Teilseparation und Trennung beruhen also nicht auf objektiver Sicherheit, sondern anderen Zielen der ERA (subjektive Sicherheit, Qualität des Verkehrsablaufes). Das Diagramm kann nicht dazu genutzt werden, eine Radwegebenutzungspflicht zu begründen. Wenn man aus dem Diagramm besondere örtliche Gefahrenlagen ablesen könnte, müsste auf allen stark befahrenen Straßen ohne Radverkehrsanlage Tempolimits von 30km/h oder niedriger gelten auch außerorts! StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 39

Was das ERA-Diagramm nicht leistet Die Einordnung eines Straßenabschnitts in die Belastungsbereiche III oder IV [befreit] die Behörden nicht von der Prüfungspflicht, ob die zwingende Gebotenheit der verpflichtenden Trennung von Kfz- und Radverkehr in dem konkreten Fall tatsächlich vorliegt. (Alrutz und Lerner 2011) StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 40

Umgang mit dem ERA-Diagramm Es wird uns kaum gelingen, dieses Diagramm loszuwerden, denn es ist ja so schön einfach. Wir sollten aber betonen: Es dient der Begründung von Radverkehrsanlagen anhand der gefühlten Sicherheit. Es kann nicht zur Ermittlung von besonderen örtlichen Gefahrenlagen dienen. Es kann also auch nicht zur Begründung einer Radwegebenutzungspflicht dienen. Bild 7, Seite 19 der ERA 2010 Es kann aber bei geringer Kfz-Verkehrsstärke genutzt werden, um deutlich zu machen, dass keine Benutzungspflicht nötig ist: Wenn schon keine Radverkehrsanlage empfohlen wird, kann [in der Regel] auch keine Benutzungspflicht in Frage kommen. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 41

Wie viele KFZ/h fahren denn? Die Kraftfahrzeugstärke in der Spitzenstunde (Kfz/h) ist für die meisten Straßen in Hessen nicht bekannt. Stattdessen wird meist die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) erhoben und in Verkehrsmengenkarten dargestellt. Die hessenweite Erhebung von 2010 findet sich auf der Internetseite von Hessen Mobil. Hessen Mobil Mit der Faustformel DTV geteilt durch 10 lässt sich der Wert KFZ/h recht gut annähern. 1994 KFZ pro Tag (DTV) 56 LKW pro Tag 68 Fahrräder* pro Tag *) Die Werte für das Fahrrad sind wohl meist unbrauchbar, da es keine geeigneten Hochrechnungsmodelle gibt. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 42

Radwegebenutzungspflicht verbietet die Benutzung der Fahrbahn ist eine Beschränkung des fließenden (Rad-)Verkehrs darf nur bei einer besonderen örtlichen Gefahrenlage auf der Fahrbahn angeordnet werden und nur wenn diese durch die Radwegebenutzungspflicht am besten abgewehrt werden kann ( 45, Abs. 9 StVO) Weitere Voraussetzungen gemäß VWV zu 2 StVO: Radweg erfüllt Mindestbreiten harte Kriterien Belange der Fußgänger sind gewahrt (neu seit 2009!) Radwegbeschaffenheit und -zustand sind zumutbar Linienführung ist eindeutig, stetig und sicher insbesondere an den Knotenpunkten! eher schwammige Kriterien StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 43

Voraussetzung: Radwegbreite Mindestbreite nach VWV zu 2 StVO: baulich angelegter Radweg: 1,50 m Radfahrstreifen (einschließlich 0,25m Randmarkierung) 1,50 m gemeinsamer Fuß- und Radweg: innerorts 2,50 m außerorts 2,00 m Zweirichtungsradweg: auf einer Straßenseite: 2,00m auf beiden Straßenseiten: 2,00m Hannover, Berliner Allee, ca. 3,00m Fulda, Fuldaer Weg, 0,55m/0,80m StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 44

Zum Vergleich: ERA-Breiten Mindestbreite nach VWV zu 2 StVO: baulich angelegter Radweg: 1,50 m Radfahrstreifen (einschließlich 0,25m Randmarkierung) 1,50 m gemeinsamer Fuß- und Radweg: innerorts 2,50 m außerorts 2,00 m Zweirichtungsradweg: auf einer Straßenseite: 2,00m auf beiden Straßenseiten: 2,00m Mindestbreite Regelbreite 1,60 m 2,00m -keine*- 1,85m+ 2,5-4,0 m >2,5m 2,50 m 2,5-3,0m 2,50m 3,00m 2,00m 2,50m *) Bei geringeren Breiten können Schutzstreifen angelegt werden. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 45

Zum Vergleich: ERA-Breiten Tabelle 5, Seite 16 der ERA 2010 StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 46

Abbildung: Jonas Klöpfer: Leitfaden zur Überprüfung der Radwegebenutzungspflicht in Mainz Exkurs: Wie misst man die Breiten? S = Sicherheitstrennstreifen VR = Verkehrsraum Nach ERA: 1,6 bis 2,0m! ERA fordert echte Wegbreite zuzüglich Sicherheitstrennstreifen * VWV-StVO fordert 1,5m Lichter Raum *) Neben Parkständen, bei Einbauten (Verkehrszeichen) und starkem Kfz-Verkehr sind mind. 0,75m Sicherheitstrennstreifen erforderlich, wovon 0,25m zum lichten Raum des Radwegs anrechenbar sind. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 47

Voraussetzung: Fußwegflächen Inwieweit ausreichende Flächen für den Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen, kann nur unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der Anforderungen der RASt bzw. der EFA geklärt werden. (Zitat aus ERA 2010, S. 21) Darstellung aus Leitfaden zur Überprüfung der Radwegebenutzungspflicht in Mainz, Zahlenangaben aus Kapitel 3.2.1 der EFA 2002 Bei Straßen mit mehr als 5.000 Kfz/Tag kommt i.d.r. nach EFA 2002 noch ein Zuschlag von 1,00m hinzu. Weitere Zuschläge sind im Bereich von Schulen, ÖPNV-Haltestellen o. ä. anzusetzen. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 48

Anmerkung: Fußwegflächen Das Kriterium der ausreichenden Fußwegflächen sollten wir als ADFC verstärkt betonen, denn breite Gehwege sind wichtig, damit Fußgänger nicht auf unseren Radwegen laufen. Kinder müssen auf Gehwegen Rad fahren. der Blick auf Gehwege führt dazu, dass überhaupt erst einmal die Anforderungen der Verkehrsteilnehmer im Seitenbereich ernst genommen werden. Da fast nirgendwo in Hessen ausreichend breite Gehwege existieren, kann man diesen Aspekt fast immer gegen eine Benutzungspflicht der Radwege anführen. Wenn wir unsere ADFC-Argumentationsmuster (Nahmobilität, lebenswerte Städte, Umweltschutz, Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer, ) ernst nehmen, kommt erst der Fußverkehr und dann der Radverkehr dran. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 49

Voraussetzung: Linke Radwege Die Voraussetzungen für linke Radwege sind strenger: Unabhängig von der Benutzungspflicht gilt: Am Anfang und Ende sichere Querungsmöglichkeit! Lichte Breite mindestens 2,00m für reinen Radweg Nur wenige Kreuzungen, Einmündungen und verkehrsreiche Grundstückszufahrten sollen zu überqueren sein. An Knotenpunkten muss auch zwischen dem in Gegenrichtung fahrenden Radfahrer und dem Kraftfahrzeugverkehr ausreichend Sicht bestehen. Innerorts nur ein Benutzungsrecht möglich. Außerorts auch Benutzungspflicht möglich. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 50

Voraussetzung: Sichere Querung Am Anfang und Ende eine sichere Querungsmöglichkeit! Was ist das? Im Zweifel ERA 2010 heranziehen: Bild 79, Seite 73 der ERA 2010 Bild 80, Seite 73 der ERA 2010 Pohlheim, Steinberger Weg StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 51

Voraussetzung: Sichere Querung Am Anfang und Ende eine sichere Querungsmöglichkeit! Was ist das? Im Zweifel ERA 2010 heranziehen: Bild 81, Seite 74 der ERA 2010 Pohlheim, Steinberger Weg StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 52

Voraussetzung: Sichere Querung Auch das wäre eine gute Lösung: AGFS NRW Pohlheim, Steinberger Weg StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 53 Abbildung entnommen aus der AGFS-Broschüre Querungstellen für den Radverkehr (2013) http://www.agfs-nrw.de/cipp/agfs/lib/pub/object/downloadfile,lang,1/oid,5759/ticket,guest/~/akq_broschuere_web.pdf

Voraussetzung: Sichere Querung Und derartiges kann Hessen Mobil auch planen: Auszug aus der Planung von Hessen Mobil für den für den Radverkehr freigegebenen Gehweg an der K31 zwischen Buseck/Trohe und Gießen/Rödgen (Landkreis Gießen) Pohlheim, Steinberger Weg StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 54

Noch zwei einfache Fälle zum Ende: Geisenheim, Uferstraße Offenbach, Markwaldstraße (2011) Die Anordnung von Tempo 30-Zonen darf nur Straßen ohne benutzungspflichtige Radwege umfassen. ( 45, Abs. 1c, Satz 3 der StVO) StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 55

Zuständigkeit der Behörden Wer hat eigentlich diese ganzen falschen Schilder zu verantworten? An wen muss ich mich wenden, damit die blauen Schilder verschwinden?

Wer ist in Hessen zuständig? Für die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht ist immer die Straßenverkehrsbehörde zuständig! Polizei und Straßenbaubehörde (Tiefbauamt, Hessen Mobil, ) können gehört werden, haben aber kein Entscheidungsrecht. Je nach Art der Straße (Bundes-, Landes-, ) und Einwohnerzahl der Kommune ist die Kommune oder der Landkreis zuständig. Einwohnerzahl über 50.000 7.500-50.000 unter 7.500 Stadt / Gemeinde Landkreis Gemeinde- Kreis- Landes- Bundesstraße Festgelegt ist dies in 11 der Verordnung zur Bestimmung verkehrsrechtlicher Zuständigkeiten des Landes Hessen: http://www.rv.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/1lyk/page/bshesprod.psml;jsessionid=35ad1263719345ee68b6074ae3a52afc.jpf4?doc.hl=1&doc.id=jlr-stvrzustvhe2007rahmen:jurislr00&documentnumber=1&numberofresults=13&showdoccase=1&doc.part=x&paramfromhl=true#jlr-stvrzustvhe2007v2p11%20jlr-stvrzustvhe2007v1p11 StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 57

Wer ist in Hessen zuständig? Ab- und Aufbauen muss die Schilder die Straßenbaubehörde (Tiefbauamt, Hessen Mobil, ). Und die Straßenbaubehörde muss auch die Kosten für Abbau der alten und ggf. Anbau der neuen Schilder zahlen. Sie bekommt dafür aber auch pauschal Geld (z.b. vom Bund). Gießen, Georg-Philipp-Gail-Straße StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 58

Was rechtlich zählt Bei der Anordnung von Verkehrszeichen durch die Behörde ist in erster Linie die Straßenverkehrsordnung zu beachten. Insbesondere 45, der sich an die Behörde richtet. Konkretisiert wird dies durch die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, die das Ermessen der Behörden bindet, also verbindlich ist. Die Straßenbaurichtlinien (ERA, RASt, ) gelten vor allem für den Neu- und Umbau von Straßen. Von ihnen darf begründet abgewichen werden. Sie können aber auch herangezogen werden, wenn Aussagen der VWV-StVO und StVO konkretisiert werden sollen. Das Verwaltungsgericht Gießen hält es für erforderlich, die ERA bei der Ermessensausübung (Abwägung) der Straßenverkehrsbehörde heranzuziehen, da die VWV-StVO auf die ERA verweist. (VG Gießen, Urteil vom 25.06.2013, 6 K 268/12.GI) StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 59

Mögliche Strategien zur Aufhebung der RWBP

Wie vorgehen? Wer von euch ist bisher schon gegen eine Benutzungspflicht vorgegangen? Runder Tisch Radverkehr Verkehrsschau Gespräch mit Bürgermeister Wie seit ihr vorgegangen? Formloser Widerspruch an Straßenverkehrsbehörde Radwegumbau gefordert Gespräch mit Radverkehrsbeauftragten Schreiben des ADFC an Behörde Meldeplattform Radverkehr Wenn StVO/ERA-Seminar zuständige Straßenverkehrsbehörde des ADFC Hessen 12.10.2013 sich stur Frankfurt stellt: 61 Beschwerde bei Fachaufsichtsbehörde (Kreis, Regierungspräsidium)

Verkehrsschau in der Theorie: Die Straßenverkehrsbehörden haben bei jeder Gelegenheit die Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf des Verkehrs zu prüfen. [ ] Alle zwei Jahre haben die Straßenverkehrsbehörden [ ] eine umfassende Verkehrsschau vorzunehmen, auf Straßen von erheblicher Verkehrsbedeutung und überall dort, wo nicht selten Unfälle vorkommen, alljährlich [ ]. An den Verkehrsschauen haben sich die Polizei und die Straßenbaubehörden zu beteiligen; auch die Träger der Straßenbaulast, die öffentlichen Verkehrsunternehmen und ortsfremde Sachkundige aus Kreisen der Verkehrsteilnehmer sind dazu einzuladen. Eine Verkehrsschau darf nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde unterbleiben. Zitate aus der VWV zu 45, Absatz 3 StVO StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 62

Verkehrsschau in der Realität Die Verkehrsschauen werden in der Regel deutlich seltener und dann nur an speziellen Stellen durchgeführt. Eine systematische Prüfung aller Straßen alle zwei Jahre findet nirgendwo statt. Der ADFC kann es in der Regel ehrenamtlich nicht leisten, bei allen Verkehrsschauen teilzunehmen, wenn diese wie vorgeschrieben stattfinden würden (Alle Straßen, alle 2 Jahre). Es empfiehlt sich jedoch regelmäßig eine Radverkehrsschau durchzuführen, bei der Problempunkte des Radverkehrs besonders betrachtet werden und der ADFC beraten kann. Wenn möglich sollte die Radverkehrsschau mit dem Fahrrad stattfinden. Bei kleinen Kommunen kann eine Radverkehrsschau durch den Landkreis organisiert werden, so dass ggf. auch mehre Kommunen an einem Tag bereist werden können. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 63

Fazit: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Aufhebung von Benutzungspflichten anzugehen. Gerade in kleinen Kommunen sollte möglichst ein Gespräch gesucht werden, da die Mitarbeiter von der Thematik möglicherweise noch nie gehört haben. Bei Zuständigkeit von kleinen Kommunen ist es oft sinnvoll auch mit der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises (diese ist Fachaufsicht), der Polizei und Hessen Mobil ins Gespräch zu kommen, da die Mitarbeiter der Kommune meist nur das anordnet, was diese Fachleute empfehlen. In Hessen ist kein Widerspruch gegen Verkehrszeichen mehr möglich. Es müsste als Privatperson Klage eingereicht werden und dies innerhalb eines Jahres nach erstmaliger Betroffenheit. Klagen sollten nur das letzte Mittel sein. Rechtsberatung beim Bundesverband sollte unbedingt vorher eingeholt werden. StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 64

Geschafft? Am Ende ist es wichtig, die neuen Regeln zur Radweg(nicht)nutzung nicht nur den Behörden, sondern auch der Bevölkerung zu kommunizieren! StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 65

Wie kommunizieren? StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 66

Wie kommunizieren? ADFC StVO/ERA-Seminar Hamburg des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt ADFC Hamburg 67

Wie kommunizieren? ADFC Hamburg StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 68

Noch Fragen? Herborn, Burger Landstraße StVO/ERA-Seminar des ADFC Hessen 12.10.2013 Frankfurt 69